Die 2006 in Oregon gegründete Firma Elemental Technologies hat sich in den letzten Jahren einen guten Namen als Anbieter von Multiscreen-Lösungen gemacht. Elemental tritt damit insbesondere in Konkurrenz zu Unternehmen wie Harmonic und Telestream. Der NDR hat als erster großer deutscher TV-Sender Streamingsysteme von Elemental angeschafft, um damit die Enkodierung seiner Live-Programme zu verbessern. Er kann damit Video-Streams seiner Rundfunkprogramme, von Nachrichten und Special Events generieren, um diese dann über das NDR-Web-Portal oder mobile Apps zu verbreiten. Systemlieferung und Installationsunterstützung erfolgte über die Logic Media Solutions GmbH, die seit der NAB 2012 als deutscher Vertriebspartner mit Elemental zusammen arbeitet. Ausschlaggebend für die Wahl der Elemental-Systeme waren laut Markus Kannewischer, New Media Experte bei Logic Media, das leistungsstarke Videoprocessing, die besondere Enkodier-Dichte und der hochqualitative Video-Output. „Durch selbst entwickelte Codecs und die Leistungsverteilung auf CPU und GPU ist Elemental in der Lage, Prozesse schneller zu bewältigen als das bei bisherigen Verfahren möglich war“, erklärt er. Das Rendering der einzelnen Streams in diverse Formate und Codecs wird bei den Elemental-Systemen komplett von der GPU (Grafikprozessor) übernommen und nur ihre Packetierung (HLS, HDS, HEVC, Microsoft Smooth Streaming, MPEG Dash, etc.) für die jeweiligen Endgeräte (Smartphone, Tablet, PC, TV) erfolgt dann über die CPU (Hauptprozessor). „Dadurch ist man sehr flexibel und erreicht eine sehr hohe Performance“, meint Kannewischer.
Durch den Einsatz von Standard-Hardware in Kombination mit GPU-Karten (derzeit Tesla Boards) für das schnelle Videoprocessing seien die Elemental-Systeme sehr zukunftssicher aufgestellt. Elemental habe von Anfang an auf die bislang vor allem im Gaming-Markt verwandten, sehr leistungsstarken GPU-Karten gesetzt. Um die Performance der genutzten Hardware auch voll ausnutzen zu können habe das Unternehmen alle Codecs selbst entwickeln müssen. Großer Vorteil sei, dass man dadurch nicht mehr von den Codec-Herstellern abhängig sei. „Das hat natürlich auch Auswirkungen auf die Kosten. Elemental hat keine Lizenzkosten wie andere Hersteller zu tragen“, sagt Kannewischer. Lediglich bei Audio-Codecs wie Dolby E, Dolby Digital oder DTS müsse man Lizenzen einkaufen. Logic Media verzeichne bislang „eine überwältigende Resonanz“ auf die Elemental-Lösungen. „Die GPU-basierte Bearbeitung von IP-Encodings beziehungsweise -Transcodings übertrifft jede Erwartung“, betont er. „Elemental schafft es, in einer Höheneinheit bis zu acht SDI-Eingänge in Multiple Streams in unterschiedlichen Bandbreiten (bis 1080i), in unterschiedlichen Containern und unterschiedlichen Verschlüsselungen zu generieren.“ Weiterhin sei Elemental die einzige Firma im Streaming-Markt, die auf allen bereits ausgelieferten Geräten mit einem Update auch HEVC/H.265 encodieren könne. Die Systeme würden auch durch geringen Stromverbrauch (ein System mit einer HE verbraucht maximal nur 780 Watt) und sehr hohe Packungsdichte überzeugen. Manche Mitbewerber würden bei Projekten, wie beim NDR, zwei ganze Racks mit ihren Systemen belegen. „Elemental reichen da sechs Höheneinheiten (HE) in einem Rack für die komplette Lösung. Das System bietet auch die Möglichkeit, ein Rechenzentrum effektiver zu gestalten. Es läuft auf Linux, ist für den 24/7-Betrieb ausgelegt und lässt sich auch problemlos an eine Sendeabwicklung anbinden“, erklärt Kannewischer. Niedrige Kosten und hohe Effizienz seien im Web-TV- und Video-Streaming-Bereich sehr wichtig, weil selbst die großen TV-Sender damit bislang noch kein Geld verdienen würden. „Deshalb ist da auch nicht wirklich Investitionskapital vorhanden und man muss versuchen, eine möglichst smarte Integration mit hoher Encoding-Performance ohne große Folgekosten hin zu bekommen“, sagt Kannewischer.
In die NDR-Ausschreibung sei Elemental erst recht spät eingestiegen, habe sich dann aber, nicht zuletzt auch wegen der Wirtschaftlichkeit der Elemental-Systeme, gegen Mitbewerber durchsetzen können. Der NDR hat jetzt sechs Elemental Live Systeme in der Größe von einem HE im Einsatz. Jedes verfügt über vier HD-SDI-Eingänge. Von jedem Signal werden elf bis 15 Formate in den Elemental-Maschinen encodiert und dann in ein DMZ-Netz mit Main- und Backup-Bereich übertragen. Via Firewall werden sie von dort über zwei physikalisch getrennte Leitungen zum Content Delivery Network (CDN) von Akamai geschickt. Dort gibt es einen Main Entry- und einen Backup Entry-Punkt. Die Signale werden zu jedem Kanal separat zugeführt. „Die Elemental-Systemarchitektur erlaubt dem NDR, seine Live-Streaming-Aktivitäten auszubauen und gleichzeitig Kosten zu sparen. Durch die Installation der neuen internen Transkodier- und Übertragungsprozesse braucht der NDR künftig kaum mehr entsprechenden Services externer Dienstleister einzukaufen“, meint Kannewischer. Das sei ein allgemeiner Trend. Mit dem Erzeugen von Unterformaten hätten CDNs und Streaming-Dienstleister bislang gute Umsätze machen können. Mittlerweile hätten jedoch die TV-Sender erkannt, dass sie viel Geld sparen können, wenn sie es selber machen. Auch der NDR bereite sich darauf vor, diesen Weg zu gehen. Kannewischer: „In der Vergangenheit war die In-house-Encodierung nicht sinnvoll. Der Aufwand war extrem hoch und die Netzwerkbandbreiten sehr teuer. Heute ist das jedoch nicht mehr der Fall.“ Für die Installation beim NDR hat Logic fünf Tage gebraucht. Unterstützung erhielt man dabei von Elementals Europa-Niederlassung in London. Eine Hauptanforderung an das System war laut Kannewischer die Betriebssicherheit. Deshalb habe man Redundanzen sowohl bei den einzelnen Kanälen als auch bei der Signalzuführung zum CDN eingebaut.
„Der NDR übernimmt eine Pionierrolle im Bereich Videoprocessing, Streaming und Programmverbreitung indem er die Enkodierung im eigenen Haus ansiedelt und so die Verbreitungskosten reduziert“, sagt John Nemeth, Vizepräsident Vertrieb bei Elemental. „Wir sind glücklich darüber, dass wir zusammen mit unserem Partner Logic Media dem NDR eine Lösung anbieten konnten, die Kosten und Energieaufwand reduziert, die Video-Qualität verbessert und mit einem starken lokalen Support verbunden ist.“ Und Elemental-Geschäftsführer Sam Blackman betonte im Gespräch mit MEDIEN BULLETIN auf der ANGACOM 2013: „Unsere Industrie ist sehr dynamisch und verändert sich in diesen Tagen mehr denn je. Unser Ziel ist es, den Konsumenten zu ermöglichen, Inhalte auf jedem Endgerät zu generieren und zu nutzen, wo immer sie sind. Wir wollen unseren Kunden, in der Regel sind das TV-Sender, ermöglichen, ihre Inhalte in vielfältiger Weise wieder zu verwenden und über jede Plattform auf jedes Endgerät möglichst reibungslos und ohne viel zusätzliche Arbeit zu verschicken.“ Software basierte Workflows würden dabei immer wichtiger. „Sie versetzen uns in die Lage, sehr schnell neue Geräte zu unterstützen. Bei hardwarebasierten Systemen war das so in der Vergangenheit nicht möglich”, erklärte er. Der softwarebasierte Ansatz von Elemental sei sehr hilfreich, weil man so immer gleich reagieren und neue Geräte unterstützen könne, wenn sich neue adaptive Bitraten-Standards entwickeln würden. Alle Elemental-Kunden würden davon profitieren.
Eckhard Eckstein
(MB 09/13)