Auf dem diesjährigen Sponsor’s Sports Media Summit im Düsseldorfer ISS Dome wurde darüber diskutiert, ob Social Media- und Bewegtangebote im Internet künftig auch die weniger populären Sportarten und den Breitensport stärker an das Licht der Öffentlichkeit führen können. Für den Einstieg ins Thema sorgte Raoul Hess, Geschäftsführer der DOSB New Media GmbH, Tochter des Deutschen Olympischen Sportbunds, die sich als zentraler Multimediadienstleister für die Mitgliedsverbände positionieren will. Er gewährte einen Blick auf den Entwicklungsstand der Plattformen die das Unternehmen gerade erprobt und mit deren Rollouts noch in diesem Jahr begonnen werden soll. „Bewegtbild wird dabei eine zentrale Rolle zukommen“, meinte er. Ob das auch tatsächlich funktioniert, da gehen die Ansichten freilich noch weit auseinander: „Bewegtbild spielt meiner Meinung nach nur am Rande eine Rolle. Das Wichtige bleibt nach wie vor, die ARD dazu zu bringen, breiter auf Sportereignisse einzugehen“, meinte etwa Clemens Prokop, Präsident des Deutschen Leichtathletik-Verbands. Wo der öffentlich-rechtliche Senderverbund etwa die Programmflächen dafür hernehmen soll ist nur eine der Fragen, auf die der Manager eine Antwort schuldig bleibt – wie schon viele vor ihm in den letzten Jahren in denen die Forderung immer wieder hoch kocht.
Von daher ist klar, dass auf die nächste mediale Konvergenzstufe große Hoffnungen gesetzt werden und dieser Einwurf ging eigentlich unter in den Best Practises- oder Projektbeispielen. Welche Kraft sich hier entfaltet zeigte beispielhaft etwa auch der Blick auf die NFL, die amerikanische National Football League, die aggressiv in den Rest der Welt expandiert und das in seiner Medienstrategie untermauert. Mit einer Lizenzvereinbarung im Wert von jährlich 2,8 Milliarden US-Dollar bis zum Jahr 2023 ist die NFL sicherlich die finanzstärkste Profisportliga weltweit. Alister Kirkwood, für die NFL Aktivitäten in Europa verantwortlich, wo im vergangenen Jahr bereits fünf nationale Begegnungen der Liga ausgetragen wurden, zeigte Möglichkeiten der Medienvermarktung auf, von denen wir hier in Deutschland noch Lichtjahre entfernt scheinen. Neben dem regulären Liga eigenen NFL Kanal, der rund um die Uhr die Fans mit Spiel, Spaß und Informationen rund um die Uhr versorgt, ist die NFL mit Red Zone einen völlig neuen Weg gegangen. Die Red Zone, das sind die rund 20 Meter vor der Torlinie, die im amerikanischen Football am heißesten umkämpft sind und wo die größte Möglichkeit zu einem Touch Down besteht.
Der Kanal schaltet jedes Spiel auf, wenn dort spektakuläre Action stattfindet. Es handelt sich also um einen reinen Highlightkanal, allerdings mit einer Besonderheit. Da an einem Spieltag teils sieben Begegnungen parallel laufen, setzt Red Zone bei parallelen Ereignissen den Splitscreen ein, das heißt, der Zuschauer kann die Highlights von bis zu sieben Spielen gleichzeitig auf einem Screen verfolgen. Das war am Anfang auch der Grund für einige Skepsis auf Seite der Kabelnetzbetreiber: „Wir haben deshalb gesagt, wir machen das erst mal für ein Jahr und schauen wie es ankommt“, so der US Manager. Die Erwartungen seien vollends in den Schatten gestellt worden. Red Zone sei heute eines der populärsten Sportangebote im US TV. „Wir sind mit unseren Spielen auf allen Kanälen präsent, so dass ein Fan alles sehen kann, egal wo er ist. In den USA im TV und weltweit im Internet“, fasste Kirkwood die NFL Strategie zusammen.
Und auch in den Social Networks ist der Sport eine zentrale Größe. Die Fanseite des FC Liverpool hat inzwischen deutlich über neun Millionen „Likes“. Oliver Kaiser, Mitinhaber der Berliner Agentur Ledavi, die sich auf „Emotional Brand Building“ spezialisiert hat, betonte freilich, dass die Anzahl der „Likes“ noch nichts über die Qualität oder das Involvement dieser Fans aussagten. „Ein Verein wie Bayern München hat vielleicht nur vier Millionen Likes, aber 600.000 davon sind tatsächlich im Durchschnitt täglich auf der Seite aktiv, während ein Verein wie Liverpool zwar nominal deutlich mehr Fans auf Facebook hat, wovon durchschnittlich aber nur 200.000 am Tag auch involviert sind“, so der Markenexperte. Matt Owen, der die Facebook Aktivitäten des FC Liverpool verantwortet, wollte das so nicht stehen lassen. „So etwas hängt immer auch von den Ereignissen ab“, betont er: „Die Saison ist am Ende für uns nicht wirklich optimal gelaufen, so dass im Moment andere Vereine stärker im Fokus sind. Das zeigt sich dann auch ganz schnell auf den Fanseiten im Internet. In der nächsten Saison sieht das dann vielleicht ganz anders aus.“ Für den Chef der Beratungs- und Forschungsgruppe Goldmedia, Klaus Goldhammer, geht an Facebook sowieso kein Weg vorbei, wie er aus seinem Beispiel aus der internationalen Medienlandschaft schließt: „ Der englische Guardian band sich erstmals in Facebook ein und nur ein halbes Jahr später generierte die Zeitung über das Soziale Netzwerk mehr Traffic auf seinem eigenen Portal als über Google.“ Von daher steht sein Fazit fest: „Kein Sportverein kommt an einem Engagement auf Facebook vorbei!“
Doch auch bei dem Thema Bewegtbild entwickeln sich große Spielräume für die Vereine, wie der Rechtsanwalt Pietro Graf Fringuelli, von der Law Factory CMS Hasche Sigle am Beispiel des Fußballs betonte. Die DFL vermarkte zwar die nationalen Rechte, die individuellen Rechte aber, könnten weiter von den Vereinen selbst vertreten werden. Die Regeln für eine Verwertung der eigenen Spiele im Vereinseigenen Internetportal seien im vergangenen Jahr sogar noch spezifiziert worden und würden jetzt ausdrücklich auch die Verwertung der Spiele über Apps einschließen. „Bis zu zehn Spiele, auch historische Begegnungen, können gleichzeitig bereitgestellt werden. Das muss entgeltlich geschehen, aber das kann theoretisch für ein Eurocent pro Abruf sein“, fasst der Jurist zusammen. Ähnliches gilt übrigens auch für die Vermarktung von Games, also „Computerspielen“, für die ähnliche Regeln gelten. Dass das Business mit den Apps für Vereine auch den einen oder anderen Fallstrick enthalten kann, verdeutlichte Jan Wendt, Geschäftsführer von Media Management Hamburg, MMH. Die Verhandlungen würden auf jeden Fall kompliziert, da die Anzahl von Plattformen, etwa durch HbbTV, mit denen jeweils einzeln verhandelt werden müsse, explodierte. So gibt es nicht nur die Mobilfunkplattformen Androit und Apple. Hinzu kommen jetzt auch die TV-Gerätehersteller wie Samsung oder LG, die für ihre Geräte eigene App-Plattformen unterhielten oder die Hersteller von Spielekonsolen, die immer stärker zu Kommunikationszentralen ausgebaut würden, und schon heute als Eingangsportale auch in die TV Welt genutzt würden. Unter dem Strich lohne es sich aber für die Vereine, so das Fazit Wendts. Ein inoffizieller Kommentar eines Medienexperten im Gespräch mit MEDIEN BULLETIN auf dem Sports Media Summit relativiert die Komplexität der Aufgabe für die Vereine wieder etwas. Er meinte: „Wendt tut so, als ob diese Zersplitterung bei den Apps immer so bleiben würde, dabei dürfte schon bald auch hier ein Verdrängungswettbewerb einsetzen. Die Wahrscheinlichkeit, dass am Ende nur einige wenige Plattformen übrig bleiben ist zumindest sehr hoch.“
Bewegtbild und Social Media sind ganz klar in ihrer Bedeutung für den Sport erkannt, so muss ein erstes Fazit des Summit ausfallen. Das heißt aber nicht, dass das klassische zentrale Massenmedium Fernsehen bislang an Bedeutung verlöre. Das zeigte sich schon an den Themen des Tages, wo sich TV immer wieder in den Vordergrund spielte. Erst recht aber am Ende, das sowohl mittel- als auch unmittelbar von einem TV-Ereignis geprägt war und worauf die ganze Dramaturgie des Tages ausgerichtet war: Die Vergabe der Fußball-Bundesliga-Rechte an Sky. Henning Stiegenroth, Leiter des Sportmarketings bei der Deutschen Telekom, wurde selbstverständlich auch schon in dem kleinen Nachmittagsworkshop auf das Thema angesprochen, bevor er sich auf der Hauptbühne ganz dem Thema widmen sollte.
Im Kern sagte er auch dort nicht mehr als am Nachmittag: Man sei in konstruktiven Verhandlungen und sich im Prinzip einig, zumal eine gemeinsame Lösung für alle drei beteiligten Sinn mache, sowohl für DFL, Sky und Deutsche Telekom: „Wir haben aber keine Eile, da wir noch ein ganzes Jahr Zeit haben“, so der Telekom-Manager. Wie eine solche Lösung aussehen könnte, darüber wurde in Fachkreisen immer wieder spekuliert worden, Stiegenroth sagte dazu allerdings nichts. Auch Brian Sullivan, CEO von Sky Deutschland, hielt sich an diesem Punkt sehr zurück, wie über das ganze Thema Bundesliga-Rechtevergabe. „Mit dem Ergebnis können wir aber sehr gut leben“, sagte er lediglich über seine „intensivste Zeit in seinem Berufsleben“. Etwas Licht kam erst am nächsten Tag in die Welt, als die Financial Times Deutschland, von wohl informierten Kreisen gestützt, über das beschlossene Ende des Telekom-Angebots Liga Total berichtete. Die Telekom werde zukünftig nur noch als Vermarkter des Sky-Angebots auftreten, die Details müssten noch weiter verhandelt werden. Damit wären die Spekulationen um einen Sublizensierungsdeal vom Tisch, der auch die strategischen Optionen von Sky begrenzen würde. Eines machte Sullivan auf dem Sports Media Summit indirekt zumindest klar. Um die Refinanzierung der teuren Fußballrechte ist ihm nicht bange. Der jetzt deutliche positive Trend von Sky Deutschland werde sich fortsetzen. In diesem Jahr könnte es bereits ein schwarzes Quartal geben, vom nächsten Jahr an stellte er den Ausblick durchgängig positiv dar. „Ich war vor zwei Jahren hier und habe da gelernt, dass ich so etwas erst wieder machen sollte, wenn ich wirklich etwas vorzuweisen habe“, sagte Sullivan. Er habe im vergangenen Jahr deshalb ganz bewusst ausgesetzt: „In diesem Jahr bin ich um so lieber wieder hier!“
Dieter Brockmeyer
(MB 07/08_12)