›Pablo Larrazábal hat die BMW International Open 2015 mit 271 Schlägen (-17) gewonnen. In einer hochkarätigen Finalrunde wehrte der Spanier mit dem zweitbesten Tagesscore (6 unter Par) die Schlussattacke des Weltranglistensiebten Henrik Stenson (272 Schläge, -16) ab. Larrazábal ware bereits 2011, im Stechen gegen Sergio García, bei dem Turnier in München Eichenried als Sieger vom Platz gegeangen.
Nachdem der zweimalige Majorsieger Martin Kaymer am Freitag den Cut verpasst hatte, waren am Wochenende noch fünf Deutsche im Turnier dabei. Bester einheimischer Spieler war nach 72 Löchern Marcel Schneider (279, -9) auf dem geteilten 20. Rang. Die Organisatoren des Events freuten sich dennoch über einen neuen Besucherrekord mit 65.300 Zuschauern. Alleine am Sonntag waren 18.000 Besucher nach Eichenried gekommen.
Auch in Sachen Medienpräsenz war die Veranstaltung durchaus erfolgreich. Die Golf-Turniere der European Tour werden von der European Tour Productions (ETP) für die TV-Übertragung produziert. Dabei handelt es sich um ein 1992 gegründetes Joint Venture zwischen der PGA European Tour und der internationalen Sport- und Medienbusiness-Firma IMG Media in London. Rupert Hampel und Mark Lichtenhein zeichnen als Geschäftsführer der ETP verantwortlich. Lichtenhein ist zugleich Head of TV, New Media and Technology.
Neben der TV-Produktion und -Distribution der European Tour Events gehörte in diesem Jahr auch wieder die Ryder Cup Produktion zu den Aufgaben der ETP. Insgesamt hat das Unternehmen bereits neben Hunderten von European Tour Events seit 1995 zehn Ryder Cups produziert. Hierbei kooperierte man eng mit dem US-amerikanischen Produzenten NBC. ETPs Berichterstattung über den 2012 Ryder Cup in Medinah wurde mit dem prestigeträchtigen Broadcast Award ausgezeichnet zusammen mit Sky Sports für die beste Sportproduktion des Jahres. Auch die Berichterstattung zum 2014 Ryder Cup in Gleneagles wurde in der Fachwelt hoch gelobt.
ETP arbeitet bei der Außenübertragung mit Dienstleister CTV zusammen, hat allerdings auch eine eigene Ü-Wagen-Flotte ganz nach den spezifischen Golf-Turnier-Anforderungen entwickelt. Sie lassen sich sowohl bei normalen Tour-Events einsetzen ebenso wie bei Major Championships oder Ryder Cups. Zudem verfügt ETP über eigenes Produktionspersonal mit besonderer Affinität zum Golfsport. Dieses arbeitet eng mit CTVs Technik-Team und einem Pool aus Freelance-Kameraleuten und anderen Spezialisten, die auf der European Tour mit dabei sind, zusammen.
Die European Tour bestand im vergangenen Jahr aus 49 Turnieren in 27 Ländern. Dabei wurde ein Preisgeld in Höhe von über 147 Millionen Euro ausgespielt. Das Preisgeld wird generiert aus Sponsoring-Einnahmen, Ticket-Verkäufen, Hospitality-Aktivitäten und verstärkt auch aus Lizenzen für TV-Übertragungen. ETP verkauft die produzierten Bilder mittlerweile an rund 50 Sender weltweit. ETP reist derzeit mit 15 Produktionstechnik-Fahrzeugen von Event zu Event. Wenn ein Turnier noch läuft wird bereits die technische Infrastruktur und Verkabelung für das nächste vorbereitet. So war man am Wochenende nach München Eichenried bereits bei der Alstom Open de France – Le Golf National in Paris. Die Produktionswagen fuhren dort auf den Technik-Compound und konnten sogleich verkabelt werden. „Sobald die Trucks ankommen, werden sie einfach in Plug [&] Play Manier angesteckt. So lässt sich jede Woche eine neue Produktion einfach realisieren“, berichtete Mark Lichtenhein beim MEDIEN BULLETIN-Besuch in Eichenried. ETP war dort mit insgesamt 126 Produktionsmitarbeitern am Start. „106 davon sind festangestellt, 20 sind Freelancer“, erklärt Lichtenhein.
Die ETP-Produktionstrucks werden bei allen Turnieren in Europa und Mittlerer Osten eingesetzt. Lediglich die Turniere der European Tour in China und Südafrika werden mit Ü-Wagen von externen Dienstleistern bedient. In China arbeitet ETP mit dem Staatssender CCTV zusammen und in Südafrika mit DTF (Dimension Television Facilities).
Zum produktionstechnischen Standard-Set-up bei den Events der European Tour gehören unter anderem zwei Ü-Wagen, ein Generator- und ein Uplink-Fahrzeug sowie ein eigener Sendemast. Aufgezeichnet wird mit 14 kabelgebundenen HD-Kameras und drei Drahtlos-Kameras. Für die 14 kabelgebundenen Kameras standen in Eichenried 18 vorverkabelte Kamera-Positionen zur Verfügung. Einige der Kameras mussten immer dorthin umziehen, wo gerade die Action war. In Eichenried hatte man auch ein kamerabestücktes Kleinflugzeug im Einsatz, das für Luftaufnahmen sorgte. Auf Grund von Anwohnerprotesten wurden dessen Einsatzzeiten jedoch stark reduziert.
Letzte Station der European Tour ist immer in Dubai. Deshalb wird die Turnier-Reihe auch als „Race to Dubai“ bezeichnet. Start ist dann im kommenden Jahr Abu Dhabi. „Die Produktionsfahrzeuge können deswegen auf der arabischen Halbinsel überwintern. Danach wird mit externen Dienstleistern in Südafrika weiter produziert. Unseren Fahrzeugen bleibt also genug Zeit, um wieder nach Europa zurück zu kommen“, erzählt Lichtenhein.
Als eine besondere Herausforderung bei der Golf-TV-Produktion bezeichnet er die Kunst, den Ballflug mit der Kamera einzufangen. Lichtenhein lobt das Talent der eigenen Kameraleute. „Wenn man die PGA Tour-Produktion mit unserer vergleicht, fällt auf, wie viel öfter die Kollegen aus den USA, den Ballflug nicht einfangen können“, meint er. Eines der Produktionshighlights auf der Tour ist laut Lichtenhein das sogenannte Virtual Eye, das eine virtuelle Darstellung des gesamten Golfplatzes liefert. Mit diesem Tool ist es möglich, ähnlich wie mit einem Helikopter, jeden Punkt auf dem Golfplatz aus der Vogelperspektive anzusteuern. „Liegt der Ball eines Spielers beispielsweise ungünstig in einem Hindernis, ist es möglich, den schwierigen nächsten Schlag aus der richtigen Perspektive darzustellen“, erklärt der ETP-Manager. Um die Animation zu erstellen, ist es nötig, eine stereoskopische Kamera über den Golfplatz fliegen zu lassen. Aus diesen Bildern wird dann ein Modell erstellt und im letzten Schritt Details, wie neue Bunkerpositionen angepasst und Häuser und Tribünen hinzugefügt. „Ein weiterer Vorteil von Virtual Eye ist, dass bei der Erstellung der digitalen Animationen sehr genaue GPS-Karten entstehen. Diese wurden beispielsweise beim Ryder Cup dazu verwendet, um die Golf-Fans vor Ort auf dem schnellsten Weg zu ihren Lieblingsspieler zu leiten“, sagt Lichtenhein. Die meisten Rechtehalter der European Tour nutzen das von der European Tour Productions angebotene Gesamtpaket aus Bild und englischem Kommentar, ebenso wie die Highlight-Zusammenfassungen mit englischem Kommentar. Manche Broadcaster wie Sky Deutschland bringen aber auch zusätzliches Produktionsequipment mit, um den angebotenen Content durch Interviews und eigenen Präsentationen aufzuwerten. Sky spricht auch einen eigenen deutschen Kommentar zu den Bildern.Sky Deutschland hat erst im März 2015 die Laufzeit seine Übertragungsrechte an der European Tour verlängert. Die mit der ETP geschlossene Vereinbarung beinhaltet zudem den Ryder Cup 2016 und 2018, die vier Turniere der World Golf Championships, die Asian Tour und die Sunshine Tour sowie die Höhepunkte der European Seniors Tour und der Challenge Tour. Neben den exklusiven Live-Übertragungsrechten via Satellit und Kabel umfasst der Vertrag die exklusiven Internet-, IPTV- und Mobile-Rechte für Deutschland und Österreich. Somit können Golf-Fans mit Sky Go auch unterwegs live dabei sein, wenn die Golfelite bei Sky am Start ist. Burkhard Weber, Senior Vice President Sports von Sky Deutschland: „Die European Tour hat sich in den letzten Jahren großartig entwickelt und beheimatet zahlreiche der besten Spieler der Welt. Mit dem Race to Dubai, den Turnieren der WGC und dem herausragenden Ryder Cup bleibt Sky weiterhin das zu Hause des Golfsports in Deutschland und Österreich.“
Die BMW International Open in München Eichenried wurden in diesem Jahr nicht nur im Pay- sondern auch im Free-TV und im Internet präsentiert: Sport1 übertrug am Wochenende live, dazu kamen Highlights von allen Turniertagen sowie ein Live-Stream auf sport1.de von allen vier Runden. Die Höhepunkte des Tages wurden zudem auch auf n-tv gezeigt.
Sämtliche Golfturniere der European Tour werden von der ETP übrigens in HD produziert. Man arbeitet dabei hauptsächlich mit Sony-Equipment. Auf 4k umzusteigen ist dort aktuell noch kein Thema. „Die Schwierigkeiten das produzierte Material durch die Wertschöpfungskette zu führen und letztendlich auszustrahlen sind nach wie vor zu groß. Zudem wird das Thema 4k erst dann spruchreif, wenn genügend Konsumenten die passenden Endgeräte dafür Zuhause stehen haben“, sagt Lichtenhein.
Niklas Eckstein
MB 5/2015
© BMW Group