IRT-Schließung sorgt für Unverständnis

Die zum 31. Dezember angekündigte Schließung des renommierten Instituts für Rundfunktechnik (IRT) in München sorgt nach wie vor für viel Unverständnis in der Medienbranche. Das wurde auch am 11. September beim #mediatechtalk des Mediatech Hub (mth) Potsdam deutlich.

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IRT-Schließung sorgt für Unverständnis

Über die IRT-Auflösung diskutierten im live über youtube und facebook übertragenern #mediatechtalk Yvonne Thomas, Strategic Technologist Digital TV Group [&] SMPTE, und MEDIEN BULLETIN-Herausgeber Eckhard Eckstein mit Peter Effenberg, CEO der transfermedia production services GmbH. Deutlich wurde hier, dass die Schließung des Müncher Forschungs- und Innovationszentrums für Rundfunk- und Medientechnik nach über 60-jähriger Tätigkeit (Gründungsdatum war 1956) als großer Fehler angesehen wird.

Die Gesellschafter des Instituts hatten in einer Sondersitzung am 31. Juli 2020 die IRT-Schließung beschlossen. Sie konnten nach eigenem Bekunden kein tragfähiges Modell für eine Fortführung des Instituts finden. „Trotz intensivster Bemühungen war es nicht möglich, eine belastbare wirtschaftliche Zukunftsperspektive für das IRT zu erarbeiten. Damit bleibt es bei den Ende 2019 ausgesprochenen Kündigungen aller Gesellschafter. Für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wird ein Sozialplan erarbeitet“, heißt es lapidar in einer Mitteilung. Als erster Sender hatte das ZDF bereits im Dezember 2019 seinen Ausstieg bekundet. Dabei hatte man im September 2020 noch einen IRT-Strategieplan für die kommenden fünf Jahre mitgetragen.

Alle Diskussionsteilnehmer des #mediatechtalk waren sich einig, dass gerade in der heutigen Zeit mit einer rasant fortschreitenden Digitalisierung in der gesamten Gesellschaft ebenso wie im Broadcast-Business nicht-kommerzielle Grundlagenforschung zu neuen Technologien immer wichtiger wird. Auch zentral gesteuerte Standardisierungsbemühungen, Nachwuchsförderung, Fortbildung, Vernetzung und Informationsaustausch spielen eine immer wichtigere Rolle. Gerade in diesen Bereichen konnten das IRT seine Stärken ausspielen.

Das IRT war einst von ARD-Sendern gegründet worden, um Synergieeffekte bei der Technologieentwicklung im Rundfunk nutzen zu können. Das gilt heute mehr denn je. „Nun besteht die Gefahr das einzelne Sender Parallelstrukturen entwickeln, die dann deutlich teurer werden als die jetzige Beteiligung am IRT“, erklärt Eckstein. Und Yvonne Thomas befürchtet einen Know how Verlust bei den Öffentlich-rechtlichen durch die bereits begonnene Abwanderung der IRT-Ingenieure in andere Unternehmen.

Das IRT hatte sich insbesondere auch mit dem Thema Metadaten in Kombination mit IP-Verbreitungswegen befasst. Die personalisierte Over-the-Top-Distribution und einfachere Auffindbarkeit öffentlich-rechtlicher Inhalte sollte dadurch befeuert werden. Laut Effenberg ist das ein wichtiger Ansatz, um das enorme Programmvermögen der Öffentlich-rechtlichen allen Nutzerinnen und Nutzern überall und jederzeit verfügbar zu machen.

Weitere aktuelle Forschungsprojekte befassten sich mit IPTV, Cloudbasierte Workflows, 5G, HbbTV, UHD, HDR, Streaming 2.0, Barrierefreiheit, Künstliche Intelligenz und Augmented Reality. Im #mediatechtalk wurde klar, dass solche Themen nicht nur national, sondern auch international deutsches Sprachrohr brauchen. Auch da wird das IRT fehlen.