25 Jahre High-Definition

1982 demonstrierte die NHK anlässlich des EBU-Meetings in Killarney, Irland zum ersten Mal in Europa das von ihr entwickelte HDVS-System. Auf der IBC 2007 feierte die Broadcast Industrie am 9. September den 25. Geburtstag, und der Technische Direktor der EBU, Lieven Vermaele, zeichnete den Chefentwickler der NHK, Takashi Fujio für sein Lebenswerk aus.

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HDTV Promotoren der ersten Stunde wie Marcel Annegarn, Joe Flaherty, Bruce Mofatt und George Waters berichteten von ihrer Arbeit, einen welteinheitlichen HDTV-Standard mit 1080 Zeilen durchzusetzen – für MEDIEN BULLETIN Anlass genug, einen kurzen Überblick zur Situation von HDTV in Europa zu präsentieren: 25 Jahre nach HDVS und 40 Jahre nach der Einführung von Farbfernsehen im PAL-Standard.

Ein Rundgang auf der IBC macht klar: Auch in Europa ist HDTV in der Acquisition, Produktion und Distribution angekommen. Auf dem Freigelände waren allein vier neue HD-Ü-Wagen zu besichtigen, und in den Hallen präsentierten die Firmen das komplette Line-up an HD-Equipment von Kameras, CamCordern, Mischern, Monitoren, Routern, Rekordern, Servern, Interfacetechnologie bis hin zur Messtechnik. Und während in Japan, Amerika, Korea und Australien HDTV nicht mehr diskutiert, sondern gesendet wird, stellt auch in Europa niemand mehr die Einführung von HDTV und die damit verbundene Verabschiedung vom Standard-Definition-Fernsehen in Frage – diskutiert werden von Land zu Land und von Sender zu Sender unterschiedliche Umstellungsszenarien. Die Bandbreite dabei reicht von „Wir produzieren bereits seit fünf Jahren immer mehr Content in HD und senden seit drei Jahren“, bis zu „In 2010 zu den Olympischen Winterspielen in Vancouver sind auch wir bereit“.

Dabei sitzen die europäischen HDTV-Pioniere in England. BSkyB hat seit zwei Jahren eine HD-Plattform für seine Pay-TV-Kunden mit heute zwölf Kanälen „On Air“, und die BBC betreibt seit anderthalb Jahren einen Free-to-Air-HDTV-Kanal über Satellit, Kabel und terrestrisch (im Raum London), auf dem ausgewählte Dokumentationen, Spielfilme und Shows zu sehen sind und auf dem auch die Fußball-Weltmeisterschaft 2006 in HD übertragen wurde. Daneben hat sich seit 2003 auch Euro 1080 aus Belgien mit seinen mittlerweile vier HD-Kanälen und fast 30 HD Ü-Wagen profiliert. Insgesamt wurden Ende September 2007 von 19 Satelliten 76 HD-Kanäle über Europa abgestrahlt (davon 26 über die Astra Positionen) (de.kingofsat.net/hdtv).

Der Content für diese europäischen HD-Kanäle wird von vielen hundert CamCorder-Teams, von mehr als 150 HD Ü-Wagen und in fast 50 HD Studios produziert. Und da alle großen, internationalen Sport- und Musik-Events weltweit vermarktet werden und Japan und Amerika nur noch HD-Signale kaufen, wird in Europa derzeit mehr in HD produziert als den Zuschauern in HD angeboten wird. Dazu gehören neben den Bildern von den europäischen Fußball-Ligen, auch die vielen klassischen Konzerte wie zum Beispiel das Neujahrskonzert des ORF, das bereits seit sechs Jahren in HD produziert wird.

Geburtstagsgeschenke aus Europa
Zum 25-jährigen Jubiläum präsentierte die europäische Broadcast-Familie dem Geburtstagskind HDTV unter anderem folgende Geschenke: SFP und France Television produzierten die „Tour de France“ in HDTV, dabei waren zum ersten Mal alle Kameras auf den Motorrädern und in den Hubschraubern in ein drahtloses High-Definition-Kontribution-Netzwerk eingebunden. Diese Leistung überzeugte auch das Organisationskommitee der Olympischen Spiele in Peking, das SFP mit der Übertragung der Radfahrwettbewerbe, der Marathonläufe und der Gehwettbewerbe beauftragte. Und auf der IBC wurden SFP und France Television für die HD-Produktion der „Tour de France“ von der amerikanischen „Sports Video Group“ mit dem „Technology Excellence Award“ ausgezeichnet – die gleiche Auszeichnung, die im letzten Jahr HBS für die HD-Produktion der Fußball-Weltmeisterschaft in Deutschland erhalten hatte. Und mit dem gleichen Aufwand an HD-Technik werden vom 8. September bis 20. Oktober in Frankreich, Wales und Schottland die 48 Spiele der Rugby-Weltmeisterschaft von TF1 produziert und in 130 Länder übertragen – unter anderen auch vom polnischen Pay-TV-Anbieter Cyfrowy Polsat, an dem der Axel-Springer-Verlag mit 25 Prozent beteiligt ist, und der über den Eutelsat-Hotbird seinen Kunden fünf HD-Spartenprogramme (Sport, Film, Bildung, Unterhaltung und Dokumentation) anbietet.

Einen anderen Weg geht Pro TV in Rumänien. Anfang 2007 schaltete der Sender direkt von seiner analog/composit- zu einer digitalen HD-Infrastruktur um. Das HD-Programm wird über DVB-T in Bukarest ausgestrahlt und erreicht damit zehn Prozent der rumänischen Bevölkerung. Ein weiteres Geburtstagsgeschenk kommt von dem zum US Konzern Viacom gehörenden Sender MTV, der am 16. September bestätigte, dass er ab 2008 Musikproduktionen wie „MTV Unplugged“, „VH1 Story“ sowie „Crossroads“ auch in Europa über Satellit und Kabel in HD verbreiten wird.

Darüber hinaus umfasst das Programmangebot auch die Live-Übertragungen bedeutender Events, wie etwa die Verleihung der Video Music Awards in Europa und in den Vereinigten Staaten. Am Vormittag ist außerdem ein spezielles Kinderprogramm mit Serienhits des Tochtersenders Nickelodeon geplant, darunter „SpongeBob Schwammkopf“, „Avatar“ und „Drake & Josh“. Der deutsch-französische Kulturkanal Arte stellt derzeit die Weichen für den Übergang zu HDTV. Bereits seit Anfang 2007 sendet Arte über Astra ein HDTV-Programm für seine französischen Zuschauer und ab 2008 sendet Arte sein HD-Programm über das digitale terrestrische Fernsehen in Frankreich. Ab September 2008 soll dann ein deutscher HD-Ableger von Arte in Betrieb gehen, der über Satellit und Kabel ausgestrahlt wird, und bis 2011 soll das gesamte Sendematerial in HD-Qualität produziert werden. Und das Schweizer Fernsehen startet im Dezember seinen HDTV-Kanal „HD-Suisse“. Ausgestrahlt werden Sendungen in allen vier Landessprachen. Das 24-Stunden-Programm wird durch Eigen- und Co-Produktionen von SF, TSR, TSI und TvR bestritten und über Satellit (Hotbird 8) und Kabel in 1080i-Auflösung ausgestrahlt.

Auch die Fußball-Europameisterschaft 2008 und die Olympischen Spiele aus Peking werden in HDTV gesendet. Am 20. September bestätigte dann auch der ORF, dass er sowohl die Fußball-Europameisterschaft als auch die Olympischen Spiele aus Peking in HDTV ausstrahlen wird. Bereits Anfang September hatte der ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz auf der Herbstklausur der ORF-Führungskräfte in Kärnten erklärt, der ORF stelle mit den HDTV-Ausstrahlungen den Anspruch auf Technologieführerschaft in Österreich klar. Damit zieht auch der ORF an den deutschen öffentlich-rechtlichen Sendern vorbei. ARD und ZDF wollen hoch auflösendes Fernsehen nämlich erst zu den Olympischen Winterspielen in Vancouver einführen.

HDTV in Deutschland
In Deutschland startete die Pro7Sat.1 Gruppe zu den Medientagen 2005 mit der Simulcast-Austrahlung ihrer Programme in SD und HD, wobei Sat.1 HD nach den Champions League Finals 2006 und 2007 ab Oktober 2007 erstmals ausgewählte Champions League Gruppenspiele in HD präsentiert. Auch Anixe HD ist seit mehr als einem Jahr mit einem 24-Stunden Free-to-Air-Programm auf Sendung und bietet neben Spielfilmen und Serien die Wiederholung der Bundesliga-Heimspiele von Schalke 04 und vom HSV an. Premiere brilliert auf seinem HD-Pay-TV-Kanal mit exzellenten Spielfilmen mit Surround-Sound und seit August mit drei Live-Übertragungen pro Spieltag von der Bundesliga.

Über die Premiere HD-Plattform ist auch das deutsche Programm von Discovery in HDTV zu empfangen. Auch die ARD packte im Jubiläumsjahr von HDTV ein Geburtstagsgeschenk aus: Während der IFA vom 31. August bis 5. September 2007 wurden mehr als 100 Stunden Programm über EinsFestival in HD ausgestrahlt. Und in Gesprächen mit ARD-Entscheidungsträgern wurde durchaus die Möglichkeit diskutiert, EinsFestival HD bei international herausragenden Ereignissen, wie der Übertragung des Neujahrskonzerts aus Wien, kurzfristig wieder zu aktivieren. Auch eine Simulcast-Austrahlung von 3Sat in HD und SD war ein Thema, da die Partner SRG und ORF immer mehr Content in HD produzieren.
Nur das ZDF stand während der IFA dem Thema HDTV sehr zurückhaltend gegenüber. Hatte Produktionsdirektor Andreas Berezcky noch auf der IFA 2006 den Einstieg der öffentlich-rechtlichen Sender in HDTV zu den Olympischen Sommerspielen 2008 in Peking für möglich gehalten und betont: „Wer seine Produktionen international vermarkten will, muss in jedem Fall in der HD-Liga mitspielen“, verstrickte sich das ZDF auf der IFA 2007 in Abwehrkämpfe mit der Geräteindustrie, die die ARD und das ZDF für die schleppende Einführung von HDTV in Deutschland verantwortlich gemacht hatte. Dazu stellte der ZDF Intendant Markus Schächter fest: „Wir warten, bis die infrastukturellen Voraussetzungen eine sinnvolle Ausstrahlung ermöglichen.

Dafür haben wir – ARD und ZDF – uns darauf verständigt, mit der parallelen Ausstrahlung von HDTV Anfang 2010 zu beginnen. Wir haben dann mit den Olympischen Winterspielen in Vancouver und mit der Fußball-Weltmeisterschaft in Südafrika zwei herausragende Großereignisse, die wir dann erstmals neben den regulären Programmen in HDTV anbieten werden.“ Man war deshalb beim ZDF auch nicht unbedingt „amused“ über die unproblematische und mit geringen Mitteln realisierte HDTV-Austrahlung des ARD-Programms EinsFestival.
Unterstützung bekam die Geräteindustrie mit ihrer Forderung nach einer schnelleren Einführung von HDTV bei ARD und ZDF von der CSU. Zum Abschluss der CSU-Klausurtagung in Kloster Banz am 20. September erklärte der CSU-Fraktionsvorsitzende Joachim Herrmann: „Wir wollen, dass hier Deutschland auf keinen Fall ins Hintertreffen gerät.“ Deshalb werde man in den kommenden Monaten mit den Rundfunkanstalten Gespräche führen, um die Einführung von HDTV in Deutschland zu beschleunigen. In anderen Ländern wie Frankreich und England sei die Nutzung dieser Technik schon wesentlich weiter vorangeschritten, betonte Herrmann.

Größtes Geschenk von den Zuschauern
Bereits heute stehen in deutschen Fernsehhaushalten sechs Millionen HD-ready-Flachbildschirme im 16:9 Format. Davon haben 1,4 Millionen Geräte eine Bildschirmdiagonale von mehr als 36 Zoll, und 250.000 Geräte unterstützen Full-HD mit 1080 Zeilen und 1920 Pixeln pro Zeile. Darüber hinaus können bereits 140.000 Geräte die HDTV-Programme von Premiere, Anixe, Sat.1, Pro7 und Discovery über die dafür notwendige HD-Set-Top-Box empfangen. Zum Vergleich: Als ARD und ZDF am 25. August 1967 mit der Ausstrahlung von Farbfernsehen starteten, konnte fast niemand diese Programme in Farbe sehen, und ein Jahr nach dem Start waren rund 200.000 Farbfernsehgeräte in den deutschen Haushalten zu finden.

Auch das Geschäft mit Blu-ray und HD-DVD als Contentlieferant für die sechs Millionen HD-ready-Flachbildschirme entwickelt sich sprunghaft (wenn auch noch auf niedrigem Niveau). Waren im Dezember 2006 erst 6.000 Abspielgeräte in Deutschland verkauft, sind es heute bereits 60.000 (ohne Playstation 3), und die lieferbaren Titel in Full-HD-Auflösung sind von Februar bis heute von 157 auf 371 (Blu-ray) und von 162 auf 254 (HD DVD) angewachsen. Nicht zu vernachlässigen ist auch die Haushaltsausstattung mit DV- und HDV-CamCordern. Bereits 20 Prozent der Haushalte besitzen einen digitalen CamCorder, von den 820.000 verkauften Geräten in 2006 konnten bereits 30 Prozent in High-Definition aufnehmen und wiedergeben, und dieses Jahr sind von den 750.000 verkauften CamCorder bereits 60 Prozent HD-tauglich.

Wie es bei der HD-Produktion weitergeht
Nachdem die ersten praktischen Erfahrungen mit 1080i/25, 720p/50 und 1080p/50 vorliegen, ist in einem wichtigen Punkt ein Konsens erreicht: Hochwertige Produktionen sollten in 1080p/50 aufgezeichnet und nachbearbeitet werden. Aus dem 1080p/50-Material lässt sich dann das gewünschte Distributionsformat leicht und in höchster Qualität generieren. Das bedingt allerdings mittelfristig die Ablösung der 1,5Gbps Infrastruktur in den heutigen HD Ü-Wagen und HD Studios durch eine 3Gbps Infrastruktur mit einer 3Gbps Schnittstelle an allen Produktionsgeräten. Die dafür notwendigen Kabel sind bereits bei den großen Herstellern wie Belden und Draka im Lieferprogramm. Und auf der IBC waren entsprechende Kreuzschienen von Evertz, Harris, Pro-Bel, Thomson, Utah Scientific und anderen zu sehen.

Auch die Videomischer von Sony und Thomson/Grass Valley bieten diese Schnittstelle bereits an. Ebenso stellen die neuen Kameras und CamCorder ein 1080p/50 Signal zur Verfügung. Und der Messtechnik-Spezialist Tektronix zeigte an seinem IBC-Stand eine 3Gbps Technologie-Demo. Damit ist auch auf der Produktionsseite ein wichtiger Meilenstein erreicht, um zukünftig die 1080p/50 Flachdisplays und 1080p/50 Blu-ray und HD-DVD-Player mit Content zu beliefern.
Aber auch da wird die Entwicklung nicht Halt machen. Japan hat sich für die Austragung der Olympischen Sommerspiele 2016 beworben, und sollte man den Zuschlag erhalten, will die NHK die Wettbewerbe in Ultrahigh-Definition (UHDTV) übertragen. UHDTV wurde bereits auf der letzten IBC in Amsterdam vielen Besucher vorgeführt. Die spatiale Auflösung beträgt 7.680(H) × 4.320(V) aktive Pixel bei einer zeitlichen Auflösung von 50 oder 60 progressiven Bildern pro Sekunde. Der Regelbetrieb in Japan ist für 2025 geplant. HDTV feiert 2025 seinen 43. Geburtstag und ist dann drei Jahre älter als unser PAL-Farbfernsehen heute.
Bleibt die Frage, warum hat es 25 Jahre gedauert hat, bis die Einführung von HDTV von keinem der Marktteilnehmer mehr in Frage gestellt wird… Von den vielen möglichen Antworten hier zumindest zwei: 1. Nach der Vorstellung des japanischen HDTV-Systems mit 1125 Zeilen entwickelte Europa ein System mit 1250 Zeilen. In beiden Lagern mussten die Hardliner davon überzeugt werden, dass nur ein welteinheitlicher Standard erfolgreich umgesetzt werden kann und dass die Zeiten von NTSC, PAL und SECAM vorbei sind.

Deshalb haben wir heute High-Definition mit 1080 Zeilen und 1920 Pixeln pro Zeile. 2. HDTV ist für große Bildschirme gemacht. Ein Röhrenfernseher mit einer Bildschirmdiagonalen von 40 Zoll, war so schwer, dass er mit dem Gabelstapler ins Wohnzimmer hätte gebracht werden müssen. Erst durch die Entwicklung von kostengünstigen Flachdisplays mit Bilddiagonalen von mehr als 40 Zoll hatte HDTV eine wirkliche Chance, denn erst dann wird die Qualität von HD- Produktionen wirklich sichtbar und erlebbar, vor allem im Zusammenhang mit Surround-Sound.
Die 25 Jahre High-Definition sind ein Verdienst aller an diesem Prozess beteiligten kreativen Menschen in den Entwicklungsabteilungen der Firmen, genauso wie der von mutigen Produzenten und der Pioniere sowohl hinter den ersten HD-Kameras, wie auch hinter den Kameras der neuesten Generation. Es ist auch ein Erfolg der ganzen Broadcast-Familie: HDTV fesselt den Zuschauer vor dem Bildschirm und bindet ihn in den Film, die Dokumentation oder die Sportübertragung emotional ein.
Reinhard Penzel (MB 10/07)

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