Dass das sehr erfolgreich sein kann, hat sich in diesem Jahr bewiesen. Mitarbeiter des Unternehmens gewannen zuerst den Oscar für die Arbeiten an dem Martin Scorsese Film „Hugo Cabret“, und dann ging im Herbst auch noch der bedeutendste TV-Preis, der Emmy, für die Großserie „Games of Thrones“ an das Unternehmen.
Wie so eine Entwicklung möglich ist, von den ersten Anfängen 2001 in Pfungstadt bei Darmstadt, bis hin zur heutigen Ausdehnung mit 14 Standorten in sechs Ländern (USA, Kanada, Brasilien, England, Deutschland und China) und knapp 650 Mitarbeitern, Tendenz steigend, das erzählte der inzwischen für den europäischen Markt zuständige Mitbegründer des Unternehmens, Christian Vogt, in einer lockeren Gesprächsrunde mit Mitgliedern und Gästen des Filmhaus Frankfurt in der Mainmetropole.
Pixomondo habe kein Hauptquartier, jede Niederlassung arbeite vollständig selbstständig, betont er: „Jede dieser Einheiten muss etwa 60 Prozent seiner Umsätze am eigenen Standort generieren und 40 Prozent über die Dienstleistungen mit anderen Standorten.“
Diese Aufteilung sei ein Erfahrungswert, mit dem man sehr gut fahre. Wenn ein Standort ein Projekt akquiriere, etwa der in Los Angeles eine Blockbuster Produktion, dann habe man dort die Abwicklung des ganzen Projekts zu verantworten, aber greife natürlich auf die Kompetenzen der einzelnen Standorte zu. In Frankfurt etwa ist man auf die Charakteranimation spezialisiert, so dass etwa der Drachen in Games of Thrones vollständig am Main entstanden sei. In Berlin liegt sie Spezialisierung auf Zusammenbrüche etwa von Gebäuden. Dort entstand dementsprechend der Zugunfall im Bahnhof in Hugo Cabret.
Mit dieser Unternehmensstruktur ist man nicht nur flexibel und an allen Hotspots präsent, wie der Visual-Effects-Manager herausstellt. „Um an Aufträge heranzukommen, müssen wir direkt vor Ort Präsenz zeigen. Deshalb haben wir auch einen eigenen Standort in Burbank, da entstehen die US-Serien, obwohl der keine 80 km von Los Angeles weg ist.“ Dabei ist der Konkurrenzdruck in Kalifornien enorm. „Allein im Großraum Los Angeles. konkurrieren wir mit 147 Visual-Effects-Firmen“, so Vogt. Doch es gibt noch weitere Vorteile. So werden etwa enorme Reise- und Hotelkosten gespart, weil man nicht seine Artists, die man für einen Job braucht, an einen zentralen Standort einfliegen lassen muss, sondern einfach nur die Jobs an die jeweiligen Standorte verteilen muss. Ein anderer Vorteil ist die Möglichkeit entlang der Zeitzonen zu arbeiten. „Das kommt nicht allzu oft vor“, sagt Vogt, „aber wenn es dann mal nötig ist, hat man einen riesigen Vorteil!“ Die Zusammenarbeit mit Scorsese war so ein Fall, da dieser bis zwei Tage vor Kinostart noch geschnitten hat: „Wenn er Abends einen Job rein gegeben hat, dann konnte er häufig morgens, wenn er wieder an den Platz kam, schon Ergebnisse sehen.“
Mit der deutschen Filmwirtschaft und dem föderalen Fördersystem geht er freilich hart ins Gericht: „Die Länder müssen einsehen, dass es heute so nicht mehr geht. Im Schnitt braucht man für einen Film in Deutschland drei Förderer im Boot, die alle ihre Standorteffekte einfordern.“ Er müsse jetzt für ein Projekt einen Standort mit 15 Mitarbeitern in NRW eröffnen: „Ich habe mich lange gesträubt, und ich mache ihn hinterher auch gleich wieder zu.“ Es gäbe in Deutschland einfach nicht mehr genug Visual-Effects-Leute. Lediglich aus Osteuropa oder Spanien könne man sich noch versorgen. Da müsse man sie aber teuer einfliegen.
Allerdings arbeitet Pixomondo nicht ausschließlich für den großen Spielfilm. Seine Ursprünge hat das Unternehmen als Dienstleister für Industriefilme und heute ist das noch einer von insgesamt sechs Geschäftsfeldern, wie Werbung, Eventpräsentationen und Fernsehen, das ein ganz anderes Geschäft als Kino sei. Von daher habe der Erfolg mit den beiden großen internationalen Preisen in diesem Jahr durchaus auch seine Schattenseite: „Kleine Unternehmen fragen jetzt gar nicht erst mehr bei uns an, weil sie uns für zu teuer halten und andere Industriekunden fragen uns, ob wir jetzt nur noch großen Spielfilm machen.“ Dabei hat Pixomondo gar nicht vor, in diesen Geschäftsfeldern Abstriche zu machen, garantiert dieses breite Angebot doch eine relativ krisensichere Aufstellung. Frankfurt expandiert gerade kräftig, obwohl der Standort mit seinen über 60 Mitarbeitern zu den größten in der Gruppe gehört. „Wir sind dort bis Oktober 2013 komplett ausgebucht. Um uns hier Spielraum für kurzfristige Aufträge zu schaffen, müssen wir das einfach machen.“
Dieter Brockmeyer
(MB 02/13)