Cloud- und KI-Potenziale in der TV-Produktion

Im NAB-Interview spricht Julie Souza, Global Head of Sports bei AWS, über das Potenzial von Cloud- und KI-Technologien in der TV-Produktion.

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Julie Souza, Global Head of Sports bei AWS
Julie Souza, Global Head of Sports bei AWS

Sie waren vor kurzem auf der SportsInnovation und haben gemeinsam mit DFL-Geschäftsführer Steffen Merkel die Verlängerung der Partnerschaft zwischen DFL und AWS bekannt gegeben. Außerdem hat AWS bei den dortigen Innovation Games seine Technologien eingesetzt. Welche Anwendungsfälle haben Sie präsentiert?

Genau, wir haben unsere Partnerschaft erneuert und im Wesentlichen zwei Dinge demonstriert. Zum einen eine Live-Cloud-Produktion, eine weltweite Übertragung der Innovation Games mit verschiedenen Grafikpaketen und in verschiedenen Sprachen. Zweitens haben wir einen Datenstrom aus dem Spielgeschehen und generative KI genutzt, um textbasierte Spielberichte zu generieren. Und wir haben das auch in mehreren Sprachen gemacht, mit verschiedenen Tonalitäten, basierend auf verschiedenen Personas, wie einem klassischen Kommentator oder einem Fan. Das war ein wunderbarer Fall für GenAI, denn unter normalen Umständen ist es nicht wirtschaftlich, ein Spiel in beliebig vielen Sprachen und Tonalitäten zu produzieren. An diesem Punkt können Broadcaster generative KI einsetzen, um zu sagen: “Okay, wir können selbst spitze Zielgruppen auf wirklich einzigartige und überzeugende Weise erreichen.”

Das stimmt, künstliche Intelligenz ist bei Broadcastern auf der NAB wieder in aller Munde. Gibt es bei AWS noch andere Beispiele, wie man den sogenannten “Datenschatz” heben und daraus Mehrwert generieren kann?

Ein schönes Beispiel kommt von der PGA Tour. Sie hat mit unserer Technologie einen internen KI-Chatbot gebaut. Sie haben multimodale Daten, Shot-Link-Daten von den Golfplätzen, große Mengen an PDFs wie Mediaguides und all ihre Videos eingespeist. Über eine Schnittstelle können jetzt Produktions-, Marketing- und Social-Media-Mitarbeiter abfragen, ob bei einem Turnier X am 13. Loch bereits ein Eagel erzielt wurde. Die KI durchkämmt alle Daten und kommt mit einer Textantwort zurück.

Aber das ist aus meiner Sicht erst der Anfang. Vielleicht wird ein solches Tool in Zukunft auch den Fans zur Verfügung gestellt, damit sie sich ihre eigenen Highlights zusammenstellen können. Der Fan könnte sich in den sprichwörtlichen Kaninchenbau begeben und via Texteingabe alle Tore einer Eishockeyliga anzeigen lassen, die in den letzten zwei Sekunden gefallen sind.

Gut besuchter AWS-Stand in der West-Halle der NAB

Kommen wir noch einmal auf die Cloud-Produktion zurück. Viele Broadcaster zögern, in der Cloud zu produzieren, weil sich die Kosten schnell summieren, wenn man Compute-Instanzen laufen lässt. Wie begegnet man solchen Bedenken bei AWS?

Wenn man die Dinge ewig laufen lässt, ja, dann summiert sich das. Man braucht also in den Medienhäusern einen Change-Management-Prozess und das Verständnis, dass man Instanzen nach Gebrauch auch wieder herunterfährt. Im großen Maßstab wird man dann feststellen, dass es kostengünstiger ist, in der Cloud zu produzieren.

Cloud-Technologie ist zudem für alternative Broadcasts gut geeignet, die sonst nicht umsetzbar gewesen wären. Auch hier ist die PGA Tour ein gutes Beispiel. Früher wurden bei einem Golfturnier nur etwa 3% der Schläge tatsächlich gezeigt. Jetzt hat man angefangen, jeden Schlag live zu filmen, das Ganze in die Cloud zu stellen. So können heute schon rund 28% der Schläge gezeigt werden. Weltweite Vertriebspartner erhalten die Bilder, die sie für ihren Markt benötigen. Bestimmte Zielgruppen und Märkte können so einfacher bedient werden.

Braucht es vermehrt Managed Services bei AWS, um Rundfunkveranstalter bei der Migration in die Cloud zu unterstützen?

Wir denken auf jeden Fall darüber nach, wie wir die Migration vereinfachen können und arbeiten an Tools dafür, ganz klar. Wichtig ist aber auch die enge Zusammenarbeit mit unseren Partnern. Wir wollen nicht, dass Medienhäuser ihren bisherigen Anbieter wechseln müssen, wenn sie zum Beispiel mit bestimmten Grafik-Tools arbeiten wollen. Also müssen wir dafür sorgen, dass sie einen ähnlichen Workflow in der Cloud abbilden können. Es gibt also einiges zu tun, damit die Umstellung nicht zu drastisch ausfällt.

Produktionsleitstand der AWS Cloud Production Demo

Mit welchen Herausforderungen oder Fragen kommen Interessierte an den AWS-Stand auf der NAB?

Monetarisierung ist ein großes Thema. Ich habe vorhin von der Erstellung einer Vielzahl von Feeds bei der PGA gesprochen. Es geht also auch darum, diese Feeds zu monetarisieren und zu personalisieren. Shoppable Video ist auch etwas, was wir auf dem Stand zeigen. Die Idee, dass ein Fußballspieler ein Tor schießt und man direkt danach im Stream sein Trikot kaufen kann, ist nicht neu. Aber ich denke, wir sind jetzt an einem Punkt, an dem sich die Zuschauer an diese Art des kommerziellen TV-Erlebnisses gewöhnen werden. Deshalb werden wir auch weiterhin einige wirklich interessante Dinge in diesem Bereich machen.

Eine letzte Frage: Warum setzt AWS so stark auf den Rundfunksektor; was ist der Anreiz?

Wir hatten schon sehr früh große Kunden in diesem Umfeld. Was mit dem Aufbau von isolierten Bot-Block-, Storage- oder Compute-Lösungen begann, hat sich nun weiterentwickelt. Unsere Kunden erzählen uns von ihren Produktions- und Distributionsherausforderungen und wir als Entwickler versuchen, diese Schritt für Schritt zu lösen. Jetzt können wir Technologien anbieten, die die gesamte Branche voranbringen.


Julie Souza leitet die Global Sports Practice bei AWS Professional Services und treibt Innovationen in den Bereichen Sportdaten (Tracking, AI/ML/CV), virtualisierte Produktion, Direct-to-Consumer-Interaktivität und -Monetarisierung, Fan-Daten und -Analyse sowie intelligente Veranstaltungsortlösungen voran. Zuvor leitete Souza die Strategie- und Geschäftsentwicklung bei Second Spectrum, dem Datenanalysepartner der NBA, EPL, MLS und anderen. Außerdem war sie in der Geschäftsentwicklung und Strategieentwicklung für ESPN, Sports Illustrated und CBS Sports Network tätig. Julie hat einen BA von der University of Michigan und einen MBA von der Harvard Business School.

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