Online-Mediennutzung ist rückläufig

Im Auftrag der ARD/ZDF-Forschungskommission hat die GIM Wiesbaden eine Online-Studie zur Internetnutzung nach den Corona-Jahren durchgeführt. Eines der Ergebnisse - Online-Mediennutzung derzeit deutlich rückläufig.

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Florian Kumb
Florian Kumb ©ZDF/Tim Thiel

Noch nie haben so viele Menschen das Internet unterwegs genutzt wie 2023. Die Online-Mediennutzung geht dagegen derzeit deutlich zurück, bleibt aber auf einem hohen Niveau, z. B. bei Jugendlichen von über vier Stunden täglich. Die Mediatheken von ARD und ZDF erreichen deutlich mehr als die Hälfte der Bevölkerung. Netflix und Amazon Prime führen die Liste der Streaming-Angebote an. Gut jeder Dritte nutzt an einem normalen Tag soziale Medien, wobei Instagram die meistgenutzte Plattform in Deutschland ist. Diese und weitere Ergebnisse veröffentlicht die neue ARD/ZDF-Onlinestudie.

80 Prozent der Menschen in Deutschland ab 14 Jahren nutzen das Internet täglich. Bis zum Alter von 30 Jahren sind fast alle täglich online, um beispielsweise Videos, Mediatheken, Nachrichten, Musikstreaming, Podcasts, Social Media oder Chats zu nutzen. Erst bei den über 70-Jährigen gibt es mit 54 Prozent eine Mehrheit, die das Internet und Online-Dienste nicht täglich nutzt. Gar nicht genutzt wird das Internet in dieser Altersgruppe von 22 Prozent.

Der Wert für die Internetnutzung unterwegs erreicht 2023 einen neuen Höchstwert: 71 Prozent der Befragten geben an, mindestens einmal pro Woche unterwegs online zu sein (+ 3 Prozentpunkte). Dieser Anstieg ist vor allem auf eine Zunahme bei den 50- bis 69-Jährigen zurückzuführen (+ 5 Prozentpunkte).

Mediennutzung im Internet leicht rückläufig

Nachdem die Nutzung von Medieninhalten oder Streams im Internet im Jahr 2022 einen vorläufigen Höhepunkt erreicht hatte, zeigt die ARD/ZDF-Onlinestudie in diesem Jahr einen Rückgang der medialen Internetnutzung auf 139 Minuten pro Tag (- 21 Minuten). Rückgänge sind in allen Altersgruppen zu verzeichnen. Im letzten Jahr gab es zum Zeitpunkt der Datenerhebung noch Corona-Einschränkungen. Der Rückgang ist auch auf diesen Wegfall zurückzuführen, es wird wieder mehr Zeit mit nicht-medialen und außerhäuslichen Aktivitäten verbracht. Jüngere verbringen durchschnittlich mehr als vier Stunden pro Tag mit medialen Internetinhalten, ab 70 Jahren nur noch gut eine halbe Stunde.

Nicht nur die Nutzungsintensität ist in diesem Jahr rückläufig, sondern auch die Zahl derer, die überhaupt Medien über das Internet nutzen. Über alle Altersgruppen hinweg bleiben die Werte jedoch über dem Niveau des Corona-Jahres 2021. Die Tagesreichweite für die Mediennutzung im Internet sinkt leicht auf 65 Prozent (- 7 Prozentpunkte). Dieser Rückgang ist vor allem auf sinkende Reichweiten bei der Nutzung von Texten im Internet zurückzuführen (36 Prozent, – 8 Prozentpunkte). Videos im Internet werden weiterhin von genau jedem Zweiten gesehen (- 1 Prozentpunkt). Bei den 14- bis 29-Jährigen schauen 82 Prozent an einem normalen Tag Videos im Internet, bei den 30- bis 49-Jährigen sind es 65 Prozent. Ebenfalls leicht rückläufig ist die Tagesreichweite von Audio online (37 Prozent, – 5 Prozentpunkte). Am weitesten verbreitet ist nach wie vor das Musikstreaming (41 Prozent nutzen dieses Angebot täglich oder wöchentlich), gefolgt vom Radiohören über das Internet (25 Prozent) und dem Hören von Podcasts oder Radiosendungen auf Abruf (29 Prozent).

Die Mediatheken von ARD und ZDF können ihre Nutzerschaft weiter ausbauen: Mit 54 Prozent (ARD) bzw. 55 Prozent (ZDF) erreichen sie deutlich mehr als die Hälfte der Bevölkerung zumindest selten. Mindestens einmal pro Woche schauen sich 22 Prozent (ARD) bzw. 21 Prozent (ZDF) Sendungen und Filme in den beiden öffentlich-rechtlichen Mediatheken an.

Bei den Video-Streaming-Diensten führen Netflix und Prime Video den Markt weiterhin deutlich an: 36 Prozent der Bevölkerung nutzen das Angebot von Netflix mindestens einmal pro Woche. Amazon Prime Video liegt mit 26 Prozent vor Disney+ (13 Prozent) und den digitalen Angeboten von Sky (11 Prozent).

ZDF-Planungschef Dr. Florian Kumb zu den Ergebnissen der ARD/ZDF-Onlinestudie: „Die in der Corona-Zeit gestiegene Internetnutzung hat sich normalisiert. Dadurch wird der Wettbewerb der digitalen Medienanbieter härter. Gleichzeitig erreichen die Mediatheken von ARD und ZDF inzwischen mehr als die Hälfte der Bevölkerung in Deutschland – Tendenz steigend. Unserem Unternehmensziel ‚Ein ZDF für alle‘, sind wir dadurch nähergekommen.“

Soziale Medien und Messenger: Instagram liegt 2023 vorn

52 Prozent der deutschen Bevölkerung nutzen in einer normalen Woche soziale Medien. In der jüngsten Altersgruppe greifen neun von zehn Personen mindestens einmal pro Woche auf Social-Media-Angebote zurück, ab 70 Jahren sind es nur noch 14 Prozent. An einem normalen Tag nutzen 35 Prozent der Bevölkerung Social Media (68 Prozent bei den unter 30-Jährigen). Bezogen auf die Gesamtbevölkerung ergibt sich eine Nutzungsdauer von 31 Minuten (69 Minuten bei den unter 30-Jährigen).

Bei der mindestens wöchentlichen Nutzung haben die beiden Spitzenreiter in diesem Jahr die Plätze getauscht: Instagram führt das Ranking der Social Media-Nutzung mit 35 Prozent vor Facebook mit 33 Prozent an. Mit deutlichem Abstand folgen TikTok (15 Prozent) und Snapchat (13 Prozent).

Bei den unter 30-Jährigen liegt Instagram mit 79 Prozent deutlich vor Snapchat (52 Prozent), TikTok (41 Prozent) und Facebook (34 Prozent). In der mittleren Altersgruppe (30-49 Jahre) behält Facebook seine führende Position vor Instagram, TikTok, Pinterest, Twitter und LinkedIn.

Online-Suchfunktionen und Navigation sehr beliebt

Vier von fünf Personen in Deutschland nutzen mindestens einmal pro Woche Suchmaschinen im Internet. Bei den unter 50-Jährigen sind es sogar fast alle. Auch die Nutzung von Online-Karten wie Google Maps ist in dieser Altersgruppe weit verbreitet – 65 Prozent nutzen sie. In der Gesamtbevölkerung sind es 46 Prozent. Drei von vier Personen schreiben und lesen mindestens einmal pro Woche private E-Mails, vor allem die 30- bis 49-Jährigen, aber auch die 14- bis 29-Jährigen in fast gleichem Umfang. Jeweils etwa ein Drittel liest Newsletter und nutzt Online-Nachschlagewerke wie Wikipedia.

ChatGPT im Frühjahr 2023 überraschend weit verbreitet

Neben den Basisdaten ermittelte die ARD/ZDF-Onlinestudie auch erste Bekanntheits- und Nutzungswerte für ChatGPT. Zum Befragungszeitpunkt im Frühjahr 2023 ist die AI-Anwendung seit etwa einem halben Jahr frei zugänglich. Mehr als die Hälfte der Befragten hat bereits von Chatbots wie ChatGPT gehört, genau 57 Prozent. 15 Prozent der Gesamtbevölkerung haben sie bereits genutzt, vor allem die unter 30-Jährigen (33 Prozent).

Zur Methodik

Die ARD/ZDF-Onlinestudie 2023 wurde im Auftrag der ARD/ZDF-Forschungskommission durchgeführt. Die Ergebnisse basieren auf dem fusionierten Datensatz mit den Kerndaten der ARD/ZDF-Studie Massenkommunikation Trends 2023. 2023 wurden zwischen dem 6. März und dem 9. April 1.501 repräsentativ ausgewählte deutschsprachige Personen ab 14 Jahren befragt: 70 Prozent davon telefonisch auf Basis einer repräsentativen Dual-Frame-Stichprobe (Festnetz und Mobilfunk), weitere 30 Prozent über ein repräsentatives Online-Panel. Die Feldarbeit wurde von GIM Wiesbaden durchgeführt, die Datenfusion von ANKORDATA.

Die ausführliche Methodenbeschreibung und vertiefende Analysen sind auf der Online-Plattform „Media Perspektiven“ (www.media-perspektiven.de) und unter www.ard-zdf-onlinestudie.de veröffentlicht.