Technik mit Wohlfühlfaktor

Der Mainzer Produktionsdienstleister TV Skyline hat im September mit dem Ü8 UHD einen neuen Ü-Wagen an den Start gebracht, der durch ein innovatives Technik-, Raum- und Design-Konzept besticht. Erstmals kommen hier unter anderem vollständig IP-realisierte Audio- und Video-Stageboxen von Lawo zum Einsatz.

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Technik mit Wohlfühlfaktor

Bei den ersten Präsentationen des neuen Ü8 UHD von TV Skyline in Mainz und Unterföhring zeigten sich viele Besucher beeindruckt. Ins Auge fiel zunächst einmal das besondere Arbeitsambiente verbunden mit dem großen Platzangebot im Ü-Wagen. „Wir haben besonderen Wert darauf gelegt, maximalen Raum für Kreativität zu schaffen“, erklärte TV-Skyline-Mitgeschäftsführer Robert Kis. „Wenn wir heute noch einmal einen solchen Wagen bauen würden, wüssten wir nicht, wie noch mehr Raumgefühl erzeugt werden könnte.“

Basis für das gute Platzangebot ist die besondere Chassis-Konzeption des Wagens, das identisch ist mit dem des Ü7, der seit April 2014 bei TV Skyline im Einsatz ist und auch schon durch seine innovative Gestaltung auffiel. Bei ausgefahrener Schublade ergibt sich eine Breite von 4,60 Meter. „Es gibt Ü-Wagen mit tieferen Schubladen, die aber trotzdem kleiner wirken. Wir haben die Technik komplett im Unterflur und hinten im ZGR integriert und versucht, möglichst viel Platz nach Außen und nach Oben zu schaffen. Die Schublade fährt zwar innen aus dem Chassis heraus aber genau unter der Oberkante. Dadurch haben wir auch mehr Raumhöhe“, berichtet Kis. Interessant ist auch, dass der Ü-Wagen an der vorderen Verlängerung der Schublade über eine große überdachte Plattform verfügt, die für Besprechungen oder Pausen der Crew-Mitglieder gedacht ist. Von hier aus hat man Zugang zum Tonraum oder zur Bildtechnik-Abteilung. Diese ist zusätzlich wiederum über eine Glasschiebetür mit dem Tonraum verbunden, sodass man von hier aus auch direkt in die Hauptregie gelangen kann.

„Beim Raumkonzept und Innendesign haben wir beim Ü8 UHD ganz besonderen Wert darauf gelegt, dass sich die Produktionsteams dort wohl fühlen. Die Harmonie der Materialien und Farben trägt dazu bei. Wir haben uns ein neues Design mit warmen Farben, viel Holzoptik, Ledersitzen und ausschließlich indirektem Licht ausgedacht. Das Fahrzeuginnere wurde zudem mit Teppich und Fußbodenheizung versehen. Ein hoher Wohlfühlfaktor wirkt sich immer positiv auf eine Produktion aus“, meint TV-Skyline-Geschäftsführer und -Firmeninhaber Wolfgang Reeh. „Bei der Raumgestaltung haben wir in vielen kleinen Details noch mal darauf geachtet, dass wir Verbesserungen zu unserem Ü7 hin bekommen.“ Die LED-Beleuchtung im gesamten Ü-Wagen lässt sich auch in verschiedenen Farben individuell gestalten. Beim Raumkonzept legte TV Skyline zudem viel Wert auf hohe Flexibilität. Bis zu 30 Arbeitsplätze lassen sich in dem neuen Ü-Wagen unterbringen. Verschiebbare Pulte, Bänke und Glastrennwände zwischen einzelnen Raumteilen sorgen dafür, dass man auf unterschiedlichste Produktionsanforderungen sehr individuell reagieren kann.

Auffallend im Ü8 UHD ist auch eine sehr große Regie mit einem knapp sechs Meter breiten Tisch. Dort finden bis zu neun Leute nebeneinander vor einer großen Monitorwand Platz. In der zweiten Reihe können nochmal bis zu sechs Leute sitzen. In der Bildtechnik befinden sich fünf Plätze in der ersten und drei weitere in der zweiten Reihe, wovon einer in der Regel vom Ü-Wagen-Leiter genutzt wird.

Auch die Positionierung des Bildmischers in der Hauptregie lässt sich verändern. Er kann sowohl in der Mitte als auch am Rand des Regietisches platziert werden.

Technik im Ü8 UHD

TV Skyline hat den Ü8 UHD auch technisch im Vergleich zum Ü7 noch einmal deutlich erweitert. „Er kann viel mehr, ist insgesamt technisch gewachsen und verfügt über Technik für 4k-Einsätze. Das bedeutet unter anderem, dass wir hier eine merklich größere Kreuzschiene haben. Sie ist groß genug, um 4k-Produktionen mit bis zu zwölf Kameras zu machen. Auch das Multiviewing wurde erweitert. Auf den zehn 48-Zoll-Monitoren in der Hauptregie können wir insgesamt 160 Signale darstellen, also 16 pro Monitor. Das ist ein gutes Drittel mehr als im Ü7“, berichtet Reeh. Dazu gibt es noch fünf 28-Zoll-Monitore im Ü-Wagen. Alle Monitore sind 4k-tauglich ebenso wie die eingesetzten Multiviewing-Systeme. „Dadurch sind wir in der Lage, konsequenter eine 4k-Produktion zu machen als mit einem normalen HD-Ü-Wagen“, meint Reeh.

Interessant ist auch, dass die Monitore in der Regie ein nahtloses Multiviewing ermöglichen. Dass heißt, es sind dann keine Stege zwischen den Bildern erkennbar. Alle Bildfenster lassen sich zudem in der Größe beliebig verändern. Es existieren keine festen Raster wie bei anderen Monitorwänden.

„Wir können mit Hilfe der VSM Tablet-Software auf Tablets die Layouts der Monitorwand sehen, vorgefertigte abrufen oder auch sehr intuitiv individuelle erstellen und alle Multiviewer beschalten. So können wir mit dem Kunden zusammen sehr einfach das gewünschte Layout der Monitorwand vor einer Produktion erstellen“, erklärt Laurent Schiltz, Technischer Betriebsleiter und CTO bei TV Skyline. Er war an der technischen Planung des neuen Ü-Wagens maßgeblich beteiligt. Schiltz lobt in dem Zusammenhang auch ausdrücklich das eingesetzte VSM-Steuersystem. „Es gibt kein stabileres System und auch keines, das von der Entwicklungsschnelligkeit her mithalten kann“, betont er.

Bei der großen Kreuzschiene im Ü8 UHD von TV Skyline handelt es sich um ein NVISION 8576 3G Hybrid Routing System von Grass Valley mit 576×1152 Frames, das über 560 Eingänge und 980 Ausgänge verfügt. Investiert wurde bei Grass Valley ferner in ein großes Kaleido Modular und Kaleido MX Multiviewer System, welches bis zu 448 verschiedene Quellen auf 112 Displays einschließlich 4k/UHD Signale anzeigen kann, vier High-Density LUMO Frames mit mehr als 100 Konvertern von 3G SDI auf Glasfaser und Glasfaser auf 3G SDI sowie ein LDX86 Universe Kamerasystem für Aufnahmen in 4k/UHD und der Umschaltmöglichkeit auf XtremeSpeed Betrieb. Die Kamera bietet in allen Formaten mit der gleichen Bildwiederholrate dieselbe hohe Lichtempfindlichkeit und denselben Dynamikumfang und kann an jeder Kameraposition eingesetzt werden, an der eine 1x, 3x oder 6x-Kamera benötigt wird, einschließlich der Umschaltmöglichkeit von 4k 1x Betrieb auf HD 6x XtremeSpeed Betrieb. So können die verschiedensten Anforderungen mit einer einzigen Kamera realisiert werden.

Als Bildmischer in der Hauptbildregie wird der neue 4k/3G/HD/SD Multiformat Switcher Kahuna 9600 mit 4k-Option von SAM (ehemals Snell) und 3 M/E Maverick Kontrollpanel eingesetzt. Die Bildtechnik wird über VSM gesteuert. Von Imagine Communications stehen zwölf Up/Down/Cross-Konverter zur Verfügung, von Miranda 16 Frame Synchronizer, 72 Kaleido Modular Quad Splits und zehn Kaleido MX 16×4-4k-Multiviewer. Für Aufzeichnungen ist Platz für acht EVSen XT3 12-Kanal und zehn MAZen. Dazu gibt es unter anderen drei EVS XT Access Server. Geplant ist, den Ü-Wagen auch mit 4k-Kameras zu bestücken. „Die auf dem Markt verfügbaren 4k-Kameras überzeugen uns noch nicht, egal ob sie von Hitachi oder Grass Valley stammen. Das sind alle keine echten 4k-Kameras weil sie nur interpolierte 4k-Bilder liefern und das sieht man schlicht auch, was unsere Tests zeigen. Wenn der Unterschied zwischen einem HD-Signal und einem interpolierten 4k-Signal in der Darstellung auf unseren 48 Zoll-Monitoren nur marginal ist, dann reicht das nicht. 4k hochrechnen ist da nicht hilfreich. Also warten wir lieber und nehmen solange Kameras aus unserem Pool“, erklärt Reeh. Anfragen in Sachen 4k-Produktion seien allerdings bereits vorhanden. Mit der im Ü8 UHD verbauten Technik sei man dafür gut gewappnet.

„Performance, Kosten und Betriebssicherheit sind für uns gleich wichtig,“ erklärt Reeh. „Mit unserem Equipment führen wir nicht nur die laufenden Aufträge unserer Stammkunden aus, sondern wir positionieren uns mit innovativer Technik auch an vorderster Front, um neue Kunden zu gewinnen. Diese Investition war wohlüberlegt und ist Teil unseres strategischen Ziels, im Ü-Wagen Business die Nummer Eins zu sein.“

Tontechnik

Ein echtes Sahnestück im Ü8 ist der Tonraum, der ebenfalls im Vergleich zu dem im Ü7 nochmal platzmäßig erweitert wurde. Hier können zwei Toningenieure nebeneinander arbeiten. Dazu gibt es einen bequemen Extra-Sitz mit Tisch, der zum Beispiel vom Tonmeister oder Audio-Supervisor genutzt werden kann.

Die im gesamten Ü-Wagen verbaute Verkleidung in Holzoptik ist laut Robert Kis auch für die Raum-Akkustik im Tonraum sehr vorteilhaft. Herzstück im Tonraum ist ein mc²56 MK II Audio-Mischpult von Lawo mit 56 Kanalzügen und HD Core Nova 73 Router mit 8.192×8.192 Koppelpunkten, 144 DSP-Kanälen im Aufnahme- und 288 DSP-Kanälen im Sende-Modus.

Dazu gibt es ein Dynaudio Air 6 5.1 Abhörsystem mit digitaler Audioanbindung, K+H M51 Abhörsystem, Wohler Audio Controller, 2x 128 Mehrspuraufzeichnung, von T.C. Electronic ein Mehrkanaleffekt-System 6000 und ein Limiter DB6 (Dolby Surround 5.1) sowie die Riedel Artist M Intercom.

Rüstwagen mit Subregie

Die Subregie des Ü-Wagens befindet sich im Rüstwagen. Sie bietet bis zu 64 Vorschaubilder in der ersten Reihe über vier 48 Zoll 4k-Monitore sowie ein 2 M/E Kahuna Control Panel Maverick. In der zweiten Reihe gibt es zwei 28 Zoll 4k-Monitore. Dort gibt es zudem eine zweite Tonregie mit einer weiteren 5.1 Abhöre. „Das bietet uns gerade bei Musikproduktionen erweiterte Möglichkeiten“, sagt Reeh. Der Rüstwagen ist mit einem einzigen Glasfaserkabel am Ü-Wagen angebunden.

Im neuen Ü8 UHD von TV Skyline werden auch einige Systeme von DirectOut-Technologies eingesetzt. So wird ein Andiamo 2.XT zur Anbindung des Rüstwagens genutzt. Dabei werden über die AES Wege 17-32 8x Riedel-Sprechstellen abgesetzt.

Ein Andiamo.AES findet sich in der Tonregie zur Einbindung von AES-Signalen und ein Andiamo.MC mit Lawo Dallis Remote ebenfalls in der Tonregie zur Einbindung analoger Mic-/Line-Signale. Zwei Andiamo 2 kaskadiert in der Bildtechnik zur Anbindung der CCUs (2x Mikrofonsignale aus jeder Kamera [&] 2x Programm hören zu jeder Kamera). Ein M.1k2 wird in der Tonregie zum Verteilen von Madi-Signalen, sowie zum Wandeln von MM auf SM oder BNC genutzt.

Die komplette Technik des Ü-Wagens ist über USV abgesichert. Bei Volllast ist damit 20 bis 25 Minuten Betrieb möglich.

IP-basierte Produktion

Auch das Thema IP-basierte Produktion hatte TV Skyline bei der Konzeption des neuen Ü-Wagens im Auge. „Das wird die Branche in den nächsten Jahren neben dem 4k-Thema besonders intensiv begleiten. Beides wurde deshalb beim Bau des Ü8 UHD berücksichtigt“, betont Reeh. In Sachen IP hat TV Skyline sich intensiv mit Lawo beraten. Gemeinsam erarbeitete man eine optimierte Netzwerkstruktur. In das IP-Netzwerk eingebunden sind vier V__link4 Stageboxen sowie ein mc²56. „Damit hat TV Skyline ein Mischpult installiert, das sich in Deutschland als Standard für Fernsehproduktionen in Studios und Ü-Wagen etabliert hat und nun mit RAVENNA Technologie das Tor in die vernetzte IP-Welt aufgestoßen hat“, betont Lawo in einer Pressemitteilung.

TV Skyline CTO Schiltz kommentiert: „Die Flexibilität und die technischen Möglichkeiten der V__link4 Stagebox und IP-Lösungen haben uns von Beginn an davon überzeugt, dass wir mit dem Konzept eines auf IP-Technologie basierenden Fahrzeugs ein neues und zukunftsweisendes Kapitel in der Fernsehproduktion aufschlagen. Damit ist es uns nun noch besser möglich, vor Ort flexibel und schnell auf Kundenanforderungen zu reagieren; wir können darüber hinaus parallel ganz neue Produktionsmethoden wie die immer beliebter werdenden Remote-Produktionen anbieten und mit demselben Equipment erledigen.“

Eingebunden sind außerdem zehn Lawo V__view1 Geräte, die IP-basierte MJPEG-Streams in HDMI-Signale mit geringster Latenz umwandeln. Die kompakten Units bieten eine kosteneffiziente Monitoring-Lösung beispielsweise für Kommentatorenplätze oder Produktionsbüros, mit einem End-to-End-Delay von weniger als drei Frames. Zusammen mit der reinen Softwarelösung, der V__view_app, welche die Bilder auf jedem PC oder MAC in ebenfalls höchster Qualität bei geringster Latenz darstellt, wird das Thema Videoverteilung 50 Prozent effizienter gelöst. „V__view1 ist eine perfekte Ergänzung bei Installationen mit Lawos Video-to-IP Interfaces, wodurch höchst flexibel und effizient Monitoring-Signale an die vielen Positionen einer Fernsehproduktion übermittelt werden können. Wir sparen damit enormen Verkabelungsaufwand und können so noch kurzfristiger auf die Wünsche unserer Kunden reagieren“, berichtet Schiltz.

Die IP-Technologie ermöglicht eine einfache Anbindung von Stageboxen über CAT5-Kabel und einfache Standard-Switches, so dass es einfach möglich ist, Signale an verschiedene Orte zu senden, ohne dass neue Kabel gezogen werden müssen. Außerdem erlaubt dieses Konzept eine schnelle und kostengünstige Verteilung weiterer Videosignale.

„Durch die Zusammenarbeit mit Lawo sammeln wir sukzessiv immer mehr Erfahrung im IP-Bereich ebenso wie im Bereich der Remote-Produktion. Das ist für uns sehr wichtig, um ernsthaft und seriös entsprechende Projekte umsetzen zu können“, sagt Reeh. Mit dem Thema Remote-Produktion sei man indes schon seit über zwei Jahren durch das Engagement bei den Riot Games „League of Legends“-Produktionen befasst. „Das ist eine komplexe Technologie, in die man noch etwas Zeit investieren muss. So ist hier unter anderem das genaue Schalten von IP-Signalen noch ein Thema. Lawo unterstützt uns bei allen damit verbundenen Fragen, hört zu was wir brauchen und entwickelt mit uns das Thema Stück für Stück auf allen Ebenen weiter“, sagt Reeh. „Remote-Produktionen werden insbesondere bei den Großevents am meisten gepusht. Oft aus pragmatischen und/oder kostentechnischen Gründen. Bei der nächsten Fußball-WM in Moskau werden wir sicherlich viel mehr Remote- Produktionen sehen“, ist sich Reeh sicher.

Anfang September 2015 hatte TV Skylines Ü8 UHD seine Feuertaufe bei der Produktion eines Open Air Konzerts von Radiosender Energy im State de Swiss in Bern. Hier wurden sechs Stunden live mit 15 Kameras produziert. Im September war der Wagen zudem auch beim Solheim Cup in St. Leon-Rot im Einsatz (siehe Bericht in dieser Ausgabe), Ende Oktober dann bei der Produktion der League of Legends World Finals in Berlin.

Die Fremd-Crews bei den Produktionen zeigten sich überall begeistert von dem Ü-Wagen, insbesondere die Toningenieure lobten die hervorragenden Arbeitsbedingungen. „Darüber haben wir uns sehr gefreut. Wir wollen ja den Wagen auch mehr in Richtung Musik, Show, Klassik, Oper nutzen und mit dem Ü7 eher Richtung Sport gehen“, sagt Reeh. Dies habe letztlich auch etwas mit interner Ergonomie und Effizienz zu tun. „Einen Ü-Wagen von einem Klasssik-Konzert-Einsatz für ein Champions League-Spiel umzukonfigurieren ist aufwändiger als ihn für verschiedene Fußballspiele einzurichten.

Der TV Skyline-Chef ist überzeugt davon, dass der neue Ü8 derzeit der modernste Ü-Wagen auf dem deutschen Markt ist. „Ich denke wir sind damit für die nächste Zukunft sehr gut gerüstet und können all unseren Kunden höchste Qualität bieten. Diesen Anspruch wollen wir auch in den nächsten Jahren weiterhin verfolgen“, betont er.

Eckhard Eckstein

MB 8/2015

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