Verknüpfung von Inhalten und E-Commerce

doppioTV ist ein neues Konzept von Fernsehen. Der Verbreitungsweg des Online-TV-Channels ist nonlinear und multiplattform, die Qualität der Inhalte richtet sich nach den Standards großer Sender. Themen sind die großen und kleinen Alltagsfluchten, das Schöne und der individuelle Luxus. Der Sender ging im Januar 2014 an den Start und hat seinen Sitz im Studio Berlin in Berlin-Adlershof auf 280 qm, wo er sukzessive wachsen will. Ein Gespräch mit doppioTV-Geschäftsführer Olaf Zachert.

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Verknüpfung von Inhalten und E-Commerce

doppio war einst eine monothematische Zeitschrift, die großen, deutschen Qualitäts-Zeitungen beilag. Was ist daraus geworden?

In der Tat, doppio erschien als Beileger mit einer Auflage von knapp 2,5 Millionen Exemplaren in 28 deutschen Tageszeitungen. Die Printbranche ist jedoch starken Veränderungen unterworfen. Für uns bedeutete dies, in kürzeren Abständen zu erscheinen als alle zwei Monate, um für Anzeigenkunden attraktiver zu werden oder sich neu auszurichten. 2014 haben wir uns für letzteres entschieden: doppio wurde in ein e-paper umgewandelt, das wir im Januar zudem einem Relaunch unterzogen haben, indem wir es visuell mit doppioTV verknüpft haben, um die Artikel dadurch zu ergänzen. Gleichzeitig haben wir eine enge Themenabsprache beider Redaktionen eingeführt.

Warum haben Sie mit doppioTV einen Sender gegründet, was steckt dahinter?

Fernsehen wird es in seiner heutigen, linearen Art in fünf bis zehn Jahren aus meiner Sicht nicht mehr geben. Daher haben wir doppioTV gleich so aufgestellt, dass es über die Multithek des terrestrischen Fernsehens, die Webseite und über eine eigene App als Video on Demand abrufbar ist. Ab Frühjahr 2015 wird doppioTV auch über Astra verbreitet und wir streben neue Verbreitungswege wie Apple TV oder Amazon Fire TV an. Wir widmen uns bei doppioTV wie im Heft den Themen Luxus, Reise, Genuss. Nur können wir das emotionaler machen, da die Bilder und ihre Inszenierungen ein ganz anderes, intensiveres Gefühl vermitteln. Das macht es auch für Werbekunden interessanter. Es wird perspektivisch so sein, dass die gezeigten Gegenstände im Hintergrund weiter verknüpft werden, so dass man per Mausklick oder antippen zu weiteren Informationen gelangt. Das haben nicht wir, sondern der Markt erfunden. Wir fangen nur sehr früh an dies umzusetzen, weil wir glauben, dass diese Art der Verknüpfung von Inhalten und E-Commerce in drei bis fünf Jahren Standard sein wird.

Warum kein klassisches Fernsehen?

Seit etwa fünf Jahren ist der Fernsehmarkt durch das schnelle Internet und die multimedialen Inhalte, die darüber transportiert werden, einem enormen Druck ausgesetzt. In diesen fünf Jahren haben sich die Zahlen für webbasierte Bewegtbildinhalte mehr als verdoppelt. Wir bieten einige Beiträge bereits außer in Deutsch auch in Englisch und Russisch an, denn die schönen Dinge im Leben interessieren ja nicht nur uns Deutsche, sondern auch die Menschen in anderen Ländern. Wir verschmelzen online, Print und Bewegtbild und ermöglichen es dem Nutzer, die Inhalte auch offline zu sehen, weil er sie sich herunterladen kann. Unser Angebot ist ausdrücklich nicht statisch, nicht linear. Ich glaube, dass der Markt das gerne annimmt, weil diese Art von Angebot einerseits neu ist und wir andererseits keine Zweit- oder Drittverwertungen anbieten, sondern gut gemachte Erstausstrahlungen – ein für Werbekunden hochattraktives Umfeld.

Was produzieren Sie selber und was kaufen Sie an?

Wir produzieren ausschließlich selbst und kaufen keine Beiträge an. Wir haben eine klare Trennung zwischen redaktionellem und Werbeteil, was auch heißt, dass wir keine Schleichwerbung machen. Dadurch sind wir attraktiver und können eine hochwertigere Zielgruppe binden. Wir haben erfahrene Fernsehleute, weil wir eine hohe Qualität unserer Beiträge wollen, die man auch aus dem Fernsehen gewohnt ist – in diesem Sinne machen wir Fernsehen. Nur der Verbreitungsweg ist ein anderer. Wir haben den redaktionellen Anspruch eines Senders, bieten hochqualitative Themen, die entsprechend produziert werden.

Wie sieht die Programmauswahl aus?

Wir drehen im Wochenrhythmus. Im Angebot sind aktuelle Themen, für die wir vor Ort sind. Um auch von Events live berichten zu können, haben wir bei der Landesmedienanstalt Berlin-Brandenburg eine Volllizenz als Fernsehsender beantragt und sind auch über Astra zu sehen. Wir bieten eine bunte Mischung aus tagesaktuellen, wöchentlichen und Live-Berichten an. Hinzu kommen lange Formate wie „Klausmann und Henn“, die im Monatsrhythmus entstehen. Die zeitlosen Beiträge sind länger im Angebot, die tages- und wochenaktuellen tauschen wir entsprechend rasch aus.

Wie viele neue Beiträge gibt es pro Woche?

Wir haben 30 Leute. Mit ihnen können wir ein bis zwei Beiträge zwischen zweieinhalb und fünf Minuten produzieren. Bei Reportagen schaffen wir drei bis vier 30-minütige Formate pro Monat. Das sind Sonderformate wie „Klausmann und Henn“ sowie ein Wochenthema. Damit kommen wir pro Monat auf etwa 25 bis 30 Beiträge. Das ist alles selbst produziert und für den Anfang keine schlechte Leistung. Normalerweise lizenziert man Inhalte, was die Weitervermarktung beschränkt. Wir können das, weil wir ja alle Rechte halten.

Wer ist die Zielgruppe – nur Menschen mit Geld?

Das kommt darauf an, wie man Luxus für sich definiert. Für die einen ist es Monza und Ferrari, für andere aber – um das Beispiel unseres Starkochs Jörg Klausmann zu nehmen – ist es der Genuss beim Essen, den man sich mit eigenen Kräutern aus dem Garten, dem Käse von einem Hof aus der Gegend und einem schönen Glas Wein bei sich zu Hause schafft. Luxus muss nicht immer teuer sein. Was wir wollen, ist ein Gegengewicht schaffen zum täglichen Journalismus – der über die weniger schönen Dinge auf der Welt informiert – und uns den schönen Dingen, den Alltagsfluchten widmen. Als Zuschauer wollen wir eine klar identifizierbare Zielgruppe mit geringen Streuverlusten, die zu den Produkten passt, die bei uns beworben werden sollen.

Ihr Claim lautet „Das Lebensgefühl einer Zeit“. Was steht dahinter?

Es gibt in der Welt so viele Katastrophen… Ich glaube, dass die Menschen Lust darauf haben, sich schöne Sachen anzusehen. Und wenn wir ein Weingut auf Sardinien vorstellen, auf dem man sich per Klick Wein für zehn Euro die Flasche bestellen kann, dann ist das ein erschwinglicher Luxus für normale Menschen, denn diesen Wein gibt es nur dort. Luxus ist auch, an andere Sachen heran zu kommen als an die, die in den Supermärkten im Regal stehen. Wir fokussieren uns auf Geschichten, die neu sind, die man so noch nicht gesehen hat. Das ist eine große, tägliche Herausforderung. Wir finden und kreieren neue Themen und versuchen damit, unsere Zuschauer zu begeistern. Das ist aus meiner Sicht neu, schön und begeisterungsfähig.

Welche Formen von Werbung, die über klassische Spots hinausgehen, wären möglich?

Da bieten die Social-Media-Kanäle und die Rückkanäle der Verbreitungsarten Chancen. Wir haben im vergangenen Jahr mit einer großen renommierten Hotelkette eine gemeinsame Produktion gemacht, die wiederum auf deren Kanälen verwendet wird, was für einen Werbekunden auch messbar ist. Die Kette weiß, wer den Spot gesehen hat, wer auf die Webseite zugreift.

Planen Sie eine Marketingkampagne für doppioTV, um den Sender bekannt zu machen?

Seit Mitte Februar wird doppioTV von Publicitas vermarktet, ab September exklusiv. Publicitas ist ein sehr erfahrener Vermarktungspartner – da wird sich eine Menge tun.

Wie ist der Stand der Dinge?

Die Zugriffzahlen von doppioTV beliefen sich im ersten Monat dieses Jahres auf über 700.000 und konnten damit im Vergleich zum Vormonat mehr als verfünffacht werden. Das ist für uns natürlich ein klares Zeichen für das richtige Angebot und die spannende Programmauswahl des Senders. Wir sind jetzt auf dem TV-Gerät über den Satelliten Astra und via DVB-T über eine App in der Multithek sowie über die Website www.doppio-tv.de erreichbar. Und, wie bereits erwähnt, sind wir dabei, unser multilinguales Angebot weiter auszubauen.

Würden Sie Ihre Inhalte auch an andere Sender lizenzieren?

Das ist eine grundlegende Überlegung, denn wir sind ja ein kleiner Spartensender. Die logische Konsequenz ist es daher, tatsächlich eine Kooperation mit einem Sender einzugehen, der zu uns passt. Für den würden wir dann im Auftrag Formate erstellen. Da führen wir auch schon Gespräche. Allerdings müssen wir vorsichtig sein, weil wir uns nicht unseren Content zerschießen dürfen. Mit Jörg Klausmann haben wir ein besonderes Format, das Reise und Essen verbindet. Er lebt dieses Format, so wie alle unsere Mitarbeiter unsere Form von Fernsehen leben. Das ist was Besonderes, das wir ausbauen wollen.

Mit welchem Dienstleister arbeiten Sie bei der technischen Verbreitung zusammen?

Das macht Media Broadcast für uns, an die wir die komplette Technik outgesourced haben. Wir sind sehr zufrieden.

Wir finanzieren Sie sich?

Wir sind Eigenkapital finanziert und mussten mit doppioTV keine Hauruck-Aktion im Markt durchführen, um in ein paar Monaten profitabel zu sein. Das wäre natürlich sehr schön, aber wir stehen nicht unter dem Druck, es sein zu müssen. Durch den Gesellschafter sind wir finanziell entsprechend ausgestattet, so dass wir einen langen Atem haben. In diesem Jahr investieren die Gesellschafter zwei Millionen Euro alleine in das Programm.

Wer sind die Gesellschafter?

Es ist eine luxemburgische Private-Equity-Gesellschaft – der Verlag Publishers Partners – die von mehreren Investoren getragen wird und sowohl das doppio Magazin als auch doppioTV finanzieren.

Thomas Steiger

MB 2/2015

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