Blick in die Kristallkugel

„Wohin entwickelt sich der Werbemarkt?“ war eine zentrale Frage mit der sich Mitte Januar der Deutsche Medienkongress in Frankfurt befasste. Top-Entscheider aus Medien, Unternehmen und Agenturen trafen sich in der Alten Oper, um die neuen Trends im Werbebusiness zu sondieren.

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Blick in die Kristallkugel

Die Medienlandschaft verändert sich rasant. Stark betroffen davon ist auch die Werbewirtschaft. Der Fluss der Werbegelder mäandert in der digitalen Medienwelt. Die Tageszeitungen stecken deshalb schon länger in einer Krise, während man im TV-Bereich so tut, als könne die ganze Entwicklung einem nichts anhaben. Oder doch? Ganz unberührt von negativen Tendenzen in der Werbung ist auch das Fernsehen nicht. Allgemein stellt sich natürlich die Frage, unter welchem Zeithorizont Veränderungen zum Tragen kommen. Da gibt es grundsätzlich erst mal allen Grund zur Entwarnung, wie der deutsche McKinsey Experte für TMT, Markus Frerker, mit Blick auf die aktuellen Zahlen feststellte. Aktuell hätten zwar rund 25 Prozent der deutschen Haushalte bereits ein sogenanntes Connected-TV- Set. Von diesen hätten aber nur rund acht Prozent das Gerät überhaupt an das Internet angeschlossen, wovon wieder nur ein Bruchteil wiederum überhaupt regelmäßig mit den Apps hantiere. Das ist die Konsumentenseite.

Auf der Seite der TV- Anbieter gibt es auch gute Gründe die Entwicklung noch hinauszuzögern. Noch sei die Verbreitung eines HD-Sendesignals via Internet-Stream um 3.000 mal teurer als via Satellit, heißt es. Und auch technisch seien noch viele Fragen nicht gelöst. Bei der Übertragung im Internet des letzten „Superballs“ in den USA seien die Bilder um bis zu 15 Minuten später auf den Endgeräten angekommen, als über die klassischen Verbreitungswege. „Das heißt aber nicht, dass sich nichts verändert oder man nichts tun müsste“, fasst Frerker zusammen. Denn die Parallelnutzung boomt! Der McKinsey Berater bemüht wieder ein Beispiel aus den USA, wo die Disney Sporttochter ESPN schon früh die Zeichen der Zeit erkannte. 70 Prozent des mobilen Sportkonsums entfallen inzwischen auf diesen Anbieter und erwirtschaftete in 2012 damit einen Umsatz von 8,2 Mrd. US Dollar – um neun Prozent mehr als im Vorjahresvergleich. Doch die Strategie hat auch ihren Preis, wie sich unschwer an den Lizenzkosten ablesen lässt: Die Erneuerung des Baseball-Vertrags um zehn Jahre kostet den Konzern 5,6 Mrd. US-Dollar – eine Verdoppelung im Vergleich zum Vorvertrag.

Dass sich auch ein Engagement in Social Media lohnt, beweist das Beispiel MTV Music Award. Seine Popularität befand sich im Sinkflug bis Twitter dazukam und eine echte Trendwende einleitete. Heute führen die Topacts der Award-Show am Abend der Verleihung nicht nur mit großem Abstand an, sondern auch die Popularität der MTV Music Awards befindet sich auf einem Allzeit Hoch! Den Erfolg können allerdings die Studios nicht alleine für sich verbuchen, wie Frerker feststellt: „Nicht umsonst war Hulu außerhalb der Studios erfolgreich, mit einem Entrepreneur an der Spitze und nicht mit einem Disney-Executive.“ Mathias Dang, Geschäftsführer des RTL-Vermarkters IP Deutschland zeigte sich über die Impulse des McKinsey-Beraters sehr erfreut, der es gewagt hat, die Wahrheit zu sagen. „Sonst werden einfach nur Wordhülsen gedroschen um den einen oder anderen Neukunden zu bekommen.

Eine fundierte Analyse, mit der man etwas anfangen kann, ist selten. Von einem ernsthaften Gattungsstreit zwischen Print und TV wollte er allerdings nichts wissen und parierte den Vorwurf die TV-Vermarkter hätten versucht, durch hohe Rabatte Printkunden abzuwerben. „So funktionieren Rabatte nicht. Rabatte haben keinen Einfluss auf Kaufentscheidungen. Wenn ich kein Salz brauche, hilft es auch nicht es mir immer billiger anzubieten.“ Das Argument wurde, wen wundert es, sowohl vom obersten ProSiebenSat.1 Vermarkter Thomas Wagner unterstützt als auch dem Mediaplus Geschäftsführer Andrea Malgara: „Als ich 1995 nach Deutschland kam, da war Print enorm stark. Da ist es alles andere als verwunderlich, wenn bei permanent steigendem Wettbewerb Marktanteile verloren gehen.“ Das gilt freilich heute auch für das TV, auch wenn der Wettbewerb sich erst allmählich aufbaut und es noch eine ganze Weile dauern wird, bis sich die sogenannten „New Entrands“ voll entfalten. Die Vorhersage wie sich das konkret auf Marktanteile auswirkt, ist heute freilich noch ein Blick in die Kristallkugel. „Jeder sieht darin etwas anderes!“, fand man auch wieder in Frankfurt.

Dieter Brockmeyer
(MB 04/13)

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