IBC 2009: Deutlich besser als erwartet

Die Internationale Broadcast Convention (IBC) in Amsterdam (11. bis 15. September 2009) verzeichnete trotz Wirtschaftskrise und dem Fernbleiben wichtiger Unternehmen wie Sony einen durchwegs positiven Verlauf. Viele Aussteller und Besucher zeigten sich mit der diesjährigen Kongressmesse sehr zufrieden.

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IBC 2009: Deutlich besser als erwartet

Die schlimmsten Befürchtungen sind nicht eingetreten. Die IBC 2009 in Amsterdam musste zwar einen Aussteller- und Besucher-Rückgang hinnehmen, konnte sich aber trotz oder vielleicht auch gerade wegen der Wirtschaftskrise einigermaßen gut behaupten. Die Veranstalter der IBC zählten in diesem Jahr immerhin 45.547 Besucher (2008: knapp 50.000). Das sind nur sieben Prozent weniger als im letzten Jahr. Ohne die Mitarbeiter der Aussteller lag der Rückgang bei unter fünf Prozent.

„Den Erfolg einer Veranstaltung sollte man nicht nur an der Zahl der Besucher festmachen, sondern auch an der Qualität der Interaktionen“, meinte Michael Crimp, Chief Operation Officer der IBC, auf der Abschlusspressekonferenz. Und diese sei auf der diesjährigen IBC besonders hoch gewesen. „Unser Hauptziel ist nicht allein, eine Handelsmesse zu veranstalten, sondern den Besuchern ein Erlebnis mit hohem Nutzwert zu bieten. Das schaffen wir unter anderem durch die Art, wie wir hier unsere Inhalte präsentieren und die Technologien auf dem Ausstellungsgelände in den richtigen Kontext stellen“, erklärte er. Den IBC-Organisatoren sei klar gewesen, dass alle Besucher in diesem Jahr vor allem nach Know how suchen würden, um in der gegenwärtigen Wirtschaftslage in der Rundfunk- und New Media-Landschaft möglichst erfolgreich agieren zu können. Die IBC 2009 habe ihnen genau dieses Wissen vermittelt.
Die „gefühlten“ Besucherzahlen auf der IBC 2009 variierten in den verschiedenen Hallen dennoch recht stark. Einige Aussteller in den Hallen 1 oder 10 und 11 sprachen von bis zu 30 Prozent weniger Besuchern, Aussteller in den Hallen 7 (Postproduktion) oder 8 (Audio) hingegen meist von einem ähnlichen Besucherandrang wie im letzten Jahr. Insgesamt war man sich jedoch darüber einig, dass die Qualität der Besucher in diesem Jahr deutlich höher war als in den Jahren zuvor.
Vielerorts war auch zu hören, dass gerade wegen der reduzierten Besucherzahl deutlich intensivere Gespräche an den Ständen möglich waren. Bei einigen Ausstellern führte das gar zu unerwarteten Geschäftsabschlüssen. Die eher geringen Erwartungen der Aussteller an die diesjährige IBC wurden deshalb klar übertroffen.
Die IBC 2009 machte auch deutlich, dass die Krise in der Broadcast-Branche überwunden ist. Viele Hersteller berichteten von anziehenden Geschäften und erwarten für das vierte Quartal 2009 eine deutlich bessere Auftragslage als zuvor. Viele Projekte, die auf Eis gelegt worden sind würden nun realisiert, hieß es.
Weniger zufrieden durften auf der IBC 2009 allerdings die Organisatoren der IBC-Kongresspanels sein. Die Besucherbeteiligung dort war hier erkennbar schwach und selbst Top-Redner wie David Hill von Fox Sports, Erik Huggers, Direktor Future Media and Technology der BBC oder Harry Shearer von Simpsons/Spinal Tap schafften es nicht, die Reihen in den Vortragssälen zu füllen.
Das Konferenzprogramm konzentrierte sich auf Geschäftsthemen. Huggers betrachtete zum Beispiel das Zusammenspiel der neuen und alten Medien und versuchte, die dabei entstehenden Wachstumschancen zu identifizieren.
Auch viele andere Panels befassten sich mit den neuen Wertschöpfungsmodellen, die die traditionellen Erlösquellen im Media- und Broadcast-Markt ablösen werden.
Trotzdem schauten sich die IBC-Besucher dieses Jahr lieber in den Ausstellungshallen um. Im Fokus standen auch hier insbesondere Produkte und Lösungen, zur Kostenreduktion und zur Effizienzsteigerung von Workflows. Viele Unternehmen waren sich dessen bewusst und präsentierten gezielt entsprechende Angebote.
Dazu passte auch das Thema „Grüne Produkte“. Darunter sind Produkte zu verstehen, die umweltverträglich produziert werden und weniger Energie beim Betrieb verbrauchen. Zu den Unternehmen, die hier besonders die Werbetrommel rührten zählten auf der IBC unter anderem Miranda, Quantel, Panasonic und Harris.
Tadao Shimozuru, Leiter des Bereichs Professional AV Systems von Panasonic und Jaume Rey, Direktor Provideo & Broadcast IT Systems von Panasonic Europe betonten anlässlich eines Pressegespräch die große Relevanz grüner Technologien für das Unternehmen. Rey hielt zudem auf dem IBC-Kongress eine Keynote zum Thema.
Auf der IBC wurde ferner ein klarer Trend weg von proprietären Systemen und hin zu offenen Schnittstellen deutlich. Quantels CEO Ray Cross beispielsweise erklärte: Wir müssen mehr auf unsere Kunden hören. Die wollen mehr Offenheit und mehr Auswahl bei den Systemen bei niedrigeren Preisen und höherer Leitungsfähigkeit.“ Quantel nehme diese Herausforderung an und habe nicht zuletzt auch deshalb sein bestes Ergebnis im vergangenen Finanzjahr erzielt.
Gute Wirtschaftszahlen verkündete auch Richard Scott, Harris-Vizepräsident für Europa, Afrika und Mittlerer Osten. Sein Unternehmen habe trotz Krise in dem im Juli 2009 zu Ende gegangenen Finanzjahr fünf Prozent Wachstum verzeichnen können und dabei Marktanteile von einigen Wettbewerbern übernehmen können. Harris setze weiter auf Wachstum und wollen neue Märkte erschließen.
Das Fernbleiben großer Unternehmen wie Sony von der diesjährigen IBC kommentierte Scott mit den Worten: „Harris hat in diesem Jahr den größten Stand auf der IBC und unterstreicht damit seine Führungsposition in der Branche.“ Harris signalisiere damit auch sein klares Bekenntnis zur Broadcast-Messe in Amsterdam.

Stereoskopisches 3D

Ein Top-Thema der Messe war stereoskopisches 3D. Hierzu gab es zahlreiche neue Produkte und Lösungen an den Ständen zu sehen. Im Postproduktionsbereich von Halle 7 präsentierten einige Aussteller Workflow-Verbesserungen. Avid zum Beipiel zeigte für den Media Composer neuen Features für verbessertes stereoskopisches 3D-Editing. Zu den weiteren Unternehmen mit neuen 3D-Produktfeatures zählten unter anderem Quantel, Autodesk und The Foundry.
Als Weltneuheit präsentierte das Fraunhofer Heinrich Hertz Institut, Berlin, in Halle 8 mit STAN (stereoskopischen Analyser) ein System für die stereoskopische Analyse und Bildbearbeitung in Echtzeit. STAN wurde in Kooperation mit KUK Filmproduktion München entwickelt. Die Kombination aus Hard- und Software erfasst und analysiert Stereobilder so, dass diese in Echtzeit verarbeitet werden können. Eingesetzt wird STAN für die Herstellung von Stereo-Inhalten bei der 3D-Aufnahme von Live-Veranstaltungen. Darüber hinaus generiert und speichert STAN Metadaten und wird in der 3D-Postproduktion eingesetzt.
Sehr stark frequentiert waren auch die 3D-Filmvorführungen im Big Screen-Kino der IBC.

Outdoor-Aussteller

Im Freiluft-Ausstellungsbereich der Amsterdamer Messe waren in diesem Jahr erkennbar weniger Aussteller vertreten. Aus Deutschland war hier unter anderem Plazamedia nicht am Start. Die IBC-Veranstalter bezifferten den Rückgang der Outdoor-Aussteller mit nur 15 Prozent. Rein optisch hatte man einen anderen Eindruck. Das lag vielleicht daran, dass am Congressplein, wo sich sonst Ü-Wagen, Schnittmobile und Uplink-Wagen drängen, nur einige wenige Fahrzeuge standen.
Der zentrale Platz wird nun auch durch das neue Elicium-Hochhaus dominiert. Der Neubau sorgte für Restriktionen in Sachen Gewicht und Höhe der Fahrzeuge, die den Congressplein befahren dürfen. Einige der mobilen Einheiten waren deshalb auf dem Messegelände verteilt. Ein von Systemintegrator Sony gebauter Ü-Wagen der South African Broadcasting Corp. (SABC) war in Hall 11 untergebracht. Auch er war zu hoch um in den Congress Square einfahren zu können. Bei dem Ü-Wagen handelte es sich um den dritten von insgesamt vier, die bei der Fußballweltmeisterschaft 2010 in Südafrika zum Einsatz kommen sollen. Alle Fahrzeuge sind 14,9 Meter lang, 3,3 Meter hoch und 2,54 Meter breit und verfügen über beidseitigen Schubladen. Sie sind für 18 HD-Kameras (inklusive. drei Superslomos) ausgelegt (1080i/50 und 720p schaltbar). Alle vier Ü-Wagen sind mit Lawo mc²56 Tonpulten mit 32-16-16-Rahmen ausgestattet, die eine voll programmierbare, mit 64 Fadern bestückte Bedienoberfläche bieten.
Im Freigelände waren unter anderem Ü-Wagen von Alfacam, Betamobil (HD5), SIS LIVE, Arqiva und L’opera zu sehen.
Besucher und Aussteller der IBC 2009 zeigten sich großteils zufrieden mit dem Messe-Verlauf. Dennoch wurden auch wieder Stimmen laut, die einen Umzug der Kongressmesse von Amsterdam nach Barcelona forderten. Zu den Barcelona-Befürwortern zählte unter anderem Quantel. Das Unternehmen beklagte wie viele andere auch die hohen Kosten, die Ausstellern auf der IBC in Amsterdam entstehen. Quantel Marketing-Direktor Steven Owen erklärte auf der Pressekonferenz des Unternehmens: Für uns ist es deshalb wichtig, dass die IBC nach Barcelona umzieht“.
Auch Bruno Sargeant, Television Industry Manager Media & Entertainment von Autodesk, klagte über die hohen Kosten der Messe. Das Unternehmen habe deshalb weniger Mitarbeiter nach Amsterdam gebracht und auch den Stand etwas kleiner und kostengünstiger gestaltet. Besonderer Gag dabei war, dass die Stellwände des Standes komplett aus leichten Papprollen gefertigt waren, die nach dem Abbau geschreddert und so einfach abtransportiert werden konnten. Autodesk übertrug alle Standaktivitäten zudem via Live-Stream im Internet („Virtual IBC Live“). Dazu hatte man eigens ein kleines TV-Studio aufgebaut. Sehr erfolgreich wurde diese Art der Kundenansprache auch schon auf der Siggraph, Anfang August in New Orleans praktiziert. „Wir hatten da insgesamt 27 Millionen Zugriffe und 500 Unique Users pro Session verzeichnet“, sagte Sargeant. Ganz auf Messeauftritte will man bei Autodesk deshalb trotzdem nicht verzichten. „Der Markt würde das nicht akzeptieren. Wir müssen heute die richtige Ballance zwischen klassischen Messeauftritten und kreativer Online-Kommunikation finden“, erklärte er. Messeveranstalter, forderte er, sollten sich endlich einmal Gedanken über intelligente neue Konzepte machen, um die Aussteller von dem gegenwärtig hohen Kostendruck zu befreien.
IBC-COO Crimp hingegen meinte: „Wir haben in diesem Jahr alle Erwartungen übertroffen und ich gehe davon aus, dass wir im September 2010 wieder alle Aussteller in Amsterdam begrüßen können.” Das mag zutreffen. Viele Aussteller zeigten sich letztlich sehr zufrieden mit dem Verlauf der diesjährigen IBC. „Unser Stand in Halle 7 war an allen Tagen gut besucht. Am Ende konnten wir rund 2.200 Besucher registrieren“, berichtete Michael Dalok-Schmidt, Marketing Manager Nord und Zentral-Europa von AVID. Und auch Holger Osesek General Manager der Panasonic Deutschland GmbH bezeichnete das Feedback in den Hallen als „sehr positiv“.

Eckhard Eckstein
(MB 10/09)

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