Deutlich flexibler

Grass Valley präsentierte auf der NAB 2011 neue Kameratechnik wie das 3G-Kamera-Übertragungssystem, welches 3 Gb/s-Signale sowohl über Triax- als auch über Glasfaserkabel übertragen kann, das LDK Connect Gateway mit erweiterter Funktionalität und den RefleX SuperXpander. MEDIEN BULLETIN sprach darüber mit Klaus Weber, Direktor Produktmanagement Kameras bei Grass Valley.

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Deutlich flexibler

Was sind Grass Valleys Top-Innovationen auf der NAB 2011?

Klaus Weber: Dazu zählen sicherlich unsere 3G-Transmission-Systeme. 3G steht hier für dritte Generation. Außerdem zeigen wir das LDK Connect Gateway, welches wir bereits als Weltneuheit auf der IBC in Amsterdam vorgestellt haben. Hier wird das System nun mit neuen Funktionalitäten präsentiert. Dazu gehört die Mischer-Integration. Das heißt ein Tally-Austausch zwischen Mischer und Kamera findet nicht mehr über Breakout-Box und Verkabelung via GPI-Ein- und Ausgängen (General Purpose Interface) statt, sondern über eine Ethernet-Verbindung. Vom Mischerpanel aus können darüber hinaus auch die Basisparameter der Kamera gesteuert oder der Szenenspeicher aufgerufen werden. Diese Funktion ist jetzt standardmäßig in unseren Mischern enthalten.

Zudem arbeiten wir gemeinsam mit Partnerunternehmen an weiteren Integrationsmöglichkeiten bei unseren Servern und Routern. Da gibt es einige Verbindungen, die Sinn machen, zum Beispiel die Steuerung eines Routers von einer Kamera aus. Es wird möglich sein, den Router an den externen Eingang der Kamera anzuschließen und mit ihr dann alle Eingänge, die man am Router zur Verfügung hat, anzusteuern. Das bedeutet, der Kameramann hat dann nicht mehr nur die Wahl zwischen Extern 1 oder Extern 2, sondern kann bei einer 512x Eingangskreuzschiene dann bis zu 512 Signale an seinen virtuellen Ausgang holen.

Unseren Partnerunternehmen bieten wir ein Software Developement-Kit an. Damit können sie ihre Systeme so programmieren, dass sie mit unseren Kameras kommunizieren können. Im Bereich der System- und Schwenk-Neige-Kopf-Steuerung arbeiten wir zum Beispiel mit externen Partnern aktiv an Lösungen. Zur IBC 2011 erwarte ich schon erste praktische Ergebnisse. Das ist für uns ein Highlight, wo wir bereits jetzt schon sehen, dass unsere Kunden sehr positiv darauf reagieren werden. Viele von ihnen warten schon lange auf solche Lösungen.

Das Thema 3D steht diesmal nicht so stark im Vordergrund.
Hier am NAB-Stand von Grass Valley ist unter anderem wieder das 3D-Rig von 3ality zu sehen…

Wir zeigen hier das 3ality-Rig wie letztes Mal auch – allerdings in der neuesten Version, das heißt mit einer erweiterten Steuersoftware.
Jetzt hat man zum ersten Mal die Möglichkeit, damit vollautomatisch 3D zu produzieren, ohne Stereografer. Die sehr aufwändige Steuersoftware stellt automatisch den Abstand zwischen den Kameras und die Paralaxen je nach Zoom- und Fokusposition ein. Im System muss man vorher lediglich das Tiefbudget vorgeben und wo man wie den Schärfenpunkt in Bezug auf die Szene haben will. Daraufhin justiert das System vollautomatisch in Abhängigkeit der verschiedenen Objektiveinstellungen das 3D-Set. Wenn das System richtig eingestellt ist, kann man damit sehr zuverlässige Ergebnisse erzielen.

Gibt es bei den Grass Valley Kameras Änderungen mit Blick auf 3D?

Bei den Kameras hat sich nichts geändert. Wir haben weiterhin unsere speziellen Features für 3D wie den parallelen Betrieb von zwei Kameras mit einem OCP (Operational Control Panel). Einige Kunden von uns nutzen das auch regelmäßig und machen 3D-Produltionen damit. Aber das sind meist auch
mehr Testproduktionen.

Was verbirgt sich hinter dem eingangs erwähnten 3G-Transmission-System?

Bei HD-Übertragungssystemen war es bisher so, dass man bei der Wahl zwischen Triax und Glasfaser auch festlegen musste, welche Formate unterstützt werden sollen und wie viele Return- und Audio-Kanäle benötigt werden. Hier gibt es immer Unterschiede bei Triax und Glasfaser. Durch die begrenzte Bandbreite von Triax unterliegt man gegenüber Glasfaser gewissen Einschränkungen.

Bei unserem 3G-Übertragungssystem ist das jetzt anders. Man erhält jetzt sowohl über Glasfaser als auch über Triax exakt dieselben Funktionalitäten. Es werden auch dieselben Videoformate unterstützt. Die Übertragungsart findet bei Triax dabei nicht mehr analog sondern digital statt. Hier wird eine Bitratenreduk- tion verwendet, um alle Signale auch über das Triax-Kabel zu erhalten. Grass Valley realisiert das über die sogenannte „visible lossless bitrate reduction“. Was man hierbei am Signal-Ausgang erhält ist praktisch identisch mit dem Ergebnis beim unkomprimierten Glasfasersignal.

Was bedeutet das für die Signal-Reichweite?

Die Reichweiten konnten gegenüber dem bisherigen Verfahren um mindestens 25 Prozent erweitert werden. Beim analogen System war es so, dass der Signalrauscherstand bei wachsender Kabellänge immer schlechter wurde. Ab einer bestimmten Grenze war das Signal dann so schlecht, dass man sagte:
„hier ist die Kabelgrenze erreicht“. Noch vertretbare Broadcast-Qualität war mit Triax-Kabel bis rund 1.200 Meter Entfernung realisierbar. Beim digitalen Übertragungssystem können alle Signale jetzt bis 1.500 Meter bei voller Qualität übertragen werden – sogar die Teleprompter-Signale, die beim analogen Übertragungsverfahren schon nach einem Drittel der Maximallänge ausgefallen sind. Bei der digitalen Übertragung gibt es nur eine Qualität.

Entweder das Signal funktioniert oder eben nicht. 1.500 Meter ist auch keine absolute sondern eine eigens von uns gesetzte Grenze, um unter allen Bedingungen die Qualität garantieren zu können. Im Labor testen wir sogar Längen um die 2.000 Meter, allerdings muss hier die Fehlerkorrektur dann schon sehr stark arbeiten und man kann den Absturz eines Systems nicht mehr sicher vorhersehen. 1.500 Meter Strecke sind heute jedenfalls kein Problem mehr.

Gibt es weitere Vorteile?

Die 3G-Transmission erlaubt die Nutzung von vier digitalen Audiokanälen zurück zur Basisstation. Diese sind dort verfügbar als zwei AES/EBU-Pärchen und wahlweise zusätzlich embedded im digitalen Videosignal. Zwei unabhängige Video-Rückkanäle, zum Beispiel für Operator- und Bühnen-Monitoring, können gleichzeitig zur Kamera geschickt werden. 3G-Transmission bietet zudem kristallklares Talkback und einen großen Datenkanal für Kamerakontrolle, Kommunikation mit Robotics, Grafik-Overlay-Bearbeitung in Echtzeit oder ferngesteuerte Einstellung von stereoskopischen Rigs.

Sie zeigen hier auf der Messe auch den neuen RefleX SuperXpander von Grass Valley. Was ist dessen Spezialität?

Die Flexibilität unserer Systeme erlaubt, dass man bei den ganz großen Kabellängen auch Glasfaser einsetzen kann. Um das zu unterstützen haben wir den neuen RefleX SuperXpander entwickelt. Bisher war das so, wenn man ein Glasfasersystem einsetzte, dann brauchte man ein Glasfasermodul und bei Triax-Kabel eben ein Triaxmodul. Dann musste man einmal von der Basisstation in den SuperXpander rein und über ein Kabelstück in die Kamera hinein, so dass man immer ein gematchtes Paar hatte. Wenn aber ein Kunde Glasfaser- und Triax-Kabel im Wechsel einsetzen wollte, benötigte er zwei Module für zusammen rund 7.000 Euro. Es kostet also richtig viel Geld zwei Module bevorraten zu müssen.

Zudem muss der Anwender immer genau darauf achten, auch das richtige
Modul zu wählen. Jetzt ist die Signalversorgung umgekehrt worden. Die
Basisstation bleibt immer am Übertragungsadapter der Kamera – Triax auf Triax und Glas auf Glas – und alle Signale werden jetzt direkt zwischen RefleX SuperXpander und Kamera ausgetauscht. Dafür haben wir einen speziellen Kontakt-Schlitten im SuperXpander entwickelt, in den man die Kamera ganz einfach einschieben kann. So benötigt man nur noch einen RefleX SuperXpander für beide Kameratypen. Der Kunde muss nicht mehr darauf achten, das richtige Modul zu benutzen und spart viel Geld. Zudem ist der RefleX SuperXpander durch zusätzliche Veränderungen auch noch um sechs Kilogramm leichter geworden.

Ist der neue RefleX SuperXpander bereits verfügbar?

Ja. Erste Betatests damit laufen bereits seit Ende letzten Jahres.
Eckhard Eckstein
(MB 06/11)

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