
Helmut Thoma, der langjährige Geschäftsführer von RTL, ist im Alter von 85 Jahren gestorben. Mit ihm verliert die deutsche Medienbranche eine der prägendsten Persönlichkeiten der Fernsehgeschichte. Als Stratege, Vordenker und Pragmatiker formte er das Privatfernsehen in Deutschland und veränderte die Fernsehlandschaft nachhaltig.
Vom Juristen zum Medienmanager
Thoma, geboren 1939 in Wien, begann seine Karriere als Jurist, bevor er Anfang der 1980er Jahre ins Mediengeschäft einstieg. 1985 übernahm er die Geschäftsführung von RTL plus, dem Vorläufer des heutigen RTL Television. Unter seiner Führung entwickelte sich der Sender in nur wenigen Jahren zu einem der stärksten Akteure im deutschen Fernsehmarkt.
Thoma erkannte früh, dass Privatfernsehen mehr als nur eine Ergänzung zum öffentlich-rechtlichen System sein kann – es war für ihn ein eigenständiges, wirtschaftlich tragfähiges Modell mit eigenen inhaltlichen und dramaturgischen Prinzipien.
Programm mit Quote im Blick
Thoma stellte die Bedürfnisse des Publikums in den Mittelpunkt und setzte konsequent auf unterhaltende Formate. Daily Soaps, Shows und emotionale Reportagen – das neue Fernsehen sollte massenattraktiv sein. Formate wie Gute Zeiten, schlechte Zeiten oder später Wer wird Millionär? (auch wenn nach seiner aktiven Zeit gestartet) standen sinnbildlich für diesen Wandel.
Er war überzeugt: Quote ist kein Selbstzweck, sondern Ausdruck publizistischer Relevanz. Dieser Ansatz war nicht unumstritten – doch er war es, der RTL auf Augenhöhe mit ARD und ZDF brachte. Für viele in der Branche war Thoma derjenige, der das Fernsehen aus dem Korsett der „Erziehungsanstalt“ befreite.
Politischer Akteur der Medienliberalisierung
Über das Programm hinaus engagierte sich Thoma aktiv in medienpolitischen Debatten. Er setzte sich für die Gleichbehandlung von Privatsendern ein, forderte faire Marktbedingungen und positionierte RTL klar gegen Eingriffe in redaktionelle oder wirtschaftliche Entscheidungen. Sein Wirken war mitverantwortlich dafür, dass sich ein duales Rundfunksystem in Deutschland etablieren konnte – mit öffentlichen und privaten Anbietern nebeneinander.
Einfluss über die RTL-Ära hinaus
Auch nach seinem Ausscheiden bei RTL im Jahr 1998 blieb Thoma präsent. Er beriet Medienunternehmen, trat als Kommentator auf und äußerte sich pointiert zu Entwicklungen im Digitalfernsehen, zu Plattformstrategien oder zur Rolle der öffentlich-rechtlichen Sender. Seine Perspektiven waren dabei stets klar marktwirtschaftlich geprägt – oft provokant, aber immer fundiert.
Für viele Medienschaffende war Thoma mehr als ein Manager: Er war ein Anstoßgeber, der das Fernsehen als Produkt verstand, aber nie seine gesellschaftliche Wirkung unterschätzte.
Abschied von einer prägenden Figur
Mit dem Tod von Helmut Thoma endet ein Kapitel der deutschen TV-Geschichte. Sein Einfluss auf Programmgestaltung, Senderlogik und Medienpolitik wirkt bis heute fort – ob in der Art, wie Formate entwickelt werden, oder in der grundsätzlichen Marktlogik, nach der Inhalte distribuiert und monetarisiert werden.
Thoma hinterlässt ein Vermächtnis, das weit über RTL hinausreicht. Wer das heutige Fernsehen verstehen will, kommt an seinem Namen nicht vorbei.