Vielversprechende Möglichkeiten

U.COM Media hat gemeinsam mit LiveMotionConcept (LMC) am 28./29. Juli das Golf-Turnier Schueco Open 2012 bei Hamburg produziert. Das Produktionskonzept stammte von LMC-Chef Felix Marggraff, der auch Regie im eingesetzten Mediatec-Ü-Wagen führte. MEDIEN BULLETIN war vor Ort und sprach mit Marggraff über die Besonderheiten der Golf-Produktion.

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Vielversprechende Möglichkeiten

Die Schueco Open 2012 gehören zu den zuschauerattraktivsten Golfturnieren in Europa. Grund dafür ist die Starbesetzung des Turniers mit den „Schüco-Markenbotschaftern“, darunter viele bekannte Namen wie Bubba Watson, Martin Kaymer, Hendrik Stenson, Ian Poulter, Geoff Ogilvy, Dustin Johnson, Miguel Angle Jiménez und Colin Montgomerie. Auch in diesem Jahr kamen trotz teilweise heftigen Regenfällen knapp 25.000 Besucher zum Schueco Open-Austragungsclub Gut Kaden, rund 30 km nördlich von Hamburg. Als Sieger ging hier am zweiten Spieltag Henrik Stenson mit -7 vor Álvaro Quirós (-6) vom Platz. Tags zuvor im Match-Play hatte sich Team II mit Henrik Stenson, Bubba Watson, Peter Hanson, Geoff Ogilvy, Martin Kaymer, Miguel Ángel Jiménez, Maximilian Kieffer und dem Hamburger Amateur Benedict Staben durchgesetzt.

Für die Fernsehproduktion des Golf-Turniers sorgte im Auftrag von Rechtehalter UFA die Düsseldorfer Firma U.COM Media. Sie hat sich in den letzten Jahren immer mehr zu einem Spezialisten für Golf-Produktionen entwickelt. Wie bei vielen der vorhergehenden Golf-TV-Produktionen wurde sie auch bei den Schueco Open 2012 von der Live Motion Concept GmbH (LMC) aus Wiesbaden unterstützt. Dessen Geschäftsführer Felix Marggraff zeichnete für das Produktionskonzept des Events und für die Regie im eingesetzten Mediatec-Ü-Wagen verantwortlich. In Gut Kaden arbeitete man im HD3 von Mediatec. Er war eine Woche zuvor beim ATP-Tennisturnier in Hamburg-Rothenbaum im Einsatz – ebenfalls mit Regisseur Marggraff am Bildmischer.

„Ich bin wohl nach wie vor weltweit der einzige Golf-Regisseur der selber schneidet“, betont dieser. Marggraff lobt den in Mediatecs HD3 – ebenso wie im baugleichen HD2 – integrierten Bildmischer vom Typ Grass Valley Kayenne. „Nur damit kann ich die Arbeit leisten. Der Kayenne bietet zum Beispiel die Möglichkeit, die Makros so schnell und flexibel zu programmieren, dass man mit ihm wirklich gut arbeiten kann“, erklärt er. „Wir hatten von den einzelnen Spiel-Bahnen Hubschrauber-Bilder voraufgezeichnet, die wir bei der Lochvorstellung über EVS in ein spezielles Fenster rein gefahren haben. Das klappte mit dem Mischer super gut.“ Auch zwei Grafik-Keys wurden über den Mischer eingespielt. Die kamen von zwei AKI-Grafik-Maschinen der Leipziger Firma Keytoq GmbH. „Die bieten eine Super-Qualität. Damit machen wir auch die gesamte Ladies European Tour. Dort haben wir das gleiche Konzept mit zwei Grafikern, die parallel die Grafiken immer anlegen. Die zwei brauchen wir, um möglichst flexibel zu sein“, berichtet Marggraff. Die beiden Grafiker sitzen neben dem Regisseur und dem Produzenten in der ersten Ü-Wagen-Reihe und teilen sich die Arbeit. Einer macht das Leaderboard, der andere die Bauchbinden. Keytoq sorgte auch für die Dateneingabe der Scores. Die wurden live via Walkie-Talkie übermittelt. „Wir glauben, dass das Scoring damit am besten funktioniert weil die Fehleranfälligkeit dabei geringer ist“, meint Marggraff. Die herausgehobene Stellung der Grafiker in der Golfproduktion begründet er damit, dass das aktuelle Scoring und dessen Präsentation bei Golfübertragungen eine zentrale Rolle spielt. „Die Bedeutung der Grafik für die dramaturgische Darstellung des Spiels wird oft total unterschätzt“, meint Marggraff.

Auch sonst ist bei der Golfproduktion im Mediatec-Ü-Wagen einiges anders. „Hier im Auto wird ohne Kommandoanlage gearbeitet sondern auf Zuruf. Das betrifft den Producer, den Regisseur und die beiden Grafiker in der ersten sowie die drei EVS-Operator in der zweiten Arbeitsreihe. Wir versuchen so wenig wie möglich Kommunikation über Interkom zu machen, um die Abläufe einfach zu halten“, sagt Marggraff. Eine Interkom-Kommunikation findet allerdings mit der Aufnahmeleitung und Kameraleuten auf dem Platz und den Mitarbeitern externer Firmen auf dem Ü-Wagen-Compound statt. Hier stand zum Beispiel ein Wagen von LMC von dem aus die Super-Highspeed-Kamera Antelope AIR (Mark II SR) gesteuert wurde. Sie war in Gut Kaden in neuer Version basierend auf Phantom 642 am Start, jetzt mit neuem weißen Gehäuse und neuen Funktionen wie zum Beispiel die EVS-Integration. Vier dieser Kameras waren auch bei den Olympischen Spielen im Einsatz – beim Bogenschießen, Turnen, Basketball und Volleyball.

Die Super-Highspeed war in Gut Kaden meist in der Nähe der führenden Spieler im Einsatz. Sie lieferte wieder atemberaubende, gestochen scharfe Zeitlupenstudien von den Aktionen der Golfprofis. Von LMC wurden in Gut Kaden auch weitere Spezialkameras bereitgestellt. Die neue Ultra-Slomotion Full HD POV-Kamera (29x29x50mm) Antelope PICO mit 2/3 Zoll CMOS-Sensor und einem Leistungsvermögen von bis zu 340 Bildern pro Sekunde war am Tee 10 auf dem Boden direkt vor dem Abschlag installiert. „Das Besondere hier ist, dass sie die Spieler von vorne zeigt und diese die Bälle über diese Kamera hinwegschlagen“, erklärt Marggraff. Eine 2/3“ CCD HD-Minikamera vom Typ Camaeleon hatte LMC ferner auf einem 60 Meter hohen Steiger montiert. Sie sorgte mit einer extremen Fishey-Optik für eine Gesamtübersicht des kompletten Golfplatzes.

In Gut Kaden am Start waren 15 kabelgebundene Kameras (LDK 8000 von Grass Valley) an 19 verschiedenen Kamerapositionen, darunter 16 Kameratürme, die meist hinter den Grüns der jeweiligen Spielbahnen aufgebaut waren. Ein Jimmy-Jib-Kran von PMT wurde wechselweise am Tee 1 und an Loch 18 eingesetzt. Eine Kamera war auf dem erwähnten Steiger platziert. Sie war mit einem 100x-Canon-Objektiv ausgestattet. Auf dem Platz von Gut Kaden waren zudem vier drahtlose Kameras (RF-Kameras) unterwegs. Die Antennen dafür waren an dem Steiger-Korb angebracht. Die Jimmy-Jib-Kamera arbeitete mit von Rent4Event bereit gestellter Drahtlostechnik vom Typ LINK 1500. Die gleiche Technik nutzte auch die Antelope AIR. Sie arbeitete zudem mit der Telemetrie-Steuerung Riedel Conductor. Die bei den Schueco Open genutzten Optiken stammten alle von Canon. Zum Einsatz kamen unter anderem sechs 22x-Optiken und zwei 40x-Optiken jeweils mit Extender sowie elf 86x-Optiken und eine 100x-Optik. Für den Ton sorgten neben den Kameramikrofonen auch vier drahtlose Shotgun-Atmo-Mikrofone.

„Insgesamt haben wir 26 Kamerapositionen verkabelt. Vier Kameras wurden umgesetzt, wenn der letzte Flight durch war. Dazu gab es auch eine entsprechende Crew-Rotation. Kameraleute sind zu der Position gegangen, wo sie gebraucht wurden“, berichtet Marggraff. Insgesamt wurden für die TV-Produktion in Gut Kaden 30 Kilometer Kabel verlegt.

Eine Live-Übertragung des Turniers gab es bei Sky Sport News HD und acht weiteren Sender weltweit. Sky war mit einem eigenen kleinen SNG vor Ort. Insgesamt nutzten 21 Sender weltweit das von einem SNG-Wagen der Fernsehwerft auf Satellit geschickte Signal für ihre Golf-Berichterstattung.

Eine Woche nach Gut Kaden arbeitete die Produktionsmannschaft rund um Felix Marggraff bereits beim nächsten Golf-Turnier, diesmal bei den Irish Ladies Open 2012 in Killeen Castle bei Dublin – wieder mit dem Mediatec-Ü-Wagen aber mit etwas kleinerem Set-up. Es folgen in diesem Jahr noch weitere Tunierproduktionen der Ladies European Tour wie der Tenerifa Open und Anfang Dezember dann das große Finale in Dubai.

Unterschiedliche Produktionskonzepte

Maggraff, seit drei Jahren nun in der Golfproduktion unterwegs, hat für die Golf-Events vier unterschiedliche Produktionskonzepte entwickelt, um möglichst effizient mit kleiner Crew maximalen Output generieren zu können. Das kleinste Set-up ist mit sechs XDCAM-Kameras ausgerüstet. Auf Disk aufgezeichnet werden sogenannte Weekly Highlights, die in der Folgewoche ausgestrahlt werden können. Das nächste Setup („Zwei plus vier“) arbeitet mit vier Funkkameras und zwei drahtgebundenen, die auf verschiedenen Kamerapositionen eingesetzt werden können. „Damit machen wir sogenannte Daily Highlights und produzieren den ganzen Tag Live-to-Disk oder Live-to-EVS. Mit den Signalen können wir auch Inhouse-TV realisieren. Die hier zusammen geschnittenen Highlights werden am gleichen Abend auf den Satellit gegeben, wo sie sich die interessierten Sender dann abgreifen können“, erklärt Marggraff.

Das dritte Set-up ist mit zwölf bis 15 Kameras für Live Streaming, Inhouse-TV, Live-TV-Übertragung und Weltbild-Produktion ausgelegt. „Und dann gibt es schließlich noch die Full-Size-Produktion wie hier in Gut Kaden mit bis zu 26 Kameras, wo wir in der Lage sind, eine lange Live-Strecke ordentlich abzubilden“, berichtet der Golf-Regisseur.

In der Schublade hat er noch ein weiteres Konzept für vier Funk- und sechs fest installierte Kameras. „Damit würden wir gerne schaffen, Damengolf wie die Ladies European Tour am Samstag und am Sonntag jeweils zwei Stunden live zeigen zu können. Wir würden im Prinzip gerne Daily Highlights produzieren und zwar sehr magazinig“, berichtet er. Marggraff ist überzeugt davon, dass die Ladies European Tour als sehr junge und frische Turnier-Reihe für die TV-Übertragung sehr vielversprechend ist. Um die Produktion zu finanzieren, müsse aber erst mal der richtige Sponsor gefunden werden. „Wir befinden uns hier in einer Chicken-Egg-Situation. Wir haben ein Produkt, dass man gut produzieren und vermarkten könnte, wenn nur ein Sponsor da wäre. Dann würden auch die TV-Sender mitmachen.“ Marggraff weiss auch, dass eine erfolgreiche Golfproduktion sehr viel mit Teamwork zu tun hat. „Ein homogenes Team, indem die Leute gut zusammenarbeiten können, und die Motivation der Mitarbeiter sind Schlüssel zum Erfolg“, meint er. Marggraff: „Eine Golfproduktion ist vergleichbar mit der gleichzeitigen Produktion von 18 Fußballspielen. Jedes Fairway steht letztendlich für ein eigenes Spielfeld. Da läuft immer sehr viel parallel und man muss sich über Stunden stark konzentrieren, um den Überblick zu behalten. Die EVS-Operator im Ü-Wagen sind da eine ganz wichtige Stütze. Sie produzieren in der zweiten Reihe all das, was parallel passiert. Ich muss mich auf sie blind verlassen können. Das was sie anbieten muss erstens richtig und zweitens gut sein“, betont Marggraff. Die EVS-Operator schneiden über Kreuzschienenpanels auf denen alle Kameras isoliert abgesteckt sind. Marggraff: „Sie müssen am Spielgeschehen immer nah dran bleiben und wählen die Kameras so aus wie ich sie vorne schneiden würde. Deshalb ist der Ü-Wagen von Mediatec auch so ideal für den Golfsport, weil die Kolleginnen und Kollegen in der zweiten Reihe auch die komplette Monitorwand mit den Vorschaumonitoren für 26 Kamera-Signale sehen können. Auch das hilft dabei, ohne Kommandoanlage und nur auf Zuruf zu arbeiten.“ Der Regisseur lobt ausdrücklich auch die Mediatec-Crew. „Die Leute hier sind wirklich gut“, betont er.
Eckhard Eckstein
(MB 09/12)

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