Im Hangar-7 waren rund 650 Gäste anwesend, die sich frei in der Szenerie bewegen konnten und Teil der Aufführung wurden. Damit die Anwesenden dem Geschehen folgen konnten, waren kompakte MP3-Player mit Radiofunktion ausgegeben worden; die Audiosignale wurden drahtlos in UKW-Qualität verteilt. Die direkt nebenan auf dem Airport landenden Flugzeuge wurden als Elemente des Events verstanden; das Bild mehrerer Außenkameras brachte den TV-Zuschauern das besondere Szenario nahe. „Die Entführung aus dem Serail“ wurde in Salzburg gegen Ende der zweieinhalbstündigen Aufführung passend zum Setting mit einem Helikopter inszeniert. ServusTV strahlte die von 16 Kameras, zwei Steadicams und einer Seilkamera begleitete Veranstaltung terrestrisch sowie über Satellit aus. Ergänzend wurde das Geschehen live ins Internet gestreamt. Darüber hinaus gab es Public Screenings in Salzburg, Linz und Wien. Und via Unitel Classica konnte das modern inszenierte Mozartwerk in 19 Ländern mitverfolgt werden.
Für den guten Ton zeichnete TVN MOBILE PRODUCTION als Kooperationspartner der Euro TV Production verantwortlich. „Unser aus österreichischen und deutschen Kollegen zusammengesetztes Team kann strukturiert auf alle Herausforderungen dieser außergewöhnlichen Produktion reagieren“, erklärte TVNs Audio-Leiter Stephan Thyssen. „Man muss bedenken, dass viele Mitwirkende sowie die Künstler an die Arbeit in einem Opernhaus mitsamt dessen über Jahre gewachsener Infrastruktur gewöhnt sind – wir versuchen, sämtlichen Anforderungen auch unter den besonderen Gegebenheiten im Hangar bestmöglich gerecht zu werden.“ TVN war auf dem Gelände nahe des Flugfeldes mit seinem Ü-Wagen Ü2 und einem Rüstwagen präsent. Es gab zwei Tonregien, um den Anforderungen der komplexen Audio-Produktion gerecht zu werden. Die nationale Ton-Regie für ServusTV befand sich im Ü2 von TVN. Der internationale Ton und der Ton für die DVD-Produktion wurde hingegen in einem eigens eingerichteten Toncontainer gemischt. Hier hatte Tonmeister Georg Burdicek (Tonzauber, Wien) ein digitales Calrec-Audio-Mischpult vom Typ Artemis mit 48 Fadern im Einsatz sowie fünf KH 310 A Studiomonitore von Neumann.
In der Tonregie des Ü-Wagens griff TVN-Tonmeisterin Ellen Heinze die aus dem Toncontainer gelieferten Surround-Signale auf, ergänzte sie um die Moderation sowie Signale von Atmo-Mikrofonen und generierte unterschiedliche Feeds für den Sendeton. Sie arbeitete dabei an einem Lawo mc²56 Audio-Mischpult.
Mikrofonierung und IEM
Die Aufführung fand unter technisch herausfordernden Bedingungen an zehn verschiedenen Spielorten mit einer Gesamtfläche von 13.700 qm statt. Die Camerata Salzburg spielte unter Leitung von Dirigent Hans Graf live im Hangar-8, während die Sänger größtenteils im gegenüberliegenden Hangar-7 agierten. Orchester und Vokalisten waren derart weit voneinander entfernt, dass sie sich auf natürlichem Weg weder sehen noch hören konnten. Die zum Flugfeld weisenden Hallentore wurden während der Aufführung nicht ganz geschlossen. Der Wind bereitete laut Burdicek keine Probleme, und auch die durch die avantgardistische Architektur bedingten Reflexionen konnte der Tonmeister durch eine geschickte Mikrofonauswahl und -positionierung weitgehend von den Nutzsignalen fernhalten. Sämtliche als Stützmikrofone innerhalb des Orchesters platzierten Sennheiser Nierenkapseln (MKH 8040, an signalführenden Spezialauslegern) waren mit einem zweilagigen Windschutz MZW 8000 überzogen.
„Dieser Windschutz arbeitet sehr effektiv“, erklärte Burdicek, der als Hauptmikrofonierung einen Decca Tree gewählt und die Surround-Mischung im 5.0-Format anlegt hatte. Im Rig vor dem Orchester waren zwei Sennheiser MKH 800 als Raummikrofone montiert worden; ein Neumann TLM 170 R mit nierenförmiger Richtcharakteristik nahm die Trompete ab. Der Dirigent und der Konzertmeister konnten dem Geschehen akustisch über In-Ear-Hörer folgen, welche mittels eines Sennheiser IEM-Systems adressiert wurden. Den Sängern im rund 150 Meter entfernten Hangar-7 wurden ihre Einsätze durch die mit IEM-Hörern ausgerüstete Hilfsdirigenten signalisiert – das aus der digitalen Videoübertragung resultierende Delay hätte bei einer rein bildbasierten Vorgehensweise Probleme bezüglich des Timings aufgeworfen. Selbstverständlich wurden die fünf Solisten (sowie ein Schauspieler und zwei Nebendarsteller) ebenfalls drahtlos über IEM-Systeme versorgt; individuelle Monitormischungen lieferte ein in einem Seitenbereich des Hangars positioniertes Digitalpult. „Die Funkfrequenzen waren derart eingerichtet, dass wir mit LTE nicht ins Gehege gekommen sind“, meinte Burdicek. Thyssen ergänzte: „Da wir uns unmittelbar am Flughafen befanden, war die Frequenznutzung stark reglementiert – in einem sehr engen Areal konnten wir für die Audioübertragung trotzdem knapp 40 Funkstrecken unterbringen!“ Besondere Aufmerksamkeit musste dem im UHF-Bereich stattfindenden Flugfunk gewidmet werden. Im Hangar waren störende Oberwellen zu berücksichtigen. Es wurde mit Sendeleistungen von 50 oder 100 mW bzw. mit 1-Watt-Boostern gearbeitet. Als Antennen hatten die Techniker Ground-Plane-Modelle (Sennheiser GZA 1036 TV) gewählt, welche sich im speziellen Umfeld von Hangar-7 als beste Option erwiesen.
Ein Sennheiser Digital 9000 System war den Solisten zugedacht und erhielt Funksignale über im Hangar verteilte Antennen A 5000-CP, an welche Antennenverstärker AB 9000 angeschlossen waren. Von den acht Einschüben des Mehrkanalempfängers EM 9046 waren sechs durchgängig im Einsatz; zwei Kanäle wurden als Spares bereitgehalten. Jeder Sänger war mit zwei Sendern und einem drahtlosen IEM-Empfänger ausgerüstet. Der Gesang der Solisten wurde parallel in einer praxisüblichen Doppelbestückung übertragen; in die Headsets waren Sennheiser MKE 1 eingearbeitet. Mit Blick auf den Vergleich zwischen analoger und digitaler Funkübertragung meinte Tonmeister Burdicek: „Insbesondere bei der Abbildung der Dynamik gibt es deutliche Unterschiede. Opernsänger sind bekanntermaßen nicht ganz einfach zu übertragen, da ihr Repertoire sämtliche Nuancen von ganz leise bis ganz laut umfasst. Während kritischer Stellen hört man bei einer analogen Funkübertragung mitunter schon einmal das integrierte Kompander-System, das bei einer digital ausgelegten Übertragung vollständig entfällt.“ Auch Thyssen zeigte sich in Salzburg vom Sound der digitalen Übertragungstechnik begeistert.
Eckhard Eckstein
(MB 11/13)