Das MXF-Format (Material eXchange Format) wurde entwickelt, um den Austausch audiovisueller Files, einschließlich Metadaten, zwischen den technischen Systemen verschiedener Hersteller im Rundfunk- und Videoproduktionsbereich zu vereinfachen. Das „Wrapper“-Format, auch als Container-Format bezeichnet, beinhaltet verschiedene Essenzen wie Video, Audio und Daten und beschreibt diese mit Hilfe von Metadaten. Unter anderem werden Informationen über das verwendete Kompressionsverfahren (Codec), Timeline und Dateilänge geliefert. Zur Beschreibung der MXF-Container verabschiedeten die SMPTE diverse „Operational Patterns“. Es gibt unterschiedlichste Profile und Container-Typen. „Die Komplexität des MXF-Formats ist so groß, dass verschiedene Hersteller bei ihren Systemen grundsätzlich nur die für ihre Anwendung relevanten Teile davon nutzen. Teilweise werden auch Details des Formats von Herstellern unterschiedlich interpretiert. Das führt zur Inkompatibilität von Anwendungssystemen“, erklärt Jörg Houpert, Technischer Leiter der Bremer Firma Cube-Tec International, die sich schon seit vielen Jahren mit Fragen des filebasierten Workflows befasst.
„Die mangelhafte Format-Interoperabilität, sprich die eingeschränkte Fähigkeit unabhängiger Systeme, MXF-Dateien gleichförmig zu interpretieren, ist nach Untersuchungen des IRT das häufigste Problem welches Anwender mit den aktuellen SMPTE-Standards haben“, betont Houpert. Die Wiederverwendbarkeit von Millionen von MXF-Dateien sei dadurch eingeschränkt, Techniker und Ingenieure in den Rundfunkanstalten müssten häufig viel Zeit in Ursachenforschung investieren. Sendeausfälle drohen. „MXF-Standards erlauben zwar eine sehr flexible Nutzung. In den vielen Freiheitsgraden liegt aber auch eine der Problemursachen für die mangelnde Interoperabilität“, meint Houpert.
Die deutschsprachigen öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten haben sich dem Problem angenommen und unter der Leitung des Instituts für Rundfunktechnik (IRT) sechs neue MXF-Profile spezifiziert, die diese Freiheitsgrade für den zukünftigen Programmaustausch minimieren sollen. Die finale 1.0 Version wurde im September 2014 veröffentlicht. Eigentlich sollten in diesem Jahr bereits ausschließlich die neuen Profile im Programmaustausch bei ARD, ZDF, ORF und Arte zum Einsatz kommen, nun wird die Umstellung doch noch etwas mehr Zeit in Anspruch nehmen
MXF Legalizer von Cube-Tec
Als erstes Unternehmen war Cube-Tec in der Lage, die sechs Profile standardkonform zu erzeugen. Die erzeugten Referenzdateien wurden vom IRT überprüft und offiziell als vollständig konform zertifiziert. Damit ist Cube-Tec nach Aussage des IRT weltweit der erste Hersteller, der die neuen MXF-Profile der öffentlich-rechtlichen Sender unterstützt.
„Mit der sehr zeitnahen Implementierung der ARD/ZDF MXF-Profile haben wir gezeigt, dass wir mit unserer Technologie schnell in der Lage sind, neue standardkonforme Lösung anzubieten. Dies wird den MXF Legalizer Anwendern helfen, die explodierenden Kosten durch die zunehmende Formatvielfalt zu stoppen und ihren Organisationen einen Wettbewerbsvorteil zu verschaffen. Natürlich helfen wir auch gerne anderen Partnern ihre Produkte kompatibel zu diesem wichtigen neuen Standard zu machen.“ betont Houpert. Und Jürgen Burghardt, Business Development Video von Cube-Tec International, ergänzt: „Damit wird der MXF Legalizer ein wichtiges Element, um Fehlerquellen beim File-Transfer von nicht standardkonformen oder problematischen MXF Files zu verhindern und kann als Referenzsystem für die Erzeugung und Einhaltung der ARD/ZDF MXF Profile eingesetzt werden.“
Im Gegensatz zu anderen QC Produkten wurde der MXF Legalizer von Grund auf für die Korrektur von Files entwickelt, nicht nur für die Analyse von MXF-Problemen. Videodateien unterschiedlichster Herkunft werden in standardkonforme, interoperable MXF-Files überführt und somit die Kompatibilitätsprobleme bei MXF-Files, die durch Container- und Bitstrom-Probleme verursacht werden, behoben. Mit der automatischen Fehlerbeseitigung geht der MXF Legalizer, laut Houpert, einen Schritt weiter als andere auf dem Markt verfügbare File-Analyse-Tools wie Baton von Interra, Aurora von Digimetrics, Cerify von Tektronix oder auch der IRT MXF Analyser. Das Tool steht damit für einen Paradigmenwechsel bei filebasierten Arbeitsprozessen.
Häufig versuchen Rundfunkhäuser heute noch die Interoperabilität zwischen ihren technischen Produktionssystemen durch Transcoder-Systeme sicher zu stellen. MXF-Videodateien werden dabei neu encodiert beziehungsweise in einen neuen Bitstrom mit neuem Datencontainer gewandelt. Hinsichtlich der Essenzen-Qualität ist dieses Verfahren indes verlustbehaftet. „Transcoder waren in der Vergangenheit die einzige File-basierte Möglichkeit alle Wandlungsprozesse nach dem gleichen Muster durchführen zu können, um homogene Dateiformate zu erhalten. Das ist ein einfacher Weg, der zwar zu Qualitätsverlusten führt, der aber ermöglicht Files, die von verschiedenen Herstellersystemen angeliefert werden, relativ sicher abspielen zu können“, räumt Houpert ein. Probleme entstehen hierbei aber, wenn durch den Transcoder Fehler in der Transportschicht in das Videosignal eingebrannt werden und danach mit automatischen Methoden nicht mehr erkannt werden können. Mit dem MXF Legalizer von Cube-Tec erreicht man eine höhere Standardkonformität, ohne dabei die Bildqualität zu verschlechtern. Im Gegensatz zu Transcodern wird beim MXF Legalizer auf ein Re-Encoden der Video-Essenz verzichtet. Dadurch vermeidet man die mit einer Neu-Encodierung verbundenen Rechenzeiten und Qualitätsverluste. Da es zu keiner Verschlechterung der Bildinformation kommen kann, entfällt auch der Zusatzaufwand für eine visuelle Nachkontrolle. Houpert: „Mit dem MXF Legalizer können MXF-Dateien vollständig in einem automatisierten Verfahren aufbereitet werden. Dieser High-Speed-Prozess überführt MXF-Dateien in standard-konforme, hochgradig interoperable Ausgangsdateien mit einer homogenen Struktur. Die erzeugten Ausgangsdateien entsprechen präzise dem gewählten MXF-Flavour.“
Background Cube-Tec
Die Cube-Tec International GmbH wurde 2005 gegründet, um neue Technologien zur Bewahrung audiovisueller Archive zu entwickeln, ebenso wie innovative Lösungen zur qualitätsüberwachten, automatischen Medienverarbeitung. Hervorgegangen ist Cube-Tec aus der Firma Houpert Digital Audio (HDA), die von Jörg Houpert 1990 noch während seines Elektrotechnik-Studiums an der Uni Bremen gestartet wurde.
Houpert hatte sich da auf Psychoakustik und digitale Signalverarbeitung fokussiert und während des Studiums der Firma Steinberg dabei geholfen, das Plug-in-Geschäft aufzubauen. Seit 2009 hat Cube-Tec auch eine US-Tochter als Vertriebsorganisation mit Vor-Ort-Support. „Wir kommen von der Audio-Seite. Im TV-Geschäft sind wir erst seit fünf Jahren, weil wir gesehen haben, dass viele unserer Audio-Themen immer mehr mit TV-Themen verschmelzen. Audio-only hätte uns auch kein weiteres Wachstumspotential geboten“, berichtet Houpert. Seit dieser Zeit befasse sich Cube-Tec auch mit MXF. „Auch bei Audio haben wir schon vorher bei der Fileformatanalyse und der Reparatur von Fileformaten viel in der Standardisierung mitgearbeitet. So sind wir relativ früh in die Thematik rein gerutscht.“
Das Cube-Tec-Kerngeschäft ist zwar immer noch im Audio-Bereich angesiedelt, im Video-Bereich hat man indes schnell aufgeschlossen. Der MXF Legalizer ist dort Cube-Tecs Hauptprodukt. „Vom Umsatz her verzeichnen wir dieses Jahr den Durchbruch bei Video. In den Jahren davor haben wir in dieses Geschäft nur rein investiert“, berichtet Houpert. Ein Grund dafür seien die langen Planungsphasen bei öffentlich-rechtlichen Sendern, die viel Geduld bei möglichen Geschäftsabschlüssen erfordern würden. Nicht so war das laut Houpert beim Neukunden RTP aus Portugal. „RTP hat nur sechs Wochen bis zur Kaufentscheidung gebraucht. Die Sender-Vertreter haben den Mehrwert des MXF Legalizers erkannt, um ihre defekten Files zu reparieren, und gleich das Projekt angeschoben“, berichtet der Technische Leiter von Cube-Tec.
In Deutschland gehören Studio Hamburg, die ProSiebenSat.1 Produktion und die WDR mediagroup zu den aktuellen Anwendern des MXF Legalizers. Bei ProSiebenSat.1 Produktion wurde das Tool zur Sicherstellung der zuverlässigen MXF-Kompatibilität in den Produktionsabläufen in die technische Infrastruktur integriert. Und bei der WDR mediagroup werden zwei MXF Legalizer Systeme zur Verbesserung der Qualitätssicherung bei der vom Archivierungssystem A.D.A.M (Automated Digital Archive Migration) am Standort Köln/Bocklemünd erzeugten Video-Files eingesetzt. A.D.A.M dient dem WDR seit 2011 zur Massenumspielung von analogen und digitalen Betacam-Bändern. Noch ganz frisch ist die Information, dass auch der WDR zwei Systeme für den Einsatz im HighRes-Archiv bestellt hat.
MXF-Korrektur als Cloud-Lösung
Zur IBC 2014 in Amsterdam hat Cube-Tec erstmals auch seinen neuen Cloud basierten MXF Legalizer Online Service vorgestellt. Für den Mediendatenaustausch zwischen Nutzer und Online-Dienst kommt dabei das vom Datenübertragungsspezialisten Tixel entwickelte TIXstream Express (TXE) zum Einsatz. Nahtlos integriert sorgt TXE laut Houpert für eine einfache, schnelle und sichere Übertragung auch großer Datenmengen über Weitverkehrsnetze. „Unsere Kunden wollen Mediendateien mit Größen von bis zu 100 GByte schnell, sicher und mit minimalem Aufwand im MXF Legalizer Online Service korrigieren“, sagt der technische Leiter von Cube-Tec. „Mit Tixel haben wir für diese Datentransferaufgabe einen geeigneten Partner gefunden. TIXstream Express ist eine robuste und leichtgewichtige File-Transfer-Lösung, die sich einfach in unsere Workflow-Engine integrieren ließ und für den Anwender praktisch unsichtbar bleibt. Dabei profitiert der Nutzer von erheblich reduzierten Wartezeiten bei den Up- und Downloads, was sich besonders bei großen Entfernungen sehr vorteilhaft auswirkt.“ In der TIXEL-Kooperation sei man nach wie vor sehr aktiv und ständig am Optimieren. Houpert: „Bei unserem Online Service geht es darum, Mehrwert zu schaffen und mehr Dienste anzubieten, die das Hochladen noch attraktiver, einfacher und sicherer machen.“
Der als SaaS-Dienst geplante MXF Legalizer Online Service wird aktuell aber noch nicht kommerziell angeboten und wird nur im Testbetrieb genutzt. „Wir wollen noch zuvor die Sicherheit, Skalierbarkeit und Stabilität des Dienstes weiter verbessern und nutzen ihn derzeit nur als Instrument, um Partnern weltweit den schnellen und einfachen Zugang zum MXF Legalizer zu geben.“ Ziel sei dabei, weitere Erfahrungen im Cloud-Geschäft zu sammeln. Der offizielle kommerzielle Startzeitpunkt des MXF Legalizer Online Services sei von der Nachfrage und der technologischen Entwicklung abhängig. „Wir sind dazu mit einigen Partnern im Gespräch. Und auch auf der Forschungsseite befassen wir uns damit weiter, um auch da die nächsten Generationen planen zu können“, erklärt Houpert. Viele Sender hätten heute auch noch „viele Bauchschmerzen“, wenn es darum ginge, Material über das Internet zu verschicken. Houpert: „Auch diese Hürde muss erst noch genommen werden.“
EBU QC und FIMS
Bei der Fortentwicklung von Standards für filebasierte Workflows arbeitet Cube-Tec seit Jahren in entsprechenden Organisationen und Initiativen mit. Dazu gehören insbesondere die Arbeitsgruppe „Strategic Programme on QC“ (QC = Quality Control) der EBU, die sich mit der Standardisierung der Qualitätsmessung und Bewertung von datei-basierten Videoformaten beschäftigt. „Hier geht es darum, standardisierte Messverfahren einzuführen beziehungsweise Terminologien zu vereinheitlichen. Das ist eine ganz wichtige Gruppe“, betont Houpert.
Zudem ist Cube-Tec in der FIMS-Gruppe aktiv. Hier befasst man sich weniger mit den Formaten selbst als vielmehr mit deren Austausch in einer Service orientierten Umgebung und der Definition von Schnittstellen zwischen den beteiligten Geräten. Auch bei der SMPTE ist Cube-Tec als Professional Member engagiert. „Wir arbeiten also in der Standardisierung mit und arbeiten daran, diese Standards weiter zu entwickeln. Es ist nun einmal so, dass diese MXF-Standards breit und komplex sind und auch die Sprache innerhalb dieser Standards, so wie im Patentwesen, sehr speziell und zum Teil auch nur sehr schwer zu verstehen ist. Deshalb passiert es leicht, dass Hersteller Dinge fehlinterpretieren. Dahinter steckt kein böser Wille. Es ist einfach alles sehr komplex“, meint Houpert.
Allgemeine Marktsituation
Zur Vermeidung der File-Interoperabilität beim MXF-Format veranstaltet das IRT seit fast zehn Jahren sogenannte Plug-Fests, bei denen Hersteller ihre MXF-Geräte miteinander verbinden und prüfen können, ob die darauf eingesetzten File-Formate untereinander austauschbar sind. „Das hat aber leider nicht dazu geführt, dass die Rate der nichtaustauschbaren Formate in den letzten Jahren drastisch zurückgegangen wäre. In gleichem Maße wie Fehler bei den Herstellern korrigiert werden konnten sind neue Produktvarianten auf den Markt gekommen, die neue Probleme erzeugt haben“, berichtet Cube-Tecs technischer Leiter. Bei den Plug-Fests hätten die öffentlich-rechtlichen Sender auch erkannt, dass sie auf diesem Wege nicht wirklich zu einheitlichen MXF-Formaten kommen können und sich deswegen auch unter der Leitung des IRT zusammengeschlossen haben, um eine neues MXF-Profil für den deutschsprachigen Raum zu entwickeln. Ein ähnliches Engagement gab es schon bei der BBC in Großbritannien, die mit der Advanced Media Workflow Association (AMWA), das sehr klar definierten MXF-Unterprofil AS-11 entwickelt hat, um damit den Programmaustausch mit Produktionspartnern zu realisieren.
Das Ende 2014 verabschiedete MXF-Profil für den deutschsprachigen Raum sollte, wie zuvor erwähnt, bereits in diesem Jahr Anwendung finden. Es gibt allerdings noch keine offiziellen Verlautbarungen, dass neben dem MXF Legalizer von Cube-Tec weitere Produkte eine entsprechende Lizenzierung des IRT erhalten haben. Das neue MXF-Profil für die deutschsprachigen Sender können vorhandene MXF Legalizer-Anwender als Lizenz-Option beim Hersteller erwerben. Das Produkt selbst kann auf einer Standard-Serverarchitektur betrieben werden. Houpert kündigt auch ein neues Produkt-Release an, mit dem Cube-Tec „noch tiefer in die Bitstrom-Reparatur einsteigen“ will.
„Der MXF Legalizer spielt seine Vorteile aus betrieblicher Sicht in Funkhäusern dann aus, wenn die Prozesse dort in automatisierten Workflows stattfinden können. Mögliche Probleme werden da gar nicht erst transparent. Davon sind wir bei den Öffentlich-rechtlichen aber noch ein Stück weit entfernt. Vieles passiert dort noch manuell“, meint Jürgen Burghardt. Mit den meisten ARD-Anstalten sei man im direkten Kontakt, weil dort über die Anschaffung des MXF Legalizers nachgedacht würde. „Aber die Dinge funktionieren dort oft langsamer als uns lieb ist“, sagt er.
NAB 2015
Zur NAB 2015 präsentierte sich das Bremer Unternehmen erneut im NAB Labs Futures Park. Vorgestellt wurden unter anderem die aktuellen Forschungsergebnisse des europäischen DAVID-Projekts (Digital AV Media Damage Prevention and Repair), das sich mit der Entwicklung neuer Technologien für Medienorganisationen im Bereich der Fehlervermeidung, Fehlererkennung und Fehlerkorrektur befasst. Hierfür werden aktuelle Betriebsabläufe und Medienworkflows analysiert und neue Softwarewerkzeuge entwickelt. „Mit dem Projekt sind wir in der Schlussphase. Die Prototypen sind alle schon entwickelt und da können wir jetzt schön Resultate zeigen“, betont Jörg Houpert. Zudem wurde zusammen mit AMWA/EBU (European Broadcast Union) über den Stand der Standardisierungsaktivitäten berichtet.
Eckhard Eckstein
MB 3/2015