Als erste deutsche Band waren Die Fantastischen Vier bereits im Jahr 2000 von MTV zu einem Unplugged-Konzert eingeladen worden – ebenfalls in der Balver Höhler. Betreut wurden sie bei „MTV Unplugged II“ und dem nachfolgenden Gig in gleicher Besetzung beim Zürich-Open-Air von Audio Broadcast Services (ABS) in der Person von Matthias Paha, der als Projektleiter für die verwendete Lawo Technologie zuständig war und die Planung und Konfiguration der eingesetzten Mischpultkomponenten übernahm. Die übrige Technik wurde traditionell von der Firma Satis[&]Fy aus Werne gestellt; verantwortlich war hier Robert Schwarz als Projektleiter.
Kai Reinhart (Monomama), verantwortlich für den Monitormix und die gesamte tontechnische Konzeption und Planung, Klaus Scharff, (EarCondition), verantwortlich für den FOH-Mix und das Recording, sowie Stefan Holtz, verantwortlich für das PA/Akustikdesign in der Höhle, wurden von Paha bei Planung und Umsetzung in Bezug auf den Einsatz von Lawo-Systemen unterstützt.
Scharff konnte im Umgang mit dem mc²56 aus seinen Erfahrungen bei DSDS schöpfen und sich neben dem FOH-Sound voll und ganz auf die Recordings konzentrieren. Neben den beiden Digitalaufnahmen mit je 128-Spuren wurde auch ein 48-Spur Analog-Recording vorgenommen.
Für die Fantastischen Vier wurden ein Lawo mc²56 für den FOH mit 240 DSP-Kanälen und 48 Fadern und ein mc²56 für den Monitorplatz mit ebenfalls 240 DSP-Kanälen eingesetzt. Letzteres Pult wurde speziell für 96 Aux-Wege konfiguriert (48 x Stereo-In-Ear-Monitoring) und mit einem 16-Fader-Extender für den direkten Zugriff auf möglichst viele Kanäle über die Bedienoberfläche erweitert. „Nur wenn der Monitor-Mix und der Sound so gut sind, dass der Musiker nicht mehr darüber nachdenken muss, kann er sich voll auf die Musik konzentrieren und sein Bestes geben. Das individuell für 40 Leute in kürzester Zeit hinzubekommen verlangt vom Monitor-Engineer ungeheuer viel Erfahrung und Know-how aber auch eine schnell und intuitiv bedienbare Technik“, erläutert Paha.
Die Audio- und die Steuersignale wurden per Glasfaserkabel übertragen, beide mc²56-Pulte über 128 Tie-Lines vernetzt. 112 Mikrofone wurden auf der Bühne an die DALLIS-I/O-Systeme angeschlossen und insgesamt waren 126 Mikrofone zeitgleich im Einsatz. Aufgenommen wurde das Konzert auf zwei 128-Multitrack-Recording-Maschinen, die Audio-Ausgänge wurden ebenfalls für die Beschallung und für den mit 16 Kameras ausgerüsteten TVN-Ü-Wagen bereitgestellt. „Durch eine geschickte Aufteilung konnte Kai alle Inputs auf zwei Layern unterbringen und hatte dabei immer noch alle Auxsummen im Zentralbedienfeld direkt im Zugriff. Ein weiterer Vorteil war, dass wir einzelne Bereiche des Bedienfeldes isolieren konnten, sodass ein Zwei-Mann-Betrieb möglich wurde. Während des Soundchecks und den Proben hatten die 40 Musiker zeitgleich Änderungswünsche für ihren persönlichen In-Ear-Mix.“
Das Lawo-Pult sei perfekt für diese Anwendung geeignet gewesen. „Auch konnte ich während des Soundchecks Signale in den Ü-Wagen legen, das Recording kontrollieren und Tie-Lines von und zum FOH schalten, ohne dass der Betrieb am Monitor im Geringsten gestört wurde“, sagte Paha.
Die schwierige Beschallung der Balver Höhle wurde von Stefan Holtz konzipiert und von Satis[&]Fy Werne durchgeführt, die unter anderem 10.000 m² Molton unter den Zuschauerrängen verteilten, um die Nachhallzeiten in den Griff zu bekommen. Um für alle Eventualitäten gerüstet zu sein, waren die Techniker der Fantastischen Vier bei den Vorbereitungen für die Konzerte immer darauf bedacht, Pro Tools Systeme griffbereit zu haben, die bei den Fantastischen Vier gerne als Dynamic Processing Units verwendet werden. Diese wurden aber wegen des von den Musikern und Engineers ausnehmend gelobten Klangs der mc²56-Pulte lediglich als Reverbs genutzt. „Alleine schon die Preamps des Lawo-Systems bieten eine so hohe Auflösung und Detailtreue, dass man gar nicht mehr viel drehen muss. Dazu kommt, dass die Signalverarbeitung qualitativ so hochwertig ist, dass externe Inserts oftmals keinerlei Vorteile bringen, sondern lediglich Latenzen verursachen. Alleine der 6-Band-EQ macht richtig viel Spaß und klingt bei aller Präzision niemals technisch, sondern musikalisch und angenehm. Bei den Kompressoren pumpt nichts, sondern es passiert genau das, was man von einem solchen Tool erwartet – ohne lästige Nebeneffekte und Soundfragmente. Dennoch hatten wir, sowohl am FOH als auch am Monitor, jeweils ein Pro Tools per MADI angebunden, sodass Kai und Klaus die Möglichkeit hatten, EQ- und Kompressor-Plugins als Insert zu nutzen. Letztendlich wurden am Monitor keine externen Pro-Tools-Effekte benutzt und am FOH hatte Klaus lediglich ein ganz spezielles Dynamic-Plugin am Start“, meinte Paha.
Nach dem Konzert in der Balver Höhle behielten satis[&]fy die mc²56- Pulte und adaptierten die Show und Konfiguration für ein Open Air in Zürich vor über 20.000 Zuschauern, unter Zuhilfenahme der 128 Spur Recordings aus der Höhle. Kai Reinhardt erklärte dazu: „Mit diesem schlüssigen System konnte bei diesen extremen zeitlichen Bedingungen eine Anpassung des Höhlensounds an einen Festivalsound mit kleinstmöglichem Aufwand realisiert werden. Zusätzliche Proben mit dem 40-Personen-Orchester waren nicht nötig und konnten auf einen kleinen Soundcheck vor Ort reduziert werden. Das ist wirtschaftlich ein enormer Vorteil, bedenkt man den finanziellen Aufwand für Proben in dieser Größenordnung! Du mischt die Show für jeden Einzelnen mit dem 1:1 Recording für das Festival vor, und das passt dann auch noch, das hat es so noch nicht gegeben, Abstriche waren immer vorhanden, diesmal mit dem Lawo System nicht, vielen Dank dafür!” (10/12)