BVDW kritisiert EU-Datenschutzreform

Der Bundesverband Digitale Wirtschaft (BVDW) e.V. kritisiert den aktuellen Kompromiss der Europäischen Institutionen zur Datenschutz-Grundverordnung scharf: Die Vorschläge gehen an Realität und Anforderungen der Informationsgesellschaft vorbei und lassen notwendige Differenzierungen und Risikoabstufungen vermissen, so der BVDW.

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BVDW kritisiert EU-Datenschutzreform

Dem europäischen Gesetzgeber sei es nicht gelungen, moderne und zukunftssichere Regeln für den Umgang mit Daten im 21. Jahrhundert zu schaffen. Die neue Datenschutz-Grundverordnung erweitere den Anwendungsbereich des Datenschutzrechts und gehe in letzter Konsequenz zu Lasten der Vielfalt des Internets. Das Internet als wirtschaftlicher Wachstumsmotor wird im Ergebnis überreguliert, die Wettbewerbsfähigkeit Europas im globalen Wettbewerb deutlich begrenzt.

Intelligente und etablierte Lösungen zum technischen Datenschutz, wie sie zum Beispiel das deutsche Recht mit der in der Praxis bewährten Pseudonymisierung von Daten (dabei wird der Personenbezug der Daten durch einen Code ersetzt, der die Identifizierung verhindert) schon lange kennt, werden weitestgehend vernachlässigt – obwohl Digitale Wirtschaft und Datenschutzbehörden während des gesamten Entstehungsprozesses dieser Verordnung immer wieder auf die Notwendigkeit einer Implementierung der Pseudonymisierung hingewiesen haben, so der BVDW in seiner Stellungnahme.

Auch eine Risikoabstufung bei der Verarbeitung von Daten, die als elementare Voraussetzung für die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen mit datenbasierten Geschäftsmodellen gilt, finde sich im aktuellen Kompromiss nicht wieder. Dies wird vor allem kleineren und mittleren Unternehmen die Entwicklung neuer Geschäftsmodelle erschweren, meint der BVDW. Auch wird im Ergebnis ein Kernziel des Gesetzgebers, ein Mehr an Datensparsamkeit, verfehlt – denn die strenge Einwilligungserfordernis werde dazu führen, dass die Nutzer durch loginbasierte Registrierungen, die nun weiter zunehmen werden, noch mehr Klardaten offenlegen werden.

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BVDW-Vizepräsident Thomas Duhr: „Grundsätze wie eine europaweite Harmonisierung und ein Wechsel zum Marktortprinzip sind zwar grundsätzlich zu befürworten, der Kompromiss zur Datenschutz-Grundverordnung zeigt aber leider mit aller Deutlichkeit, dass der europäische Gesetzgeber die Zeichen der Zeit nicht erkannt hat. Die für die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Digitalbranche so wichtige Risikodifferenzierung fehlt völlig. Stattdessen haben wir nun einen realitätsfernen, einwilligungsbasierten ‘one-size-fits-all‘-Ansatz, der erhebliche Hürden für entgeltfreie Dienste, also den Kern des Internets, schafft. Das widerspricht sowohl den Interessen der Unternehmen als auch denen der Nutzer.“

Der BVDW erwartet von der Europäischen Kommission als Exekutive im Falle der abzusehenden unveränderten Umsetzung dieses Regelwerks ein deutliches Engagement bei der Konkretisierung der Verordnung. Ziel müsse sein, die heute etablierten Geschäftsmodelle und Möglichkeiten der Digitalen Wirtschaft zu erhalten und im globalen Wettbewerb zu fördern. „Andernfalls wird die Zukunftsfähigkeit des Standorts Europa massiv gefährdet“, so Thomas Duhr.

Die neue Datenschutz-Grundverordnung wird nach einer Anpassungsfrist von zwei Jahren ab 2018 unmittelbar geltendes Recht. (12/15)