Olympische TV-Produktion setzt neue Maßstäbe

Der Olympische Host Broadcaster OBS (Olympic Broadcasting Services) kann bei den Olympischen Winterspielen 2022 in Peking mit zahlreichen Innovationen aufwarten. So werden erstmals Winterspiele komplett nativ in Ultra High Definition (UHD), High Dynamic Range (HDR) und 5.1.4 Audio produziert.

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©Olympic Broadcasting Services / Mario Martín
OBS CEO Yiannis Exarchos ©Olympic Broadcasting Services / Mario Martín

Mit den produktionstechnischen Innovationen will OBS nach eigenem Bekunden das allgemeine Olympia-Erlebnis verbessern und den Zuschauern weltweit das Gefühl vermitteln, selbst bei den Spielen dabei zu sein. In Zusammenarbeit mit Partnern wie Alibaba und Intel will man neueste Technologien einsetzen, um ein weitaus intensiveres Erlebnis als bei früheren Spielen zu bieten. Trotz, gelegentlich aber auch gerade wegen der zahlreichen Beschränkungen durch die Corona Pandemie, wird dabei hoher Aufwand getrieben.

Die Vorbereitungen für Peking 2022 waren nicht einfach, wenn man bedenkt, dass in den letzten zwei Jahren die Corona-Pandemie dafür sorgte, dass die Sommerspiele in Tokio 2020 um ein Jahr verschoben werden mussten und so zwischen Sommer- und Winterspielen nur wenige Monate lagen.

OBS CEO Yiannis Exarchos erklärt dazu: “Planung und Durchführung der Spiele passierten in einem sehr komplexen Umfeld. Als Host Broadcaster musste OBS zwei Olympische und zwei Paralympische Spiele innerhalb von sieben Monaten bewältigen. Die Planung war nicht ganz einfach, da unsere Teams lange Zeit nicht nach Japan oder China reisen konnten. China hat eine erfolgreiche Null-COVID-19-Politik verfolgt. Das bedeutete aber auch, dass es schwierig war, Zugang und Einreise zu erhalten. Wir haben unser Remote-Planungstool optimiert, um die gesamte Durchführung der Spiele, sowohl in Tokio 2020 als auch in Peking 2022, besser planen zu können.” Mit der Einrichtung des Internationalen Sendezentrums (IBC) für Peking 2022 habe man bereits drei Wochen vor dem Beginn der Spiele in Tokio begonnen.

Der Olympische Host Broadcaster OBS will zu den diesjährigen Spielen über 6.000 Stunden Content produzieren. Das ist Rekord und etwa doppelt so viel wie 2014 in Sotchi (5.600 Stunden waren es in PyeongChang 2018).

Die Produktion der reinen Sport-Action soll dabei um 50 Prozent gesteigert werden. Jedes Live-Sport-Signal wird von einem sogenannten Multi Clip Feed (MCF) begleitet. OBS wird von jeder Sportart/Disziplin und jeder Sportstätte ein MCF mit zusätzlichem Videodrohnen-Material, Sport-Highlights und Short-Form-Inhalten produzieren. Insgesamt sind 1.200 Stunden MCF geplant. Eingesetzt wird es insbesondere im Digital- und Social Media-Bereich.

Die Produktion der olympischen Bilder erfolgt mit über 660 Kamera-Systemen, 148 Spezialkameras, 38 Super-Zeitlupen-Kameras, 13 Schienenkamera- und elf Seilkamera-Systemen. Dazu kommen zehn Multi-Kamera-Replay-Systeme, 33 Virtual Reality Kameras, 25 ENG Kits und 1.624 Mikrofone. OBS hat 15 Ü-Wagen am Start, eine Datacenter-Produktionseinheiten und ein Fly-away-System. Auch eine Machbarkeitsstudie mit einem virtuellen Ü-Wagen ist in Arbeit.

Für Peking 2022 wurde ein 30.000 Quadratmeter großes Internationales Broadcast Center (IBC) und für die alpinen Wettkämpfe ein 5.000 Quadratmeter großes weiteres Sendezentrum, das Zhangjiakou Mountain Broadcast Centre (ZBC), aufgebaut. An den Sportstätten gibt es dazu 14 Broadcast Compounds. Im IBC stehen für die multilaterale HD-Kontribution 41 Feeds zur Verfügung, für die multilaterale UHD-Kontribution 31 Feeds, für die HD-Distribution 43 Feeds und für die UHD-Distribution 36 Feeds.

Für OBS arbeiten in Peking 2022 über 4.300 Mitarbeiter. Rund ein Drittel davon sind Chinesen. Über 650 lokale Studenten nehmen am Broadcast Trainings Programm (BTP) von OBS teil.

OBS betreut mit seinen Services in Peking 23 Rechtehalter (Right Holder Broadcasters – RHBs) und den Olympic Channel. Insgesamt sind 130 Broadcaster inkl. Sublizenznehmer zu den Olympischern Winterspielen im Einsatz. 33 Sender haben eigene Flächen im IBC gebucht, 16 im ZBC.  Die Sender und RHBs sind laut OBS mit etwa 5.700 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern vor Ort.

In Peking 2022 hat OBS nach eigenen Angaben erneut versucht, bei der Gestaltung des IBC und des ZBC den Platzbedarf zu optimieren, die Effizienz zu steigern und über die zentralisierten technischen Bereiche (CTA) den RHBs eine Art “Rechenzentrum”-Infrastruktur zu bieten.

Zu den zahlreichen produktionstechnischen Innovationen in Peking 2022 gehört eine durchgehend native UHD-HDR-Produktion mit 5.1.4 immersivem Audio. Um den UHD HDR-Produktionsworkflow unterstützen zu können, hat OBS sein Kontributions- und Distributions-Netzwerk auf ein hochmodernes IP-basiertes Kernsystem umgestellt.

Neu sind auch zehn Multi-Kamera Replay Systeme (darunter zwei Systeme, die die Cloud-Technologie für die Datenverarbeitung in Partnerschaft mit Alibaba nutzen), 8K Live Virtual Reality, monoskopische 180-Grad- und 360-Grad-Panorama-Sportübertragungen sowie virtuelle Präsentationshintergründe für TV-Studios (in Partnerschaft mit Intel) und 2D Image Tracking (bei Biathlon und Langlauf).

In Zusammenarbeit mit OMEGA werden zusätzliche Live-Geschwindigkeitsmessung bei den Alpin-Ski-Wettbewerben und zusätzliche Sprung-Daten bei den Halfpipe-, Eiskunstlauf-, und Skisprung-Wettbewerben durchgeführt. Virtuelle Analysen beim Curling und 5G-Live- und Near-Live-Kameras runden das Angebot bei diversen Wettbewerben ab.

Bei der Übertragung von Pressekonferenzen von ausgewählten Veranstaltungsorten und dem Haupt-Pressekonferenzraum des MPC sowie der Siegerehrungen auf der Medals Plaza in Peking und Zhangjiakou setzt OBS auf Remote-Produktion.

Gemeinsam mit Intel wird OBS die Olympischen Winterspiele zum ersten Mal live in 8K Virtual Reality (VR) aufnehmen, produzieren und verbreiten. Durch ein deutlich verbessertes, flüssigeres Nutzererlebnis können die Olympia-Fans (über die teilnehmenden RHBs) die Action in höherer Qualität und lebensechter VR verfolgen und sich fühlen, als wären sie tatsächlich an der Seite der Athleten. Zudem können Sendeanstalten diese 8K-VR-Feeds nutzen, um virtuelle Kulissen für ihre Fernsehstudios zu schaffen.