Treffpunkt für TV-Serienproduzenten

Laurence Herszberg ist Generaldirektorin des Forum des Images in Paris und Initiatorin des Serienfestivals Series Mania, das jeden April in Paris stattfindet. Mit MEDIEN BULLETIN sprach sie über die Entwicklung des Events und dessen Relevanz für TV-Serienproduzenten.

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Treffpunkt für TV-Serienproduzenten

Warum haben Sie Series Mania initiiert?

Series Mania ist ein Serien-Festival, das vom Forum des Image in Paris ausgerichtet wird. Ich habe es vor fünf Jahren gegründet, weil es immer mehr Serien gab, die Geschichten in neuer Form erzählt haben. Das hat die Art des fiktionalen Erzählens im Fernsehen verändert. Ich empfand dies als so tiefgreifend, dass es die Gründung eines Festivals verlangte, das sich nur mit Serien aus der ganzen Welt beschäftigte.

Welchen Nutzen ziehen Serienproduzenten aus dem Festival?

Zu Beginn war es uns wichtig ein zuschauerorientiertes Festival zu schaffen, um dem Fernsehpublikum zu zeigen, dass es neben den eigenen und den US-Qualitätsserien auch andere Länder gibt, in denen Geschichten in einer qualitativen und kreativen Art erzählt werden, wie es nur im Fernsehen möglich ist. Das war von Anfang an ein Erfolg. Erst während sich das Festival entwickelte, fanden wir heraus, dass auch die Branche großes Interesse an dem Festival hatte, denn selbst sie weiß in der Regel nicht, was sich in anderen Ländern tut, weil der Zugang fehlte. Dann fanden die Branchenvertreter heraus, dass sie sich untereinander nicht kannten und im internationalen Kontext gesehen isoliert voneinander arbeiteten. Netzwerke und Treffpunkte wie Filmfestivals, die in der Filmindustrie eine feste und wichtige Größe für den Austausch und die Entwicklung des Geschäfts sind, gibt es im Fernsehbereich nicht. Es gab keinen internationalen Austausch, keinen Ort, wo man sich traf, Ideen wälzte oder Projekte initiierte. Also entschieden wir, ein Koproduktionsforum aufzusetzen. Damit wollten wir ein internationales Netzwerk aufbauen und die Produktion von Serien aus europäischen Staaten fördern, die paneuropäisch und international funktionieren. Uns war klar, dass Serien aus den europäischen Nationalstaaten nicht mit den Budgets der US-Serien mithalten können. Wir wollen sie mit dem Koproduktionsforum unterstützen und konkurrenzfähig machen.

Sind MIPTV oder MIPCOM nicht auch Netzwerkveranstaltungen?

Das sind reine Märkte, wo es nur ums Kaufen und Verkaufen fertiger Projekte geht, nicht aber um den kreativen Prozess oder die Initiierung von Projekten.

Haben europäische Serien im internationalen Markt Chancen?

Aber ja. Nehmen wir die dänische Politserie „Borgen“, die überall innerhalb Europas verkauft wurde. Auch „Die Brücke“ und „Kommissarin Lund“ sind international erfolgreich obwohl alle drei Serien nationale Geschichten erzählen.

Netflix und Amazon haben – mit zwei Ausnahmen – bisher noch keine europäischen Serien in Auftrag gegeben. Das dämpft die Erwartungen doch ziemlich?

Nun, sie kommen alle zu Series Mania, um sich umzusehen. Es gibt einen enormen Bedarf an Talenten und Inhalten. Es mag sein, dass es den neuen Anbietern nicht darum geht europäische Serien zu kaufen, aber sie suchen nach Geschichten, Ideen und Kreativen und deshalb kommen sie zu uns. Für Europa eröffnen sich dadurch immense Chancen.

Es geht also nicht mehr nur darum, dass US-Rechte verkauft werden wie bei „Die Brücke“ und „Kommissarin Lund/The Killing“?

Damit haben wir angefangen. Aber in etwa fünf Jahren werden Netflix, Amazon und andere zu uns kommen, um mit uns zusammen zu arbeiten.

Welche Rolle spielen die öffentlich-rechtlichen Sender bei der Entwicklung europäischer Serienkultur?

Die öffentlich-rechtlichen Sender sind immer zu spät dran. Das liegt daran, dass ihre Entscheidungswege langsam und kompliziert sind. Inzwischen gibt es den Trend, dass sich Macher nicht mehr an ihre nationalen Sender wenden. Im vergangenen Jahr konnten wir beobachten, dass Projekte, wie das schwedische „Jordskott“ zu uns kamen, die nur Geld vom Produzenten und vom Vertrieb dabei hatten und die erst zu einem Sender gingen nachdem sie ihr Projekt durch weitere Entwicklung noch stärker gemacht haben. Es wird immer wichtiger, dass die Produzenten ihre Projekte selber sehr weit entwickeln und erst dann zu einem Sender gehen.

Kann das Internet als Sprungbrett für TV-Serien dienen?

Oh ja. Wir kümmern uns bei Series Mania auch um Web-Serien. Deren Macher haben zwar sehr wenig Geld, sind aber extrem kreativ. Das Web ist ein guter Ort, um anzufangen, von dort aus andere Dinge zu entwickeln und den Marktzugang zu erhalten. Wenn man kein Geld hat, aber sonst irgendwie die Möglichkeit, sollte man das auf jeden Fall machen.

Thomas Steiger

MB 5/2015

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