Vor drei Jahre startete der Spartenkanal sportdigital seinen Sendebetrieb auf dem Gelände von Studio Hamburg in Hamburg Tonndorf. Heute ist er mit seinem Vollprogramm in allen digitalen Kabelnetzen in Deutschland zu finden – von Kabel Deutschland über Kabel BW bis Unity Media und KabelKiosk – ebenso im Satellitensegment bei Sky und Arena SAT sowie als Abrufstream im Internet auf den Plattformen von Alice Home TV. sportdigital sendet ein Vollprogramm mit mehr als 300 Live-Spielen im Jahr. Was zunächst mit den drei Zielgruppensportarten Handball, Basketball und Volleyball begann, hat sich auf insgesamt zehn Sportarten ausgeweitet, darunter Tennis, Rugby, Feldhockey, aber auch Frauenfußball und Spiele aus den internationalen Fußball-Ligen.
Lizenzen dafür erwirbt sportdigital bei Ligen, Verbänden und internationalen Sportrechte-Agenturen wie IMG, Sportfive, IEC und SportA, der Agentur des öffentlich-rechtlichen Fernsehens. Seitdem bei der letzten Vergaberunde der Fußball-Bundesliga mit dem Zuschlag an die öffentlich-rechtlichen Sender nun auch die Dritten Programme am Sonntagabend verstärkt von der Fußball Bundesliga berichten, kommen so genannte Zielgruppensportarten dort noch weniger zum Zuge.
Mit seiner Idee, dem Zielgruppensport eine eigene Plattform zu geben und diesen zu vermarkten, hatte sich Giesbert Wundram, Geschäftsführer von Sportainment Medien, bereits 2006 an Sportfive, eine der großen internationalen Sportagenturen gewandt: „Wir hatten den zuständigen Managern unser Verwertungskonzept hinsichtlich des Zielgruppensports vorgestellt. Die waren sehr stark auf Fußball fokussiert.“ Wundram argumentierte, dass der Zenit für die Fußball-Vermarktung im Grunde erreicht sei: „Vor allem in der Akquisition von neuen Vermarktungsflächen. Denn auch die Anzahl der Premium-Events ist nun mal beschränkt und damit auch die Möglichkeiten, neues Vermarktungspotenzial zu generieren.“ Mit anderen Worten: Mehr Fußball geht nicht. Dagegen sieht er in den Zielgruppensportarten ein bis dato noch so gut wie gar nicht genutztes Vermarktungspotenzial. Wundram konnte nicht nur die starke Sportagentur als Partner gewinnen, sondern über Sportfive weitere Partnerschaften mit den Ligen aus Handball, Basketball und Volleyball eingehen. Binnen zwei Jahren entwickelte sich sportdigital zu einem digitalen Pay-TV-Sender in Deutschland, der ein Vollprogramm mit rund dreihundert Live-Spielen im Jahr produzierte und flächendeckend in Deutschland verbreitete. Dies nutzte Sportfive unmittelbar für die Vermarktung, um das beträchtliche Anschubinvestment zum Aufbau und Betrieb eines Produktionssenders so schnell wie möglich amortisieren zu können. So wurden die von sportdigital produzierten Live-Spiele sublizenziert und international wie national unter anderem auch an die öffentlich-rechtlichen Sender vermarktet. „Die Basis der Vermarktung sind die bewegten Bilder, die nun per Nachverwertung diesen Sendern für ihre News und Magazine angeboten werden konnten“, sagt Wundram. Sportfive akquirierte Verträge mit Partnern in über 40 Ländern und verkaufte auch das Titelpatronat der Handball-Bundesliga an Toyota, die seitdem Toyota-Handball-Bundesliga heißt. „Wir als Sender waren ein kleiner Baustein in der Vermarktungskette. Wir hatten seinerzeit überlegt: Wie kann man die meisten Erlöse aus den Zielgruppensportarten generieren, um die Produktions- und Lizenzkosten zu refinanzieren? Unser Weg war es, diesen zunächst im Pay-TV anzubieten und dann flankierend national und international zu sublizenzieren“, erklärt der Sportainment-Geschäftsführer.
Nach dem Verkauf der Sportagentur Sportfive an den französischen Mischkonzern Lagardère lief deren zweijähriges Engagement allerdings aus. „Lagardère verfolgte eine andere Strategie mit stärkerem Fokus auf Premium-Sportrechte wie beispielsweise im Bereich Fußball oder der Olympischen TV-Rechte“, erläutert Wundram. Mit dem Auslaufen dieses Vertrages im Sommer 2009 musste sich sportdigital anders aufstellen. Die kostenintensiven Eigenproduktionen wurden deutlich zurückgefahren, sportdigital wandelte sich vom Produktionssendebetrieb zum Lizenzsendebetrieb. „Mit dem Wegfall der Vermarktungskette in der Sportfive-Konstellation hatten wir als sportdigital nicht mehr die wirtschaftlichen Voraussetzungen, um weiterhin ins Risiko der Produktion zu gehen. In der Konsequenz wurden im Sommer 2009 die Erstübertragungsrechte der Handball- und Basketball-Bundesliga an das Deutsche Sportfernsehen (jetzt Sport1) vergeben. sportdigital hingegen baute Kooperationen wie beispielsweise mit GIP (Gesellschaft für Internetportale) für die Bereiche Tennis und Volleyball weiter aus.
Andere Kostenstruktur
„Wir haben mit sportdigital weiterhin konsequent am Zielgruppensport festgehalten und unser Senderangebot in der Zwischenzeit sogar deutlich ausgebaut von anfangs drei auf heute zehn Sportarten. Dadurch haben wir heute eine andere Kostenstruktur als in der Partnerschaft mit Sportfive“, meint Wundram.
Der Vollsendebetrieb mit zehn Live-Sportarten wird heute von Studio Hamburg für sportdigital geleistet, wo das Live-Signal vom Satellit entschlüsselt, abgemischt und in der Sendeabwicklung von Studio Hamburg bearbeitet wird. Nach dem Einsprechen des deutschen Kommentars in der Sprecherkabine und grafischen Bearbeitungen wird das Signal über eine von Media Broadcast angemietete Glasfaserleitung nach München geschickt. Dort erfolgt dann bei APS Astra Platform Services der Satelliten-Uplink. Auf diesem beschriebenen Weg hat sportdigital zum Beispiel vor einigen Monaten auch exklusiv im deutschen Fernsehen die Live-Spiele der Hockey-WM in Neu Delhi übertragen und die Bilder dazu nach Deutschland geholt.
sportdigital sendet ein 24-Stunden-Programm mit aktuellen Live-Bildern, die auf mehreren Flächen im festen Sendeschema wiederholt werden. Insgesamt kommt der Sender auf derzeit 800 bis 900 frische Programmstunden im Jahr.
Trotz Kostenverschlankung kann sportdigital noch keine schwarzen Zahlen schreiben. Der erwartete Break-even soll sich binnen der nächsten zwei, drei Jahre einstellen und hängt unmittelbar von der Entwicklung der Digitalisierungsquote in den Kabelnetzen ab und natürlich auch von der Bereitschaft der Kunden, für attraktive Spartenprogramm-Angebote zu zahlen. Die Digitalisierungsquote in Deutschland im Bereich der Kabelhaushalte liegt derzeit bei rund 30 Prozent. „Daran gemessen kommen wir auf eine Nettoreichweite von circa eine Millionen Pay-TV-Kabelkunden“, erklärt Wundram und bestätigt, dass sein Geschäftsmodell von der Durchdringung der Haushalte mit Digital-Receivern aber auch Hybridboxen ab-hängt. Ab April 2012 sollen jedoch die analogen Satelliten-Transponder abgestellt und durch digitale ersetzt werden. „Wir gehen deshalb davon aus, dass wir in Deutschland schon bald eine flächendeckende Digitalisierung erreichen werden“, sagt Wundram.
Als Stand-Alone-Angebot bei Sky kostet sportdigital den Endverbraucher derzeit 4,99 Euro im monatlichen Abo. Bei Kabel Deutschland ist es Teil eines Programmpakets, das für 14,90 Euro gebucht werden kann. Unity Media bietet es ebenfalls im Paket mit weiteren Angeboten zusammen für 8,90 Euro an. Der nächste konsequente Schritt für den Sender ist die HD- und auch die 3D-Sportübertragung. Doch dieses hängt von den zukünftigen Angeboten von Zielgruppensportarten im hochauflösenden Fernsehen ab, sowie von den Geschäftsmodellen der Plattformbetreiber, die für die Verbreitung von HD und erst recht für 3D höhere Kapazitäten bereitstellen müssen. Nicht nur deswegen ist die Entwicklung und der weitere Ausbau der IP-Fernsehangebote auch für einen Spartensender wie sportdigital eine spannende Alternative.
Bernd Jetschin
(MB 09/10)













