Über Qualität entscheiden die letzten zehn Prozent

Integrierte Bildbearbeitungssysteme, die den Prozess des Digital-Intermediate in einer Einheit vollziehen, setzen sich verstärkt durch. Bei der Postproduktion von TV-Werbespots geht der Trend zu einem File-basierten Workflow in HD. Auch Werbefilmproduzent Alan Vydra, der seit 25 Jahren das Fata Morgana Studio in Hamburg betreibt, setzt auf die Qualität einer High-Definition-Postproduktion mit Quantel eQ, bei der das unkomprimierte native RGB-Signal bearbeitet wird.

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Die digitale Postproduktion sei mindestens so wichtig für das Gelingen eines Films wie das Drehen, lautet die Überzeugung des Hamburger Produzenten Alan Vydra, der in seinem voll eingerichteten Film- und Tonstudio Fata Morgana in Eimsbüttel mit einem Team von acht festen Mitarbeitern arbeitet und je nach Größe des Auftrags Operator auf Freelancer-Basis hinzunimmt.

Fata Morgana ist in erster Linie ein eigenständiges Werbefilmproduktions-Unternehmen und kein Dienstleister, doch Vydra setzt darauf, von der Aufnahme bis zur Bild- und Tonbearbeitung die komplette Produktionskette mit Hilfe seines Teams selbst zu gestalten. Lediglich die Telecine-Abtastung geschieht außer Haus. Vydra gehört zu den leidenschaftlichen Befürwortern einer High-Definition-Postproduktion, obwohl der Fernsehalltag heute noch weitestgehend auf das SD-Format beschränkt ist. Vydra, der schon seit gut fünfzehn Jahren mit Quantels Henry in der Postproduktion arbeitet, hat dann vor dreieinhalb Jahren auch in die neue Geräte-Generation der voll integrierten Bildbearbeitung investiert und sich Quantels eQ System ins Haus geholt. Eine Investition in die Zukunft, wie es Vydra sieht, weil der File-basierte Workflow in HD-Auflösung die logische Entwicklung ist und sich durchsetzen wird.

Fata Morgana bedient die gesamte Bandbreite der Markenartikelwelt von BMW bis VW, über Kelloggs bis zu Kodak und hat auf den Werbefestivals dieser Welt zahlreiche Preise gewonnen. Derzeit arbeitet er an einer Spotserie, die im Internet verbreitet wird. Auch dies sei eine neue Entwicklung, dass Image- und Werbefilme heute zunehmend für den Einsatz im Web produziert werden. Früher sei noch zwischen Werbefilmproduktion und Internet getrennt worden, heute nicht mehr, weiß Vydra, für den sich dadurch nichts Wesentliches verändert. Denn das Prinzip der Bild- und Tonbearbeitung bleibe das gleiche, es verändere sich nur die Form der Verbreitung und das Format.

Größerer Blendenumfang als Film
In der Kombination einer offenen, dezidierten Hardware und einer Produktions-umfassenden Software, wie sie Quantel eQ bietet, hat Vydra die geeignete Voraussetzung gefunden, um den hohen Ansprüchen gerecht zu werden. Zwar ließen sich heute mit PC- oder Mac-Softwaresystemen viele Ergebnisse ebenso generieren, doch die PC-Technologie erfordert Rechenzeiten, die den Postproduktionsprozess schnell unwirtschaftlich machen. „Der Vorteil der File-basierten digitalen Bildbearbeitung in High-Definition-Auflösung ist eine Qualitätssteigerung hinsichtlich aller Bildparameter und Texturen, die sogar noch in der herunterkonvertierten SD-Ausspielung sichtbar ist.“
Das Ziel heutiger digitaler Post sei es, den vollen Datenumfang des nativen Signals ins System zu laden, das eine optimale Basis für den gesamten Bearbeitungsprozess bereitet. Der Vorteil liegt darin, dass für die Farbkorrekturen noch alle Gestaltungs-Optionen hinsichtlich Strukturen, Formen und Texturen des Bildes bestehen, „und wir alle gewünschten Formate bedienen können, das heißt vom Kino bis Internetfilm ist alles möglich“, erklärt Vydra.

Der Workflow bei Fata Morgana sieht daher die Abtastung des 35mm-Materials in HD vor. Das in den DPX-Files gespeicherte RGB Material werde dann in das eQ-System geladen. Diese DPX-Files verfügen mit 13 Blendenstufen über einen größeren Blendenumfang als Film, und man hat den vollen Farbraum RGB (4:4:4, 10 Bit log) zur Verfügung. Dadurch eröffnen sich völlig neue Möglichkeiten für Farbkorrekturen, die es in den letzten 25 Jahren so nicht gab. Bislang sah die Praxis so aus, dass man bei der Abtastung an der Telecine mit dem Operator die Parameter für die Farben bestimmte, wonach in der Postproduktion hinterher nur noch ein kleiner Spielraum zur Gestaltung verblieb. Vydra: „ Mit der Bearbeitung dieser DPX-Files besitzen wir eine andere Datentiefe, als sie uns früher zur Verfügung stand. Jetzt erst haben wir alle Möglichkeiten, das Bild zu bearbeiten.“ Der typische Workflow für die Postproduktion sieht so aus, dass zunächst eine One-Light-Abtastung in SD für das gesamte belichtete Material erfolgt, um den Offline-Schnitt durchzuführen. Danach werden in einem zweiten Durchgang die so genannten „selected takes“ abgetastet.
Vydra: „Heute denken wir anders, weil wir noch alle Arbeiten und Effekte, Freistellungen, Layer bezogene Farbkorrekturen, Masken und kontextuelles Graden selbst gestalten wollen.“ Der Weg gehe daher dahin, in HD abzutasten im DPX-Format. Allerdings könne man auch heute noch nicht auf die Zwischenschritte verzichten. Natürlich müsse 40 Minuten belichtetes Material zunächst auch One-Light abgetastet werden, um den HD-Durchgang anhand der ausgesuchten Takes zu vollziehen. Eine HD-Abtastung für das gesamte Material wäre zu aufwändig.

Zugriff auf originales Bildmaterial
Der eQ ist ein voll integriertes Finishing-System, an dem sich vom Editing, über Farbkorrekturen bis hin zu Compositing-Effekten alle Bearbeitungsschritte durchführen lassen. Eine Besonderheit von Quantel, der eQ lädt die originalen Bilddaten in den Festplattenspeicher. Der Operator kann so zu jeder Zeit im System auf das originale Bildmaterial ebenso zugreifen wie auf die Korrekturen an den Bildern. Quantels Lösung dafür sieht so aus, dass jedes Bild nur einmal gespeichert wird. Erfolgt eine Korrektur an dem Bild, wird lediglich die Änderung gespeichert. Das System legt keine weitere Kopie des neu bearbeiteten Bildes an, um weitere Speicherplatzbelegung zu vermeiden. So gelingt es auf einfache wie wirkungsvolle Weise, den Datenaustausch zu minimieren und den Workflow in der digitalen Bildbearbeitung zu beschleunigen.

Von der Schnelligkeit der Performance hält der eQ mit Farbkorrektur-Suiten mit, die ebenfalls Echtzeitauflösung bieten, welche aber die Originalbilddaten auf einem externen Band speichern und nur für die Bearbeitung in das Gerät einspielen. So durchläuft zum Beispiel bei der in Postproduktionshäusern verbreiteten Da Vinci-Suite oder der Pogle-Suite das Signal, welches von einem externen Datenträger kommt, den Prozess der Farbkorrektur und wird dann jedoch mit den Änderungen wieder auf ein Band ausgespielt. Stellt man nach dem Playout fest, dass hier und da noch weitere Änderungen vorgenommen werden müssen, bedeutet das praktisch wieder den Neudurchlauf, das heißt, die Bilddaten vom Band müssen wieder eingespielt werden. Vydra: „Es ist eine unschätzbarer Vorteil des eQ, dass wir das originale Bildmaterial über DPX-Files jederzeit in unserem System zur Verfügung haben und wir im nativen Format arbeiten können.“

Echtzeit-Konvertierung in jedes Format
Optimierung dieses Workflows heißt vor allem auch Format unabhängiges Arbeiten. Mit dem eQ lassen sich Versionen in jedes gewünschte Format in Echtzeit konvertieren ohne Rendering diverser Format-Kopien des Clips und weiterer Speicherplatzbelegung. Die Zuspielteile kommen in den unterschiedlichsten Formaten, die das System alle verarbeiten kann, erläutert Vydra.
Im Falle der Sendekopien ist das Ausgangsmaterial heute zumeist noch das Digibeta-Band für die SD-Ausstrahlung. Bald werde damit allerdings Schluss sein, berichtet Vydra, weil die meisten Sender dann auf digitalen Sendebetrieb umgerüstet sein werden. Dann werden die Werbefilme nur noch per Breitbandtransfer von Server zu Server übertragen.
Um für verbesserte, das heißt kontinuierliche Arbeitsabläufe zu sorgen, hat Quantel dem eQ noch eine zweite Recheneinheit mitgegeben. Das heißt, ein Prozessor ermöglicht dem Operator die Interaktivität bis zur höchsten Auflösungsstufe, während eine zweite Einheit alle Rendervorgänge im Hintergrund verarbeitet, ohne den Arbeitsfluss zu unterbrechen. Noch während die Korrekturen am Clip gerendert werden, arbeitet der Operator schon am nächsten.

Farbkorrekturen für alle Layerebenen
Die heutige Farbkorrektur ist nonlinear und kontextsensitiv, das heißt, dass auch einzelne Layer in Composting-Bildern gegradet und farbkorrigiert werden können. Der eQ besitzt ein eigenes Farbkorrektursystem für primäre und sekundäre Farbkorrektur. Fata Morgana setzt zusätzlich noch Quantels QColor ein, deren Tools die Bedienung weiter vereinfacht und erweitert. Vor allem hinsichtlich der Bedienbarkeit und Multispeicherung verschiedener Versionen verfüge QColor insgesamt über mehr Möglichkeiten als die interne Farbkorrektur des eQ, erläutert Vydra. Neben den Basisfunktionen erleichtern Tools wie das Tracking auch die komplexesten Farbkorrekturen. Mit den Grading-Optionen der kontextuellen Layer-bezogenen Farbkorrektur kann jeder einzelne Layer bearbeitet werden. Ebenso lassen sich Teile des Bildes separieren oder Objekte im Bild freistellen über Masken, Luminance- oder Chroma-Keying-Techniken.

Fragt sich, warum dieser Aufwand an Auflösung, RGB Farbraum und Bittiefe, wenn die meisten Fernsehwerbespots lediglich in SD ausgestrahlt werden? Schon der Vergleich einer Aufnahme mit einer guten Studiokamera zur DV-Kamera offenbare nur zu deutlich, dass bereits bei der Ausstrahlung über das Pal/SD-Signal ganz klar zu erkennen sei, welches das bessere Bild ist, antwortet Vydra sofort: „Und wer Effekte generiert, mit Masken und Freistellungen arbeitet und dies in HD-Auflösung durchführt, dessen Ergebnisse sehen hinterher auch in SD schlichtweg besser aus. Entscheidend in der digitalen Post sind die so genannten letzten zehn Prozent, welche noch mal einen signifikanten Qualitätsschub erzeugen, auch wenn viele Zuschauer zuhause an ihren Bildschirmen diesen nicht sehen können, ihn aber wohl unterbewusst wahrnehmen.“ Bei einem Blick auf einen erstklassigen Monitor lasse sich sofort erkennen, dass ein in HD bearbeitetes Bild auch in SD besser aussieht als wenn es nur im SD-Format produziert worden wäre. Zwar sei dieses Qualitätsdenken bei einigen Kunden nicht so ausgeprägt, die sich zur Abnahme damit begnügen, das Bild im MPEG 1-Format auf den LCD-Bildschirmen zu betrachten. Anders sehe es bei Markenartiklern aus den Bereichen Fashion, Beauty, Lifestile aus, wo auf die Farben und Hauttöne ein sehr großer Wert gelegt werde. Doch letztendlich bleibt entscheidend, auf welchem Monitor die Bilder angeschaut werden.
Vydra erinnert sich an eine Werbefilm-Produktion, die sich insbesondere durch einen blauen Look auszeichnen sollte. Der Produktmanagerin, die sich den Spot auf einem älteren Fernsehbildschirm zu Hause angeschaut hatte, war der Spot nicht blau genug. Die Sendekopien mussten also neu produziert werden. „Wir haben dann so viel Blau hineingelegt, dass diese Farbe auch auf ihrem Monitor stärker zur Wirkung kam. Aber für alle anderen Betrachter mit einem moderneren Bildschirm muss das dann schon die Überdosis gewesen sein.“ Die Agenturen führten gern ins Feld, es sei nicht entscheidend, ob die Bilder auf den Studio-Monitoren gut aussehen, sondern was On-Air zu sehen sei. Doch am Sendesignal liege es nicht, korrigiert Vydra: „Was der Zuschauer letztlich sieht, hängt von der Qualität seines Bildschirms ab.“
Im Studio von Fata Morgana wird mit CRT-Bildröhren gearbeitet. Die CRT-Technik verfügt über schnellere Reaktionszeiten als LCD und über exzellente Farbeigenschaften. Auch hinsichtlich der Farbtiefe existiert noch ein leichter Vorsprung (10 Bit pro Kanal).
Bernd Jetschin (MB 09/07)

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