Der neue Cisco Visual Networking Index prognostiziert für 2017 eine durchschnittliche Anzahl von fünf vernetzten Endgeräten pro Internet-Nutzer. Videos werden dann 55 Prozent des Internet Daten-Traffics über WLAN und Mobilfunk ausmachen. Der globale Datenverkehr via Internet-Protokoll (IP) wird sich laut Studie bis 2017 verdreifachen. Jede Sekunde laufen dann 1,2 Millionen Minuten Video über die IP-Netze. „Es besteht großer Bedarf nach Lösungen, die hochflexiblen Zugang zu Bewegtbildinhalten auf unterschiedlichsten Endgeräten ermöglichen“, erklärt Ciscos Vice President und General Manager EMEAR (Europa, Mittlerer Osten, Afrika und Russland) Yves Padrines vor diesem Hintergrund. Die Cisco-Technologievorführungen auf der ANGA COM zeigten, wie die Lösungen des Unternehmens zu neuen Vermarktungs- und Erlösmöglichkeiten beitragen und wie eine stärkere Angebotsdifferenzierung gegenüber dem Wettbewerb erzielt werden kann. Der Fokus liegt auf Infrastrukturen der nächsten Generation für ein qualitatives Medienerlebnis und mit Diensten aus der Cloud.
Cisco profitiert bei seinem auf der ANGA COM gezeigten Lösungen insbesondere von der NDS-Übernahme, die Anfang August 2012 abgeschlossen wurde. NDS wurde mittlerweile komplett in Cisco integriert, alle Mitarbeiter übernommen und NDS als Marke eliminiert. Die NDS-Technologien sind nun Teil der Videoscape-Unity-Lösung, die im Januar 2013 zur CES in Las Vegas gestartet wurde. „Das ist eine Kombination der klassischen Videoscape-Lösung, die seit 2011 auf dem Markt ist, und weiteren NDS-Software-Produkten. Hier auf der ANGA COM haben wir mit Videoscape eine komplette End-to-end-Lösung am Start einschließlich der Cloud mit Encodern, Multiplexern, etcetera“, berichtet Padrines.
Im Mittelpunkt des Cisco-Messestandes auf der ANGA COM standen verschiedene Videoscape-Unity-Angebote: Videoscape Unity umfasst vorintegrierte Ende-zu-Ende-Lösungen, die auf spezifische Provideransprüche abgestimmt werden. Dazu kann auf vielfältige Software-Suites und -Produkte zurückgegriffen werden, die für den Kunden in Verbindung mit Systemintegrationsleistungen zu einer ganzheitlichen Lösung kombiniert werden. Folgende Anwendungsbereiche lassen sich damit adressieren: TV Everywhere ermöglicht Zuschauern Inhalte intuitiv zu entdecken und einfach zu nutzen, egal ob live oder on Demand, überall und auf vielerlei Bildschirmen; Multiscreen Cloud DVR bietet Serviceanbietern die Möglichkeit, die Nutzung von DVR-Services gezielt zu beschleunigen und durch neue Abonnenten, Endgeräte und Dienste in kürzester Zeit wachsende Umsätze zu generieren; Connected Video Gateway verlängert die Cloud bis hinein in den Nutzerhaushalt und sorgt dafür, dass Mediennutzer auf unterschiedlichste Services zugreifen und alle Inhalte, jederzeit, überall und auf jedem Bildschirm konsumieren können. Neuartige Cloud-basierte TV-Lösungen mit hochelastischer Skalierbarkeit und Einsatzmöglichkeit von Thin-Client-Architekturen können dabei mit bestehenden Infrastrukturen eines Providers zusammenarbeiten.
Die systemoffenen Technologien von Cisco unterstützen nach eigenen Angaben einen flexiblen Zugang zu TV-Diensten wie RDK, HTML5, CI+ und HbbTV. Konvergente Multiplattformen zur Auslieferung von Services, einschließlich der Migration zu CCAP (Converged Cable Access Platform), sorgen für höhere Skalierbarkeit, Kompaktheit und Konvergenz hin zu einer vollständig IP-basierten Architektur sowie DOCSIS 3.1, Service Provider WiFi und Cisco Prime im Bereich Netzwerkmanagement. „Cisco bietet moderne Technologien zur Erlösgenerierung wie adressierbare Werbung und Einbindung von Anwendungen von Drittanbietern durch Videoscape Open APIs, also durch offene Programmierschnittstellen. Als erstes Unternehmen werden wir nun verschiedene Angebote starten, die eine Pre-Integration von verschiedenen Videoscape Unity-Komponenten beinhalten, sich aber dennoch kundenspezifisch einrichten lassen. Unsere Produkte sind stark variabel im Design“, betont Padrines. Angebote wie Cloud-Multiscreen-DVRs (Digital Video Recorder), Timshift- und Catch-Up-TV sind für uns erfolgversprechende Trends“, meint Padrines.
Interessante Kundenprojekte
Am Cisco-Stand auf der ANGA COM 2013 wurden auch entsprechende Kundenprojekte präsentiert. Tele Columbus, Deutschlands drittgrößter Kabelnetzbetreiber, bietet mit einer Personal Video Recorder (PVR) ready Lösung neue Möglichkeiten für seine Abonnenten. Auf Basis von Cisco Videoscape Unity im Zusammenspiel mit Drittanbieter-Hardware können einfache Zapper-Boxen optional mit einer externen Festplatte erweitert und Digitalrekorder-Funktionen wie Aufnahme/Wiedergabe oder Anhalten des Live-Programms aktiviert werden.
Unitymedia KabelBW und Cisco zeigten auf der ANGA COM auch die TV-Plattform Horizon. Unitymedia KabelBW gab zur Messe exklusiv erste Einblicke in das zukünftige Angebot für den deutschen Markt. In Deutschland startet die Medienplattform in diesem Jahr (siehe Beitrag in MEDIEN BULLETIN 6/2013). Cisco stellte für Fachbesucher einen Showcase des Horizon-Angebots aus den Niederlanden vor. Hier wurde Horizon von UPC zuerst in den Markt eingeführt. Horizon ist eine innovative Medien- und Unterhaltungsplattform für zu Hause, die Kabel-, webbasierte und persönliche Inhalte für eine intuitive Nutzung auf verschiedenen Bildschirmen nahtlos integriert; die Plattform arbeitet mit Cisco Videoscape Unity Softwarelösungen, darunter die Middleware Mediahighway, Kopfstellentechnologie von Cisco sowie die neuartige Benutzeroberfläche Cisco Snowflake. „Wir sehen ganz klar, dass Video nicht nur für Pay-TV-Betreiber sondern auch für alle für MSOs (Multi System Operator) immer mehr zum Schlüssel-Asset wird, mit dem man sich differenzieren kann. Video bringt Zusatzwert zum Endverbraucher. Mit Video kann man seine Marke vorantreiben und das Nutzererlebnis verbessern. Das hat man dann nicht nur auf dem TV sondern auch im Multiscreen-Bereich und mit „to go“-Lösungen unterwegs“, meint Padrines. „Mit unseren Produkten können wir die damit verbundenen Herausforderungen bedienen. MSOs können damit alle Inhalte flexibel auf allen Endgeräten verfügbar machen, mit ihren Angeboten schneller auf den Markt kommen, neue Features auf allen Endgeräten anbieten, ohne jedes mal große Software Downloads starten zu müssen, und neue Business-Modelle für Multiscreen aufsetzen.“ Alle MSOs müssten sich heute gut überlegen, wie sie den neuen Konkurrenten im OTT-Bereich wie google tv und
begegnen wollen, die Softwareupdates täglich oder wöchentlich machen können. Sie müssen sich auch überlegen, wie sie noch effizienter in Sachen Kosten werden können, weil ja der ganze Video-Traffic dabei ist regelrecht zu explodieren“, erklärt der Cisco-Manager. Der Trend gehe deshalb verstärkt in Richtung Cloud basierter Plattform. Padrines: „Deshalb arbeiten wir hieran auch besonders intensiv. Die Cloud sorgt für Kosteneinsparung – das belegt auch die Entwicklung im IT-Bereich –, bietet höhere Skalierbarkeit und vereinfacht das Hinzufügen von neuen Features. Statt einen aufwändigen Softwaredownload auf eine riesige Zahl an Set-top-Boxen zu machen, braucht man nur eine entsprechende Installation auf der Headend-Seite, um automatisch alle Endgeräte für schnelle Upgrades zu verbinden. Das alles wird jetzt Realität“, betont Padrines. Er räumt jedoch auch ein: „Natürlich sehen wir, dass es in einigen Märkten lizenzrechtliche Beschränkungen gibt, insbesondere hier in Deutschland. Aber das wird sich unserer Meinung nach auch ändern“. Als wichtigen Trend sieht der Cisco-Manager 4K und UltraHD. „In den nächsten paar Jahren wird sich 4K stark entwickeln und eine Menge neuer Geschäftsmöglichkeiten eröffnen. Wir sehen hier eine starke Markt-Evolution. Für MSOs, Kabelnetzbetreiber, Service- und Pay-TV-Anbieter wird die Distributionsqualität künftig immer wichtiger“, meint er.
Zur ANGA COM gewährte Cisco auch erste Einblicke in neue Technologiekonzepte wie Solar und Lunar. Solar verfolgt die Idee einer vollständigen Abbildung der Übertragungsinfrastrukturen für Mediendienste in der Cloud und soll bereits in den nächsten Monaten als Lösungsangebot auf dem Markt eingeführt werden. Die Technologie Lunar „produziert“ umfangreiche Metadaten durch Analyse von Medieninhalten und stellt diese in einer Datenbank zur Verfügung; hierauf können User-Apps zugreifen. Auch für Lunar ist die baldige Vermarktung als Lösungsangebot für Service Provider geplant.
Eckhard Eckstein
(MB 07/08_13)