Klares Zeichen für mehr Kundennähe

Nach der Übernahme durch Belden im April 2014 und der Fusion mit Miranda ist Grass Valley dabei, sich auf den europäischen Märkten neu zu positionieren. Dabei sucht das Unternehmen wieder mehr Kundennähe. In Deutschland wurden dazu zwei neue Key Account Positionen geschaffen. MEDIEN BULLETIN sprach mit Said Bacho, Senior Vizepräsident Europa, Mittlerer Osten und Afrika, über Grass Valleys neue Perspektiven und Strategien.

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Klares Zeichen für mehr Kundennähe

Was bedeutet die Übernahme durch Belden für Grass Valley?

Seit der Übernahme durch Belden im April 2014 hat es im Unternehmen sehr viele strukturelle Veränderungen gegeben. Auch die Produkt-Strategie wurde neu definiert. Dazu haben wir auf der NAB 2014 und der IBC 2014 bereits einige Erklärungen abgegeben.

Wir profitieren ganz klar von unserer neuen Muttergesellschaft. Belden generiert jährlich einen Umsatz von 2,3 Milliarden US-Dollar und ist ein Unternehmen mit einer langen Geschichte. Bereits 1902 wurde es gegründet. Belden bedient heute drei Plattformen: Broadcast, Industrie und Enterprise. Der Broadcast-Bereich, zu dem jetzt auch Grass Valley gehört, macht rund 35 Prozent des Gesamtgeschäfts von Belden aus und ist deshalb von zentraler Bedeutung für das Unternehmen.

Deswegen hat Belden seit 2012 auch rund eine Milliarde US-Dollar in diesen Sektor investiert, zum Beispiel durch die Übernahmen von Miranda und Grass Valley. Diese Investitionen sind eine starke Botschaft von Belden mit Blick auf die Relevanz des Broadcast-Geschäfts.

Ändern sich dadurch die Vertriebsstrukturen der Grass Valley Produkte und Lösungen?

Wir arbeiten enger mit Systemintegratoren und Channel Partnern zusammen. Zudem erweitern wir unsere eigenen Strukturen. In Weiterstadt verbleibt die Deutschland Zentrale, aber mit erweiterter Vertriebsverantwortung für DACH und Osteuropa. Nun wurde auch im süddeutschen Raum investiert und zwei neue Vertriebspositionen in München geschaffen. André Fischer leitet von dort aus bereits unser Team für Zentral-Europa (DACH-Region und Osteuropa). Nun ist Stefan Weitzer vor drei Monaten als Vertriebsmanager für Süddeutschland, Österreich und die Schweiz zu uns gestoßen. Er ist in dieser Position für alle Produkte von Grass Valley zuständig. Damit zeigen wir in Süddeutschland stärkere Präsenz und erzeugen auch in diesem wichtigen Markt mehr Kundennähe. Das Channel Business bleibt für uns dabei sehr wichtig. Wir haben deshalb auch ein Team in Europa aufgebaut, das unsere Channel-Partner in allen Belangen unterstützt – von Marketing-Maßnahmen, Events, Roadshows, Seminare bis hin zu Installationen. Insgesamt streben wir einen guten Mix aus Direkt- und Channel-Vertrieb an. Das heißt 70 Prozent Channel- und 30 Prozent Direkt-Vertrieb.

Werden Belden- und Grass Valley-Produkte gemeinsam vermarktet?

Nein. Wir tauschen zwar Informationen aus aber die Vertriebsstrukturen sind weiter getrennt. Natürlich arbeiten wir aber mit Beldens Kabel-Vertriebsmannschaft eng zusammen. Schließlich wollen wir sicherstellen, dass unsere Kunden optimal vom Angebot beider Bereiche profitieren. Wir selbst werden aber keine Kabel verkaufen. Natürlich haben wir aber Channel Partner und Händler, die sowohl Grass Valley als auch Miranda und Belden-Produkte im Portfolio haben.

Warum ist der deutsche Markt für Grass Valley so interessant? Die Wachstumsmärkte sind doch eher in Osteuropa oder dem Nahen Osten zu finden.

Die deutschen Systemintegratoren sind sehr im Exportgeschäft in Osteuropa, dem Mittleren Osten und in Afrika engagiert. Beispiele dafür sind Wellen + Nöthen, Broadcast Solutions, BFE oder MCI. Um mit diesen Unternehmen enger zu kooperieren, müssen wir in Deutschland stärker Präsenz zeigen. Oder anders ausgedrückt: Um auch in den Wachstumsmärkten Erfolg zu haben, müssen wir erst einmal hier Erfolg haben und unseren Partnern hier die richtige Unterstützung liefern. Deren Niederlassungen im Ausland, zum Beispiel in Dubai, sind meist nur Vertriebsbüros. Die technische Expertise, die dort gebraucht wird, kommt meist aus Deutschland. Wenn wir möchten, dass im Nahen Osten mehr Grass Valley-Produkte gekauft werden, dann brauchen wir die Systemintegratoren in Deutschland.

Der deutsche Markt wächst nur bedingt, aber wir können unser Export-Geschäft von Deutschland aus vorantreiben. Und gleichzeitig können wir versuchen, unseren Marktanteil in Deutschland weiter auszubauen, auch wenn der Kuchen, den es hier zu verteilen gilt, nicht unbedingt größer wird. So konnten wir 2014 im Vergleich zum Vorjahr eine Umsatzsteigerung verzeichnen in dem wir unseren Mitbewerbern Aufträge weggenommen haben. Insbesondere nach der Fusion von Miranda und Grass Valley haben wir hierzulande einen deutlichen Kundenzuwachs und starke Verkäufe registriert. Wir konnten in Deutschland einige wichtige Geschäftsabschlüsse tätigen, unter anderem mit dem WDR, der Deutschen Welle oder mit TopVision. Erfolgreich sind wir nicht nur mit unseren Kameras unterwegs, sondern auch mit den Produktionsmischern, Routern, Multiviewern und Infrastruktur-Produkten. Viele Kunden, die früher nur Kameras bei uns gekauft haben, interessieren sich jetzt für unser komplettes Produktangebot. Unser Portfolio ist dabei nahezu komplett, um etwa Ü-Wagen oder Studios auszurüsten oder um Playout- und News-Lösungen zu liefern.

Welchen Stellenwert spielt dabei das Kamera-Geschäft, insbesondere mit Blick auf die 4k-Entwicklung?

Natürlich ist das Kamera-Geschäft für Grass Valley insbesondere in Europa sehr wichtig. Das liegt auch daran, dass unsere Kamera-Entwicklung traditionell in Europa stattfindet. Zur IBC haben wir unsere 4k-Kamera vorgestellt. Sie ist seit Ende 2014 auf dem Markt und wurde speziell als Broadcast-Kamera für die Live-Produktion entwickelt – nicht als Filmkamera. Dahinter steckt ein komplett neuer technologischer Ansatz. Die 4k-Kamera ist mit drei 2/3“ CMOS-Bildsensoren ausgestattet, liefert hervorragende Tiefenschärfe und Auflösung und bietet hohe Lichtempfindlichkeit. Mit der 4k-Kamera können unsere Kunden Pan und Zoom nutzen wie mit einer normalen HD-Kamera und können zudem normale B4-Mount-Objektive einsetzen. Das alles sorgt dafür, dass die Kamera besondere Aufmerksamkeit findet.

Wie sieht es bei den Wettbewerbern aus?

Sony fährt noch einen anderen Kurs aber Ikegami und Hitachi folgen unserer Strategie. Wir sind davon überzeugt, den richtigen Weg eingeschlagen zu haben. Das haben uns auch viele Kunden auf der IBC 2014 bestätigt. Sie waren sehr interessiert, mehr über die Qualität und Leistungsfähigkeit der Kamera zu erfahren. Wir haben dort auch unsere neue 6-fach Super Slow Motion-Kamera vorgestellt, die unsere Kamera-Line-up neben Studiokameras und kompakter Box-Kameras nun vervollständigt.In Bezug auf 4k ist die Kamera nur ein Teil unseres 4k-Angebots. Wir verfügen auch über 4k-Mischer, -Router, -Multiviewer und -Server.

Grass Valley wirbt mit dem Slogan „Future Ready“. Was verstehen Sie genau darunter?

Als „Future Ready“ positionieren wir alle Technologien, die 4k-, IP- oder cloudbasiert sind. Die Marke Grass Valley reflektiert indes unsere Broadcast-Herkunft, die sehr stark von Hardware getrieben war. Aber das ist heute längst nicht mehr der Fall. Über die Hälfte unserer Ressourcen basiert heute auf Software. Unsere Broadcast-Tradition, auf die wir stolz sind, erlaubt uns aber, unsere Kunden mitzunehmen in die Zukunft. Wir verstehen Broadcast. Wir kommen nicht aus der IT-Branche. Das hindert uns jedoch nicht daran, in neue Technologien zu investieren, in 4k, IP und Cloud. Tatsächlich werden wir schon bald alle Produkte über die wir gesprochen haben mit IP-Schnittstellen ausgerüstet haben. Und wir starten unser Software Defined Network (SDN)-Lösung Pegasus, die unsere Kunden in der Übergangsphase von Baseband zu IP in die Lage versetzen wird, Baseband- und IP-Hybrid-Umgebungen zu steuern. In der Übergangsphase werden beide Signaltypen schließlich koexistieren. Unsere Lösung wird dabei erlauben, zwischen den Signalen hin- und her zu schalten, egal ob es sich um IP- oder Baseband-Signale handelt. Der Broadcast-Operator braucht seine Arbeitsweise da nicht umzustellen. Und wir verfolgen eine offene IP-Strategie. Wir unterstützen dabei die Technologien von Drittherstellern. Wir beschränken unsere Kunden nicht durch den Einsatz von proprietären Technologien. Das heißt, wir werden unter anderem auch Cisco-, Arista- oder HP-Switches unterstützen, damit die mit unseren SDN-Lösungen zusammenspielen können.

Broadcaster planen für TV-Everywhere. Dafür braucht es neue Infrastrukturen, die auch von Grass Valley angeboten werden. Haben Sie neue Kundenprojekte in der Pipeline?

Ich gehe davon aus, dass wir besonders in der zweiten Hälfte 2015, insbesondere in Westeuropa, ein paar Investitionen in die dafür nötigen Technologien sehen werden.

Grass Valley ist mit seiner Cloud basierten Playout-Lösung GV Stratus dabei. Da laufen derzeit einige Tests bei Kunden. Und zur IBC 2014 haben wir gezeigt, dass wir dabei sind, alle Produkte mit IP-Interfaces auszurüsten und dass wir da auf dem richtigen Weg sind. Rundfunksender und Netzwerkbetreiber sind sehr am IP-Thema interessiert. Wohingegen im Produktionsbereich das Interesse an 4k größer ist. Auch hier werden wir wohl in der zweiten Jahreshälfte, insbesondere in Westeuropa, einige Investitionen sehen.

Gibt es Grass Valley-Kunden, die bereits voll auf IP-Infrastrukturen setzen?

Wie gesagt, es laufen bereits einige Tests mit Key-Kunden, bei denen wir stark involviert sind. Darüber können wir aber noch nicht reden. Fehlende IP-Standards haben bislang auch die Entwicklung etwas behindert.

Was bedeutet die Miranda-Grass Valley-Fusion mit Blick auf die Produkte der Unternehmen?

Miranda bringt Produkte für Routing und Infrastruktur, Playout, Multi-Viewer, Monitoring, Grafik und Branding mit. Grass Valley ist spezialisiert auf Produktionsmischer, Server, Automation, Editing und Kameras. Das passt alles sehr gut zusammen.

Mit dem K2 Dyno Slomo Server tritt Grass Valley gegen EVS an. Wie stehen da die Chancen, Marktanteile zu gewinnen?

Die K2 Dyno Vermarktung läuft in einigen Ländern ganz gut. Natürlich haben wir es im Slomo-Server-Geschäft mit einem Hauptwettbewerber zu tun, der eine sehr starke Marktposition hat. Aber wir arbeiten daran, uns noch besser in Position zu bringen. Dabei hilft uns das neue Feature-Set des K2 Dyno, das wir zur IBC 2014 vorgestellt haben. Wir sind nun in der Lage, die EVS-Server nicht nur beim Preis sondern auch bei den Funktionalitäten zu übertreffen. Wir haben jetzt eine sehr leistungsstarke Lösung unter anderem mit der Pan und Zoom Funktionalität, die EVS nicht hat, und mit der Anyspeed-Funktionalität, die sehr gut mit unserer 6x Super Slow Motion Kamera zusammen spielt. Wir können nicht nur den Slow Motion Server liefern sondern auch die entsprechende Kamera dazu. Andere Hersteller können das nicht. Immer mehr Kunden wissen das zu schätzen – auch, dass sie zum Preis einer EVS-Maschine drei oder vier K2 Dynos kaufen können.

Gibt es Rental-Unternehmen, die K2 Dynos ins Portfolio übernehmen?

Wellen+Nöthen zum Beispiel. Das Unternehmen hat Systeme zur Vermietung und zum Verkauf im Angebot. Dazu unterstützt uns Wellen+Nöthen als Academy Partner für K2-Server auch mit Training- und Consulting-Aktivitäten bei K2 Dyno. In Italien werden einige K2 Dynos auch bei der Produktion der italienischen Fußball-Liga Seria A eingesetzt.

Aber natürlich ist klar: Die meisten Slomo-Operator präferieren heute noch Server von Mitbewerbern. Es braucht etwas Zeit, um sie zu überzeugen mit einer anderen Plattform zu arbeiten. Wenn sie sich aber erst einmal mit unseren Maschinen befasst haben, dann sehen sie gleich eine Menge Vorteile. Es gibt mittlerweile auch von Operator-Seite sehr viel positive Resonanz auf den K2 Dyno.

Warum hat Belden Grass Valley Ihrer Meinung nach übernommen?

Ganz klar wegen dem Kamera-Geschäft. Das ist für die Strategie des Unternehmens extrem wichtig.

Was dürfen die Kunden in Zukunft von Grass Valley erwarten?

Wir haben, wie gesagt, nun einen sicheren Hafen gefunden. Belden ist eine finanziell sehr stabile Organisation und bietet Grass Valley die nötigen Ressourcen und Skaleneffekte für weiteres Wachstum. Unsere Kunden dürfen deshalb sehr zuversichtlich sein, dass Grass Valley als starke Marke und verlässlicher Partner erhalten bleibt. Belden ist kein Privatinvestor. Hier geht es um strategische Investitionen und nicht um Gewinnabschöpfung. Auch wir Angestellte sind deshalb sehr glücklich mit der neuen Muttergesellschaft.

Auch auf Seiten der Produktion profitieren wir ebenso wie unsere Kunden von der Belden-Übernahme. Belden verfügt weltweit über 25 eigene Fabriken. Die Herstellung braucht da nicht wie bei anderen Unternehmen ausgelagert, sondern kann In-house erledigt werden. Insgesamt haben wir deshalb auch schon ein sehr positives Kunden-Feedback erhalten.

Eckhard Eckstein

MB 1/2015

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