Überraschung mit Ansage

Schon Anfang des Jahres gab es erste Hinweise darauf, dass der Mobilfunkkonzern Vodafone die Übernahme von Kabel Deutschland (KDG) plant. Danach war erst einmal Funkstille. Zur ANGA COM wurde weiter spekuliert. Mittlerweile ist die Kaufabsicht offiziell bestätigt. gute Argumente sprechen für einen Zusammenschluss der beiden Konzerne, meint Telko-Experte Ronald Klingebiel im Gespräch mit MEDIEN BULLETIN. Liberty dürfte schlechtere Karten im Poker um die KDG haben.

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Überraschung mit Ansage

Mancher Teilnehmer an der Eröffnungsdiskussion der ANGA Com in Köln in diesem Juni zeigt sich überrascht von dem Auftritt des obersten Chefs von Kabel Deutschland (KDG). Denn Adrian von Hammerstein gab sich ungewohnt wortgewaltig – „als wolle er sich verkaufen“. So war es vielleicht keine Überraschung mehr, als eine knappe Woche später das Interesse an einer Übernahme des noch immer größten deutschen Kabelnetzbetreibers durchsickerte. Das einzig Überraschende war vielleicht der mögliche Bieter, Vodafone. Der Mobilfunkriese hatte sein Interesse schon früher im Jahr bekundet, sich dann aber wieder zurückgezogen, als entsprechende Spekulationen im Markt die Runde machten. Mit der Bekanntgabe der Allianz mit der Deutschen Telekom AG, die die Nutzung von deren Breitbandnetz beinhaltet, schien dieses Thema endgültig vom Tisch! Auch jetzt räumte Vodafone nur Gespräche ein. Das Angebot sei noch in Arbeit.

Ronald Klingebiel, Assistent Professor und Experte der Warwick Business School im Bereich Strategische Entscheidungsfindung bei Telekommunikationsunternehmen zeigt sich freilich von solchen Spielchen unbeeindruckt: „Für Vodafone macht der Einstieg bei der KDG durchaus Sinn! Zum einen für die Ausweitung des Produktangebots. IPTV Dienste werden ja bereits in Deutschland angeboten. Allerdings macht es auch für Mobilfunkanbieter Sinn über eine eigene leistungsstarke Festnetzanbindung zu verfügen, um die stark anwachsenden Datenmengen besser verteilen zu können. Das gilt übrigens nicht nur für Deutschland, wo zwar bereits seit der Arcor-Integrierung ein Netz besteht, das aber nicht genug Kapazität besitzt.“ Mit Kabel Deutschland im Verbund könnte der Mobilfunkanbieter (Marktanteil in Deutschland ca. 30 Prozent) zusätzlich 8,5 Millionen Kunden mit Festnetztelefonie, Internet und TV versorgen.

Trotzdem sehen viele Finanzexperten die Sache mit einer gewissen Skepsis, da durch das frühe Bekanntwerden des Vodafone-Interesses der Aktienpreis noch einmal nach oben schoss (um fast zehn Prozent auf über 80 Euro). Dieses Preisniveau sei in der Aktionärsversammlung nur sehr schwer vermittelbar, so die einhellige Meinung in den Medien. „Dass der Preis der Aktien im Moment noch einmal so ansteigt ist sicher ein Problem. Allerdings sprechen die strategischen Gründe durchaus dafür, in den sauren Apfel zu beißen. Der Mangel an alternativen Übernahmekandidaten könnte auch die Hauptversammlung zur Zustimmung bewegen“, gibt Klingebiel hingegen zu bedenken. Die Vorteile lägen auf der Hand: „Das vor kurzem abgeschlossene Nutzungsabkommen mit der Deutschen Telekom ist sinnvoll, da es im Moment die kostengünstigere Alternative ist um auf eine leistungsstarke, bundesweite Glasfaserinfrastruktur zuzugreifen. Allerdings macht man sich damit auch von einem Konkurrenten zunehmend abhängig. Langfristig macht da eine eigene Lösung sicherlich Sinn.“ In Deutschland ist der Markt bereits ziemlich konsolidiert, so dass es kaum andere Möglichkeiten gibt, sich flächendeckend ein leistungsfähiges Netz zuzulegen. Zwar lehnte das Bundeskartellamt die Übernahme von Telecolumbus durch die KDG ab, allerdings wären das auch nur rund zwei Millionen angeschlossene Haushalte – noch wichtiger aber, es fehlt, wie bei ähnlichen Optionen, der leistungsstarke Backbone. Auch das gegenteilige Szenario, dass ein anderer Bieter mit Vodafone konkurrieren könnte, sieht der Experte aus London nicht: „Sicher, auch Liberty Global äußerte Interesse an einer Übernahme der KDG. Allerdings steht dagegen, dass es kaum wahrscheinlich ist, dass das Bundeskartellamt dem zustimmt. Für Vodafone ist das sicherlich einfacher durchzusetzen.“

Am 24. Juni hat die Vodafone Vierte Verwaltungsgesellschaft mbH, eine Tochter der Vodafone Group Plc, nun offiziell ihre Absicht bekannt gegeben, die KDG zu erwerben. Die geplante Transaktion bewertet die KDG mit 87 Euro je Aktie, entsprechend einem Eigenkapitalwert des Unternehmens von rund 7,7 Milliarden Euro. Die Transaktion soll durch ein freiwilliges öffentliches Übernahmeangebot in Höhe von 84,50 Euro je Aktie in bar zuzüglich der Zahlung der von Kabel Deutschland vorgesehenen Dividende für das Geschäftsjahr 2012/13 in Höhe von 2,50 Euro je Aktie umgesetzt werden. Vorstand und Aufsichtsrat der KDG begrüßen nach Angaben des Kabelnetzbetreibers die Ankündigung von Vodafone. Beide Unternehmen haben eine Grundsatzvereinbarung geschlossen, in der bestimmte Absichten festgehalten sind.
Dieter Brockmeyer
(MB 07/08_13)