Keine weiteren Zukäufe geplant

Unitymedia Kabel BW ist mit 6,7 Millionen erreichbaren Haushalten nach Kabel Deutschland (KDG) zweitgrößter Kabelnetzbetreiber in Deutschland. Nimmt man die deutschsprachigen Haushalte in der Schweiz und in Österreich dazu, dann sind es knapp zehn Millionen Haushalte. Das macht fast ein Drittel aller Kabelhaushalte der Mutterfirma Liberty Global aus. Entsprechend wichtig ist der hiesige Kabelmarkt für den Konzern. Das betonte auch Liberty-Chef John Malone anlässlich der Eröffnung des Berliner Unity-Büros. Mit Lutz Schüler, CEO von Unitymedia Kabel BW, sprach MEDIEN BULLETIN über neue Pläne und Strategien.

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Keine weiteren Zukäufe geplant

Was lange niemand mehr erwartet hat ist jetzt doch eingetroffen: Liberty Global ist im deutschen Markt angekommen. Was ist daran Zufall, was sorgfältig durchdachte Langfriststrategie?

Lutz Schüler: Mit den Kaufsummen von 3,5 Milliarden Euro für Unitymedia bzw. 3,16 Milliarden Euro für Kabel BW war die Entscheidung, in Deutschland aktiv zu werden, wohl überlegt und langfristig geplant. Der Deutsche Markt weist große Wachstumschancen auf, so steckt insbesondere in der Vermarktung von Triple Play Angeboten aus schnellem Internet, Telefonie und Digital TV viel Potential. In anderen Liberty Global Tochterunternehmen ist die Anzahl der Kunden, die drei oder mehr Dienste abonniert haben, wesentlich höher. Mit 12,6 Millionen erreichbaren Haushalten in den wirtschaftlich stärksten Regionen Deutschlands sehen wir sehr optimistisch in die Zukunft.

Steht jetzt eine Namensänderung in Liberty Global Deutschland an?

Im Juli dieses Jahres wurde der neue, gemeinsame Unternehmensname Unitymedia KabelBW offiziell eingeführt. In der Endkundenkommunikation setzen wir allerdings weiterhin auf Markennahmen Unitymedia und Kabel BW, da diese im Markt etabliert, bekannt und beliebt sind.

Das Look und Feel des Markenauftritts wurde jedoch überarbeitet und mit einem dreidimensionalen, mehrfarbigen Logo in Blütenform emotionaler gestaltet. Mit diesem neuen Auftritt ist Unitymedia Kabel BW nun auch in der Kundenansprache auf Augenhöhe mit führenden Marken für Telekommunikation und Unterhaltung.

Was waren die Faktoren für den Erfolg von Unitymedia im deutschen Markt?

Die Bereitschaft der Investoren, nach dem Verkauf der Kabelnetze ab 2001 massiv in den Ausbau der Netze zu investieren sowie den zersplitterten Kabelmarkt zu konsolidieren, hat eine beispielhafte Aufholjagd gegenüber den Telekommunikationsunternehmen ermöglicht und einen echten Infrastrukturwettbewerb in Deutschland in Gang gesetzt – zum Wohle der Kunden. Basis des Erfolgs ist die technisch überlegene und sehr leistungsfähige Kabelinfrastruktur, die bereits heute mit wenigen technischen Anpassungen Internetdownloadgeschwindigkeiten von bis zu 400 Mbit/s ermöglicht – zusätzlich zu Telefonie und der Übertragung von mehreren Hundert TV Sendern. Neben dem Aufbau von Hochleistungsnetzen waren auch die konsequente Etablierung einer starken Konsumentenmarke, die Zusammenstellung attraktiver Bündelangebote und der erfolgreiche Ausbau unserer Partnerschaft mit der Wohnungswirtschaft entscheidend für den Unternehmenserfolg.

Wie beurteilen Sie aus der Distanz das „Arena“-Abenteuer? Ist so etwas noch einmal denkbar und wie hätte es möglicherweise ein Erfolg werden können?

Die Investition in Arena hat damals zahlreiche Vorteile für das Unternehmen gebracht. Der deutsche Markt für Premium-Programme wurde in Bewegung versetzt und nicht nur die Digitalisierung bei Unitymedia vorangetrieben, sondern auch der Absatz von Triple-Play-Paketen gesteigert. Mit der Beendigung der Satelliten-Plattform arena Sat im September 2010 wurde das unterm Strich wirtschaftlich erfolgreiche Projekt eingestellt. Unser Mutterkonzern Liberty Global schaut sich stetig nach neuen attraktiven Investitionsmöglichkeiten um – der Kauf von Bundesliga-Übertragungsrechten ist derzeit aber kein Thema.

Ein ganz wichtiger Baustein war sicherlich die Konsolidierung der NE4. Wo stehen Sie heute?

In Deutschland sind etwa 2.000 Kabelnetzbetreiber aktiv. Dem gegenüber stehen insgesamt drei Telekommunikationsunternehmen mit eigener Infrastruktur, die im Gegensatz zu den Kabelanbietern ihre Produkte landesweit anbieten können. Die Bestrebungen, den zersplitterten Kabelmarkt zu konsolidieren, um Skaleneffekts zu erreichen und gegen die internationalen Wettbewerber bestehen zu können, folgen einer industriellen Logik, die in ganz Europa erkennbar ist.

Die Netze bzw. Teilnetze einiger kleinerer Betreiber wie beispielsweise von der KfGW, Tele Columbus West und Primacom wurden bereits erfolgreich in das bestehende Unitymedia KabelBW Netz integriert. Liberty Global ist grundsätzlich an weiteren Konsolidierungen interessiert, derzeit sind aber keine Zukäufe geplant.

Satellit wird allmählich interaktiver. Mit LTE wird das mobile surfen immer attraktiver, nicht zu verschweigen der Netzausbau der DT. Wie beurteilen Sie den Markt und wie sehen Sie sich als Kabelunternehmen aktuell und zukünftig positioniert?

Mit LTE, den Festnetzausbauplänen der Telekommunikationsunternehmen und den Glasfaser-Ambitionen der City Carrier befinden wir uns in einem sehr dynamischen Marktumfeld. Für die Verbraucher bedeutet mehr Infrastrukturwettbewerb günstigere Preise und attraktivere Angebote.

Wir als Medien- und Telekommunikationsunternehmen haben durch massive Investitionen in unsere Netze diesen Wettbewerb der Infrastrukturen maßgeblich vorangetrieben. Diese strategischen, über viele Jahre hinweg getätigten Investitionen münden nun in den sehr positiven Wachstumszahlen.

In LTE sehen wir insbesondere eine geeignete Breitbandlösung für die Erschließung ländlicher Regionen und für mobile Anwendungen. Trotz des steigenden Wettbewerbs durch LTE auch für stationäres Breitbandinternet, beispielsweise in Großstädten, sind wir Dank des hervorragenden Preis-Leistungsverhältnisses der Kabelangebote zuversichtlich, diesen Vorsprung halten zu können.

Die Ausbaupläne der großen, national agierenden Telekommunikationsunternehmen sind vergleichsweise überschaubar, insbesondere im Hinblick auf Investitionen in zukunftsfähige Hochleistungsnetze, die mit den Leistungsdaten der Kabelnetzbetreiber vergleichbar sind. Mit rund 25 Prozent seines Umsatzes übertrifft die Investitionsquote in Netze und Kundengewinnung bei Unitymedia KabelBW die Investitionen der Telkos bei weitem. Wie auf der ANGA Cable 2012 im Rahmen eines Live-Tests unter Beweis gestellt, sind Triple-Play-Angebote mit Internetgeschwindigkeiten von 1,5 Gbit/s über das Kabelnetz bereits heute realisierbar. Durch die weitere Netzaufrüstung und -erweiterung sowie Investitionen in Innovation und Kundenservice sind wir für die Zukunft hervorragend aufgestellt.

Auch TV wird zunehmend mobil und „connected“. Was bedeutet das für Ihre Angebotsstrategie und wie weit sind Sie mit der Einführung von Horizon; macht ein solcher proprietärer Ansatz ob der zunehmenden echten Konvergenz überhaupt noch Sinn?

Mit Horizon, das in den Niederlanden im September eingeführt wurde und in Deutschland im ersten Halbjahr 2013 startet, schaffen wir ein ganz neues TV Erlebnis. Die elegante Medien- und Unterhaltungsplattform für zu Hause integriert Kabel-, webbasierte- und persönliche Inhalte nahtlos und steht damit für echte Konvergenz. Kabelkunden können die neue TV-Erlebniswelt von Horizon aber nicht nur auf dem TV-Bildschirm genießen: Mit einer einfachen intuitiven Benutzeroberfläche und einer leistungsstarken Empfehlungsfunktion ist der Nutzer in der Lage, Inhalte zu Hause auf verschiedenen Bildschirmen und Geräten kabellos zu sehen.

Sie haben jetzt eine Hauptstadtrepräsentanz in Berlin gegründet. Was ist deren Ziel? Beziehungsweise was ist der Stellenwert von Deutschland für Ihre Mutter?

Unser Mutterkonzern Liberty Global ist in 13 Ländern aktiv, Schwerpunkt des Geschäfts ist Europa. 40 bis 50 Prozent des Wachstums der ganzen Gruppe kommen von dem deutschen Tochterunternehmen Unitymedia KabelBW, das dementsprechend im Fokus steht.

Das durch die Zusammenführung neu entstandene Unternehmen will verstärkt Präsenz in Berlin zeigen, um dieses Wachstum auszubauen, näher am politischen Geschehen zu sein und auch seiner neuen unternehmerischen Verantwortung noch besser gerecht zu werden. Denn mit der neuen Größe trägt das Unternehmen maßgeblich zur Sicherung des Wirtschaftsstandorts Deutschlands bei: In den Bundesländern NRW, Hessen und Baden-Württemberg erfüllt Unitymedia KabelBW bereits heute die Breitbandziele der Bundesregierung für 2014 – und zwar im Alleingang. Die Investitionen in den Breitbandausbau heizen den Infrastrukturwettbewerb weiter an und die leistungsfähigen Angebote für Privat- und Geschäftskunden fördern die Digitalisierung des Landes.

Als einer der führenden Anbieter von digitalen Diensten in Deutschland hat sich Unitymedia KabelBW zum Ziel gesetzt, bei der weiteren Gestaltung der zukünftigen Rahmenbedingungen noch aktiver mitzuarbeiten. Denn für uns bedeutet Unternehmertum auch immer Verantwortung – wirtschaftlich und gesellschaftlich.

Mit „made in.de“ zeigen Sie erstmals massiv Flagge in der deutschen Hauptstadt. Was ist die Strategie hinter diesem Auftritt?

2012 wurde das Label „Made in Germany“ 125 Jahre alt. Seither hat es sich in der ganzen Welt als Synonym für erstklassige Qualitätsprodukte wie Maschinen, Werkzeuge oder Automobile etabliert. Heute bestimmt die Digitalisierung immer größere Teile der Wirtschaft – von Geschäftsabläufen über Produktionsprozesse bis hin zu neuen Geschäftsmodellen. Einen deutschen Markennamen von internationalem Ruf sucht man hier jedoch vergeblich. Mit ihrem zukunftssicheren Hochleistungs-Breitbandnetz schaffen die Telekommunikations- und Medienunternehmen Unitymedia KabelBW und Liberty Global als Muttergesellschaft eine wesentliche Grundlage dafür, dass Deutschland zukünftig eine gewichtige Rolle im globalen digitalen Markt einnehmen kann und ein attraktiver Wirtschaftsstandort bleibt. Hier gibt es im internationalen Vergleich noch großes Optimierungspotenzial, das wir fördern möchten. Für uns bedeutet Unternehmertum auch immer Verantwortung – wirtschaftlich und gesellschaftlich. Ausdruck des gesellschaftlichen Engagements von Unitymedia KabelBW und Liberty Global ist der made in.de-Award, den die Unternehmen am 17. Oktober in Berlin im Rahmen eines exklusiven Abendevents erstmals vergeben haben. Mit ihm ehren Unitymedia KabelBW und Liberty Global jährlich ein aufstrebendes Geschäftsmodell aus der digitalen Welt, das in Deutschland und über die Grenzen Deutschlands hinaus erfolgreich ist – eben typisch „made in.de“.

Was sind Ihre mittel- und langfristigen Ziele? Wir wird die Kabellandschaft in Deutschland in, sagen wir zehn Jahren aussehen?

Wir werden weiterhin in die Basis unseres Erfolges, die Leistungsfähigkeit unsere Netze, investieren. Unser Produktportfolio werden wir kontinuierlich erweitern und optimieren sowie verstärkt auf Konvergenz ausrichten. Eine Weichenstellung wird hierbei die Einführung des Media-Home-Gateway Horizon sein, dass die TV-Landschaft in Deutschland revolutionieren wird. Die Kabellandschaft wird in zehn Jahren vermutlich nicht mehr als solche bezeichnet werden, denn entscheidend wird nicht mehr die Infrastruktur sein, sondern allein die Fähigkeit, in einer digitalen Medienwelt, die von immer schnelleren Innovationszyklen geprägt wird, mit attraktiven Produkten und gutem Service bei den Kunden zu Punkten.
Dieter Brockmeyer
(MB 12/12_01/13)