DTM erfindet sich neu

Mit der Neuauflage der Deutschen Tourenwagen Masters als GT3-Rennserie setzt die ITR auch für die Produktion der Fernsehbilder auf neue Partnerschaften und innovative Technologien. Mit einer neuen Second-Screen-Applikation kann der Zuschauer in dieser Saison erstmals mitentscheiden, welche Kameraperspektive zu sehen sein soll.

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©TV Skyline
Gimbal-Einsatz für dynamische Interviews ©TV Skyline

Die DTM hat sich in diesem Jahr neu erfunden. So entschieden sich die Macher rund um Gerhard Berger, die Class One Hersteller-Serie einzustellen und stattdessen Fahrzeuge in der GT3-Serie gegeneinander fahren zu lassen. Zu teuer waren die speziellen Prototyp ähnlichen Fahrzeuge der Class One und zunehmend verlagerten die Hersteller ihr Engagement auf Rennserien aus der E-Mobilität. 

Doch nicht nur bei der Wahl der Fahrzeugklasse ging man bei der ITR in diesem Jahr neue Wege. Auch für die mediale Berichterstattung und den technischen Support der Serie wurde neu ausgeschrieben und neue zukunftsweisende Technologien eingesetzt. Auf der Suche nach einem Generalunternehmer, der die Themen Kameratechnik, Streaming, Grafik, Onboard-Funk, Zeitnahme und auch Intercom für die Teams und Race Control übernehmen kann, entschied sich die ITR nach einem Ausschreibungsverfahren für TV Skyline, die in den vergangenen Jahren schon die TV-Produktion übernommen hatten und jetzt ein weit größeres Aufgabenfeld verantworten. 

“Das ist relativ großes Paket und wir freuen uns, dass die ITR auf uns setzt. Die Partnerschaft ist langfristig angelegt. So haben wir die Möglichkeit, die Serie medial und technologisch bestmöglich zu entwickeln”, freut sich Wolfgang Reeh, Geschäftsführer von TV Skyline. Das Ü-Wagen-Setup und der Kameraplan ist im Vergleich zu den Vorjahren bis auf Nuancen geblieben. TV Skyline ist weiterhin mit dem Ü11 und der Galerie (G10) vor Ort. Trotzdem musste das Mainzer Unternehmen für die Bereiche Grafik, Onboard-Funk, Streaming wesentlich mehr Technik mitnehmen, erklärt Reeh: “Wir haben zudem innerhalb von zwei Monaten noch einen weiteren 40-Tonnen Sattelschlepper ausgebaut. Der Rüst10 steht im Paddock-Bereich der DTM und dient dort nicht nur als Transportfahrzeug, sondern auch als Operation Center für den ganzen Funk-Bereich.”

Gimbal-Einsatz für dynamische Interviews

Ebenfalls geblieben ist die enge Zusammenarbeit mit Sat.1, die in Deutschland die Rechte an der DTM-Serie halten. Das „ran racing“-Team von Seven.One Sports, der Sportbusiness Unit der Seven.One Entertainment Group produziert die Live-Übertragungen für Sat.1. Nachdem das Produktionsteam im ersten Lockdown im vergangenen Jahr darauf verzichtet hat, vor Ort zu produzieren und stattdessen ein Studio in Unterföhring für die Sendung nutzte, wollte es in diesem Jahr, so lange es die Auflagen zulässt, zurück an die Rennstrecke – mit eigener Subregie bei TV Skyline und mit zwei Drahtloskameras auf der Rennstrecke. Bei eben jenen Drahtloskameras allerdings, hat sich das „ran racing“-Produktionsteam auf ungewohntes Terrain begeben. Während in den vergangenen Jahren Schulterkameras eingesetzt worden sind, um Interviews in der Boxengasse und bei der Startaufstellung einzufangen, wird in diesem Jahr das FlexCine-System von TV Skyline genutzt. “Das System besteht aus einem DJI Ronin Gimbal, auf der sich eine Sony FX3 mit einem Sony Weitwinkel Objektiv aus der G-Master Serie befindet. In Kombination mit einer Funk- und Intercom-Anbindung, Tally und einem Monitor ist das ein sehr flexibles System”, findet Reeh. 

Zwar sind ähnliche Technologien auch schon bei anderen Großsportveranstaltungen wie in der Bundesliga oder der NFL zum Einsatz gekommen, trotzdem ist es ein Novum, ein Gimbal-System auch für Aufsager oder Interviews zu nutzen. Das Produktionsteam kann jetzt auch im Gehen mit Fahrern und Verantwortlichen sprechen. Das ist gerade bei dem hektischen Treiben in der Boxengasse ein Vorteil und führt zudem zu einer dynamischen Berichterstattung im Cinelook. 

Second-Screen für die Fans

Aber nicht nur bei der Kameratechnik ist „ran racing“ in diesem Jahr neue Wege gegangen. Auch in der Distribution der Bilder wagt man dieses Mal einen neuen Test, der  Rennsport-Fans zusätzliche Perspektiven von der DTM-Action liefern soll. Zusammen mit dem Österreichischen Unternehmen Native Waves, einem Experten für Second Screen Applikationen, stellte man sich der Frage, wie die vielen Signale eines Live-Events mit einer schönen User Experience gebündelt, zusätzlich zum linearen Fernsehbild zur Verfügung gestellt werden können.

Bei der DTM stellt Native Waves “ran“ einen Video-Player zur Verfügung, der in einem iFrame auf der ran.de Webseite eingebunden wird. Über den Video-Player können Zuschauer neben dem linearen Fernsehbild, einen von vier synchronisierten Feeds auswählen und erhalten zusätzliche Informationen über die Fahrer und deren Platzierung im Feld. Um die Zuschauer:innen auf den neuen Service aufmerksam zu machen, wird im linearen Fernsehbild ein QR-Code eingeblendet. Durch scannen des Codes gelangt man dann auf die ran.de-Webseite mit dem integrierten Player von Native Waves. 

Wie das System aus technischer Sicht funktioniert erklärt Native Waves CEO Christof Haslauer: “Wir nehmen einerseits die Content-Inputs mit unserem eigenen Encoder direkt aus dem TV Skyline Ü-Wagen ab und streamen die Daten dann in zunächst die Cloud. Danach kümmern wir uns um die Auslieferung der Signale auf das Smartphone oder den Browser. Das Fernsehbild hat in der Regel eine Verzögerung von drei bis zehn Sekunden, je nach Übertragungsweg. Wir schaffen es immer, die Signale in unter drei Sekunden und ohne Qualitätsverlust auf den Second Screen der Zuschauer zu bekommen. Unsere Ultra Latency Streaming-Technologie macht das möglich. Dann verzögern wir das Bild künstlich, um eine Synchronität zu gewährleisten.” Gerade die Native Waves eigene Audio-Synchronisierungsmechanik, so Haslauer, sei der wichtige Schlüssel zu einer guten User Experience: “Unser Stream auf dem Smartphone oder Tablet synchronisiert sich beim Start des Players für einen kurzen Moment über den Fernsehton mit den Live-Bildern auf dem TV.”