Russlands TV-Markt

"FOCUS on the Audiovisual Industry in the Russian Federation” heißt eine jetzt von der Europäischen Audiovisuellen Informationsstelle (Teil des Europarats in Straßburg) in Zusammenarbeit mit Nevafilm Research veröffentlichte Studie über den russischen Fernsehmarkt.

8
Russlands TV-Markt

Russlands TV-Markt

In Russland gibt es dem Bericht zufolge insgesamt 2.370 Fernsehkanäle, die auf russischem Territorium in Betrieb und zugänglich sind und/oder eine Sendelizenz haben. Davon sind mindestens 520 regionale Kanäle landesweiter Netze, die größten (mit mehr als 50 regionalen Partnern jeweils) sind REN TV, TNT, Rossiya 1, CTC und Rossiya 24.

Über 80% der russischen Sender befinden sich im Besitz privater Unternehmen, 13% sind im Besitz des Staates, und bei 5% gibt es ein kombiniertes Medieneigentum (ein Teil der Anteile wird von nationalen oder regionalen Behörden gehalten). Anfang 2016 waren die bedeutendsten Medienholdings, denen die größte Zahl von Sendern gehört, Gazprom Media (sie besitzt mehr als 50 Kanäle, einschließlich der Red Media und ProfMedia Holdings), VGTRK (30 Kanäle, die ganz oder teilweise im Besitz der Holding sind, plus regionale Fernseh- und Radiogesellschaften) und die National Media Group (25 Kanäle, einschließlich Discovery Communications und Turner Broadcasting Systems).

Bei einem Drittel der Fernsehsender in Russland handelte es sich Ende 2015 um allgemeine regionale Sender (sie senden Lokalnachrichten und ihre eigenen Unterhaltungsprogramme, aber auch Inhalte, die sie unabhängig erworben haben). 21% der russischen Fernsehkanäle sind Musik- und Unterhaltungssender sowie Lifestyle-Sender. An dritter Stelle in der Beliebtheitsskala folgen die Sender, die Filme und Fernsehserien ausstrahlen. Landesweite Fernsehsender, die ein Vollprogramm senden, also etwa Kanal One, Rossiya 1, NTV, Peterburg – 5 kanal, REN TV und TV Centre machen in Russland gerade einmal 3% der verfügbaren Fernsehgenres aus.

Bei einem kleinen Teil der untersuchten Kanäle (60 Kanäle – 8%) handelt es sich um HD-Sender, und zwar sowohl frei empfangbare terrestrische Sender, als auch kostenpflichtige Kabelsender für digitalen Empfang. Inzwischen enthält die Datenbank MAVISE der Informationsstelle insgesamt 121 HD-Sender. Die Hälfte dieser Sender bietet keine Standardversion mehr für Zuschauer von Analog-Fernsehen an. Die meisten HD-Sender (97 von 121) und 3D-Sender (5 von 6) sind kostenpflichtig.

Insgesamt ist mehr als die Hälfte aller russischen Fernsehkanäle kostenpflichtig, und ein großer Teil der frei empfangbaren Sender wird über regionale terrestrische Fernseh- und Radiounternehmen angeboten. Das bedeutet, dass die Zuschauer in jeder einzelnen Landesregion für den Zugang zu den meisten Fernsehsendern zahlen müssen.

Pay-TV als Eckpfeiler des russischen Fernsehmarktes: Mehr als 2/3 der russischen Fernsehhaushalte hatten 2014 Pay-TV abonniert mit digitalem Segment und IPTV als wichtigsten zukünftigen Wachstumsfaktoren

Der Bericht hat festgestellt, dass 2014 68% der Haushalte in Russland Pay-TV abonniert hatten, 8% mehr als im Vorjahr. Den höchsten Sättigungsgrad mit Pay-TV weisen Mittel- und Nordwestrussland auf (80% bzw. 77%). Inzwischen lassen sich die stärksten Wachstumsraten jedoch in Sibirien (+15%), Zentralrussland, dem Föderationskreis Südrussland (+14%) und im Fernen Osten beobachten (+13%). Sibirien und der Ferne Osten Russlands sind gleichzeitig auch die Regionen mit dem größten Wachstumspotenzial (wegen ihres relativ niedrigen Sättigungsgrades).

Rasantes Wachstum auf dem russischen VOD-Markt: Mehr als 40 VOD-Angebote Ende 2015 verfügbar und Dominanz von Transactional-VOD- und Subscription-VOD-Geschäftsmodellen

Seit 2011 ist der russische VOD-Markt rasant gewachsen. Zugenommen haben nicht nur die Zahl der VOD-Dienste und der Umfang ihrer Kataloge, sondern auch die Zahl der Plattformen, über die VOD zugänglich ist. Gleichzeitig begann aus der Sicht des Geschäftsmodells eine „Rückwärtsbewegung“, und zwar weg von dem bisher dominierenden werbefinanzierten (kostenlosen) Modell zum kostenpflichtigen Transactional- und Subscription-Modell.

Laut einer Analyse der aktualisierten MAVISE-Datenbank der Europäischen Audiovisuellen Informationsstelle gab es Ende 2015 mehr als 40 VOD-Dienste in Russland. Diese haben sich auf Kinofilme und Fernsehinhalte spezialisiert (ohne die Catch-up-Versionen der Fernsehsender, Nachrichtenportale, Kinderprogramme wie deti.ivi.ru, Internet-Musiksender und Netzversionen populärer Fernsehprogramme wie Dom-2 und KVN, oder Seiten, die ausschließlich nutzergenerierte (UGC) und illegale Inhalte anbieten).

Die mit Abstand meisten Nutzer hat ivi.ru (rund 38 Millionen); dieser Dienst erhält im Durchschnitt bis zu 200.000 Seitenzugriffe pro Monat (er bietet werbefinanziertes VOD, S-VOD und Transactional-VOD an), das ist zehnmal mehr als sein nächster Konkurrent. Bei den Einnahmen liegt inzwischen Okko mit 630 Millionen RUB im ersten Halbjahr 2015 vorn. Okko bietet ausschließlich kostenpflichtige Dienste an.

Der Markteintritt globaler VOD-Anbieter auf dem russischen Markt hat nicht zu bedeutenden Veränderungen geführt: Ende 2012 starteten iTunes und Google Play in Russland, 2013 folgte Amediateka, der offizielle Anbieter von Content von HBO, und eine Reihe führender internationaler Anbieter; der amerikanische VOD-Riese Netflix ist seit Januar 2016 auf dem russischen VOD-Markt verfügbar (russische Kunden müssen derzeit mit einem begrenzten Angebot vorlieb nehmen und die Benutzeroberfläche ist in englischer Sprache). Allerdings wird nicht erwartet, dass die dominierende Marktposition der heimischen Marktführer (ivi.ru, Megogo.net, Okko und Tvigle.ru) durch die ausländischen Konkurrenten ernsthaft gefährdet wird.

Das sind die wichtigsten Ergebnisse des Berichts, FOCUS on the Audiovisual Industry in the Russian Federation, der am 21. März 2016 von der Europäischen Audiovisuellen Informationsstelle (Teil des Europarats in Straßburg) in Zusammenarbeit mit Nevafilm Research veröffentlicht wurde. Der Bericht kann auf Englisch und auf Russisch kostenlos heruntergeladen werden. Er liefert eine Momentaufnahme des audiovisuellen Sektors in den Jahren 2014-2015 in Russland, gibt einen Überblick über wichtige Trends auf dem Fernsehmarkt und auf dem Video-on-Demand-Sektor, liefert ausführliche Informationen über die Finanzierungsquellen und gibt einen Überblick über den Rechtsrahmen. (3/16)

Anzeige