Auf der NAB Show 2025 sprach Sri Hari Thirunavukkarasu, Senior Vice President Sales und Business Head EMEA bei Amagi, über die tiefgreifenden Veränderungen in der Medienlandschaft – und wie sich sein Unternehmen darauf vorbereitet. „Die Umsätze sinken von Jahr zu Jahr – sowohl bei den Abonnements als auch bei der Werbung“, sagte er im Gespräch. Für Broadcaster sei das ein massiver Einschnitt, der organisatorische wie technologische Veränderungen notwendig mache.
Broadcast und Streaming wachsen zusammen
Viele Medienhäuser, so Thirunavukkarasu, reagieren mit einer Konsolidierung ihrer internen Strukturen. Die vormals getrennten Broadcast- und Streaming-Teams würden zunehmend zusammengeführt – mit dem Ziel, Synergien zu schaffen und effizienter zu wirtschaften. „Die Teams für lineares Fernsehen und Streaming werden zusammengeführt, weil man erkannt hat, dass sich alles in Richtung Streaming entwickelt“, erklärte er.
Dieser strukturelle Wandel verändere auch das Selbstverständnis der Anbieter: vom klassischen Broadcaster zum digitalen Content-Distributor – mit neuen Anforderungen an Planung, Monetarisierung und technologische Flexibilität.
Amagi wächst mit dem Markt
Amagi zählt zu den Technologiefirmen, die diesen Wandel aktiv mitgestalten. Bereits 2013 führte das Unternehmen den weltweit ersten vollständigen Cloud-Playout ein. Heute betreut Amagi unter anderem NBC, Sinclair, BBC, A+E Networks EMEA und DAZN – mit Technologie- und Serviceleistungen rund um Playout, Live-Produktion und Werbetechnologie.
„Wir haben damit begonnen, Cloud-basierte Technologiedienstleistungen ab etwa 2011 zu verkaufen“, erinnert sich Thirunavukkarasu. Seither habe sich das Portfolio deutlich erweitert. Mit der Übernahme von Tellyo bietet Amagi nun auch Live-Editing, Clipping und Publishing direkt aus der Cloud an. Damit adressiert das Unternehmen nicht nur klassische Broadcast-Kanäle, sondern auch Social Media und Streaming-Plattformen.
FAST als strategischer Wachstumstreiber
Ein zentraler Bereich ist das rasant wachsende Segment Free Ad-Supported Streaming TV (FAST). Hier sieht sich Amagi als Marktführer: „Nach unseren Daten fließen etwa 55 Prozent des globalen FAST-Traffics über Amagi-Systeme“, sagte Thirunavukkarasu. Möglich macht das ein umfassendes Ökosystem aus Software, Content-Marktplatz und Ad-Tech.
Mit dieser Kombination ermögliche man Rechteinhabern nicht nur die technische Bereitstellung von FAST-Kanälen, sondern auch deren Monetarisierung – inklusive programmatischer Werbung, Ad Insertion und Distribution. Amagi positioniert sich dabei als End-to-End-Anbieter mit Fokus auf Skalierbarkeit.
Neue Tools: Smart Scheduler und MCR in den USA
Zur NAB 2025 stellte Amagi mehrere Neuerungen vor. Darunter den „Smart Scheduler“, ein KI-gestütztes Planungstool, das FAST-Kanäle automatisiert bespielt – basierend auf Metadaten, Nutzungsverhalten und saisonalen Ereignissen. „Das LLM übernimmt im Grunde die gleiche Logik wie ein Mensch – und kann automatisch ein vollständiges 24/7-Programm planen“, so Thirunavukkarasu. Der Smart Scheduler sei bereits auf über 50 Kanälen im Einsatz.
Zudem gab Amagi die Eröffnung eines neuen Master Control Rooms (MCR) im US-Bundesstaat New Jersey bekannt. Damit will man nordamerikanische Kunden noch enger betreuen. „Die Anforderungen unserer Kunden an die Service-Ebenen oberhalb unserer Technologie sind in den letzten Jahren deutlich gestiegen“, sagte er.
Neue Erlösmodelle dringend gesucht
Angesichts sinkender Erlöse im klassischen TV gewinnen alternative Verwertungsmodelle wie FAST immer mehr an Bedeutung. Das Modell diene zunehmend als „drittes, viertes oder fünftes Verwertungsfenster für Inhalte“, so Thirunavukkarasu. Die Messbarkeit von Performance in digitalen Kanälen ermögliche eine präzisere Aussteuerung und gezieltere Monetarisierung von Inhalten.
Gleichzeitig sei der Umbruch für viele Sender mit Unsicherheit verbunden. „Das macht mir Angst“, sagte Thirunavukkarasu offen. „Es geht um Jobs, um Menschen, um Umsatzverantwortung, um die Erwartungen von Investoren – das ist beängstigend.“
Für Anbieter wie Amagi bedeutet das aber auch Verantwortung. „Genau das ist der Druck, den wir als Technologieanbieter positiv spüren: Wir müssen Mehrwert schaffen“, so Thirunavukkarasu. „Wir fragen uns ständig: Wie können wir unseren Kunden helfen, mehr Kontrolle über ihre Erlöse zu bekommen, neue Produkte schneller auf den Markt zu bringen, flexibler zu agieren?“