Filmbranche sucht Halt – Euro Cine Expo wird zum Treffpunkt in bewegten Zeiten

Die Euro Cine Expo wird zum Treffpunkt in unsicheren Zeiten – Claire Saunders über Gespräche, Techniktrends und ihren Wunsch für die Branche.

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Impression von der Euro Cine Expo 2024 in der Motorworld München
Impression von der Euro Cine Expo 2024 in der Motorworld München – ein Ort für Technik, Austausch und persönliche Gespräche in der Filmbranche.

Drei Tage Technik, Gespräche und Perspektiven: Vom 26. bis 28. Juni wird München erneut zum Treffpunkt für Filmschaffende aus ganz Europa. Die Euro Cine Expo (zur Event-Übersicht) versteht sich dabei längst nicht mehr als klassische Fachmesse. „Wir wollten von Anfang an einen Ort schaffen, an dem Menschen miteinander ins Gespräch kommen, an dem nicht nur Technologie gezeigt, sondern auch Gedanken ausgetauscht werden“, sagt Veranstalterin Claire Saunders.

Claire Saunders ©ECE

Was zunächst als Wandermesse gedacht war, hat inzwischen fest in der Motorworld München (ext. Link) Wurzeln geschlagen. Die Entscheidung, in Bayern zu bleiben, fiel nicht zufällig. Nach Pandemie, Streiks und wirtschaftlicher Unsicherheit schien Kontinuität wichtiger als Expansion. Die ungewöhnliche Location mit Industriecharme bildet nun den Rahmen für eine Veranstaltung, die bewusst auf Atmosphäre setzt – und auf Nähe.

Zwischen KI, Kameras und Karrierewegen

Neben klassischen Produktausstellern rückt das Rahmenprogramm immer stärker in den Fokus. Drei Bühnen widmen sich in diesem Jahr einem breiten Themenspektrum: virtuelle Produktion, Künstliche Intelligenz, Arbeitssicherheit am Set und der Weg junger Talente in die Branche. „Wir versuchen, sowohl technische als auch persönliche Fragen zu adressieren“, so Saunders. Dass der Verband der Kameraleute (BVK) einen eigenen „Playground“ mitbringt, unterstreicht diesen Ansatz – hier soll ausprobiert, gefragt und vernetzt werden.

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Branche im Wandel – Gespräche statt Hochglanz

Die Messe spiegelt, was viele derzeit empfinden: Die Filmbranche steht unter Druck. Budgets schrumpfen, Verwertungsketten verändern sich, technologische Umbrüche fordern Anpassung. Claire Saunders beobachtet eine Mischung aus Realismus und Hoffnung. „Es wird vorsichtig optimistisch gedacht“, sagt sie. Und verweist auf einen Bedarf, der trotz aller Probleme bleibt: „Inhalte werden weiterhin gebraucht – die Frage ist nur, wie und mit welchen Mitteln wir sie künftig produzieren.“

Genau deshalb hält sie es für essenziell, dass die Branche Räume wie diesen bekommt. Räume, in denen nicht nur Technik, sondern auch Unsicherheiten besprochen werden. In denen man voneinander lernt – oder einfach mal zuhört.

Die Motorworld München dient der Euro Cine Expo als unkonventioneller Veranstaltungsort

Netzwerken ohne Krawattenpflicht

Die soziale Dimension ist ihr besonders wichtig. Neben Panels und Produktneuheiten bietet die Euro Cine Expo zahlreiche Gelegenheiten zum Austausch. In einer Networking Lounge treffen sich Kameraleute, Regisseurinnen, Produzenten. Abends gibt es Partys, und in diesem Jahr erstmals eigene Auszeichnungen: Der Trailblazer Award in Zusammenarbeit mit Women in Cinematography sowie ein Career Achievement Award sollen Engagement und Lebensleistung würdigen – ohne dabei den feierlichen Rahmen zu überinszenieren. „Wir wollten keine Black-Tie-Gala. Es soll authentisch bleiben“, sagt Saunders. Der bereits etablierte Euro Cine Award von film-tv-video.de wird ebenfalls weitervergeben und ergänzt das neue Format.

Ein Messekonzept mit Haltung

Dass hinter der Veranstaltung ein Familienunternehmen steht, spürt man im Detail. Claire Saunders, ihr Mann, ihr Sohn, ihre Schwiegertochter – sie alle arbeiten mit. Ihr Schwiegervater, heute 86, hat die Firma in den 1960ern gegründet und meldet sich noch regelmäßig mit Ideen. Der persönliche Einsatz prägt die Atmosphäre der Messe – aber auch ihren Anspruch. „Wir wollen keine Show um der Show willen. Wir wollen etwas schaffen, das der Branche wirklich hilft.“

Ein Blick nach vorn

Neue Technologien wie KI und virtuelle Produktionsumgebungen werden in München sichtbar sein. Auch kleinere Anbieter nutzen die Messe für Premieren, etwa das US-Unternehmen Chemical Wedding, das ein Update seiner digitalen Tools für Kameraleute präsentiert. Doch trotz aller Technik steht etwas anderes im Vordergrund: die Idee, dass Austausch und Begegnung gerade jetzt wichtiger sind als je zuvor.