Satelliteninternet hat im professionellen Übertragungsbereich seit Jahrzehnten eine feste Rolle. Mit Starlink tritt ein neuer Akteur mit einer anderen technischen Basis auf den Plan. Während im klassischen Broadcast weltweite Satellitenverbindungen auf GEO-Basis über große Bodenstationen laufen, bietet Starlink breitbandiges Internet via Low-Earth-Orbit (LEO). Das eröffnet für mobile Teams neue Optionen – erfordert aber genaue Kenntnis der Möglichkeiten und Limitationen.

Architektur und technische Grundlagen

Das Starlink-System besteht aus einer Konstellation von mehreren tausend Satelliten im niedrigen Erdorbit (etwa 550 km Flughöhe) sowie einer kompakten Bodenstation mit elektronisch steuerbarer Phased-Array-Antenne („Dish“) und Modem. Im Gegensatz zu geostationären Satelliten (rund 36.000 km Entfernung) sinkt die Laufzeit der Signale deutlich. Typische Round-Trip-Times liegen bei 30–50 ms und sind damit für viele IP-basierte Live-Anwendungen praxistauglich.

Die Funkverbindungen nutzen überwiegend das Ku-Band (10,7–12,7 GHz Downlink, 14,0–14,5 GHz Uplink). Für Gateways setzt Starlink zusätzlich Ka- und V-Band ein (u. a. 17,8–18,6 GHz und 27,5–30 GHz). Die Zuweisung und Koordination dieser Frequenzen erfolgt über die Radio Regulations der ITU und wird national, etwa durch die Bundesnetzagentur in Deutschland, lizenziert.

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In der Praxis liefert eine einzelne Starlink-Einheit im mobilen Einsatz typischerweise 50–150 Mbit/s im Downlink und 10–40 Mbit/s im Uplink, wobei Schwankungen durch Netzlast oder den Wechsel zwischen Satelliten auftreten können. Kurzfristige Einbrüche sind bei Anwendungen mit Bonding und Forward Error Correction abzufangen.

Typische Anwendungsbeispiele im Broadcast

Im Ü-Wagen oder für Pop-up-Studios kann Starlink alternative oder ergänzende Konnektivität bereitstellen, beispielsweise an Orten mit schwacher terrestrischer Versorgung. Im Sport- oder Nachrichtenumfeld ersetzen häufig mehrere gebündelte Starlink-Einheiten klassische SNG-Anlagen (Satellite News Gathering). Beispiel: Bei Großveranstaltungen setzen technische Dienstleister Mobile Encoder ein (z.B. LiveU, LU-Link), die mehrere Starlink-Eingänge bündeln und Paketverluste durch Forward Error Correction und Bonding reduzieren.

Klassische Anwendungsfälle sind:

  • Live-Streams via SRT/RTMP: Für Streaming bis HD oder 4K, abhängig von Bandbreite/Netzlast.
  • File-Transfer und Remote-Zugriff: Für schnellen Aufbau und Versand von Rohmaterial.
  • Zweit- oder Reserveweg: Als „Back-up Path“ bei Ausfall oder Überlast von Glasfaser oder LTE.

Vergleich mit anderen Übertragungsmethoden

Im Vergleich zu GEO-Satelliten bietet Starlink spürbar geringere Latenz und einen einfacheren Betrieb ohne exaktes Ausrichten der Antenne. Gegenüber Mobilfunk (4G/5G) punktet Starlink durch globale Netzabdeckung unabhängig lokaler Infrastruktur. Jedoch erreicht Starlink nicht die garantierten Bandbreiten klassischer Geo-SNGs (mit jeweils exklusiv gebuchtem Transponder) und ist hinsichtlich QoS (Quality of Service) weniger steuerbar. Gerade bei „Shared Use“ kann die Performance durch Nutzeraufkommen in der Ausleuchtzone schwanken.

Glasfaseranschlüsse oder dedizierte Richtfunkstrecken bleiben bei Bedarf nach konsistenter Bandbreite, geringster Latenz und SLAs weiterhin Referenz. In schwer zugänglichen Regionen oder als Ergänzung für hybride Setups zeigt Starlink aber seine Stärken – speziell, wo keine Alternativen zur Verfügung stehen.

Grenzen und Praxis-Hinweise

Die Nutzung von Starlink unterliegt regulatorischen Vorgaben, etwa beim kurzfristigen Standortwechsel. Außerdem sind Sichtverbindung zum Himmel und der Strombedarf (~100W) zu berücksichtigen. Störungen durch starke Regenfälle („Rain Fade“) oder lokale Hindernisse können die Verbindung zeitweise beeinträchtigen. Schaltbare Power-Packs und wetterfeste Gehäuse helfen, den Außeneinsatz zu sichern.

Perspektiven für den Broadcast-Einsatz

Starlink ist kein vollständiger Ersatz klassischer Übertragungswege, sondern ein flexibles Werkzeug im Portfolio – besonders bei schnellen, temporären Einsätzen. Die laufende Verdichtung der Satelliten-Konstellation und geplante professionelle SLA-Angebote dürften die Eignung weiter erhöhen. Eine sorgfältige technische Einbindung – etwa per Bonding und Monitoring – bleibt Voraussetzung für stabile Ergebnisse. Für Broadcaster eröffnet Starlink einen zusätzlichen, oft entscheidenden Übertragungsweg, der neue Standards beim mobilen Arbeiten definieren kann.