Völlig neue Möglichkeiten

IP4Media hat für kleine und mittlere TV-Sender und Postproduktionshäuser mit den „IBM AREMA LTFS Appliances“ ein erschwingliches Archivierungssystem entwickelt, das 2012 auf den Markt kommen soll. LTFS steht für Long Time File System und wird auf LTO-5-Datenbändern implementiert. Diese Bänder lassen sich dann, im Gegensatz zu bisherigen LTO-Storage-Lösungen, auf jedem anderen LTO-5-Laufwerk mit LTFS-Fähigkeit lesen und beschreiben. Das Vereinfacht manche Arbeitsprozesse deutlich.

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Völlig neue Möglichkeiten

„Durch den Übergang vom band- zum filebasierten Workflow in der Medienindustrie ist die Möglichkeit eines einfachen Materialaustausches zwischen Produktionsbereichen an verschiedenen Standort verloren gegangen, beziehungsweise wurde deutlich komplizierter – nicht zuletzt weil der Aufbau der dafür nötigen Infrastrukturen mit sehr hohen Kosten verbunden ist“, erklärt Jörg Sondermann, System-Consultant von IP4Media. Mit den neuen Appliances bestehend aus IBM AREMA und IBM LTFS wolle man nun genau diese Lücke schließen. „LTFS ist zunächst einmal eine ideale Lösung für kleinere Archive, die nicht permanent in einer entsprechend großen und kostenintensiven Library vorgehalten werden müssen. Darüber hinaus wird der Austausch von LTO-5-Tapes zwischen Abteilungen und Unternehmen erst ermöglicht“, betont Sondermann.

IP4Media ist Spezialist für IT-basierte Systeme in der Broadcast- und Medienbranche. Das 2010 von Markus Wallis gegründete Unternehmen versteht sich als „Netzwerker“ in Sachen Beratung, Konzeption, Planung, Projektmanagement und Realisierung von Projekten in Produktion, Postproduktion und Broadcasting. Es ist zudem Distributor für IT-basierende Workflowlösungen und -Produkte. Mit IBM verbindet IP4Media eine starke Kooperation.

Das in der neuen IP4Media-Appliance eingesetzte IBM LTFS (Long Time File System) ist seit Mitte 2010 verfügbar. Dabei handelt es sich um ein selbstbeschreibendes Bandformat in XML Architektur zur Erfüllung der Anforderungen an Bandarchive. Implementieren lässt es sich auf einen sogenannten „Dual-Partition Linear Tape“ (LTO-5 und TS1140(Jaguar)). „Es lässt diese IT-Tapes aussehen und sich verhalten wie andere bewegbare Medien“, erklärt Sondermann. Files und Directories erscheinen auf dem Desktop und in Directory Listings, Daten zwischen unterschiedlichen Plattformen lassen sich gemeinsam nutzen und Drag [&] Drop von Files zu/von Tape ist möglich.
„Für LTFS sind partitionierte Medien notwendig“, betont Sondermann. Partitionierung der Medien ist die logische und physische Teilung des Bandes in zwei Segmente: Die Index Partition (Partition 0) enthält die Filesystem-Info (ca. 37.5GB) LTO-5, die
Data Partition (Partition 1) die Files (ca.1.5TB) LTO-5. Der LTFS-Treiber partitioniert das Medium.

IBM AREMA

AREMA steht für „Archive and Essence Manager“. Das System ist eigentlich unter der Bezeichnung IBM ADMIRA bekannt. Diese musste jedoch auf Grund vorhandener Namensrechte eines anderen Unternehmens geändert werden. IBM AREMA ist eine Essenzverwaltung, basierend auf einem HSM (Hierarchisches Speicher Management) und einer Workflow Engine. Die Architektur der Software beruht auf einem Kern und Agenten, die spezialisierte Aufgaben übernehmen können. IBM AREMA bietet laut Sondermann viele Vorteile gegenüber den Lösungen von Mitbewerbern. Dazu gehören Partial File Restore (Videofiles lassen sich partiell von Timecode bis Timecode transferieren), virtuelle Speicher (inhaltliche Gruppierung nach Metadaten nicht nur nach Filenamen), timecode-bewußte Übertragung (dabei wird ein Teil der Datei aus Cache-Speicher genommen und nur der fehlende Rest vom Band) und Tape-Quality-Management (Überprüfung des Bandzustandes). Sondermann: „Die Anzahl der Agenten beträgt mittlerweile 50, dadurch ergeben sich sehr vielfältige Einsatzmöglichkeiten. Kein Konkurrent bietet eine solche Bandbreite.“ Weitere Vorteile sind: Die Agenten lassen sich durch Clients überwachen. Wartung und Betrieb sind einfach. Rollback-/Transaktionsfähigkeit durch den „End-Of-Job“-Agenten ist möglich. Der Reconnect ist ausfallsicher (Fehlertoleranz, Single Point of Failure). Als Interface bietet das „ECSI“ (Schicht zur Business Logik) vielfältige Möglichkeiten der Jobsteuerung (if-else, Parsing, etc.).

IP4Media AREMA Appliances

Die IP4Media AREMA Appliances werden fertig installiert und konfiguriert mit IBM AREMA und LTFS for Libraries angeboten. Die Hardware-Komponenten bestehen aus einem IBM X3650M3 Server mit internen Platten als Disk Cache oder IBM X3650M3 mit externem Disk Cache plus IBM Tape Library der Baureihen TS 3100, 3200, 3310, oder 3500.
Ab Januar kommen die ersten Demosysteme auf den Markt. Preis: ab 50.000 Euro. Die Vermarktung läuft über die IP4Media–Partnerunternehmen.
„LTFS bietet in Verbindung mit AREMA einen gewaltigen Vorteil. Ich kann wie früher bei den Videotapes, Inhalte einfach kopieren und weitergeben. LTFS macht dabei den großen Unterschied. IT-Tapes konnte man bislang immer nur in der Instanz lesen, in der sie auch beschrieben wurden. Genau das wird mit LTFS verändert. LTFS überspielt das Band und man kann es weitergeben an die Produktion oder Postproduktion außer Haus. Man kann komplette Clips, die darauf sind, weitergeben, um sie woanders bearbeiten zu lassen“, erklärt Sondermann.

Das System lasse sich auch an nahezu jedes vorhandene Asset Management System anschließen. Es ermögliche dem Sender oder dem Postproduktionshaus nicht nur komplette Hires-Files zu bewegen, respektive zu kopieren, sondern auch timecodegenaues Partial Record und Partial Restore. „Aus einem Clip kann ich exakt den Teil zur Bearbeitung rausholen, den ich an irgendeinem Arbeitsplatz auch tatsächlich benötige. Das erledigt im Hintergrund beim Ingest vollautomatisch bereits die Lowres-Transcodierung. Lowres hat man von vorneherein immer zur Vorschau vorliegen. Die Hires-Kopien werden dann entsprechen migriert. Die Hires-Materialien werden auch beim Bearbeiten nicht direkt verwendet, sondern ebenfalls wieder als Kopie. Wichtig ist, dass das Ausgangsmaterial immer unverändert vorliegen bleibt“, betont der IP4Media-Systemberater.

Vorteil gegenüber diskbasierten Speichern

Den Vorteil vom Datenband gegenüber diskbasierten Speichermedien sieht er darin, dass bandbasierte Systeme ein wesentlich besseres Kosten-Nutzen-Verhältnis bieten. Sondermann. „Anschaffungs- und Betriebskosten sind deutlich günstiger. Eine Harddisk muss sich permanent drehen, wenn ich darauf Zugriff haben will. Ein bespieltes Band hingegen liegt erstmal ruhig und verursacht, bis es wieder benötigt wird, keine Kosten für Strom und Klimaanlage.“ Auch moderne Verfahren diskbasierter Archive betrachtet er mit Skepsis.
„Es ist meiner Meinung nach heute noch nicht ganz klar, inwieweit Platten es über längere Zeit hinweg verkraften, immer wieder neu angefahren und dann wieder in den Stillstand versetzt zu werden. Das Anfahren einer Platte ist immer ein kritischer Moment. Außerdem steckt die Platte ja meist in einem RAID-System und kann nicht einfach mitgenommen oder weitergeben werden. Das ist also schon mal ein ganz anderer Archivierungsansatz.“

Mit den IP4Media AREMA Appliances bietet man eine völlig neue, innovative und bezahlbare Lösung zum Archivieren und/oder Austausch von Videomaterial als Files. Anwendungsbereiche seien TV-Sender, Außenstudios, Außenproduktionen, Ü- und Produktionsfahrzeuge, Produktionsbetriebe für Distribution und Archivierung, etcetera. Die IP4Media AREMA Appliances seien sowohl als Archiv für Distribution und Produktion als auch für die Langzeitarchivierung geeignet.
„AREMA ist auf Grund seiner Technologie dazu ausgelegt, dass es in einem Langzeitarchiv immer automatisch Prüfroutinen verfügt, die nach einem festlegbaren Zeitraum die Bänder zieht, sie physikalisch auf beginnende Drop-Outs überprüft und die Inhalte bei Bedarf dann automatisch auf ein neues Medium überspielt.“, erklärt Sondermann.
Lösungen wie die IP4Media AREMA Appliances seien derzeit besonders bei kleinen und mittleren Broadcastern und Produktionshäusern gefragt. „Hier sehen wir unsere Chance. Wir wollen nicht an die großen Studios dieser Welt ran. Dafür sind wir als Unternehmen auch nicht geeignet“, sagt er.

Positive Resonanz

Die ersten Reaktionen auf die neuen Archiv-Appliances seien bislang sehr positiv ausgefallen. Sondermann: „Wir haben bereits eine ganze Reihe potentieller Kunden, die darauf warten, ein solches System testen zu können. Einige haben auch bereits ein Budget für die Anschaffung frei machen. „Aus unserer Sicht handelt es sich bei AREMA um die erste wirkliche Archivlösung, die sich kleine und mittlere Medienunternehmen überhaupt leisten können. In den meisten Regionalsendern zum Beispiel ist eine Investition für ein Archivsystem, die bei einer Viertel Millionen Euro oder höher liegt, kaum machbar.“
Solche Unternehmen seien nun erstmals in der Lage, von den Vorteilen eines hochprofessionellen Archivsystems profitieren zu können. In der täglichen Arbeit würde das erhebliche Kosteneinsparungen bewirken, weil man vorhandenes Material schneller wiederfinden und nutzen könne. Bei den unübersichtlichen „Fensterbrettarchiven“ vieler kleiner Medienunternehmen sei das heute schier unmöglich.
Eckhard Eckstein
(MB 12/11_01/2012)

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