Verlässliche Berichterstattung

Am 14. Januar diesen Jahres bezogen alle News-Redaktionen der BBC ihr neues Quartier im New Broadcasting House am Portland Place im Herzen Londons. Darunter auch der 1991 gegründete, kommerzielle 24-Stunden-Nachrichtenkanal BBC World News. Der Gebäudeumbau kostete eine Milliarde Pfund und dauerte rund zehn Jahre, weil Denkmalschutzauflagen und die U-Bahn im Untergrund berücksichtigt werden mussten. Technisch geplant wurde das als „The World's Newsroom“ bezeichnete Nachrichtenzentrum in den letzten drei Jahren.

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Verlässliche Berichterstattung

BBC World News richtet sich in erster Linie an Zuschauer auf der ganzen Welt, die an einer verlässlichen Berichterstattung interessiert sind und nicht an im Ausland lebende Briten. „Wir sehen uns als Anbieter fundierter Nachrichten“, erklärt Jim Egan, COO von BBC Global News Ltd., unter deren Dach BBC World News operiert, am Rande der medienwoche@IFA 13 im Gespräch mit MEDIEN BULLETIN. „Natürlich bekommt man von überall her Nachrichten, aber es gibt kaum Anbieter, die eine unabhängige, vorurteilsfreie Sicht auf die Dinge haben. Wer uns nicht sieht, sieht auch keine anderen Nachrichten. Aber wenn etwas wichtiges passiert, eine Wahl zum Beispiel, dann wollen wir, dass die Zuschauer, die nur gelegentlich Nachrichten schauen, uns einschalten, weil sie sicher sein können, dass wir glaubwürdig und unabhängig berichten. Wir bieten eine öffentliche Dienstleistung im News-Bereich, der man vertrauen kann, insbesondere dann, wenn es darauf ankommt.“

Mit dem Umzug beginnt BBC World News zugleich sich stärker gegenüber seinen Mitbewerbern CNN und Al Jazeera zu positionieren. Letztere konnten gerade in den USA ihre Position erheblich ausbauen, da sie ihre technische Reichweite über die Frequenz des von ihnen gekauften und geschlossenen Current TV deutlich erhöhen konnten. Beginnend mit dem Umzug ist es nun Jim Egans Aufgabe die Angebote bbc.com/news und BBC World News, die bislang unabhängig voneinander operierten, unter dem Dach der neu gegründeten BBC Global News Ltd. zusammenzuführen. Dabei setzt er in erster Linie auf eine Bewegtbildstrategie: „Das Web wird immer mehr zu einem visuellen Medium, weshalb es in erheblichem Maße auf visuelle Beiträge angewiesen ist. Die Menschen schauen nach wie vor Fernsehen. Ich sehe auch nicht, dass es verschwinden wird. Darauf bauen wir auf. Wir kommen vom Fernsehen und daher ist Fernsehen ein Standbein unserer Videostrategie, die ihren Platz im Web, im Fernsehen und auf mobilen Endgeräten hat. Eine Cross-Plattform-Strategie ist absolut essentiell. Das bedeutet, dass sich die Herangehensweise an die Berichterstattung ändern muss, da alle Vertriebswege mitgedacht werden müssen. Das betrifft die Fernsehmacher genauso wie die Macher von Webseiten. In Zukunft wird es keine erfolgreichen Webseiten geben, die nur aus Text bestehen. Das Publikum will Bewegtbilder.“ Um diesen „Fernseheffekt“ auf mobile Endgeräte übertragen zu können, nutzt die Website für Smartphones schon jetzt ein „responsive design“, das sich automatisch an die Gegebenheiten des Endgeräts anpasst, um möglichst viele Informationen darzustellen. Das Design wird mittelfristig auch für Tablets und Desktop-Computer zur Verfügung stehen, damit letztendlich nur noch eine Seite bedient werden muss, die sich optimal an jedes Gerät anpassen kann.

Die Inhalte stammen vom weltweiten Netz der BBC-Reporter, die für alle Nachrichtenplattformen der BBC arbeiten, sei es Fernsehen, Radio oder Webseiten. Da die Technik immer günstiger und kleiner wird, sind die Reporter mit HD-Kameras ausgerüstet, die 120 Euro kosten, so Jim Egan, der noch darauf hinweist, dass Zusatztechnik selbst iPhones zu Aufnahmegeräten macht, die sendefähiges Material liefern. Über das System Quickfile, das jeder aktive Reporter dabei hat, kann er einen Text mit 150 Zeichen absetzen, der in die verschiedenen Kanäle eingespeist werden kann. So sind die BBC-Reporter immer in der Lage sofort zu reagieren und Nachrichten rasch an die Londoner Zentrale zu verschicken. Entwickelt sich eine Geschichte bzw. ist sie groß genug, werden auch traditionell arbeitende EB-Teams entsendet. Das Material der Korrespondenten wird am sogenannten Hub des Newsroom eingespeist. Dabei wird das Electronic News Production System genutzt, um das Material mit Metadaten auszustatten, um Zuordbar- und Auffindbarkeit zu gewährleisten, ohne die die einzelnen Journalisten im Newsroom ihre Beiträge nicht machen können.

Vom Hub wie die Speichen eines Fahrradrades ausgehend sind die 460 Arbeitsplätze angeordnet, die fast alle rund um die Uhr besetzt sind. Insgesamt arbeiten in dem Gebäude, das über 36 Radio- und sechs Fernseh-Studios sowie 60 Schnitt- und Grafik-Suiten verfügt, rund 3000 Journalisten. 6.000 Mitarbeiter sind es insgesamt. The World’s Newsroom befindet sich im Unter- und Erdgeschoss des achtstöckigen Gebäudes mit 93.000 qm Nutzfläche. Er ist so gebaut, dass man sich leicht trifft und schnell persönlich austauschen, bzw. Nachrichtenlagen diskutieren kann. An einigen Stellen des Newsroom sollte man sich jedoch nicht aufhalten, da sie im Blickfeld der Kameras der zum Newsroom hin offenen Studios liegen. Vom über dem Newsroom liegenden Café am Portland Place können die Gebührenzahler durch eine Glasdecke den BBC-Mitarbeitern bei der Arbeit zusehen. Gebührenfinanziert sind jedoch nur die nationalen Nachrichtenprogramme der BBC. Die internationalen Programme werden über Werbung und Kabeleinspeisegebühren finanziert. Dabei soll sich BBC World News nicht nur selber finanzieren, sondern auch noch Geld in die Nachrichtenabteilung der BBC einspeisen, um Mittel auszugleichen, die hier aufgrund eingefrorener Gebühren fehlen. Da sich BBC World News an ein anderes Publikum richtet, als die im Vereinigten Königreich ausgestrahlten BBC-Programme, gibt es nur selten Beiträge, die sowohl national als auch international ausgestrahlt werden.

Im New Broadcasting House kann der Sender drei Studios nutzen, am alten Standort war es lediglich eines. Durch den Umzug erhielt BBC World News zugleich einen anderen Look. Die Studios sind mit automatisierten HD-Kameras ausgestattet, die eine dynamischere Regie ermöglichen, es gibt ein Virtual Reality Studio und der Einsatz von hochauflösenden Grafiken als Erklärhilfen ist als Standard gesetzt. BBC World News erreicht pro Woche geschätzte 74 Millionen Zuschauer in 200 Ländern und Territorien weltweit. Die Webseite hat ungefähr 60 Millionen Besucher pro Monat. Die Zuschauer von BBC World News sind in der Regel gut gebildet, haben ein gutes Einkommen, reisen viel und 25 Prozent von ihnen schauen BBC World News nicht zu Hause sondern unterwegs, dabei liegt die Anzahl der Männer leicht über der der Frauen. Zudem sind BBC World News-Konsumenten hauptsächlich Fernsehzuschauer, die mobile Endgeräte besitzen und den Sender darüber abrufen, wenn kein Fernseher zur Verfügung steht.

Über die Vision von BBC World News sagt Jim Egan: „Mit BBC World News bieten wir Berichterstattung und Analysen der wichtigsten Ereignisse auf der Welt, egal ob man in Sydney, Santiago, Berlin oder Hongkong einschaltet. Aber die unterschiedlichen Tageszeiten stellen uns vor die Herausforderung wann wir was programmieren und wie wir Schwerpunkte setzen. Die meisten Menschen sehen Abends Nachrichten. Also setzen wir die Schwerpunkte so, dass sie für die Menschen, bei denen es Abend ist, am interessantesten sind. Wir richten unsere Programmierung gewissermaßen an der Sonne aus. Den Anfang macht die Ostküste Chinas mit den Zentren Hongkong und Shanghai und dann folgen wir dem Tag in Richtung Westen.“
Thomas Steiger

(MB 11/13)