Ein gewaltiger Schritt vorwärts

Sony will das Thema Digital Cinema voran bringen. Man setzt dabei auf das konzernweite Zusammenspiel der Kräfte. Besondere Trumpfkarte ist jedoch Sonys 4k-Projektor-Technik, die mittlerweile auch bei den Hollywood-Studios Gefallen gefunden hat. Auf einem so genannten „Leadership Day“ in Berlin präsentierten Sony-Manager ihre D-Cinema Visionen.

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„2007 wird sehr viel in Richtung digitales Kino passieren“, verspricht Oliver Pasch, Market Development Manager D-Cinema von Sony Europe. Erst zum Jahresanfang ist er von Sony Europe angeheuert worden. Er soll mit seinen praktischen Erfahrungen aus dem Kinobereich Sonys D-Cinema-Engagement verstärken. Pasch war zuvor neun Jahre lang als technischer Leiter der Multiplex-Kinokette Cinemax aktiv.

Die „Personalie Pasch“ ist nur eines der Indizien dafür, dass D-Cinema als Geschäftsbereich von Sony Europe langsam Fahrt aufnimmt. Kevin Wakeford, Head of Digital Cinematography Business von Sony Europe, kann die Unterstützung gut gebrauchen. Auf so genannten „Leadership Days“ rührt er in diesen Tagen zusammen mit Jürgen Burghardt, Senior Manager Strategic Projects, Sony Germany, europaweit die Trommel für Sonys D-Cinema-Engagement. Wakeford ist zuversichtlich, dass Sony in nächster Zeit dabei Erfolg haben wird. Bestärkt sieht er seine Annahme darin, dass sich verschiedene Bereiche von Sony mit dem Thema Digital-Cinema befassen und dass der Konzern von der Bereitstellung des dafür nötigen Equipments, egal ob Produktions-, Postproduktions- oder Präsentationstechnik, bis hin zur Herstellung entsprechender Filme durch Sony Pictures in vielfältiger Weise involviert ist.
„Seit Einführung der CineAlta-Kamera von Sony 2002 sind in Hollywood über 120 Filme digital produziert worden. An den Kinokassen konnten mit solchen Filmen bereits rund 2,5 Milliarden Dollar eingespielt werden“, berichtet er. Und laut Ankündigungen der Hollywood-Majors sollen jetzt viel mehr solche Filme produziert werden.
„Vor diesem Hintergrund versuchen wir, unsere D-Cinema-Kompetenzen im Konzern zu bündeln. Wir möchten die künftigen Anforderungen an die D-Cinema-Wirtschaft ebenso wie die Erwartungen der Kinobetreiber besser verstehen, um dann darauf entsprechend reagieren zu können“, erklärt er.

4k-Technologie
Mit seinen 4k-Projektoren hat Sony einen wichtigen Trumpf im Ärmel. 4k steht für eine Auflösung von effektiv 4.096 x 2.160 aktiven Bildpunkten. Das ist rund viermal so viel wie bei der 2k-Technologie (2.211.840 Pixel) oder bei HDTV 1080p (2.073.600 Pixel), dem Standard für hoch auflösendes Fernsehen. 4K-Technologie ermöglicht also Bilder in einer nie da gewesenen Schärfe und Tiefe. Und Sony ist bis dato der einzige Hersteller von 4k-Projektoren auf dem Markt. Allerdings werden andere Anbieter wie Barco schon bald folgen.

Im Unterschied zur 2k-Technologie nutzen Sonys 4k-Projektoren zur Bilderzeugung die SXRD-Technologie (Silicon-Crystal-Reflexive-Display), die für einen außergewöhnlich hohen Bildkontrast und eine authentische Farbwiedergabe sorgt. Das Herzstück eines jeden Projektors bildet das bilderzeugende Display. Im Gegensatz zu traditionellen LC- und DLP-Displays arbeitet das SXRD-Display nicht mit Licht-Transmission, sondern mit Reflexion. 8,5 m2 große Pixel mit nur 0,35 m Abstand gewährleisten eine besonders effiziente Lichtausbeute, die entscheidend zur Abbildungsqualität beiträgt.
Dass 4k der kommende Standard im Kino ist, bestätigte jüngst ein Gutachten der Digital Cinema Initiative (DCI). Gemeinsam mit dem Fraunhofer Institut entwickelt die DCI, ein Zusammenschluss führender Hollywod-Studios (Disney, 20th Century Fox, Paramount, Sony Pictures Entertainment, Universal, Warner Brothers), ein standardisiertes Testverfahren für Geräte und Vertriebswege, das eine optimale Vorführqualität gewährleisten soll. Die DCI testete bereits Sonys 4k-Projektor SRX-R110 – mit dem Resultat, dass der Sony Projektor die Maßgaben des DCI zum Teil sogar übertrifft.

„Wenn HDTV Standard bei der TV-Übertragung wird, muss das Kino versuchen, sich davon qualitätsmäßig abzusetzen, sonst wird künftig keiner mehr ins Kino gehen. Das befürchten auch viele Kinobetreiber. Und wir versuchen ihnen, mit unserer 4k-Technologie zu helfen“, meint Wakeford. „4k liefert 8,8 Millionen Pixel. Das ist ein gewaltiger Schritt vorwärts und bedeutet die Einleitung einer neue Ära in der Cinematographie.“
Sony werde diese Entwicklung technologisch durchgängig begleiten. Mit CineAlta 4K habe das Unternehmen dafür bereits ein neues Logo generiert. „Damit wollen wir sagen, dass wir die 4k-Auflösung in der gesamten Produktionskette anbieten wollen. Vom Dreh über die Nachbearbeitung bis hin zur Kinopräsentation werden wir das gleiche Qualitätsniveau beibehalten“, betont er. „Wir wollen dazu beitragen, das Kinoerlebnis neu zu erfinden.“
Einige Hollywood-Studios wie Warner Brothers, Paramount und Fox teilen Sonys Vision bereits. Sie haben 4k bereits zu ihrem favorisiertes Distributionsformat erklärt. Auf der Server-Seite wird Sony von Partnern wie QuVIS und doremi unterstützt und auf der Kamera-Seite von DALSA und RED Digital Cinema. In Sachen Workflow ist Sony indes eine Partnerschaft mit der Londoner Firma FilmLight eingegangen, die 4K-Scanning und -Color-Grading-Equipment für 4K-Workflow baut.

Neue 4K-Projektoren
Seine ersten zwei 4K-Projektoren hatte Sony erstmals auf der IBC 2006 in Amsterdam einer breiteren Öffentlichkeit präsentiert. Die waren jedoch noch nicht speziell für D-Cinema-Applikationen ausgelegt. Deshalb hat Sony zwei neue, noch leistungsfähigere 4k-Projektoren entwickelt. Diese sollen am 28. Februar und 1. März in London vorgestellt werden. Es handelt sich dabei um die Modelle SRX-R220 mit 18.000 ANSI-Lumen und SRX-R210 mit 10.000 ANSI-Lumen Lichtleistung.

Mit seiner hohen Lichtleistung und einem Kontrastverhältnis von 2.000:1 eignet sich der SRX-R220 für die Projektion auf Großbildleinwände mit mehr als 20 Metern Breite. Die neuen Projektoren sollen ab April 2007 auf den Markt kommen.
Sony sieht sich damit nicht nur als weltweit erster Anbieter von 4k-Projektoren, sondern auch als einziger Hersteller, der ein marktfähiges D-Cinema-Komplettsystem für das Playout im Kino anbietet. Die Komponenten Projektor, Server und Media-Interface sind dabei perfekt aufeinander abgestimmt und in einem Gehäuse integriert.
Das dient der Sicherheit und entspricht den Anforderungen der Digital Cinema Initiative (DCI). Sony will sich bei den Server-Partnern jedoch nicht unbedingt festlegen. „Wir haben zwar die Partnerschaften mit QuVIS und doremi, aber wir sprechen auch mit anderen Server-Herstellern. Wir können kundenspezifische Lösungen herstellen und sind hier nicht beschränkt. Die Speichersysteme, die wir nutzen, sind Standard-IT-Raid-Technik“, betont Wakeford.
Hauptziel der neuen Projektoren ist nach seinen Angaben, die laufenden Kosten für die Kinobetreiber zu reduzieren. „Für Kinobetreiber, das wissen wir, ist das von zentraler Bedeutung. Deshalb ist eines der wichtigsten Design-Merkmale der neuen Projektoren, dass nur noch eine Lampe statt zwei zum Einsatz kommt, und die Zahl der Teile, die bei einem Projektor ab und zu ersetzt werden müssen, auf ein absolutes Minimum reduziert wurden“, erklärt Wakeford.

Kein universelles Geschäftsmodell
Mit einem festen Geschäftsmodell für die D-Cinema-Einführung kann Sony nicht aufwarten. „Ein solches Modell für ganz Europa zu entwickeln, ist nicht möglich. Dafür sind die Länder in Bezug auf D-Cinema-Anforderungen zu verschieden“, meint Wakeford. Er weist aber darauf hin, dass die Studios bereit dazu seien, die Equipment-Kosten beim D-Cinema-Rollout zu subventionieren. Diese Investitionen wollten sie aber spätestens in zehn Jahren wieder einspielen. Wakeford: „Das ist eine lange Zeit. Umso wichtiger ist es, dass die Investitionen in D-Cinema wirklich zukunftssicher sind. Mit der 4k-Technologie ist das am ehesten gewährleistet.“
Sony rede derzeit mit mehreren Kinoketten – auch in Deutschland – über gemeinsame D-Cinema-Projekte. Verträge sind jedoch noch nicht unterzeichnet. Erst Ende Februar zur Präsentation der neuen 4k-Projektoren in London soll Näheres bekannt gegeben werden.

„Wir wollen mit unseren Projekten aber nicht in die bestehenden guten Beziehungen zwischen Filmvertrieb und Studios einbrechen“, sagt Wakeford.
Unter den Hollywood-Studios existieren derzeit noch recht unterschiedliche Ansichten über das D-Cinema-Rollout. „Ich glaube, das größte Hindernis gegenwärtig ist, dass alle Player auf dem Markt derzeit noch pokern. Insbesondere die Studios möchten noch nicht zuviel von ihren Plänen verraten“, meint der Sony-Manager. „Trotzdem werden wir spätestens 2008 echte D-Cinema Rollouts sehen. Da bin ich ganz zuversichtlich.“

Den Wettbewerb mit 2k D-Cinema-Anbietern wie T-Systems sieht Wakeford gelassen. „4k heißt nicht, dass wir viermal so teuer sind wie 2k“, betont er. „Wir wollen mit unserem Angebot nicht viel teurer sein als die 2k-Konkurrenz und sind dann natürlich deutlich im Vorteil. Kinos haben sowieso nur einen begrenzten Etat zur Verfügung für Projektionstechnik. Und wir wollen denen helfen, den Übergang zu Digital-Cinema zu schaffen. Deshalb werden wir auch nicht mit überzogenen Preisvorstellungen auf den Markt kommen“. Außerdem habe Sony noch die Argumente Zukunftssicherheit und Investitionsschutz auf seiner Seite.
Wakeford kann sich auch vorstellen, mit potenziellen Wettbewerbern wie T-Systems zu kooperieren. „Möglicherweise arbeiten wir eines Tages zusammen. Wir können uns durchaus bei einigen Projekten gut ergänzen“, meint er.
Eckhard Eckstein (MB 02/07)


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