Nach zahlreichen bautechnisch bedingten Verzögerungen wird es nun richtig Ernst mit dem lange geplanten Umzug der RTL-Mediengruppe in das neue Sendezentrum in Köln Deutz. In den komplett umgebauten „historischen“ Messehallen stehen dort 80.000 Quadratmeter Fläche zur Verfügung. Die Mediengruppe wird im neuen Sendezentrum rund 2.000 Mitarbeiter ihrer diversen Sender und Unternehmen unterbringen. Sie waren bislang auf verschiedene Standorte verteilt, unter anderem in Köln-Ossendorf und der Aachener Straße in Köln-Junkersdorf.
„Die Entscheidung, einen gemeinsamen Standort zu beziehen, ist bereits 2003 gefallen“, erzählt Thomas Harscheidt, Geschäftsführer von CBC, dem Produktions-, Broadcast- und IT-Unternehmen der RTL-Mediengruppe. 2005 habe man dann die historischen Messehallen in Köln-Deutz als neues Domizil ausgewählt. Der Einzug war geplant für April 2008. Allerdings gab es immer wieder Verzögerungen beim Umbau der alten Gemäuer in moderne Büro- und Produktionsgebäude. „Wir hatten nur wenig Einfluss darauf, weil wir ja nur Mieter des Mieters des Projektentwicklers sind – auch wenn das Gebäude hier eigentlich genau unseren Bedürfnissen entsprechend gebaut wurde“, erklärt Harscheidt. Im Dezember 2009 übernahm RTL schließlich das noch nicht fertig gestellte Gebäude, um die finalen Arbeiten, hauptsächlich im Bereich Haustechnik mit Energieversorgung, Brandschutz und Gebäudeautomation, in Eigenregie zu erledigen. Offizieller Eröffnungstermin war Mitte September.
Mit dem Ausbau der System- und Fernsehtechnik wurde Anfang Februar 2010 begonnen. Erste Inbetriebnahmen gab es Anfang Juni für die Formate „Explosiv“, „Exklusiv“ und „Extra“. Diese Studioproduktionen werden seither live aus Deutz gesendet. Anfang Juli folgte die Inbetriebnahme der Sendeabwicklung für Super RTL und Anfang August dann die von Vox. Im September wurde dann die RTL-Sendeabwicklung realisiert. Seit Mitte September sind mit „RTL aktuell“ und „Nachtjournal“ die Hauptnachrichtensendungen von RTL in Deutz on Air gegangen, Ende September die digitalen Themenkanäle von RTL. Auch die RTL-Punktsendungen „Punkt 6“, „Punkt 9“ und „Punkt 12“ werden bereits von Deutz aus verbreitet. Im Oktober erfolgt jetzt noch der Umzug von n-tv in das neue Sendezentrum. „Dann ist der operative Umzug weitgehend vollzogen.
Nachzügler sind dann noch RTL Interactive und RTL West. Bis Ende des Jahres rechnen wir mit dem Abschluss des kompletten Umzugs“, hofft Harscheidt.
Sein Unternehmen hat ganz erheblichen Anteil an der Umsetzung des RTL-Umzugs nach Deutz. Die komplette Produktions- und Sendetechnik inklusive der sehr umfangreichen IT-Infrastruktur wurde von CBC geplant und realisiert. Und CBC ist auch für den operativen Betrieb des neuen, komplett filebasierten Sendezentrums zuständig.
Den Umzugsaktivitäten vorausgegangen war eine organisatorische Umstrukturierung der Technikeinheiten von RTL und CBC. Schon Anfang 2006 hatte man entschieden, nur mit einer Technikeinheit in Deutz zu arbeiten und nicht mehr mit zwei wie zuvor. Der RTL-Bereich Produktion und Technik wurden deshalb mit CBC zusammengeführt.
CBC nimmt heute innerhalb der RTL-Senderfamilie die Rolle des Kompetenz-Centers für Produktion, Technik und Betrieb wahr. „Allerdings werden wir auch weiter als Profit-Center am Markt agieren und zwar im Bereich, Betrieb, Produktion, Postproduktion und natürlich auch im Systemgeschäft. Wir werden hier also auch externe Kunden betreuen können“, sagt der CBC-Chef. Beispiel für einen solchen Kunden sei der Bundesliga-Produzent SportCast. Deren Produktion wechsele im Dezember zum Beginn der Winterpause der Fußball-Bundesliga ebenfalls nach Deutz. Harscheidt betont, dass bei der CBC großen Wert darauf gelegt werde, trotz des wachsenden RTL-Engagements als unabhängiger Dienstleister auf dem Fernsehmarkt wahrgenommen zu werden.
Die von CBC in Deutz geleistete Arbeit ist bemerkenswert. Das Unternehmen hat die komplette Planung des komplexen file-basierten Sendezentrums in Eigenregie gemacht. Bei der Montage bediente man sich indes freier Kräfte. Die Möbelausstattung hat der Haus- und Hof-Schreiner von CBC, die Firma Ebbinghaus in Köln, durchgeführt. Zudem steuerte BFE einige Medienmöbel bei. In der Planungsphase waren 50 Mitarbeiter am Werk und mit Inbetriebnahmen der einzelnen Bereiche dann inklusive Technikern und Monteuren über 100. Der Konzern habe sich das neue Sendezentrum laut Harscheidt einen „ordentlichen zweistelligen Millionenbetrag“ kosten lassen. Mehr will er zum finanziellen Aufwand nicht verraten.
RTL verfügt über rund zwei Drittel des aus den alten Deutzer Messehallen entstandenen Gebäudekomplexes. Den Rest belegt der Versicherungskonzern Talanx, der 2006 den Gerling-Konzern geschluckt hat. Die neue RTL-Zentrale besteht aus zwei Gebäudeteilen, einem Ost- und einem Westflügel, die jeweils mit autarker Strom- und Klimaversorgung sowie autarken Leitungsführungen ausgestattet sind. „So konnten wir die nötige Redundanz über die beiden Gebäudeteile realisieren. Aber natürlich gibt es noch Redundanzkonzepte über Deutz hinaus“, berichtet Harscheidt. In Ossendorf würden bis April 2012, dem für Deutschland beschlossenen Abschalttermin für analoge Satellitentransponder, die dortigen analogen Uplinks in Betrieb bleiben. Und weil man deshalb das Gelände dort nicht ganz aufgeben wolle, sei dort auch noch ein Remote-Rechenzentrum, das so genannte Data-Backup-Zentrum, und vor allem das Backup für das digitale Archiv errichtet worden.
„Alle Vermögenswerte in Form von Programm-Material sind im abgesetzten Standort Ossendorf im Remote-Data-Center nochmal untergebracht. Verbunden sind wir damit gleich über zwei Wege via Dark Fibre“, unterstreicht Rüdiger Kupke, CBC-Bereichsleiter Systems & Technology. Alle senderelevanten Systeme des neuen RTL-Sendezentrums sind redundant an verschiedenen Orten aufgebaut und steuerbar. Harscheidt: „Bei unseren Sendern mit einem hohen Anteil an Live-Produktionen haben Sendesicherheit und Verfügbarkeiten höchste Priorität. Dies galt es von Anfang an bei den Planungen zu berücksichtigen.“ Ein Backup für den digitalen Uplink gibt es in München bei RTL 2, um ein Not-Playout machen zu können. „Und als Backup für die aktuelle Nachrichtenproduktion ist unser Hauptstadtstudio in Berlin geeignet“, so der CBC-Geschäftsführer.
Auch der Hochwassergefährdung durch die unmittelbare Lage des neuen RTL-Sendezentrums am Rhein habe man versucht, durch entsprechende Maßnahmen zu begegnen. Alle senderelevanten Anlagen sind ab dem Erdgeschoss aufwärts und nicht im Keller untergebracht. Das Gebäude ist mit einer zusätzlichen Betonwanne gegen „Jahrhunderthochwasser“ abgesichert.
Tapeless-Workflow
Nicht nur die organisatorische und strukturelle Zusammenfassung der Technik-Teams von RTL und CBC habe man sehr konsequent umgesetzt, sondern auch den tatsächlichen Tapeless-Workflow, berichtet Harscheidt. Der sei bei RTL nun durchgängig vorhanden und nicht nur in Inselbereichen wie bei manchen anderen Sendern.
„Unsere Herausforderung bestand darin, ein file-basiertes HD-Medienzentrum über sämtliche Produktions- und Broadcast-Prozesse zu schaffen, das den unterschiedlichen Bedürfnissen aller Unternehmen der Mediengruppe RTL sowie externen Partnern mehr als gerecht wird – und zudem Nachhaltigkeit besitzt“, betont er.
In einer solchen Größe – über sämtliche Disziplinen von Recherche, Pre-Cut-Optionen und Studioproduktionen sowie Postproduktion und Sendeabwicklung einschließlich der Anbindung von über 4.000 Arbeitsplätzen weltweit – sei dies einmalig und setze international Maßstäbe. „All dies konnte so nur realisiert werden, weil die dafür relevanten Disziplinen bei CBC gebündelt sind und wir aus einer Hand arbeiten konnten. Außerdem muss man auch die Anwenderseite sehr gut kennen. Denn es nutzt die beste Technik nichts, wenn sie nicht von denen, die damit arbeiten, akzeptiert wird“, erklärt Harscheidt.
Die Planung des neuen Sendezentrums in Köln-Deutz und deren Implementierung fand während des laufenden Produktions- und Live-Sendebetriebs der TV-Sender statt. Am neuen Standort wird durchgängig mit HD-Technik produziert. Das gilt auch für die beiden virtuellen TV-Studios (410 und 230 Quadratmeter Fläche), in denen seit Mitte September unter anderem die RTL-News mit „RTL aktuell“ produziert werden. Die beiden HD-Studios werden zwar primär für Nachrichten- und Magazinproduktionen genutzt, können aber auch für andere non-fiktionale Produktionen verwendet werden. Die Studios sind durch eine Raum-in-Raum-Konstruktion akustisch vom restlichen Gebäude entkoppelt.
Zur Grundausstattung des Studios gehören HD-Kameras des Typs Grass Valley LDK-6000, die auf automatisierten Systemen (Technodolly) und Stativen zum Einsatz kommen. „Die Formate werden in HD produziert – nur zugespielte Beiträge wird es teilweise noch in SD geben“, sagt Andreas Fleuter, CBC-Bereichsleiter Produktion. Das Studio ist mit Virtual-Set-Technik des Typs ProSet von Orad ausgestattet und komplett für virtuelle Produktionen ausgerüstet.
Jedem der beiden Studios ist eine direkt angrenzende HD-Regie zugeordnet. Alle Arbeitsplätze in den Regien sind per KSC-Manager von BFE ansteuerbar. Die Signale beider Studioeinheiten werden über eine gemeinsame, zentrale Kreuzschiene von Evertz (EQX, 288×288) geschaltet und verteilt, welche zusätzliche Flexibilitäten bietet.
Fleuter: „Neben den beiden Studios gibt es an Live-Produktionskapazitäten noch weitere Sets, in denen Roboterkameras zum Einsatz kommen. Jedes Set ist an eine eigene Regie angebunden. Kapazitäten für zusätzliche Studiobereiche sind vorhanden.“
Besonders in der modernen, bandlosen HD-Studioproduktion zeigt sich laut CBC-Chef Harscheidt wie wichtig das Zusammenspiel aus Produktionstechnik und IT ist. „Wir haben die Trennung dieser klassischen Strukturen bereits vor Jahren aufgehoben und die beiden Welten integriert“, schildert er. Auf die erfolgreiche Integration der beiden Bereiche sei man bei CBC besonders stolz.
Die TV-Sender und -Produzenten nutzen ein gemeinsames System für die Nachrichten- und Magazinproduktion. Das neue News-System setzt sich aus zahlreichen Standardkomponenten zusammen, die CBC mit eigens entwickelten Hard- und Software-Modulen maßgenau an die Bedürfnisse angepasst hat. Ziel ist es, die Bereiche Dispo, Themenplanung, Redaktionssystem, Ingest, Editing, Rights- und Materialmanagement, Postproduktion und Sendeabwicklungen mit einem eng verzahnten und vernetzten Gesamtsystem komplett abzudecken. Die Abläufe sind so angelegt, dass Beiträge im Redaktionssystem vorbereitet, Änderungen von der Regie aber bis zur letzten Sekunde vor Ausstrahlung vorgenommen werden können. Zentrales System in der Nachrichten- und Magazinproduktion ist NCPower Pro von Norcom im Zusammenspiel mit VPMS (Video Production Management System) von S4M.
Audio, Intercom, Postproduktion
CBC setzt am neuen Standort im Studiobereich zwei Audiomischpulte des Typs Lawo MC290 ein. Beide sind am Router des Typs Nova 73HD angeschlossen. Auf Knopfdruck lassen sich mit den Lawo-Pulten individuelle Settings abrufen. Die Lawo-Audiorouter sind mit Madi-Client-Boards in der Riedel-Kommunikation-sanlage integriert.
Die Studioregien sind mit zwei Riedel Artist 128 Mainframes ausgestattet, weitere sind im Hauptschaltraum eingebaut. Die Interkom-Anlage ist redundant als Ring aufgesetzt und so gegen Havarien geschützt.
Am neuen Kölner Standort wird in 56 Edit-Suiten durchgängig Final Cut Pro (FCP) von Apple eingesetzt. In elf Audio-Suiten kommen ProTools und Nuendo zum Einsatz.
Die Postproduktionen sind räumlich nah an den Redaktionsräumen angesiedelt. Für jeweils zwei Schnitträume steht eine gemeinsame Sprecherkabine zur Verfügung. In den Schnittplätzen gibt es keine eigenen Zuspieler mehr, die Systeme arbeiten vollständig bandlos und nonlinear über einen zentralen Speicher.
Für News und Magazin-Formate sind alle Final-Cut-Systeme via Fibre Channel an einen zentralen und ebenfalls redundant ausgeführten Speicher von Data Direct angebunden. Er fasst mit 108 TB Kapazität rund 3.500 Stunden Video- und Audio-Material, die für den direkten Zugriff von den Arbeitsplätzen zur Verfügung stehen.
Zusätzlich kommen separate XSAN-Umgebungen mit unterschiedlichen Speicherkapazitäten zum Einsatz. Die Produktionseinheiten sind via DataMover vernetzt, so dass ein File-Austausch immer möglich ist.
Neben dem Arbeiten in Edit-Suiten haben Redakteure auch an ihren Arbeitsplätzen Zugriff auf das gesamte Videomaterial in LoRes-Qualität. Dort können Beiträge bereits (vor-)geschnitten werden. Nach dem Schnitt mit LoRes-Material dient die dabei erzeugte EDL (Edit Decision List) dann dazu, das HiRes-Material entsprechend zu rendern. An ihren Arbeitsplätzen können die Redakteure auch vertonen und es ist möglich, Grafikvorlagen (Templates) im Redaktionssystem auszuwählen, mit den entsprechenden Infos zu füllen und diese später ins On-Air-Grafiksystem zu übermitteln.
CBC hat ein dreistufiges Speichermanagement etabliert, bestehend aus dem schnellen Online-Speicher (3.500 Stunden), einem plattenbasierten Jahresspeicher (6.000 Stunden) sowie einer erweiterbaren Data-Tape-Library, die derzeit auf rund 12.000 Stunden Material ausgelegt ist.
Auch die weltweiten Außenredaktionen arbeiten mit diesem Redaktionssystem, können auf den Online-Speicher zugreifen und dort archiviertes Material direkt in den eigenen Beiträgen verwenden.
EditPipe als Projektmanager
Die Festlegung auf Final Cut Pro bietet laut CBC viele Vorteile, was Lizenzen, Support und Infrastruktur betrifft. Allerdings sei die Software nicht für ein umfangreiches vernetztes Arbeiten in einer großen Broadcast-Umgebung konzipiert, heißt es.
Daher hat CBC in einer Entwicklungspartnerschaft mit Apple die Software EditPipe entwickelt. Das ist eine Art für Broadcast-Zwecke optimierte Projektsteuerung für FCP, die das Programm an die besonderen Anforderungen von CBC anpasst.
EditPipe löst ein Problem, das in der grundlegenden Arbeitsweise von FCP angelegt ist: Erstellt man in FCP einen Videobeitrag, wird dafür zunächst innerhalb des Schnittprogramms ein Projekt angelegt und innerhalb dieses Projekts werden dann alle Quellen des Beitrags angesprochen und verwaltet. Im aktuellen Betrieb eines TV-Senders würde also innerhalb kurzer Zeit eine Unmenge an Projekten und Beiträgen entstehen: Bei CBC sind dies durchschnittlich rund 1.000 einzelne Beiträge pro Woche. Per File-Explorer ist diese Menge nicht mehr produktiv verwaltbar. Hier setzt EditPipe an und schließt die Lücke zwischen dem Redaktionssystem NCPower und VPMS auf der einen und zwischen FCP und ClipJockey auf der anderen Seite. Das Programm läuft als native MacOS-X-Software auf jedem Mac-Schnittplatz und ist automatisch Bestandteil der Menüstruktur von FCP. Das System besteht aus den Modulen Projektmanagement, Cutlisten-Import für FCP, einem Export-Plug-In sowie AudioPipe, einer Verknüpfung von Quicktime-Video und Audio-Wav-Dateien, die in der Tonnachbearbeitung entstanden sind.
Sendeabwicklungen
Im neuen Sendezentrum können bis zu 15 TV-Sender betreut werden. Die Sendeabwicklungen sind um die zentralen Kontroll- und Steuerpulte des Network-Operation-Center (NOC) angeordnet. Alle Sendeabwicklungen sind mit HD-Technik ausgestattet. „Sämtliche für die Ausstrahlung benötigten Kernkomponenten sind mindestens in doppelter Ausführung vorhanden. So sind beispielsweise die Automationssysteme und Videoserver in jeder Sendeabwicklung gespiegelt und gewährleisten hohe Verfügbarkeit und Redundanz. Vernetzte Servertechnologien sowie Content-Management- und Automationssysteme sind maßgeschneidert auf die Anforderungen von Programm- und Werbedisposition abgestimmt“, berichtet Mido Fayad, CBC-Bereichsleiter Sendebetrieb. Als Automatisierungssystem wird dabei Abit Present It eingesetzt, das auf der Hardware-Seite mit Spectrum-Servern von Omneon, Routing-Lösungen und Master Control-Mischern von Evertz kombiniert ist. Bei den Multiviewern setzt CBC durchgängig auf Lösungen von Barco.
Vier Antennen von 4,8 Metern Durchmesser sowie drei DVB-S-Uplinks senden die Programme „on Air“.
Im NOC findet die Überwachung der unterschiedlichen Verbreitungswege (Satellit, Kabel, Terrestrik) statt. Für die von CBC betreuten TV-Sender machen diese in Summe 60 aus. Auch werden im NOC proaktiv Backup-Schaltungen vorgenommen. Die Distributionssignale werden dann vom NOC auf einen anderen Uplink-Standort umgeleitet. Dies geschieht beispielsweise bei witterungsbedingten Einflüssen, um auch dann eine störungsfreie Signalqualität zu gewährleisten.
Neben den Sendeabwicklungen und des NOC betreuen die CBC-Ingenieure auch den Ingest für noch „per Tape“ angeliefertes Programmmaterial. Hierfür stehen unterschiedliche MAZ-Formate wie HD Cam SR und DigiBeta zur Verfügung. Dieser weitestgehend automatisierte Ingest wird in einem von CBC eigens entwickelten Verfahren in zwei Systemen, bestehend aus Tape-Robotic, Ingest-Servern und Automationssteuerung, durchgeführt. „Jedes System kann pro Tag aus 120 Stunden Videomaterial entsprechende Mediendateien erzeugen“, sagt Fayad.
Hauptschaltraum, Leitungsbüro, Ingest
Im Hauptschaltraum (HSR) werden die Signale über Leitungen und Satellit gesammelt und quasi als Quellenmaterial zur weiteren Be- und Verarbeitung zur Verfügung gestellt. Per Glasfaser sind sieben große Telko-Provider direkt angebunden. Für Downlinks stehen 16 Antennen sowie vier Antennen für HD- und SD-Occasional-Use-Uplinks bereit. Die Steuerung der Antennen sowie der 60 IRD erfolgt über das von CBC entwickelte Steuerungssystem PiloSat. Mit diesem System werden auch Encoder, Modulatoren und die HF-Kreuzschienen kontrolliert. Ausgestattet ist der Hauptschaltraum mit einer Evertz-Kreuzschiene (378 x 378-Matrix). „Die Kommando-Anlage hier ist ebenfalls von Riedel. Für die Steuerung der Komponenten nutzen wir KSC-Controller und KSC-Manager-Software von BFE. Weitere Hardware kommt von Lynx. Als Multiviewer sind Barco-Systeme im Einsatz“, erläutert Fayad.
Zum Mitschneiden der News-Feeds von Nachrichtenagenturen und von Überspielungen aus allen Teilen der Welt hat CBC insgesamt 24 Infofeed-Recorder im Einsatz. Die Recorder erzeugen beim Ingest eine Quicktime-Datei mit IMX30-Nutzdaten (self-contained). Zusätzlich wird aber auch ein MPEG-1-Video für die LoRes-Dateien erzeugt. Auch Bilder und Töne, die auf Trägern angeliefert werden, spielt CBC zentral ins Speichersystem ein. „Intern, inklusive der nationalen und internationalen Außenbüros, wird nur noch file-basiert gearbeitet“, betont CBC-Bereichsleiter Systems & Technology Kupke.
Eine VPMS-Datenbank speichert die Metadaten aller Files und ermöglicht so schon während der Aufzeichnung, dass die Inhalte bereits nach 30 Sekunden für ein Editing bereitstehen – und zwar an allen Redaktions- und Editing-Plätzen.
Contentbank
Interessant ist auch das digitale Archiv von RTL im Deutzer Sendezentrum.
„Bislang nahm das Bandarchiv rund 2.000 Quadratmeter mit entsprechend aufwändigen Klimavorrichtungen ein. Nun reicht ein gutes Zehntel davon aus, um die gleiche Programmmenge zu archivieren – inklusive Sicherheitskopien und der Möglichkeit, jederzeit Kopien in gleicher Qualität zu erstellen oder das Archiv an einen anderen Ort zu überspielen, ohne physisch Datenträger transportieren zu müssen“, schildert Kupke. Möglich mache dies die Contentbank, eine von CBC entwickelte Lösung.
Mit dem Umzug werden die traditionellen, videobasierten Programmarchive auf Contentbank, ein File-basiertes Archiv, umgestellt. Bisher wurden über 150.000 Stunden HiRes-Material digitalisiert und in einer vier Petabyte großen Bibliothek gespeichert. Neben einer Kostenersparnis bietet die Vorhaltung des Programmmaterials in einer flexibel zugreifbaren Speicherstruktur Vorteile beim Arbeiten. Über automatisierte und speziell programmierte LMS-Systeme wird das Material auf einen Omneon-Server gespielt, der es wiederum bei Bedarf per DataMover in ganz unterschiedlichen Formaten ausgeben kann.
Bereits beim Ingest wird das Material gespiegelt. Mit einer digitalen Speicherung und Archivierung in Contentbank bietet CBC so auch eine effiziente Lösung für Multi-Plattform-Angebote und Video-on-Demand. Solche Services im Bereich der digitalen Archive, meint CBC-Geschäftsführer Harscheidt, würde sein Unternehmen gerne auch Dritten anbieten.
(MB 10/10)
Eckhard Eckstein