Live vor Ort mit neuem Ü-Wagen

Am Montag, 15. Januar 2007, sendete Deutschlands führender Teleshopping-Kanal QVC – „Quality, Value, Convenience“ – erstmals live vom neuen Ü-Wagen. Mit dem Berliner Museum für Kommunikation war der Standort für die Premiere passend gewählt. Zum zehnjährigen Jubiläum der Deutschland-Aktivitäten hatte der Sender sich dieses Fahrzeug spendiert, um Produkte für die Kunden direkt vor Ort erlebbar zu machen.Am Montag, 15. Januar 2007, sendete Deutschlands führender Teleshopping-Kanal QVC – „Quality, Value, Convenience“ – erstmals live vom neuen Ü-Wagen. Mit dem Berliner Museum für Kommunikation war der Standort für die Premiere passend gewählt. Zum zehnjährigen Jubiläum der Deutschland-Aktivitäten hatte der Sender sich dieses Fahrzeug spendiert, um Produkte für die Kunden direkt vor Ort erlebbar zu machen.

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Ü-Wagen hat QVC bereits in den USA und Japan im Einsatz. Man hat damit gute Erfahrungen gemacht. Live gesendet wird von Messen, von Produktionsstätten geeigneter Handelspartner und von speziellen QVC-Events. Ausgestattet ist der deutsche Wagen zurzeit mit fünf Kameras, erweiterbar auf acht. Die gesamte Technik ist auf High-Definition-TV vorbereitet, die Tonaufnahme und -übertragung ist ausgerüstet für 5.1-Surround.

Besonderer Wert wurde bei der Ausrüstung auch auf das Intercom-System gelegt. Diese optisch unscheinbare Technik ist von vitaler Bedeutung für einen Sender, der live in 24 Stunden etwa 280 Produkte präsentiert.

Der Ü-Wagen: Aufbau und Equipment
Verwertet wurden Erfahrungen aus den USA, dort fährt man schon seit vielen Jahren Live-Sendungen vor Ort. Das Basis-Fahrzeug mit einer Länge von 14,5 Metern ist ein Vierachser-Mercedes Actros. Der mittlere Teil des Wagens lässt sich rechts wie eine Schublade ausfahren. Dadurch entsteht ein großzügiger Platz für die Regie.
Auf dem Dach befindet sich im hinteren Teil die Antenne. Das im Ü-Wagen produzierte Signal wird – als SNG-Uplink – in die Zentrale nach Düsseldorf übertragen. Von dort geht es zum Satelliten Astra. Über einen Rückkanal erreichen den Ü-Wagen Informationen aus der Zentrale. Zu Kontrollzwecken empfängt man das vom Satelliten abgestrahlte Signal.
Die Sendetechnik befindet sich etwa in der Mitte des Fahrzeugs, außerdem die MAZen, die Kreuzschienen, die Technik für die Bildmischer und die Server-Einheiten. Der Ü-Wagen ist HD-fähig, die Verkabelung ist entsprechend ausgelegt, ebenso der Bildmischer und die Video-Verteilung. Die Kameras lassen sich mit den entsprechenden Software-Keys aufrüsten.
Die Audiotechnik ist auf 5.1-Surround vorbereitet. Eine entsprechende Abhöre ist unter kompakten Platzverhältnissen in den Audio-Raum eingebaut. Auf einer Software-Mehrspur können 96 Spuren aufgezeichnet und später gemastert werden. Das kommt für Events und Sendungen infrage, bei denen bekannte Showstars wie zum Beispiel Andre Rieu eine explizite Rolle spielen. Das Audio-Pult ist von Soundtracks und bietet genügend Eingangskanäle und DSP für diese Anforderungen.
Über so genannte Wartungsklappen ist jeder Technik-Teilbereich von außen zugänglich. Hinten bietet der Truck Stauraum für so viel Material, dass zum Beispiel Audio-Equipment für die Beschallung eines kleineres Live-Events mitgeführt werden kann. Für mehr Material bei größeren Einsätzen gibt es den zusätzlichen „Rüstwagen“, ein Mercedes Standard-Aufbau, der auf der Höhe der Reifen noch um einige Staufächer erweitert wurde. Zum leichteren Ent- und Beladen dient eine Hebebühne. Der Rüstwagen verfügt über eine Pantry mit Kaffeemaschine, Kühlschrank, Mikrowelle und Spüle. In der Zugmaschine des Ü-Wagens ist ein Stromgenerator untergebracht. Dadurch lassen sich die Fahrzeuge notfalls auch unabhängig von der Netzversorgung betreiben.

Rainer Sura, Director Broadcasting & Marketing
Wodurch entstand der Bedarf nach einem Ü-Wagen?
Wir hatten dieses Jahr in Deutschland unseren zehnjährigen Geburtstag und wir wollen uns hier natürlich weiterentwickeln – nicht mehr nur aus dem Studio senden, sondern Teleshopping vor Ort stattfinden lassen, es zu den Kunden bringen. Außerdem möchten wir direkt zu Lieferanten fahren, um zu zeigen, wo und wie die Produkte produziert werden. Ein anderer wichtiger Schauplatz für unseren Ü-Wagen sind Messen, bei denen neue Produkte gezeigt werden. Wir können sie dann sofort präsentieren und sind damit aktueller als wir es mit einem reinen Studio-Konzept sein können. Aus einem anderen Blickwinkel kann man auch sagen: Wir können unseren Kunden dadurch einen besseren Service bieten. Zum Beispiel werden wir Ende März in Köln sein, im Schokoladen-Museum, und dort werden wir mal zeigen, wie man Schokolade herstellt. Die Show machen wir mit der Firma Lindt-Schokolade. Ebenfalls gegen Ende März werden wir auf der „Creativa“ sein. Das ist eine große Messe für Bastler. Über fünf Tage erwartet man 100.000 Besucher, und von dieser Messe werden wir täglich zwei Stunden live senden. Die Messebesucher haben dann auch Gelegenheit, an der Sendung teilzunehmen. Im Mittelpunkt unserer Außen-Übertragungen steht natürlich immer der Verkauf von Produkten.

Teleshopping ist ein sehr spezielles Format. Nach welchen Kriterien haben Sie die Einrichtung Ihres Ü-Wagens dimensioniert?
Die komplette Crew, die wir für eine Sendung im Studio haben ist bei einer Sendung aus dem Ü-Wagen auch dabei: Techniker, der Moderator, Line-Producer, Product-Coordinator und so weiter. Wir können hier bis zu acht Kameras einsetzen. Entsprechend dimensioniert sind auch die Bedien-Einheiten. Zurzeit sind sie für fünf Kameras ausgestattet, drei lassen sich also noch ergänzen. Mit dem Grafik-Arbeitsplatz können wir auch das so genannte Grafik-„L“ im Bild generieren, den Balken, auf dem Artikelnummer, Produktbeschreibung, Preis und die Kontakt-Telefonnummer dargestellt werden. Wir haben also hier an Bord alles, um autark von jeder Stelle in Deutschland eine Teleshopping-Sendung zu produzieren.

Wie ist der Ablauf hier im Ü-Wagen organisiert?
Der ausfahrbare Teil mit den vier Bildschirmen ist die so genannte Produzenten-Loge, der Arbeitsplatz für den Line-Producer und den Playout-Operator. Der Line-Producer ist bei uns „Käpt’n of the ship“, also der, der die Sendung leitet. Er hat den direkten Kontakt zum Moderator, er sieht die Abverkäufe, er teilt die Zeit ein für die Präsentation. Er hat bestimmte Hilfsmittel: Auf Monitoren sieht er den Verlauf des Abverkaufs, wie viele Anrufe bei den Präsentationen jeweils eingehen – und so weiter. Entsprechend steuert er die Sendung.

Daten dazu bekommen wir über Satellit von unserer Zentrale. Wir haben also Verbindung zu unserer Infrastruktur, das gesamte Warenwirtschafts-System erscheint hier auf den Monitoren. Der Playout-Operator hat die reinen Produktbilder, was sozusagen dem „Schaufenster“ entspricht. Diese Bilder werden nach Möglichkeit vorproduziert und auf die jeweilige Tour des Ü-Wagens mitgenommen. Außerdem hat er Zugriff auf die Trailer, die Ankündigungen und Programmhinweise. Der Moderator bekommt zu jedem Produkt eine „White Card“, auch „Long Description“ genannt, also eine Beschreibung des Produktes. Weitere Produkt-Kenntnisse muss er sich vorab auf eigene Initiative erwerben. Einen Teleprompter hat er während der Sendung nicht – auch im Studio nicht. Über ein Ear Piece bekommt er Anweisungen von der Regie, darunter auch Informationen über die Abverkäufe des aktuellen Produkts.

Intercom bei QVC
Intercom ist für QVC ein dominantes Thema. Hundertprozentige Zuverlässigkeit ist gefragt, denn bei diesem Sendeformat ist im Fall einer Havarie wenig Raum für Improvisation. Intercom findet hinter und vor den Kameras statt: Die Waren müssen rechtzeitig vor Ort sein, der Moderator muss verstehen, was der Producer ihm während der Sendung zu sagen hat. Deshalb wird viel Vorbereitungs-Zeit in die optimalen Pegelverhältnisse bei der Intercom investiert. Alles soll gleichmäßig klingen, niemand soll unverhofft dominant hervortreten. Gefürchtet sind Rückkopplungen. QVC arbeitet im Studio mit einer ADAM-Anlage von Telex. In den Ü-Wagen wurde ein modernes Cronus-System, ebenfalls von Telex, eingebaut.

Wer hat die Intercom-Anlage im Ü-Wagen geplant?
Die Planung kommt von uns selbst. Das können wir recht gut leisten, die Anlage ist ja überschaubar. Wir haben dazu im Haus auch eine gut ausgebaute Messtechnik mit zwölf Engineers, die sehr hoch qualifiziert sind. ASC Hamburg als Repräsentant hat uns in Detailfragen der Konfiguration per Telefon unterstützt.

Welche Größenordnung und welche Anbindung hat das System im Ü-Wagen?
In der maximalen Ausbaustufe hat die Cronus-Anlage 32 Ports, die auch alle belegt sind. Tatsächlich genutzt sind sieben Ports als Panel-Ports an den Operator-Plätzen, also drahtgebunden, mit Sprechtasten. Sie sind gemischt bestückt: Mit den vier KP 32 kann ich 32 verschiedene Partner ansprechen, mit den drei KP 12 zwölf verschiedene Partner. Die weiteren 25 Ports haben unterschiedliche Bestimmungen. Mit dabei sind Vierdraht-Ports für bis zu acht Kameras – die maximale Ausrüstung für den Ü-Wagen. Die Intercom ist für diesen Fall vorverkabelt und getestet. Zusätzlich haben wir Funk-Interkom-Ports, die an die Cronos-Anlage angebunden sind. Außerdem IFB-Ports – die Sennheiser IFB-Anlage -, die auf das Moderator-Earpiece geht. Das sind insgesamt vier. Dann haben wir noch Hybrid-Anwendungen. Denn wir müssen ja die Kommunikation für die reibungslose Übergabe zwischen Studio und Ü-Wagen sicherstellen. Für die Kommunikation zwischen Studio und Ü-Wagen haben wir drei Möglichkeiten:
Möglichkeit 1 ist qualitativ am besten, und wir nutzen sie deshalb am meisten. Wir mieten uns analoge oder ISDN-Telefonleitungen. Die verbinden wir über einen Telefonhybrid mit der Kommando-Anlage. Wir haben dann eine Verbindung Studio-Regie zu Ü-Wagen-Regie und dito Line-Producer zu Line-Producer.

Möglichkeit 2: Wenn keine Telefonleitung erreichbar ist, können wir die Verbindung auch über den Satellitenweg herstellen. Wir machen einen Drei Träger-Betrieb. Ein Träger ist für die Ton- und Bild-Übertragung, zwei Träger sind für Datenübertragung. Von der Datenübertragung kann man ein paar Kilobits für MP3-Audioübertragung abzweigen. Darüber kann man dann auch von Regie zu Regie und von Line-Producer zu Line-Producer reden.
Möglichkeit 3 ist eine Handy-Verbindung, die direkt aus der Kommando-Anlage aufliegt. Dazwischen sitzen eine Audiopegel-Anpassung und ein Symmetrier-Verstärker. Wenn ich von außen mit einem Handy anrufe, kann ich im Ü-Wagen auf die Kommando-Anlage sprechen. Von jedem Port aus kann ich auch aus der Kommando-Anlage mit dem Handy sprechen.

Wie kooperiert die neue Cronus-Anlage im Ü-Wagen mit dem älteren ADAM-System im Studio?
Erfreulicherweise ist die Software voll kompatibel, sie läuft im Studio und im Ü-Wagen. Es gibt keine Einschränkungen bei der Funktionalität. Neue Features kann man bei Telex also auch in den alten Anlagen noch programmieren. Im Unterschied zu der älteren ADAM-Anlage ist die Cronus-Anlage Trunking-fähig. Ich könnte also mehrere Cronus-Anlagen hintereinander hängen, also um jeweils 32 Ports erweitern beziehungsweise kaskadieren. Das geht mit der ADAM-Anlage nicht ohne weiteres. Wir haben diese Anforderung an die ADAM auch nicht. Ich bin sehr zufrieden mit der Konstanz, mit der Telex diese Produkte weiterentwickelt. Wenn ich mich einmal auf eine Software und ihre Programmierung eingestellt habe kann ich für alle Telex-Geräte dabei bleiben. Das macht die Sache einfach, und das war für uns auch der entscheidende Grund mit Telex weiterzumachen.
Martin Hömberg (MB 03/07)

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