Zusammen mit den bereits vor Jahren installierten Lawo HD Cores spielt das neue Pult eine wichtige Rolle bei der kreativen Nutzung des Tons als Ergänzung zur Bühnenperformance.
Sounddesigner Alwin Bösch und Toningenieur Gernot Gögele wechselten von einem Lawo mc²66 Mischpult, das seit 2005 bei den Bregenzer Festspielen im Einsatz war, zu einer IP-basierten Lawo mc²96 Grand Production Console, die kurz vor der diesjährigen Opernsaison installiert wurde. Obwohl Bösch und Gögele bestimmte Bediensequenzen neu erlernen mussten, hatten sie das mc²96 nach zwei Tagen fest im Griff, nach einer Woche fühlte sich der Workflow bereits vertraut an.
„Das neue Produktionspult ist hervorragend“, fasst Bösch seine Erfahrungen zusammen. „Die Technologie ist auf dem neuesten Stand, und das System kann einfach alles. Gemeinsam mit Lawo haben wir das mc²96 an unsere spezifischen Beschallungsanforderungen angepasst.“
Trotz bestehender Unterschiede konnten viele Einstellungen des mc²66 in das mc²96 übernommen werden. Die Peripherie einschließlich der Lawo DALLIS I/O-Komponenten blieb unverändert. Das „Bregenzer Richtungshören“ (64 Ein- auf 128 Ausgänge), d.h. die Wellenfeldsynthese mit den rund 800 Lautsprechern brauchte demnach für das spezielle Hörerlebnis des Publikums nicht neu angebunden zu werden. Dank der Doppel-Layer-Funktion mit zwei vertikal angeordneten Fadern pro Kanalzug in der rechten Pulthälfte braucht sich der Toningenieur nicht hin und her zu bewegen, um eine Einstellung zu ändern, sondern bleibt an seiner Hörposition und kann auf kompaktem Raum eventuelle Korrekturen vornehmen. Die Bregenzer Regie mit offenem Fenster ist zentral angeordnet, so dass die Toningenieure weitgehend im Sweet Spot sitzen können. Wegen des besagten Fensters ist dieser allerdings relativ klein, so dass eine kompakte Bedienung von Vorteil ist. Das Havariesystem der Konsole wird über ein Laptop abgewickelt.
Wolfgang Urstadt, Leiter der technischen Abteilung in Bregenz, zum mc²96: „Ich höre nur Gutes! Es scheint alles zu funktionieren und alle sind sehr zufrieden. Die Umrüstung hat reibungslos geklappt.“
Vier Lawo HD-Cores liefern die enorme DSP-Leistung und Routing-Kapazität, die für die Wellenfeldsynthese (WFS) des Beschallungssystems in Bregenz unerlässlich sind. Die WFS produziert künstliche Wellenfronten, die von einer Vielzahl einzeln angesteuerter Lautsprecher erzeugt werden und Schallbewegungen von einem bestimmten Ursprungsort aus simulieren. Bei „Carmen“ wurde diese Technik verwendet, um Sänger und Orchester zu „bewegen“, mit visuellen Szenenwechseln wie die Wanderung von Hirten in die Berge oder um fiktive Bewegungen mit der Stimme eines Sängers zu erzeugen, die manchmal aus dem Auditorium statt von der Bühne zu kommen scheint.
„In einem 7.000 Zuschauer fassenden Open-Air-Amphitheater mit einem erstaunlich organischen Klang und der Bodenseekulisse übt die Seebühne der Bregenzer Festspiele eine magische Anziehungskraft auf Opernfreunde aus“, sagte Andreas Hilmer, Director Marketing [&] Communications bei Lawo. „Wir sind stolz auf unser freundschaftliches Verhältnis mit den Bregenzer Festspielen und den Umstand, dass Lawo-Systeme bei den wunderbaren Aufführungen auch weiterhin eine zentrale Rolle für die Schaffung eines außergewöhnlichen Hörerlebnisses spielen werden.“
Open Acoustics
Die Entwicklung der in der Open-Air-Opernproduktion einzigartigen Klangdimension begann bereits 2004 mit der Installation von Lawo-Technologie und einem Klangkonzept mit dem Namen „Bregenz Open Acoustics“, das seitdem stetig weiterentwickelt wurde. Gemeinsam mit den Bregenzer Festspielen und Lawo entwickelte das Fraunhofer-Institut für Digitale Medientechnologie ein innovatives Beschallungskonzept für die Seebühne des Festivals. So konnte 2007 weltweit erstmals eine Umsetzung der Wellenfeldsynthese auf einer Bühne stattfinden. Das neuartige Beschallungskonzept beinhaltet drei wesentliche Komponenten: Richtungsmischen, Effektbeschallung und Raumsimulation. Die mc²-Bedienoberfläche und die Signalverarbeitung des Richtungsmischers wurden seinerzeit hard- und softwaremäßig komplett neu konzipiert. Damit wurde es möglich, 32 Quellen gleichzeitig in Echtzeit zu bewegen. Die innovative Form der Beschallung über 820 Lautsprecher um den Zuschauerbereich der Seebühne stellt hohe Anforderungen an die Rechenleistung und Betriebssicherheit. Lawo stellte hierfür unter anderem eine mc²66-Konsole – nun ersetzt durch ein neues mc²96 Produktionspult – und insgesamt vier HD-Cores zur Verfügung. Die hohe DSP-Leistung und die Schaltkapazität von jeweils 8192 Monokanälen ermöglichen es, diese Technologie mit extrem geringen Latenzzeiten zu realisieren.
Lawo mc²96 Grand Production Console
Das Lawo mc²96 Mischpult ist in Framegrößen von 24 bis 200 Fadern lieferbar und laut Lawo so „visuell“ ausgelegt wie keine andere Produktionskonsole zuvor. Es besitzt 21.5” Full-HD-Touchscreens sowie eine Vielzahl an Mini-Farb-TFTs in den Kanalstreifen und berührungsempfindliche farbkodierte Drehknöpfe für einen schnellen Überblick und eine anwenderfreundliche Bedienung.
Als erster Hersteller weltweit setzt Lawo bei seiner neuen Produktionskonsole LiveView Video-Thumbnails ein. Diese gibt es mittlerweile auch auf der dritten mc²56-Generation, die ebenfalls einen theaterspezifischen Funktionskatalog bietet. Zusätzlich zur Standard-Kennzeichnung über Kanalnummern, Text-Labels und statische Bilder bzw. Icons besitzt das mc²96 Echtzeit-Video-Thumbnails für eine noch intuitivere Kanal-Identifikation. Durch Berühren des Faders wechselt der LiveView-Thumbnail in den Full-Screen-Modus und gibt so eine detaillierte Ansicht der Videoquelle zu diesem Kanal, z.B. von einer Kamera oder einem Zuspieler.
Das mc²96 wurde von vornherein für die Netzwerk-Integration in komplexen Produktionsinfrastrukturen via IP (SMPTE2110 / RAVENNA/AES67 / DANTE) oder MADI entwickelt. Werden DALLIS I/Os von mehreren Anwendern genutzt, verhindert die einzigartige IP-Share-Netzwerkpegelkompensation unerwartete Pegeländerungen bei bis zu acht vernetzten Konsolen, wenn einzelne Anwender ihre Gain-Einstellungen ändern. (11/18)