„Grundsätzlich hatten wir hier sehr vielschichtige Prozesse, weil wir mehrere Bereiche zu einer funktionierenden Einheit vernetzen mußten“, sagt Tim Hengesbach, Produktionsleiter bei Endemol Shine Germany, mit Blick auf die Produktion von „Promi Big Brother“, die vom 2. bis 16. September 2016 in den Kölner MMC-Studios über die Bühne ging. Eine Hausregie war hier für die Kameras zuständig, die die Vorgänge im Wohnbereich filmten. Dabei wurden über die kompletten zwei Wochen, in der die Reihe ausgestrahlt wurde, Live und in Realtime zwei Hauptstreams erzeugt. „Darüber hinaus war noch eine Show-Regie im Einsatz, die live aus dem Studio sendete und der von der Hausregie noch Inhalte aus dem Haus zugeliefert wurden“, erklärt Hengesbach weiter.
Beide Regien waren im Studiokomplex Coloneum untergebracht. Die Showregie wurde von der MMC zur Verfügung gestellt während die Hausregie direkt im Studio 51 eingerichtet worden war und sich die Produktionsstätte in Studio 50 befand. „Das Big Brother Haus hatten wir diesmal direkt im Foyer gebaut“, ergänzt Nico Roden, Director Sales [&] Production der MMC, „es stand hier also alles kompakt beieinander, und wegen der kurzen Kommunikationswege sollte das auch so sein.“ Dabei wurde der Set-Bau diesmal aufwändig umgesetzt: Mit einem auch bauphysikalisch umgesetzten „oben“ und „unten“. „Unser Art Department war dafür mit einer Kernmannschaft von 30 Mitarbeitern unter Leitung von Projektkoordinator Hendrik Labuhn zwei Monate lang im Einsatz“, berichtet Roden weiter. Das Haus wurde dann mit rund 100 Überwachungskameras und über 60 Mikrofonen versehen. Vom „Keller“ des Hauses aus führte eine unter einer Luke verborgene Leiter in die „Kanalisation“.
Durch einen niedrigen Tunnel konnten die Kandidaten dann ihren dunklen, 60 Quadratmeter großen Wohnraum in der Kanalisation erreichen, der durch einen acht Quadratmeter großen Raucherbereich ergänzt wurde. Der Abwasserkanal, der den Wohnbereich „Unten“ durchschnitt, war der Kontrapunkt zum Wasserlauf im luxuriösen Außenbereich oben.
Set-Designer Rainer Becher beschreibt die Gestaltungsaufgabe so: „Natürlich geht es bei der Show um Kontraste, die auch optisch möglichst groß sein sollen. Die Aufgabe war hier, zwei komplett unterschiedliche Wohnwelten zu kreieren und authentisch abzubilden sowie diese Wohnwelten nachvollziehbar mit dem Studiobereich zu verbinden. Durch die Gestaltung des Hauses und der Anbindung ans Studio waren die Zuschauer dann in der Lage, die Wege von oben nach unten oder aus dem Haus zur Duell-Arena in jedem Moment live mit zu verfolgen.“
Überhaupt sind die Live-Übertragungen bei „Promi Big Brother“ ein wesentliches Element, zumal sie täglich ausgestrahlt werden. Sie wurden in einem 900 Quadratmeter großen Studio vor 190 Zuschauern produziert. Die MMC hatte ein auf 360-Grad bespielbares Set entwickelt und als Besonderheit zwei Spielebenen integriert. In der unteren Ebene befanden sich die Bühne für den Moderator, die Studiocouch, auf der er Prominente und Gäste interviewte sowie die Tribünen, auf denen 190 Studiozuschauer die Show verfolgten. Im oberen Bereich war auf einer Galerie die Duell-Arena eingerichtet, in der sich die Prominenten aus beiden Bereichen Spiel-Duelle lieferten. Die Arena war während der Show zunächst durch ein Rollo verdeckt. Sobald die Live-Duelle anstanden, wurde die Sicht auf die Arena für das Studiopublikum freigegeben. Durch die Anbindung des Studios und der Arena an das „Promi Big Brother“-Haus konnten die Wege der Kandidaten aus dem Haus in die Arena oder in das Hauptset des Studios ohne Unterbrechung live verfolgt werden.
Unter der Galerie hinter dem Hauptset wurde darüber hinaus eine „Web Lounge“ aufgebaut. So konnte der Moderator während der Sendung im On zu diesem Nebenset gehen, um dort beim Web Lounge-Host die Reaktionen aus dem Netz zu erfragen. Bei der Produktion der bis zu vier Stunden langen Live-Shows unter der Regie von Mark Achterberg kamen insgesamt neun Kameras im „Promi Big Brother“-Studio zum Einsatz.
Darunter befanden sich fünf Kameras Grass Valley (GVG) LDK 8000 elite, eine GVG LDK 8000 elite als drahtlose Handkamera sowie eine GVG LDK 8000 elite wireless als Steadicam. Zusätzlich wurden mehrere Toshiba Fingerkameras für besondere Einstellungen und Perspektiven genutzt.
Kamera-Positionierung
Ein Moviebird 45-Kamerakran mit einer Grass Valley LDK 8000 wurde auf dem Seitensteg der Empore des Studios positioniert. Während der Live-Show flog die Krankamera dann über das Studio und das Publikum und von dort zur Duell-Arena auf der Galerie über der Moderatorenposition. Für Top Shots zur Aufsicht auf die Duell-Arena wurde eine GVG LDK 8000 mit Mini Mote Remote System in einem Rig unter der Decke des Studios installiert.
Die Mischung der Bildsignale erfolgte in der Regie 11 der MMC an einem GVG Kayenne XL (3,5 M/E). Für Videoeffekte stand ein 4-kanaliger DVE zur Verfügung. Zuspielungen wurden über vier Kanäle eines Grass Valley Summit Servers realisiert während für den Highlight-Schnitt und Super SloMo-Zuspielungen eine 6-kanalige EVS XT2 eingesetzt wurde. Zwei Sony XDCAM-MAZen standen für die Aufzeichnung bereit. Als Schriftgenerator wurde ein Character Generator XPression Studio des Herstellers Ross Video genutzt. Der Schriftgenerator wurde so programmiert, dass der „Ist-Status“ bei der Nominierung der Kandidaten per Hot-Key verzögerungsfrei und live On Air in einer Grafik aktualisiert werden konnte.
Für die Live-Shows lagen sechs Live-Video-Streams aus der Haus-Regie in der MMC Regie 11 an, wovon zwei Live-Streams (Progamm „Oben“ und Programm „Unten) für die Live-Sendung genutzt wurden, während die übrigen Streams für die Postproduktion zur Verfügung standen.
Im Audiobereich kamen unter anderem eine Sennheiser Drahtlos-Mikrofon-Anlage Sennheiser DIGITAL 9000 und acht Drahtlos-Kanäle zum Einsatz, und darüber hinaus eine Sennheiser Rückempfangsanlage SR 2050 mit insgesamt sechs In Ear Monitoring-Strecken. Die Audiomischung erfolgte in der MMC-Tonregie 11 an einem Lawo mc²56-Pult.
Für die Live-Übertragung der Shows standen vier Sendeleitungen zur Verfügung, jeweils zweimal Main und Back-up. Die Signale wurden über die Zentralkreuzschiene im Zentralen Geräteraum des Studiokomplexes geschaltet und via Glasfaser nach München in den dortigen Schaltraum von SAT.1 übertragen. Auf den ersten beiden Wegen wurde das Programmbild für SAT.1 und ein Clean-Feed übertragen. Auf den zweiten beiden Wegen erhielt der Sender sixx Programm und Clean-Feed.
„Der tägliche Postproduktionsworkflow war sicher eine der größten Herausforderungen und eine Leistung“, betont Hengesbach „das gesamte Material wurde an zwölf Schnittplätzen tagesaktuell gesichtet, die Ereignisse vom Vortag geschnitten, mit Effekten sowie Texten belegt und dann zu einer sinnvollen nachvollziehbaren Geschichte zusammengefügt.“
Für „Promi Big Brother“ waren insgesamt rund 300 Mitarbeiter im Einsatz. Im Vergleich zum „normalen“ „Big Brother“ ist das aufwändiger, weil das Format einen höheren Anspruch hat, unter anderem wegen der höheren Anzahl von Live-Übertragungen.
Wilfried Urbe
MB 4/2016