Sechs Kameramänner und zwei Editorinnen sind in diesem Jahr mit dem DEUTSCHEN KAMERAPREIS ausgezeichnet worden. Außerdem vergab das Kuratorium zwei Nachwuchspreise und einen Ehrenpreis.
Die Preisträger in der Übersicht
Ehrenpreis für Rainer Klausmann
Der Ehrenpreis geht in diesem Jahr an Rainer Klausmann. Der Schweizer Kameramann, Jahrgang 1949, hat mit vielen namhaften Filmemachern zusammengearbeitet, darunter Werner Herzog (“Gasherbrum – Der leuchtende Berg”, “Schrei aus Stein”, “Lektionen der Finsternis”), Markus Imboden (“Ausgerechnet Zoé”, “Katzendiebe”, “Komiker”), Oliver Hirschbiegel (“Das Urteil”, “Das Experiment”), „Das Experiment“, „Der Untergang“), Isabell Kleefeld („Königskinder“, „Arnies Welt“, „Schlaflos“) und Fatih Akin („Solino“, „Gegen die Wand“, „Auf der anderen Seite“, „Soul Kitchen“, „The Cut“, „Tschick“, „Aus dem Nichts“, „Der goldene Handschuh“, „Rheingold“). Rainer Klausmann habe „mit künstlerischer Hingabe, technischem Können und der Fähigkeit, Geschichten mit visueller Brillanz zu erzählen“ das Gesicht des modernen Films geprägt, so das Kuratorium des DEUTSCHEN KAMERAPREISES: “Wir ehren einen Künstler, dessen Lebenswerk nicht nur ein Meilenstein der Filmgeschichte ist, sondern auch kommenden Generationen eine Quelle der Inspiration sein wird.“
Beste Kamera / Fiktion Kino
Patrick Orth wird ausgezeichnet für seine Bildgestaltung von Ayşe Polats für den mit der Lola preisgekrönten Film „Im toten Winkel“. Der dystopische Thriller begleitet ein deutsches Filmteam bei der Arbeit im Nordosten der Türkei, wo sich ein komplexes Netz aus Verschwörung, Paranoia und Traumata entfaltet. Besonders beeindruckt ist die Jury von Patrick Orths „Kamera-Konzept des bewussten Nicht-Zeigens“, bei dem der Blick auf das Schicksal des Einzelnen – trotz der neutralen auktorialen Erzählform – niemals verloren geht.
Kamera / Fiktion Screen
Für seine Bildgestaltung von Helene Hegemanns Beitrag zur Filmreihe „ZEIT Verbrechen – Deine Brüder“ wird Christopher Aoun mit dem DEUTSCHEN KAMERAPREIS geehrt. Die Jury lobt den „multiperspektivischen Blick auf die Figuren und ihre Überforderung“. Die starke Handschrift des Kameramannes zeigt sich in jeder Einstellung, dennoch „setzen sich Farbdramaturgie, Bewegungen, Bildausschnitte und Lichtsetzung nicht vor den Inhalt“.
Beste Kamera / Kurzfilm
Noah Böhm erhält die Auszeichnung für seine Kameraarbeit in Berthold Wahjudis Kurzfilm „Sensibelchen“. Der Protagonist, ein elfjähriger Junge, möchte sich an seinem älteren Bruder rächen – was fatale Konsequenzen hat. Die Jury lobt Noah Böhms „unaufgeregte Handkamera“, die „auf intime Art die Enge des kleinbürgerlichen Milieus“ sowie die „raue und kalte Lebenswirklichkeit des heranwachsenden Jungen“ visualisiert.
Beste Kamera / Doku Kino
Für die Bildgestaltung in Orkhan Aghazadehs Dokumentarfilm „Die Rückkehr des Filmvorführers“ wird Daniel Guliyev geehrt. „Jedes Bild wie ein Gemälde“, urteilt die Jury über den Beitrag des Kameramannes zur Geschichte zweier höchst unterschiedlicher Filmfans, die gemeinsam ein Dorfkino in den Bergen Aserbaidschans wiederbeleben wollen: „Daniel Guliyev feiert mit seiner Kamera die Poesie des Kinos.“
Beste Kamera / Doku Screen
Nicolai Mehring wird ausgezeichnet für seine Kameraarbeit in „Erfundene Wahrheit – Die RelotiusAffäre“. In der Dokumentation beleuchtet Daniel Andreas Sager den Medienskandal, den der bis 2018 gefeierte Reporter Claas Relotius mit seinen oftmals erfundenen „Spiegel“-Geschichten auslöste. Die Jury betont: „Nicolai Mehring erzeugt stilsicher eine Ästhetik, die auch alltäglichen Motiven etwas Besonderes verleiht. Seine Blickwinkel, Lichtgestaltung und Kadrierung prägen die filmische Erzählung eines der größten Skandale im deutschen Journalismus.“
Beste Kamera / Information und Kultur
Lukas Wunschik drehte für Carmen Buttas „360° REPORTAGE: Cholitas, die fliegenden Frauen Boliviens“ auf dem höchstgelegenen Skate-Gelände der Welt. Oberhalb der Millionenstadt La Paz betreiben die Nachfahrinnen indigener Stämme nicht nur einen westlichen Extremsport, sondern brechen auch sonst aus ihren traditionellen Rollen aus. Die „präzise und gleichzeitig hochdynamische Kameraarbeit“, mit der Lukas Wunschik die „Cholitas“ in der Halfpipe und im Feierabendverkehr der bolivianischen Großstadt festhielt, begeisterte die Jury.
Bester Schnitt / Doku Screen
In „Drei Frauen – Ein Krieg“ erzählt Luzia Schmid von drei Reporterinnen, die direkt von der Front über den Zweiten Weltkrieg berichteten. Dank der Editorin Yana Höhnerbach verschmelzen private Fotos, Tagebücher, Briefe, Kriegsdokumentationen und Archivmaterial zu einem fesselnden Zeitdokument. Die Jury nennt das Ergebnis „eine meisterhaft präzise Schnittleistung“.
Bester Schnitt / Fiktion Kino
Die Editorin Anne Jünemann wird für ihre Arbeit an Behrooz Karamizades Drama „Leere Netze“ geehrt. Erzählt wird die Geschichte eines jungen Paares, dessen Unglück durch die rigiden Zwänge der iranischen Gesellschaft vorbestimmt ist. Die Jury erklärt: „Dramaturgisch und emotional zwingend folgt Anne Jünemann dem Schicksal der Figuren mit einem erzählerisch analytischen Blick, der beeindruckt.“
Nachwuchspreise
Für seine Bildgestaltung in Natascha Stogus Kurzfilm „Guardians of Colors“ erhält Markus Ott den Nachwuchspreis. Aus der Monotonie, mit der einige betagte Museumswächterinnen die Kunstwerke und Besuchergruppen im Blick behalten, entwickelt sich ein Kulturgenuss für alle Sinne. Dem Kuratorium gefiel die durchgängig gefühlvolle Lichtgestaltung der großen Museumsräume und die Farbgebung des Films, die die Bilder von Markus Ott nachdrücklich im Gedächtnis der Betrachtenden verankern. Philipp Straetker wird für den temporeichen Schnitt des Serienpiloten „Gastrogötter“ ausgezeichnet, den er auch selbst inszeniert hat. Das Kuratorium verleiht den Nachwuchspreis für die „dynamischen Schnittsequenzen, das saubere Sounddesign und eine innovative visuelle Bildgestaltung“. Die Nachwuchspreise werden in diesem Jahr von ARRI und Cinegrell gestiftet.