2001 ging der Hamburger Markus Wallies mit der Firma MPEC an den Start, um Rundfunkunternehmen mit IT-Lösungen und -Know how zu bedienen. Damals war der Markt für entsprechende Angebote indes noch nicht so weit. Um die Entwicklung des IT-Business zu finanzieren, stieg Wallies auch in das Handelsgeschäft mit professionellen Broadcastprodukten ein. „Das hat auch gut geklappt. Für unsere langfristige Zielsetzung aber war das eher kontraproduktiv, weil die MPEC dann irgendwann nur noch als Handels- und Systemhaus wahrgenommen wurde, wenn auch mit dem Schwerpunkt IT“, sagt Wallies.
Verstärkt wurde dieser Eindruck zunächst durch die Kooperation mit der Teltec GmbH von Geschäftsführer Ralf Pfeffer. MPEC und Teltec konkurrierten in Teilbereichen des Handelsgeschäfts. 2006 beschlossen Wallies und Pfeffer eine lose Zusammenarbeit. Sie mündete Ende 2009 in der Verschmelzung der beiden Gesellschaften mit der Marke MPEC Teltec unter dem Dach der Teltec GmbH. Die Teltec profitierte vom IT-Know how der MPEC und konnte sich so in den letzten Jahren neben dem Handels- auch ein stärkeres Systemgeschäft aufbauen. Für Wallies wiederum war diese Verschmelzung ein Schritt auf dem Weg zur Verwirklichung seiner ursprünglichen Ziele. Mit der Gründung der IP4Media ist er dort nun angekommen.
„Jetzt ist der richtige Moment gekommen, um das umzusetzen, was der Markt braucht“, meint Wallies. Zielgruppe seien nicht nur die technischen Zulieferer der Broadcaster und Produktionsunternehmen sondern auch Verlage und andere Medienhäuser, die Bewegtbilder auch via Internet verbreiten. Wallies. „Grundsätzlich wollen wir mit IP4Media alle Medienschaffende ansprechen und ihnen unsere Lösungen und unser IT-Know-how durch unsere Netzwerkpartner zur Verfügung stellen.“
Zur Startmannschaft von IP4Media zählen vier Ingenieure, die seit Jahren für die MPEC arbeiteten. „Wir bauen aber zusätzlich auf ein Netzwerk mit fünf weiteren Ingenieuren plus zwei Kollegen, die sich primär um Change Management und Projektmanagement kümmern. Unser Kernteam besteht also aus festen und freien Mitarbeitern“, erklärt Wallies.
Standort des neuen Unternehmens bleibt Hamburg. Telefon- und Kontaktdaten sind identisch mit denen MPEC Kernteams in der Hansestadt. „Wir wollen unseren Kunden damit Kontinuität dokumentieren“, sagt Wallies. Ergänzt aber auch: „Wir nehmen hier eine ganz klare Trennung der Strukturen und Geschäftsfelder vor. Es wird eine klare Fokussierung der Mitarbeiter auf die IP4Media erfolgen. Wenn uns ein anderes Systemhaus beauftragt und in Anspruch nimmt, dann gilt unsere Loyalität natürlich unserem Auftraggeber.“
Mit der Teltec arbeite die IP4Media, wie mit allen anderen Kunden auch, auftragsbezogen zusammen. „Wir machen After Sales Support und Systemintegration für die Teltec wie für andere Handels- und Systemhäuser auch“, betont der IP4Media-Geschäftsführer.
Marktpositionierung
Er macht damit auch klar: IP4Media ist kein IT-Consulting-Unternehmen im klassischen Sinne. Die angebotenen Dienstleistungen reichen weit über die Beratungstätigkeit hinaus. Sie beinhalten auch Systemplanung, Warenbeschaffung, Integration, und After Sales Service mit Wartung und Support – allerdings mit starkem Distributionsansatz. „Das bedeutet, dass wir zum Ziel haben, aktiv den Zwischenhandel einzubeziehen. Es geht darum, IP4Media-Netzwerkpartner aufzubauen, die unsere Kompetenz und Lösungen für Ihre Projekte bei dem Endkunden einsetzen. Das leistet in der Form keiner, vor allem nicht in der von uns unterstützten Hersteller-Bandbreite“, meint Wallies.
Die Ingenieure des Unternehmens sind von einigen Herstellern zertifiziert und können technischen Support für deren Systeme leisten. Bei den Server-Systemen verfügt IP4Media unter anderem über Zertifizierungen von Apple, EditShare, Avid, IBM, StoreNext, Omneon und Chyron. Das Unternehmen deckt damit eine relativ große Bandbreite an zentralen Applikationsserversystemen ab, für die es je nach Kundenwunsch Planung und Support übernehmen kann. „Wir sind im Prinzip ein Kompetenz-Center für Server und Storage aber auch für IT-basierte Endgeräte“, betont Wallies.
Sein neues Unternehmen setze vor allem auf das Thema Nachhaltigkeit. „Darunter verstehen wir, dass der Kunde selbst entscheiden kann, wie intensiv er unsere Dienstleistungen nutzen will. Wenn er mit seinem Unternehmen neue Anforderungen in der digitalen Welt annehmen will, erhält er von uns dabei nachhaltige Unterstützung.“
Wichtig sei für IP4Media immer, die Hersteller-Neutralität zu wahren. „Dennoch kristallisieren sich gelegentlich bestimmte Hersteller heraus, die Produkte mit einem breiten Spektrum an Funktionalität anbieten, die weit über das normale Produktionsumfeld hinaus gehen“, mein Wallies. Ein solcher Hersteller sei zum Beispiel Step2e, Anbieter von sehr variablen Unternehmenssoftware-Lösungen.
Wallies: „Die Step2e-Lösungen bieten einige klare Vorteile. Wenn man bei einem anderen Anbieter einen Newsroom kauft ist man oft darauf beschränkt. Braucht man zusätzlich eine Werbedisposition oder ein CRM, dann muss man bei anderen Anbietern weitere Applikationen beschaffen und dann lauter kleine Insellösungen zusammen stricken. Anbieter wie step2e hingegen bieten mit integralen Lösung vielfältige Einsatzmöglichkeiten von CRM über Sendeplanung, Werbedispo, On-air-Grafik bis hin zum Newsroom. „Der Einsatz von Step2e-Lösungen ist letztlich ein gutes Beispiel dafür, dass wir einen ganzheitlichen Ansatz bei unsereren Beratungen verfolgen. Am Ende geht es darum, den Kunden da abzuholen, wo er ist, und dorthin zu bringen, wo er hin will. Und hierbei gilt es, ganz individuell auf seine Bedürfnisse einzugehen“, betont Wallies. Auch bei Softwareapplikationen wie von Step2e könne IP4Media den Support übernehmen.
Das neu gegründete Unternehmen setzt stark auf Kooperationen und verhandelt derzeit mit einigen potentiellen Partnern. IP4Media bietet laut Wallies Partnerunternehmen auch an, Blade Server applikationstechnisch zu veredeln. „Das heißt, wir integrieren Software-Bausteine und Server-Architektur auf Blade-Servern und realisieren so komplette workflowbasierende Turn-Key-Lösungen, die wir den Auftraggebern mit ihrem Branding zur Verfügung stellen. Der könnte solche Systeme dann als „eigenes“ Produkt verkaufen“, erklärt Wallies.
Ausbau der Kundenbasis
Bislang bediente er mit MPEC Teltec hauptsächlich kleine und mittlere Lokal-/Regionalsender. Die großen Sendergruppen waren bislang nicht im Fokus. Das soll sich nun ändern. „Wir werden mit IP4media auch diese Kunden ansprechen – aber über unsere IP4Media-Netzwerkpartner. Auch die größeren Rundfunksender leiden unter steigendem Kostendruck und suchen gelegentlich nach Lösungen ganz anderer Art. Da können wir mit unserer Erfahrung dazu beitragen“, sagt Wallies. Die heutige Zeit sei genau richtig für den Start eines Unternehmens wie IP4Media. „Früher hatten wir unsere Probleme, von den Broadcast-Planern bei den Sendern überhaupt verstanden zu werden. Sie waren damals einfach noch sehr konventionell unterwegs“, sagt er. Auch habe man damals bei Dienstleistungen wie dem Schnittplatzbau die dabei geleistete Beratung als kostenlose Zugabe betrachtet. Kaum einer habe dafür bezahlen wollen. Wallies: „Der Kunde war nicht bereit, für Beratungsdienstleistung und Know how Geld auszugeben, sondern nur für die gelieferte Ware. Die steigende IT-Lastigkeit im Markt hat hier aber mittlerweile zu einem Umdenken geführt.“
Gerade die großen Rundfunkunternehmen setzen laut Wallies in Anfangsphasen von Um- oder Ausbaumaßnahmen gerne externe Berater und Dienstleister ein, die workflowspezifische Erfahrungen mitbringen. „Der Kunde wünscht sich aber auch, nach der Realisierung den direkten Support vom Integrationshaus. In Teilen funktioniert das, bei der Vielfältigkeit der Serversysteme häufig aber nicht. Das kann die IP4Media leisten und dem GU oder Systemhaus kunden-/projektorientiert den Aftersalesupport leisten, ohne dass der GU eine eigene Struktur dafür aufbauen muss“, betont Wallies.
Auch der Trend zum Outsourcing von technischen Dienstleistungen spielt einem Unternehmen wie IP4Media in die Karten. Wallies: „Ohne externes Spezialistentum kommen viele Sender nicht weiter. Die zunehmende Komplexität der eingesetzten Systeme führt dazu, dass ein Sender mit der eigenen Mannschaft kaum mehr in der Lage ist, alle technischen Trends am Markt zu verfolgen. Das geht nur, wenn man sich voll darauf fokussiert.“ Wirtschaftlich mache es für ein Medienunternehmen keinen Sinn, ein breites technologisches Know-how im eigenen Haus zu behalten. Meist gehe es darum, vorhandene Technik mit neuer zu integrieren. Wallies: „Das können Kunden intern häufig nicht leisten. Das ist unser täglich Job, den wir unseren IP4Media-Netzwerkpartnern zur Verfügung stellen möchten. Um hier das nötige Know-how aufrecht zu erhalten, investieren wir viel Geld, um unsere Leute ständig weiter zu bilden und re-zertifizieren zu lassen. Wir kennen die Schnittstellen und Limits der Systeme und können deshalb vieles realisieren, was der Enduser häufig aus eigener Kraft nicht leisten kann.“
Die Konkurrenzsituation im IT-Consulting- und -Systemgeschäft ist für Wallies überschaubar. „Wir haben immer nur in Teilbereichen einen Wettbewerb aber nicht in der Gesamtheit unseres Angebots“, erklärt er. In Sachen Consulting gebe es zwar genügend Wettbewerber auf dem Markt, die seien jedoch von ihren Möglichkeiten her limitiert, weil sie entweder nur einzelne Marken wie Apple oder Avid bedienen und keinen After Sale Service anbieten könnten. Und projektgetriebene Hersteller seien naturgemäß häufig etwas unflexibeler. „Die sprechen nur ihre eigene IT-Sprache, wir aber sprechen mehrere, weil wir das Know-how von einer größeren Hersteller-Vielfalt im Portfolio haben. Die von uns gebotene Produktneutralität sorgt beim Kunden letztlich auch für höhere Investitionssicherheit, da die Kundenanforderung im Fokus steht“, meint Wallies.
In der ganzen Broadcast-Branche sieht er nach wie vor einen hohen Bedarf darin, Workfklows durchgehend zu digitalisieren. Gerade die kleinen und mittleren Unternehmen hätten hier noch viel nachzuholen und müssten dabei möglichst „ganzheitlich“ beraten werden. „Die konzentrieren sich oft nur auf einzelne Problemlösungen, ohne über den Tellerrand hinaus zu schauen und verbauen sich möglicher Weise so viele weitere Workflow-Möglichkeiten“, berichtet Wallies.
Grundsätzlich müsse man jedes Unternehmen durchleuchten und genau analysieren, wie es seine Ziele am einfachsten erreichen kann. Wallies: „Man braucht das große Bild des Unternehmens. Und das bekommt man nur durch eine ganzheitliche Betrachtung. Damit ist nicht gemeint, dass das große Bild sofort realisiert werden muss, aber es lässt sich die Einstiegsgröße investitionssicherer definieren. Das ist wichtig“. Gerade kleine und mittlere Unternehmen könnten Investitionen oft nur einmal tätigen und sich Fehler dabei nicht leisten. Der Flop eines Einzelprojektes hätte meist fatale Auswirkungen auf den gesamten weiteren Workflow-Ausbau. Die Umstellung der Arbeitsprozesse für die Erfordernisse der digitalen Welt müsste heute allen Medien-Unternehmen unter den Nägeln brennen. „Viele sind dabei sich neu zu positionieren. Wer jetzt seine Strukturen mit IT-Unterstützung nicht auf Effizienz trimmt, droht ins Abseits zu geraten“, meint Wallies. Für IP4Media biete diese Situation jedenfalls eine gute Ausgangsbasis für erfolgreiche Geschäfte.
Eckhard Eckstein
(MB 11/10)