Digitalisierung überfordert viele Menschen

Der Digitalisierungsgrad der Deutschen befindet sich weiterhin nur auf mittlerem Niveau. Das konstatiert die Initiative D21. Sie hat am 23. Januar 2018 gemeinsam mit Staatssekretär Matthias Machnig die Ergebnisse des D21-Digital-Index 2017/2018 im Bundesministerium für Wirtschaft und Energie vorgestellt. Die Studie liefert seit 2013 jährlich ein umfassendes Lagebild zur Digitalen Gesellschaft in Deutschland.

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Digitalisierung überfordert viele Menschen

Die deutsche Gesellschaft ist mit 53 Indexpunkten so digital wie nie zuvor. Der D21-Digital-Index gibt den Digitalisierungsgrad der Gesellschaft auf einer Skala von 0 bis 100 Punkten wieder und fasst die Komponenten Zugang, Nutzung, Kompetenz und Offenheit in einer einzigen Kennzahl zusammen. Erstmals seit 2013 steigt der Indexwert um 2 Punkte im Vergleich zum Vorjahr an. Verantwortlich dafür sind Steigerungen in den Bereichen Kompetenz und Offenheit. Trotz Verbesserungen befindet sich der Digitalisierungsgrad der Deutschen weiterhin nur auf mittlerem Niveau.

„Wir beobachten zwar eine positive Entwicklung: Immer mehr Menschen bewegen sich souveräner, kompetenter und aufgeschlossener in der digitalen Lebenswelt“, so Hannes Schwaderer, Präsident der Initiative D21: „Doch nach wie vor fühlen sich viele nicht für die digitale Welt gewappnet. 32 Prozent der Befragten gaben an, dass sie die Dynamik und Komplexität der Digitalisierung überfordere. Um nicht große Teile der Bevölkerung dauerhaft von der digitalen Teilhabe auszuschließen sind deutlichere Anstrengungen in allen Bereichen der Bildung notwendig, sei es in der Schule, Berufsausbildung oder auch der Erwachsenenbildung.“

Bildung und Alter entscheidend für Digitalkompetenzen – Spaltung entlang verschiedener Merkmale
Der D21-Digital-Index zeigt eine Teilung der Bevölkerung in drei Hauptgruppen: 34 Prozent sind den Digitalen Vorreitern zuzuordnen, Menschen die sich alltäglich und souverän in der digitalen Welt bewegen und mit den aktuellsten Entwicklungen Schritt halten. Den größten Teil machen mit 41 Prozent die Digital Mithaltenden aus, also Personen, die sich gelegentlich in der digitalen Welt bewegen und dort einigermaßen zurechtfinden. Das bedeutet aber auch, dass ein ganzes Viertel der Bevölkerung – und damit 16 Millionen Menschen – zu den Digital Abseitsstehenden gehört. Diese partizipieren gar nicht oder nur in sehr geringem Umfang an der digitalen Welt.

In der Tendenz lassen sich dabei folgende generalisierte Aussagen treffen: Je jünger, desto digitaler sind die Menschen. Gerade die über 65-Jährigen stehen im digitalen Abseits. Menschen mit hoher formaler Bildung haben einen signifikant höheren Digitalisierungsgrad als Menschen mit niedriger Bildung. Männer sind digitaler als Frauen und Berufstätige mehr als nicht Berufstätige. „Digitalisierung wird Wirtschaft, Arbeit und Gesellschaft grundlegend ändern. Wir müssen dafür sorgen, dass alle Menschen kompetent und souverän an der Digitalisierung teilhaben können – auch im Hinblick auf die Zukunftsfähigkeit unseres Landes“, so Mathias Machnig, Staatssekretär im Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, mit Blick auf die Ergebnisse des D21-Digital-Index. 

Vier von fünf Deutschen sind online
Erstmals nutzen über 80 Prozent der Deutschen das Internet. Treibender Faktor ist die fortschreitende Verbreitung des mobilen Internets über Smartphones. Nachdem die jüngeren Generationen bereits seit Längerem nahezu vollständig online sind, gibt es bei den 50 bis 64-Jährigen sowie den über 65-Jährigen Zuwächse von jeweils fünf Prozentpunkten bei der Internetnutzung bzw. 10 und 3 Prozentpunkten mobil. Hier besteht auch das größte Steigerungspotenzial: 94 Prozent der verbliebenen 19 Prozent Offliner in der deutschen Bevölkerung sind 50 Jahre oder älter.

Intelligente Geräte sind auf dem Vormarsch – doch die Menschen sind (noch) skeptisch
Aktuell hat ein Großteil der deutschen Bevölkerung bei intelligenten Techniken, Geräten und Anwendungen noch Berührungsängste – insbesondere, wenn sie viel Vertrauen erfordern wie etwa beim Einsatz von Assistenzrobotern oder selbstfahrenden Autos. Gegenüber digitalen Sprachassistenten zeigen sich die Befragten etwas offener. 14 bis 29-Jährige sind insgesamt deutlich aufgeschlossener für die Nutzung intelligenter Geräte als ältere Generationen. Es gibt starke Unterschiede, wie sich die Geräte nach Meinung der Befragten verhalten sollen: Beim Einsatz von Pflegerobotern ist ein empathisches, fürsorgliches und beschützendes Verhalten erwünscht. Bei anderen Geräten, wie etwa Sprachassistenten oder Robotern im Job, herrscht größere Uneinigkeit, ob die Maschinen sich eher selbständig / mitdenkend oder gehorsam / assistierend verhalten sollen.

Digitale Arbeitswelt: Möglichkeiten des modernen Arbeitens nicht ausgeschöpft
72 Prozent der Befragten betrachten flexible Arbeitszeiten als Teil einer modernen Arbeitswelt. Allerdings arbeitet trotz zunehmender Verbreitung digitaler, tragbarer Arbeitsmittel nur ein Sechstel der Berufstätigen in Deutschland (zumindest teilweise) mobil von unterwegs oder flexibel von zu Hause aus. Gleichzeitig erhält ein Viertel der Berufstätigen ohne Homeoffice oder Telearbeit generell nicht die Voraussetzungen dafür vom Arbeitgeber. Potenziale für flexible Arbeit, moderne Arbeitsstrukturen oder die Vereinbarkeit von Privat- und Berufsleben werden dadurch nicht ausgeschöpft. Auch hier zeigt sich eine Spaltung in der Gesellschaft: Am häufigsten bekommen die 30 bis 49-Jährigen vom Arbeitgeber entsprechende Geräte und technische Zugänge gestellt – Männer profitieren davon zwei- bis dreimal so häufig wie Frauen.

Die Studie kann hier heruntergeladen werden.

Die Initiative D21 ist ein gemeinnütziger Verein mit Sitz in Berlin, der 1999 mit dem Ziel gegründet wurde, die digitale Spaltung der Gesellschaft zu verhindern. Der Verein setzt sich gemeinsam mit seinem branchenübergreifenden Netzwerk aus Politik und Wirtschaft dafür ein, die durch die Digitalisierung entstehenden gesellschaftlichen Herausforderungen zu erfassen und die Bürger zu befähigen, sich selbstbestimmt in der digitalen Welt bewegen zu können. Rund 200 Mitgliedsunternehmen und -organisationen aller Branchen sowie politische Partner von Bund und Ländern bringen gemeinsam in diesem Netzwerk praxisnahe Non-Profit-Projekte voran. (1/2018)