TV-Produktion in der Cloud

Wie schon auf der NAB 2013 spielte auch auf der IBC 2013 das Thema Cloud-basierte Lösungen für die Film- und TV-Produktion eine wichtige Rolle. Sony Media Cloud Services startete zur IBC zum Beispiel seine neue Ci-Plattform in Europa und gab dazu einige Erweiterungen wie die Integration von drahtlosen Kamerasystemen bekannt.

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TV-Produktion in der Cloud

Auf der Sony-Pressekonferenz zur IBC 2013 widmete man sich zunächst erwartungsgemäß und ausführlich neuen Produkten und Lösungen für 4K und Ultra HD. Dann hatte, wie schon auf der NAB 2013, Naomi Climer, Präsidentin von Sony Media Cloud Services, ihren Auftritt. Nach den überzeugenden 4K-Präsentationen hatte sie es nicht leicht, ihr Cloud-Konzept anzupreisen. Dennoch wurde klar, dass die Einführung von Ci, der cloudbasierten Videoproduktions- und Bibliotheksplattform für Produktionsanwendungen, für Sony ein wichtiges Zukunftsthema ist.

Climer gab den Start der Ci-Plattform in Europa bekannt und berichtete über ein paar neue und verbesserte Services. Dazu gehören Ci RoughCut, eine browserbasierte Schnittanwendung für die Beschaffung, das Zusammenfügen und den Schnitt mehrerer Clips sowie Ci ReviewApprove, ein Tool zur standortunabhängigen gemeinsamen Kontrolle und Bearbeitung von Mediendateien in Echtzeit. Damit Anwender sofort auf Inhalte zugreifen können, wurde mit dem neuen Wireless Adapter CBK-WA100 auch eine Schnittstelle zwischen Kamera und Cloud entwickelt. „Produktionsteams sind heute auf immer mehr Produktionsorte verteilt. Die Produktion muss zunehmend schneller erfolgen – die zeitnahe und effiziente Verteilung der Inhalte von der Kamera an Cutter, Produzenten und Regisseure stellt eine große Herausforderung dar, insbesondere bei großen Datenmengen“, erklärte Sonys Media Cloud Services Präsidentin. „Mit Ci können Inhalte drahtlos von Kameras empfangen und mit Anwendungen wie RoughCut und ReviewApprove direkt verteilt und bearbeitet werden. Das beschleunigt den gesamten Workflow für alle Beteiligten und sie können direkt nach der Aufnahme der Inhalte mit der Arbeit beginnen.“ Mit den umfangreichen Studioanwendungen von Ci können Teams Inhalte zusammenstellen, organisieren, verwalten, schneiden, anpassen, prüfen, genehmigen und fertigstellen. Die neue Produktionsanwendung Ci RoughCut optimiert den Produktionsworkflow schon im Frühstadium des Schnittprozesses, indem Schnittlisten definiert, exportiert und mit anderen Anwendern gemeinsam verwendet werden können. Das browserbasierte Collaboration-Tool Ci ReviewApprove ermöglicht außer framegenauen Thread-Kommentaren auch Gruppendiskussionen mit Bildschirmbenachrichtigungen und den Export von EDL-Markern. Die erweiterte Medienverwaltung bietet Arbeitsumgebungen für Einzelanwender und Teams mit aktuell zu bearbeitenden Materialien sowie Bibliotheks-Tools zum Zusammenstellen.

Über den Drahtlosadapter CBK-WA100 von Sony kann das Material direkt per Netzwerk in die Cloud übertragen und der gesamte Prozess per Wi-Fi gesteuert werden. Dateien mit hoher Auflösung lassen sich per 3G, 4G, LTE oder Wi-Fi an eine Sendeanstalt übertragen oder direkt in die Cloud-Umgebung von Ci hochladen. Diese Funktion ermöglicht beispielsweise die Übertragung von Dailies von einem Außendreh, das schnelle Monitoring aufgezeichneter Bilder vor Ort sowie die gemeinsame Nutzung der Inhalte auf der Cloud-Plattform und vieles mehr. Ci wurde für große Produktionen, low-budget Indie-Filme sowie Fernseh-, Nachrichten- und Sportformate gleichermaßen entwickelt und bietet verschiedene Abonnement- und Paketoptionen für alle Produktionsbudgets und -anforderungen. Mit dem neuen Ci-Self-Servicemodell, das als Betaversion auf der IBC vorgestellt wurde, können sich Interessenten online anmelden und Ci sofort nutzen. Chris Cookson, Präsident von Sony Pictures Technologies, hielt zusammen mit Naomi Climer auf der IBC einen Vortrag zum Thema Workflow-Lösungen und erklärte hier wie digitale Workflows die Videoproduktion verändert haben und welche Rolle Ci und die Cloud dabei spielen können.

Cloud-basierte Workflows hatte auf der IBC 2013 auch Panasonic im Angebot. Die AJ-PX5000 und AJ-PX270, die ersten P2 HD Kameras von Panasonic mit AVC-ULTRA und integrierten microP2 Karten-Slots, können Proxy Videos über Mobilfunknetzwerke an Cloud Server senden. Ein zukünftiges Upgrade soll die gleichzeitige Aufnahme und Übertragung ermöglichen. Mit den Panasonic Kameras AJ-PX5000 und AJ-PX270 können Aufnahmen dann ohne Zeitverzögerung von mehreren Anwendern genutzt werden – per 3G/4G/LTE Dongle, welcher das bisherige Video-Uplink-Modul ersetzt. Dies verbessert und erleichtert die Arbeitsabläufe der professionellen Anwender nach Angaben des Unternehmens erheblich. Mit der Übernahme des europäischen Cloud-Service-Anbieters CAMERAMANAGER (Cameramanager.com) im Juli 2013 verfügt Panasonic über erhebliche Cloud-Kapazitäten, die für diese Workflows zur Verfügung stehen.

Auch am Stand von Wellen+Nöthen war neben der bekannten Get-to-gether-Bar ein Info-Terminal zur Cloud-basierten Liveproduktion aufgebaut. Das Kölner Systemhaus hatte sich unlängst über die Wellen+Nöthen Ventures GmbH als einer von vier Investoren an make.tv beteiligt, einem Unternehmen, das sich auf Cloud-basierte Live-Videoproduktion und Distribution spezialisiert hat.

„Cloud-basierte Architekturen ermöglichen standortunabhängiges Arbeiten, und intelligente Web- und Mobile-Applikationen bieten die Voraussetzung, um mit den Mediennutzern zu interagieren“, erklärt Dr. Frank Rauch, Vorsitzender der Geschäftsführung von make.tv . Eine Lösung, die diese und weitere Features in einem Internet-Live-Produktionstool vereint, bringe make.tv in den Markt. Die innovative Plattform kombiniere Funktionalitäten eines Ü-Wagens mit hoher Flexibilität für standortunabhängiges, teamgestütztes Arbeiten, bei dem Mitarbeiter weltweit eingebunden werden können. Flexibel funktioniert dabei auch die Zuspielung von Content: Neben vorproduzierten Inhalten lassen sich unterschiedlichste Live-Quellen wie Kameras, Smartphones oder Web-Cams in variabler Anzahl zuschalten. Dadurch kann die direkte Interaktion mit dem Zuschauer etwa in Form von Votings, Chats und Castings im laufenden Programm realisiert werden. Die auf make.tv produzierten Inhalte lassen sich im Web, Mobile sowie im TV verbreiten. Für interaktive Formate steht der make.tv Player zur Verfügung. Ausstrahlen lässt sich das Signal darüber hinaus auf Videoplattformen wie YouTube und Ustream oder über Content Delivery Networks (CDNs) wie beispielsweise Akamai, Level3 und Dacast. Auch die Ausspielung auf Cloud-basierte Massenspeicher für Re-Broadcasting oder als VoD-Angebot ist möglich.

„make.tv bietet einen völlig neuartigen Einstieg in die Welt der Live-Produktion. Mit seiner radikal schlanken Kostenstruktur öffnet make.tv den Zugang zu Märkten, die bislang kommerziell keine Relevanz besaßen“, weiß auch Peter Nöthen, Geschäftsführer bei Wellen+Nöthen. „Mit make.tv lassen sich Randsportarten, Events, Konferenzen, Konzerte, lokale und regionale News-Formate oder Independent-Produktionen wirtschaftlich rentabel herstellen“, betont er. Nöthen sieht deshalb große Potenziale, Live-Produktionen bei TV-Sendern, Verlagen und Medienanbietern mit Produktions- und Kostenvorteilen abzuwickeln und neue Möglichkeiten zur Platzierung zielgruppen-relevanter und personalisierter Werbung.

Eckhard Eckstein
(MB 10/13)

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