„Die gesamte Medienbranche befindet sich zunehmend im Umbruch“, konstatiert Thomas Birner, Director of Sales, Central Europe and Middle East, bei der britischen Firma Quantel. „Dabei zählen vor allem die Inhalte, Dienstleistungen sowie das richtige Geschäftsmodell. Das Internet und die web-basierten Dienste werden zunehmend ein Schlüsselthema im Broadcast-Markt. Quantel bietet dafür die geeigneten Tools und Module an.“
Mit QTube hat Quantel eine neue Technologie entwickelt, die nicht nur den klassischen Broadcast-Bereich bedient, sondern weit darüber hinausgeht. QTube ist eine Technologie, die es erlaubt, unabhängig vom Standort und der Bandbreite auf Inhalte zuzugreifen und diese zu bearbeiten. Da jedes einzelne Frame eine eigene Web-Adresse besitzt, können die Inhalte in einem globalen System über diese Webadresse identifiziert, herausgelesen und bearbeitet werden.
„QTube ist nicht nur für Sender interessant, sondern bietet sich auch für B-to-B-Plattformen zum Einsatz für die Content-Vermarktung oder für Telekommunikationsunternehmen an“, betont Birner. Es gibt dafür viele Applikationen, die sich mittels einer API bauen lassen. Eine Applikation kann beispielsweise eine Website sein, auf der bestimmte Inhalte aus einem Content-Pool angezeigt werden. QTube ermöglicht es, sich Einzelbilder aus einem Video in dem gewünschten Format wie Bitmap oder JPEG in der erforderlichen Auflösung herauszuziehen. „Das ist nur eine Sache der Addressierung“, erläutert Birner. „Der Vorteil dieser Applikation ist, dass in Echtzeit die gesamten Formate zur Verfügung gestellt werden, die aus diesem Video entstehen können. Die verschiedenen Formate werden nicht vorgehalten, sondern jeweils on the Fly generiert.“
Standortunabhängige Workflows
QTube eröffnet Medienunternehmen die Möglichkeit, ihre Workflows vollkommen standortunabhängig zu organisieren, was einen erheblichen Produktivitätsschub und große Flexibilität mit sich bringt. Bei Großevents in der Sportproduktion wie der Olympiade oder einer Weltmeisterschaft können die Sender durch den Einsatz dieser Technologie erhebliche Kosten sparen, da nur noch die Aufzeichnung vor Ort erfolgen muss. Die gesamte journalistische Arbeit und Postproduktion wird dagegen in der Zentrale des Senders vorgenommen, da über QTube der gleiche Zugriff auf das Material besteht wie vor Ort.
Wie QTube funktioniert ist rund 400 internationalen Broadcast-Organisationen auf der IBC 2011 demonstriert worden. Bei dieser Vorführung befanden sich Inhalte auf der Timeline, die sowohl von Quantel sQ-Servern in Amsterdam und London stammten als auch von NAS-Festplatten aus einem nahe gelegenen Archiv in Amsterdam sowie von virtuellen Cloud-Speichern. Die nicht von Quantel stammenden Laufwerke enthielten MXF AS02-Bundles mit Material in Broadcast-Qualität. Die Inhalte vom Londoner sQ-Server waren Live-Aufzeichnungen.
Die Timeline wurde mit Material von vier Standorten mit versetztem Bild- und Tonschnitt, Tonblenden und einem lokal aufgezeichneten Kommentar geschnitten. QTube führte dabei automatisch alle externen Komponenten zusammen. Der Beitrag wurde vom Amsterdamer sQ-Server aus gesendet und den Zuschauer in HD-Qualität gezeigt.
Der Einsatz von QTube im Broadcast-Bereich
Die Möglichkeiten, die sich durch QTube im Broadcast-Bereich eröffnen, sind erheblich. Ein Redakteur in der Nachrichtenzentrale kann eine Timeline mit Inhalten bearbeiten, die in einem Regionalbüro, -studio oder sogar in einem Ü-Wagen gespeichert sind. Ein Produzent in einem Regionalstudio kann diese Timeline für den lokalen Bedarf weiter bearbeiten, ohne die komplette Arbeit noch einmal zu wiederholen. Das Sichten, die Auswahl der Einstellungen und sogar die Endbearbeitung von Live-Aufzeichnungen im Ü-Wagen sind in der Zentrale, in einem Regionalsender oder in einem Hotelzimmer möglich.
So kann beispielsweise ein Korrespondent in Übersee einen aktuellen Bericht mit der lokalen EB fertigstellen, mit dem Archivmaterial eines Regionalsenders und einer in der Zentrale erzeugten animierten Grafik ergänzen und die komplette Timeline zur Sendung bereitstellen.
Als erste Broadcast-Unternehmen haben die großen Senderketten Rogers Media in Kanada und ESPN in den USA dieses System gekauft, um ihre verschiedenen Locations effektiv miteinander zu vernetzen. Der kanadische Medienkonzern Rogers Media setzt die globale Workflow-Lösung von Quantel für die landesweiten Stationen seines Fernsehsenders Sportnet, den Spartenkanal OMNI sowie die Lokalsender von City TV ein. Über QTube können die Redakteure überall auf sämtliche Medieninhalte zugreifen und sie standortunabhängig sichten und bearbeiten. „Dieses System verleiht uns eine Schnelligkeit in der Nachrichten- und Sportberichterstattung, die für uns bisher weder möglich noch vorstellbar gewesen ist“, betont Frank Bruno, technischer Direktor bei Rogers Media. „QTube ermöglicht es uns, unsere sQ-Systeme effizient über bestehende Internetverbindungen weltweit miteinander zu vernetzen.“
QTubes intuitiv zu bedienende Oberfläche und Skalierbarkeit bedient genau die wachsenden Produktionsanforderungen des kanadischen Medienkonzerns. „Diese ausgefeilte Anwendung, die eine innovative Kombination aus COTS-Hardware (Commercial Off The Shelf) mit Quantels Know-how für spezielle Lösungen verbindet, hilft uns dabei, unsere Produktionsabläufe entscheidend zu verbessern“, sagt Bruno. „Es gibt auf dem Markt keine vergleichbare Anwendung wie QTube, die mit innovativen Techniken und Technologien die Möglichkeit bietet, die Stärken des Internets für die Medienakquise und -bearbeitung effektiv auszuschöpfen.“
Dieser Überzeugung sind inzwischen zahlreiche Sendervertreter auf der ganzen Welt. Quantels globale Medienworkflow-Lösung hat bereits von Australien über Bukarest und Botswana bis nach Paris und Los Angeles Abnehmer gefunden. Der führende australische Rundfunksender Seven Network hat gleich zwei QTube-Systeme von Quantel gekauft. Ein System wird in den regionalen Nachrichtenstudios an der Goldküste im Bundestaat Queensland eingesetzt, das zweite System sorgt im gesamten Netzwerk von Seven Network für standortunabhängige Workflows. „Wir arbeiten schon seit vielen Jahren mit den Systemen von Quantel und waren schon immer von der Schnelligkeit und Anwenderfreundlichkeit des Enterprise sQ-Systems begeistert“, erklärt Troy Smith, technischer Leiter von Seven Brisbane. „Die Systeme von Quantel sind in ihrer technologischen Entwicklung immer einen Schritt voraus und wir freuen uns sehr, dass wir die QTube-Technologie in unseren Studios in Brisbane und an der Goldküste einsetzen können, da die Zusammenarbeit zwischen unseren zentralen Nachrichtenredaktionen dadurch sehr viel effizienter wird.“
Schnelligkeit durch virtuelles File-System
Die globale Medienworkfkow-Lösung QTube ermöglicht es, auf alle Formate auf dem Server zuzugreifen. Tatsächlich dort vorgehalten werden nur die Meta-Daten, mit denen ein bestimmter Clip jeweils auf Abruf im angeforderten Format generiert wird. „Virtuelles File-System bedeutet, dass das gesamte Material virtuell in allen Formaten vorliegt ohne Speicherplatz zu beanspruchen“, erläutert Birner. „Dadurch ist dieses System extrem schnell und kosteneffektiv.“
Dank der neuen Disconnect-Option kann der QTube Editor jetzt in gleicher Form genutzt werden, wenn keine aktive Internetverbindung zum Produktionssystem besteht. Mit dem Remote Client können auf dem Laptop jederzeit essentielle Vorarbeiten wie die Auswahl der Einstellungen vorgenommen werden. „Das hat den Vorteil“, betont Birner, „dass der Editor nun auch in Regionen genutzt werden kann, in denen nur temporär oder gar keine Internetverbindung vorhanden ist.“
Davon profitiert auch der staatliche afrikanische Fernsehsender Botswana TV (BTV), der die globale Workflow-Lösung QTube erworben hat, um die regionalen Studios des Senders mit Quantels Produktionssystem im Sendezentrum in der Hauptstadt Gaborone zu vernetzen. Die Korrespondenten des Senders können den QTube Editor als Stand Alone-Anwendung nutzen und in entlegenen Regionen ihr Material damit schneiden. Sobald eine Internetverbindung besteht, haben sie damit den gesamten Onlinezugriff. „QTube eröffnet uns neue Möglichkeiten in der Nachrichtenproduktion und den Zuschauern ein besseres Seherlebnis“, bestätigt Lesole Obonye, Leiter der Abteilung für Sendetechnik bei Botswana TV. Zudem gewährt QTube einen schnellen Zugriff auf User Generated Content. Videos, die mit einem iPhone oder iPAD gedreht worden sind, können mit einem einzigen Knopfdruck über QTube hochgeladen werden, so dass sie innerhalb von Sekunden im Netz stehen. Quantel hat dafür eine eigene App entwickelt. QTubes offene Schnittstelle ermöglicht es den Nutzern zudem, ihre eigenen Apps zu entwickeln, um sämtliche Medienquellen und Endgeräte bedienen zu können. Auf diese zukunftsweisende Lösung setzt auch das rumänische TV-, Internet-, und Telekommunikationsunternehmen RCS & RDS in Bukarest bei der Nachrichtenproduktion. Dank QTube können die Mitarbeiter in den Regionalstudios direkt auf die Programminhalte aus dem Sendezentrum zugreifen und diese bearbeiten. Die Auswahl der Bildsequenzen erfolgt online über die Browser-Oberfläche. Da QTube ebenso den Austausch über Quicktime- und MXF-Dateien mit Final Cut Pro X und dem Avid Media Composer unterstützt, können sogar Anwender von den QTube-Vorzügen profitieren, welche die Schnitt- und Effekte-Software anderer Hersteller nutzen. „QTube eröffnet uns die Möglichkeit, unsere Arbeitsabläufe sehr produktiv und kreativ zu gestalten“, berichtet Alexandru Oprea, CEO von RCS & RDS, „was bedeutet, dass wir unseren Zuschauern noch informativere und aktuellere Beiträge bieten können.“
Selbst Videoeffekte sind mit QTube möglich
Neuerdings können über QTube auch Videoeffekte wie zum Beispiel Überblendungen vorgenommen werden. „Damit besteht die Möglichkeit, framegenau Material in gleicher Weise wie auf den lokalen Clients zu schneiden und zu bearbeiten“, erläutert Birner. „Da dies der Stufe sQ Edit von der sQ Enterprise-Produktlinie entspricht, ist es kein Unterschied mehr, ob die Bearbeitung im Schneideraum oder über das Netz erfolgt.“ Der Beitrag kann mit Material gemischt werden, das sich lokal auf dem Rechner befindet oder in der Zentrale liegt. Da online Zugriff auf das Material besteht, kommt es beim Schnitt zu keinerlei Verzögerung. Das Rendering des Materials erfolgt kosteneffektiv in der Zentrale.
Als Streaming-Technologie nutzt QTube MPEG-4, dessen Auflösung von wenigen 100 kb bis zu mehreren MBs reicht. „Wir können bereits mit 300 kb framegenau schneiden“, berichtet Birner. Dabei kommt zum Tragen, dass QTube aus Synergien von Technologien besteht, die von Quantel entwickelt worden sind sowie aus kommerziellen Standardprodukten (COTS), die auf dem internationalen IT-Markt angeboten werden. „Wir verbinden das Beste aus beiden Welten zu einer genialen Lösung.“ Die Vorteile des globalen Workflows schöpft auch Woods TV aus, das zu der in Paris und Los Angeles ansässigen Woods Media Gruppe gehört, die weltweit TV-Programme produziert. QTube wird dort bei der weltweiten Akquisition von Programminhalten, der Umwandlung der Produktionsformate für verschiedene Auswertungsarten und Sendeformate sowie für die standortunabhängige Produktion von Nachrichten- und Sportprogrammen eingesetzt. „Ein globaler Workflow, der eine optimale Programmierung und Produktion sowie eine kosteneffektive Akquise von Inhalten bietet, kann nur durch den effizienten Einsatz von Personal und der besten auf dem Markt verfügbaren technischen Infrastruktur erfüllt werden“, erklärt Tom Woods, Mitbegründer und CEO von Woods TV.
„Langfristig geht der Trend in der TV-Produktion dahin, die gesamte Technik outzusourcen“, erläutert Birner. „Mit einer Technologie wie QTube wird das noch einfacher möglich.“ Dafür erforderlich ist ein Datencenter, das auch eine Cloud sein kann, sowie die entsprechenden Applikationen. „Ein Broadcaster muss nicht mehr selbst die komplette Technik vorhalten, sondern kann sich je nach Auftragsvolumen die entsprechenden Ressourcen über dieses zentrale Datencenter anmieten.“ Entsprechende Geschäftsmodelle existieren bei Dienstleistern, die für Broadcaster arbeiten.
Software löst Hardware ab
„Cloud-Computing ist ein Trend, zu dem QTube perfekt passt“ Auch bei Quantel ist abzusehen, dass mittel- oder langfristig die Hardware-Produkte durch rein softwarebasierte Systemlösungen ersetzt werden, die auf IT-Standard-Produkten laufen.
Eine weitere Anwendungsmöglichkeit sei, beim Radio mit einem QTube Client auf Inhalte zuzugreifen, die im Fernsehen produziert werden. „QTube ermöglicht es, nur das Audio-File aus dieser Essenz herauszuziehen.“
Darüber hinaus lassen sich über den QTube Client mehrere Sprachversionen von Beiträgen oder Filmen erstellen. Das entsprechende Videomaterial kann online von den Übersetzern gesichtet werden, die ihre Übersetzungen in Form von Audio-Files zur Zentrale schicken. Selbst die Postproduktion könne langfristig durch den Einsatz von QTube dezentralisiert werden. Mit dem Effekt-Editing sei der erste Schritt in diese Richtung erfolgt. Schon heute sei denkbar, mit dem Craft Editor über den QTube Client Inhalte zu bearbeiten, die sich an einem anderen Standort befinden. „Grundsätzlich ist QTube für jedes Unternehmen interessant, das den Zugriff auf Inhalte flexibel gestalten möchte“, resümiert Birner. „Die Anforderungen vom Markt bestimmt die weitere Roadmap von QTube. Wir hören genau zu, was die Kunden benötigen und entwickeln daraus unsere Produkte.“
Revolution Q
Mit Revolution Q hat Quantel eine Lösung für den Broadcast-Bereich entwickelt, welche die Workflows ähnlich nachhaltig verändern wird wie QTube. Revolution Q gibt dem Anwender im Broadcast-Bereich uneingeschränkten Zugriff auf Materialien, die künftig nur noch online vorgehalten werden. Das klassische Archiv wird damit obsolet. Revolution Q ist von seiner Funktionsweise her mit den Suchmaschinen im heutigen Internet vergleichbar, die dem Nutzer sofortigen Zugriff auf den von ihm angeforderten Content geben. Nach einem ähnlichen Prinzip funktioniert auch Revolution Q, denn es gewährt dem Editor uneingeschränkten, bildgenauen Zugriff auf Material, das sich auf verschiedenen Speichern an ganz unterschiedlichen Standorten befinden kann, als ob sich dieses lokal auf seiner Festplatte befindet. Als erster Sender setzt ein großer Broadcaster in den USA dieses System ein, das auf der Grundidee aufbaut, dass in Zukunft das komplette Material online gehalten wird. Aufgrund der sinkenden Speicherkosten pro Terabyte wird es künftig nicht mehr rentabel sein, ein Archivsystem zu unterhalten. Die Materialien werden stattdessen online auf Standard-IT-Hardware vorgehalten und über ein Interface in den klassischen Broadcast-Workflow integriert. Die Technologie dafür hat Quantel bereits entwickelt. Dank der framebasierten Speicherung in den Enterprise sQ-Systemen von Quantel ist jederzeit nachvollziehbar, aus welcher Quelle das Bildmaterial stammt und für welchen Schnitt es verwendet worden ist. „Wir haben von jedem einzelnen Bild die gesamten Gene verfügbar“, erläutert Thomas Birner die Quantel-Technologie. „Dafür wird in Zukunft nur noch unsere Software sowie Standard-IT-Technik eingesetzt, die auch eine Cloud sein kann.“
Birgit Heidsiek
(MB 12/12_01/13)