Sennheiser präsentiert 3D-Sound

Der Einsatz von elevierten Lautsprechern verspricht Klangerlebnisse, die dem realen Klangempfinden bei einem Konzert sehr nahe kommen. Erste A/V-Verstärker, welche parallel sowohl das Atmos-Verfahren der Dolby Laboratories als auch Auro-3D von Auro Technologies unterstützen, sind seit Kurzem im Consumer-Segment von Sennheiser verfügbar.

24
Sennheiser präsentiert 3D-Sound

Diplom-Tonmeister Gregor Zielinsky, Sennheiser International Recording Applications Manager, konnte bereits Erfahrungen mit 3D-Sound sammeln. Der Grammy-Preisträger ist weltweit tätig, hat seine „Studio-Homebase“ jedoch in Hannover im Sennheiser Studio 1. Abgehört wird dort mit einem 9.0-Abhörsystem, das sich aus neun Neumann Aktivlautsprechern KH120A sowie zwei aktiven Neumann Subbässen des Typs KH810 zusammensetzt. Die Subwoofer werden nicht als LFE-Lieferanten herangezogen, sondern per Bassmanagement (Trennfrequenz 80 Hertz) in das Lautsprecher-Setup eingebunden.

Gregor Zielinsky
Sennheiser präsentiert 3D-Sound
Sennheiser präsentiert 3D-Sound
Gregor Zielinsky
previous arrow
next arrow

Prinzipiell wird eine gemäß ITU-Empfehlung aufgebaute Surround-Anordnung durch vier Höhenlautsprecher erweitert. Bei der Einrichtung des Lautsprecher-Setups sollte darauf geachtet werden, dass die Elevation ungefähr die Hälfte der Stereobasisbreite beträgt. Die Höhenlautsprecher werden leicht geneigt, sodass sie nicht genau auf die Ohren des Hörers zielen, sondern leicht über dessen Kopf hinwegstrahlen. Bei der Positionierung der vorderen fünf Lautsprecher sollte so exakt wie möglich verfahren werden; die hinteren vier Lautsprecher sind hinsichtlich ihrer Ausrichtung etwas „geduldiger“.

Da Mikrofonierungen für 3D-Aufnahmen derzeit noch nicht en détail definiert sind, wird in der Branche noch experimentiert: Gregor Zielinsky setzt im klassischen Konzertkontext als Basis eine A/B-Anordnung ein, wie sie auch für eine reine Stereoaufnahme zum Zuge kommen würde. Hinzu gesellen sich zwei Höhenmikrofone – Zielinsky nutzt zwei Sennheiser MKH800TWIN, die mit einer Einstellung zwischen Kugel und Niere betrieben werden. Komplettiert wird das Setup durch jeweils zwei Konterparts oben und unten, die weiter hinten stehen. Die Anordnung bezeichnet Gregor Zielinsky als 3D-Cube. Der „Mikrofonwürfel“ weist den einzelnen Kapseln ähnliche Positionen zu, wie sie später bei den Abhörlautsprechern im Studio anzutreffen sind.

Zukunftsweisend ist fraglos der Einsatz digitaler Mikrofone, wie sie von Sennheiser (MKH8000 Serie mit Digitalmodul MZD8000) und Neumann (Solution-D System) angeboten werden: „Wenn man ein Orchester vollständig mit digitalen Mikrofonen bei einer Wortbreite von 24 Bit und einer Abtastfrequenz von 96 kHz abnimmt, ergibt sich eine feine Klangwelt, in der selbst subtile Nuancen deutlich zu hören sind!“, sagt Gregor Zielinsky.

Sofern vorhandenes Material in 3D-Sound wiedergegeben werden soll, nutzt Gregor Zielinsky einen selbst entwickelten Algorithmus, der auf den Namen „Sennheiser 3D“ hört und aus in Mono oder Stereo verfügbaren Aufnahmen Klangwelten in 3D erzeugt. Einer breiteren Öffentlichkeit wurde das auf psychoakustischen Phänomenen basierende Verfahren im Sommer 2014 anlässlich der DavidBowie-Ausstellung in Berlin nahegebracht.

Höhepunkt des audiovisuellen Ausstellungsrundgangs war eine 3D-Klanginstallation, die ohne Kopfhörer zugänglich war: Zu Videos von Bowie-Auftritten sowie diversem Footage-Material wurden die Besucher von räumlich wirkender Musik umgeben, die über versteckt montierte Beschallungslautsprecher von Klein + Hummel wiedergegeben wurde.

Interessant ist fraglos, welche Ästhetik genuine 3D-Projekte künftig verfolgen werden: Eine hyperrealistische Konzertatmosphäre mag bei Live-Mitschnitten in vielen Fällen erstrebenswert sein, aber die Gestaltungs- und Interpretationsmöglichkeiten für Tonschaffende fangen schon früh an und müssen nicht unbedingt plakativ ausfallen. Gregor Zielinsky etwa demonstriert bei Vorführungen von 3D-Sound gerne einen Auszug aus der 9.Sinfonie von Ludwig van Beethoven. Bei bewusstem Zuhören wird dabei deutlich, dass einzelne Instrumente und der Chor bewusst weiter seitlich als gemeinhin üblich angeordnet sind und der Klang somit größer wirkt, als er während der Aufführung für Zuhörer in realiter zu erleben war. Bei den Spielarten elektronisch erzeugter Musik sind der Kreativität also keine Grenzen gesetzt, doch auch das Empfinden des durchschnittlichen Hörers sollte berücksichtigt werden: das unerwartete Ertönen eines lauten Schlagzeugs aus den hinteren Lautsprechern, kann Hörer erschrecken.

Weitere Perspektiven eröffnen Wiedergabeverfahren wie Audiostreaming oder die an mehrkanalige Formate angepasste Kopfhörerwiedergabe (Stichwort: „Virtual 3D“). Gregor Zielinsky ist vom 3D-Sound bereits begeistert und sieht darin die nächste wichtige Erscheinung im Audiobereich. (12/14)

Anzeige