Sony verkauft nicht nur 4k-Kino- und Heimkino-Projektoren, drei verschiedene 4k-Fernsehmodelle und Sony PlayMemories Software für 4k für die PlayStation 3 sondern mit der CineAlta F65 Digital Motion Picture Camera auch eine Kamera, die mit ihrem 20-Megapixel-8K-CMOS-Sensor „echtes“ 4k aufzeichnen kann sowie die PMW-F55 und PMW-F5-Kameras mit 4K-Sensoren. Die F65 verfügt über einen linearen 16-Bit-RAW-Ausgang und schafft so die Grundlagen für einen vollständig filebasierten 4k-Mastering-Workflow. „Echtes“ 4k unterscheidet sich von „unechtem“ durch einen besseren Kontrast und eine höhere Farbtiefe. Beides wird durch den von Sony entwickelten Sensor erreicht, der über eine doppelt so hohe RGB-Pixeldichte verfügt. Zudem sind die Pixel versetzt angeordnet, wodurch sie dichter beieinander liegen. Dadurch können die Farbwerte später sehr viel präziser, als im herkömmlichen De-Bayering-Prozess zugeordnet werden. Der erste in vollem 4k entstandene Film ist „After Earth“ von M. Night Shyamalan mit Will und Jaden Smith, der Anfang Juni in die deutschen Kinos kam. Bei dem Dreh musste die Kamera der hohen Hitze und fast 100 Prozent Luftfeuchtigkeit des Dschungels in Costa Rica widerstehen. Seitdem wurden über 30 Filme mit der F65 gedreht, aber auch die Sony-Serie „Breaking Bad“ und alle Spiele der NFL (American Football).
Um die Filmherstellung in 4k zu promoten, hat Sony Digital Motion Picture Centres in Culver City (dem Sitz von Sony Pictures), Beijing, Mumbai und in den Pinewood Studios eingerichtet, die sich an Kameraleute, DITs, Filmcrews und Postproduktionsexperten aus aller Welt richtet. Die DMPCs dienen „dazu Technologie und Kreativität zusammen zu bringen, dem Training, dem Austausch von Wissen und dem Lernen“, wie Katsunori Yamanouchi, Vice President Sony Professional Solutions Europe, bei der Eröffnung des DMPC Europe am 15. Oktober erklärte. „Aber wir wollen auch von unseren Kunden lernen“, fügte er hinzu. „Schließlich sind alle unsere Innovationen von Kunden angestoßen worden. Diese Anregungen sind uns sehr wichtig!“ Die Erkenntnisse und Lösungen, wie sie etwa auch bei der 4k-Aufzeichnung der Fußball-Weltmeisterschaft in Brasilien im kommenden Jahr gewonnen werden, fließen in die Entwicklung neuer Tools und Workflows und der Weiterentwicklung vorhandener Technik und Abläufe ein. Im DMPC in Culver City wurden mehr als 1.000 Leute in allen Aspekten des 4k-Drehs und der 4k-Postproduktion weiter gebildet. Diese Zahl, so Yamanouchi, sei die „Benchmark“ auch für Pinewood.
Die Idee das DMPC Europe in den Pinewood Studios einzurichten, hatte Nigel Walters, Präsident der internationalen Vereinigung der Kameraleute IMAGO, die 47 nationale Kamera-Verbände repräsentiert. „Uns geht es um Qualität“, erklärte Nigel Walters am Eröffnungstag. „Wir haben mit den Verbänden Standards entwickelt und dabei ist es uns wichtig, dass Hersteller und Anwender zusammen arbeiten. Ich habe Pinewood als Standort für das DMPC Europe vorgeschlagen, weil dies der Ort ist, an dem die Praktiker zusammen kommen. Für sie ist es eine gute Sache einen Ort wie das DMPC zu haben, an dem sie die Gelegenheit haben, sich über ihre Arbeit und Kameratechnik auszutauschen und neue Dinge auszuprobieren und zu lernen.“ Die Pinewood Studios, die über Studiostandorte in sechs Ländern, darunter dem Studio Berlin in Berlin-Adlershof verfügen, begrüßen die Wahl. „Pinewood investiert laufend in die Zukunft“, erklärt Andrew Smith, Director of Strategy and Communications bei Pinewood Shepperton plc.. „Dabei nutzen wir auch viel Technik von Sony.“ Die Pinewood-Studios sind ein beliebter Drehort für US-Produktionen. Zuletzt wurden hier „Fast and Furious 6“ oder „Thor: The Dark Kingdom“ gedreht. Die Nachfrage nach Kapazitäten ist so groß, dass die Pinewood Studios ihre Kapazitäten auf der gegenüberliegenden Straßenseite, unter anderem mit einem neuen Backlot, vergrößern werden.
Das DMPC (E) verfügt über je eine F65, F55 und F5 mit denen Aufnahmen gemacht werden können, die dann vor Ort weiter verarbeitet werden können. So kann der komplette Workflow beginnend mit Datenübertragung und Back-up im DMPC durchgespielt werden. Dazu gehören auch folgende Schritte: On-Set Look Management, mit dessen Hilfe man während der Vorproduktion oder am Set bestimmte „Looks“ in der Kamera erstellen kann, die dann über den SLog2/S-Gamut-Ausgang der CineAlta-Kameras ausgegeben werden. Die Kameras verfügen über den größtmöglichen Dynamikbereich und eine breitere Farbskala als 35mm-Film. Am Set aufgezeichnete ASC-CDL-Daten (American Society of Cinematographers Color Decision List) können für die Erstellung von Dailies-Deliverables und die abschließende Farbkorrekturen weiterverwendet werden. Für die Dailies kann der Ton direkt in der Kamera aufgezeichnet und die Originaldateien können von der Kamera in zahlreiche Dateiformate transkodiert (ProRes, DNxHD, QT, H.264, usw.) werden. Beim Schnitt können entweder die Originaldateien aus der Kamera für einen nativen Schnitt verwendet werden oder es werden DNxHD- oder ProRes-Dateien für den Off-Line-Schnitt erzeugt (Transkodierter Videoschnitt). Am Ende des Schneidevorgangs wird dann eine AAF- oder XML-Datei erzeugt, um über sie eine Verknüpfung zu den Originaldateien der Kamera herzustellen, was für die abschließende Farbkorrektur unerlässlich ist. CineAlta-Kameras nehmen Bilder mit 14 Blendenstufen auf. Dazu verwenden die Kameras die Formate Linear RAW und SLog2 (XAVC, SRFile, MPEG2) und können so den gesamten Signalbereich ohne Clipping oder Crushing aufnehmen. Linear RAW- oder SLog2-transkodierte Bilddateien bedürfen einer Farbkorrektur, um das gewünschte Endergebnis zu erreichen. Alle Bildinformationen sind in den Metadaten der Aufzeichnung vorhanden. Dadurch wird eine einfachere Änderungen der Bilder möglich.
Die PMW-F5 und PMW-F55 unterstützen nicht nur Linear RAW- und SLog2-Formate. Sie können auch während der Vorproduktion an verschiedene Kameras angeglichen werden. Dies ist ideal für Produktionen, bei denen mehrere Kameras zum Einsatz kommen. In dem DMPC in Pinewood stehen für das selber ausprobieren die aktuellsten Geräte und Tools zur Verfügung, einschließlich eines kleinen Screeningraums mit einem 4k-Consumerprojektor.
Das DMPC Europe ist in das Dachgeschoss des 1936 errichteten, ehemaligen Requisitenhauses der Pinewood Studios eingebaut, dessen Stahlkonstruktion erhalten geblieben ist und wie die über ebay in Belgien ersteigerte 100 Jahre alte Bar, bei der allerdings die Bierhähne nicht angeschlossen sind, ganz entscheidend zur Atmosphäre der Räume beiträgt. Das DMPC kann man ohne Voranmeldung zu den üblichen Öffnungszeiten besuchen, es sei denn, es findet eine gesponserte oder eigene Trainingsveranstaltung statt, die jedoch auf der Website angekündigt wird (pro.sony.eu/-DMPCE). Die Pinewood Studios sind 20 Minuten vom Flughafen Heathrow entfernt. Mit einem Besuch beim DMPC lässt sich also sinnvoll ein Stop-over ausfüllen. Vor Ort sind neben dem Manager je ein Spezialist für Aufnahmetechnik und Postproduktion anwesend. Die Kameras, das Daten-Handling und die Weiterverarbeitung können unter echten Bedingungen ausprobiert werden. Zudem gibt es einen Meeting-Raum mit Tageslicht. Der Mietvertrag für das DMPC ist vorerst für drei Jahre geschlossen. Über eine Fortsetzung entscheidet nicht zuletzt auch der Erfolg des Centers, das eng mit den Filmhochschulen zusammen arbeiten will.
Thomas Steiger
(MB 12/13_01/14)