Mehrwert für den Produktionsworkflow

Auf der Sportel Monaco 2011 (10. – 13.10.2011), Kongressmesse für die Sportmedien-Wirtschaft, präsentierten einige Hersteller aus der Broadcast-Industrie innovative Lösungen für mehr Workflow-Effizienz in der Live-Sport-Produktion. MEDIEN BULLETIN sprach dort mit den Marketing-Direktoren Raoul Cospen (Dalet) und Nicolas Bourdon (EVS) über entsprechende Produkte und Strategien ihrer Unternehmen.

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Mehrwert für den Produktionsworkflow

Dalets Software-Lösung Sports Factory wurde erstmals auf der diesjährigen NAB in Las Vegas vorgestellt und sogleich mit einem TV Technology Award ausgezeichnet. Auch auf der Sportel Monaco 2011 war Sports Factory das Highlight am Dalet-Stand. „Broadcastern, Sport-Ligen und -Vereinen bietet Sports Factory die Möglichkeit, ihren Content zu verwalten, zu loggen, zu clippen und Replay-Sequenzen zu erstellen“, erklärte Raoul Cospen, Director of Marketing von Dalet. Sports Factory könnte so in vielfältiger Weise genutzt werden, um Bewegtbildmaterial in eine Datenbank zu überspielen und es dann über das Web oder verschiedene Applikationen wieder abrufbar zu machen.

Damit die Daten wiedergefunden werden können, war es Dalet besonders wichtig, ein System zu entwickeln, das es leicht macht, Metadaten zu sammeln und zu integrieren. „Um das zu gewährleisten werden dem Benutzer Tools zum Loggen und zur Erstellung von Highlight Szenen mitgeliefert. Während der Live-Produktion hat man die Möglichkeit, mit unserem Produkt, das sich für die verschiedensten Sportarten konfigurieren lässt, Metadaten direkt einspeisen zu können. So können sich beispielsweise in einem Fußballspiel Szenen wie ein gefallenes Tor direkt mit relevanten Informationen wie dem Vorlagengeber, Torschütze, aber auch die ‚Qualität’ des Tores einpflegen lassen“, erklärt Cospen.

Die eingegebenen Metadaten werden dann automatisch in ein Media Asset Management System (MAM) übertragen. Es ist laut Cospen möglich, direkt Playlisten zu erstellen, die es ermöglichen sollen, Highlight-Szenen oder Spieler-Informationen schnell verfügbar zu machen. „Das ist besonders nützlich für Szenarien wie Halbzeitanalysen,“ so Cospen.
Als ein weiteres Highlight führt er die Möglichkeit an, eine geloggte Sequenz mit nur einem Knopfdruck auf Endgeräte wie dem iPad auszuspielen: „Über unser MAM-System ist es jetzt möglich, eine einmal geloggte Szene auf Endgräte auszuspielen, die dann für die Zuschauer aus allen verfügbaren Kamerapositionen einsehbar ist. Das gibt dem Zuschauer die Möglichkeit, strittige oder interessante Szenen aus verschiedenen Perspektiven zu sehen.“

Zu den ersten Nutzern der Sports Factory-Lösung gehören beispielsweise der FOX-Kanal Speed und die NHL (National Hockey League). Die Kunden sind laut Cospen mit dem Sports Factory sehr zufrieden: „So kann bei gleichbleibender Manpower bis zu 50 Prozent mehr Content produziert und auf die verschiedenen Bildschirme gebracht werden. Somit lassen sich die Produktionskosten senken, Zeit einsparen und das tapebasierte Arbeiten gehört der Vergangenheit an.“

Der mit Sports Factory bearbeitete Content kann, sobald er in einem Archiv abgelegt wurde, auch von anderen Sender-Abteilungen, zum Beispiel von der Nachrichten-Redaktion, abgerufen werden. „Bei der Entwicklung der Sports Factory haben wir gezielt auf Konzepte und Ideen aus der News-Produktion genutzt. So ist es mit dem Tool ‚Edit while record’, also schneiden während der Aufnahme, möglich, zwei Sekunden nach Beginn der Aufzeichnung das Material zu bearbeiten“, erklärt Cospen. Dalet-Marketing-Direktor Cospen betont gerne den Wert von Metadaten für die Mehrfachnutzung von Inhalten. Dadurch ließen sich zum einen die Produktionskosten senken und zum anderen könnte man den Zuschauern an verschiedenen Endgeräten eine nie da gewesene Bewegtbildvielfalt präsentieren. „Wir bieten Unternehmen, die Sportinhalte produzieren wollen, die Möglichkeit, ihre Angebote stärker zu diversifizieren und dadurch auch neue Einnahmequellen zu erschließen“, sagt Cospen.

Es sei deshalb sehr interessant auf einer Messe wie der Sportel Monaco zu sein. „Auf dieser Messe sind nicht viele Broadcaster. Hier stellen Ligen, Verbände und Clubs aus. Der Informationsaustausch ist sehr groß.
Alle Aussteller haben unterschiedliche Anforderungen und hier ist der perfekte Ort, um darüber zu reden. Es reicht heutzutage nicht mehr aus, Videos ins Internet zu stellen. Diese Videos müssen verlinkt werden, es ist vielleicht auch wichtig, Bilderstrecken dazu zu erstellen und andere relevante Videos anzuzeigen. All diese Informationen müssen bestenfalls während der Produktion eingepflegt werden, um den Arbeitsaufwand so gering wie möglich zu halten.“

EVS

EVS, mit seinen XT-Server-Systemen bislang vorwiegend in der Außenproduktion unterwegs, stellte auf der Sportel in Manaco, wie auch schon auf den letzten großen-Broadcast-Messen, sein verstärktes Engagement im Bereich der News-Produktion in den Vordergrund. „Was EVS dazu veranlasst hat, in den News-Produktionsbereich einzusteigen, war schlicht die Erkenntnis, dass unsere Server die dort nötige Geschwindigkeit und Verlässlichkeit bieten,“ betonte Bourdon. Für den neuen Anwendungsbereich seien zusätzliche Features und Content Management-Funktionalitäten entwickelt worden, um Inhalte möglichst einfach empfangen, verarbeiten und sofort weiterverbreiten zu können. EVS habe dabei großen Wert auf Live-Produktionsmöglichkeiten mit Mehrkamera-Aufnahmen und dem Einsatz von Slowmotion- und Ultramotion-Systemen gelegt. „Zusammen mit I-Movix X10 können wir zum Beispiel Loop-Aufnahmen und sofortige Wiedergabe mit bis zu 500 Bildern in der Sekunde realisieren. Hier bieten wir also höchste Qualität,“ so Bourdon. Außerdem sei für die Live-Umgebung ein perfektes Content-Management-System erforderlich. EVS biete Systeme, die das erste Loggen direkt am Veranstaltungsort ermöglichen. Beim Überspielen der Daten in die Postproduktion oder in das Studio seien dann wichtige Daten schon vorhanden und man könne sich ganz auf den Schnitt konzentrieren. „Deshalb haben wir auch in den letzten Jahren die Integration mit vielen Postproduktions-Tools forciert.

Wir kooperieren dabei mit allen namhaften Herstellern wie AVID und Adobe,“ meint Bourdon und ergänzt: „Auf der IBC 2011 haben wir gezeigt, dass wir im Studioeinsatz Live-, Non-Live- und Near-Live-Signale nutzen und in einem Archiv integrieren können. Mit unserem Media Archive Director (MAD) haben wir letztes Jahr ein Produkt vorgestellt, das die Digitalisierung und Zentralisierung von Daten erlaubt, die über die Eingabe beschreibender Metadaten in einem Browser gesucht und aufgerufen werden können.“

Ziel muss es laut Bourdon sein, Datenpakete ins Archiv zu senden oder dort bereits existierende Daten mit anderen Servern auszutauschen. „Stellen Sie sich vor, sie wollen eine Highlight-Serie über einen bestimmten Spieler senden. Mit unserem System können Sie nach dem Videomaterial browsen und sich dann das Material vom Server laden.“ Normalerweise sei das auf Grund der noch vielen bandbasierten Archive nicht gerade einfach und erfordere eine genaue Planung im Vorfeld. Das Web-basierte System von EVS ermögliche es hingegen, direkt auf das gewünschte Material zuzugreifen. „Das erhöht natürlich den Wert eines Produktionsworkflows ungemein,“ sagt Bourdon.

Second Screen-Applikation

Für EVS eher untypisch war das zuletzt vorgestellte Produkt mit dem Namen C-Cast. „Das ist unsere ‚Second Screen’-Applikation. Normalerweise haben wir uns immer auf den Broadcast-Markt konzentriert, mit C-Cast haben wir allerdings ein Produkt für den Endkonsumenten geschaffen. Die Idee ist, schon während einer Multi-Screen-Aufnahme im Ü-Wagen mit EVS XP-Servern und IP Director zu arbeiten, um den Content dann auf verschiedene Endgeräte auszuspielen,“ so Bourdon. Er führt weiter aus: „Angenommen bei einem Fußballspiel bekommt ein Spieler eine rote Karte, diese Aktion wird dann in dem Ü-Wagen geclipt und im IP Director erstellt und damit sind automatisch alle Kamerawinkel verfügbar die genau zu der speziellen Aktion passen. Diese Clips werden dann zum einem für die aktuelle Produktion verfügbar gemacht, zum anderen aber auch zur Speicherung in annehmbarer Qualität, normalerweise in H.264, an den Server gesendet.“

Ist man also User eines zweiten Bildschirms, beispielsweise eines iPad, ist es möglich, einen Clip aus verschiedenen Kamerapositionen anzusehen. Es dauert laut Bourdon ungefähr zwei Minuten bis die Live-Sequenz aus dem Stadion an den Enduser mit seinem iPad gesendet wird. So könne der leidenschaftliche Fußballfan, eine Aktion am Fernseher live mitverfolgen und dann, zwei Minuten später, die Entscheidung des Schiedsrichters auf seinem zweiten Bildschirm überprüfen.

Dieses System wird mittlerweile von Channel 9 in Australien für Rugby-Spiele verwand. Bourdon: „Mehr als 20 Projekte sind mittlerweile mit unserem Produkt geplant und laufen jetzt an. Das zeigt schon, dass wir mit dem Produkt einen echten Markt erschließen. Umfragen haben gezeigt dass 75 Prozent der iPad Nutzer auf ihrem Gerät fernsehen.“
Ein großes Problem sei schließlich, dass der Fernsehmarkt Zuschauer verliere. Und wenn Werbung liefe, würden sich viele Zuschauer abwenden und in der Zwischenzeit etwas anderes machen. Broadcastern würde mit der EVS-Lösung die Möglichkeit eröffnet, einen zusätzlich Mehrwert zu bieten der den Zuschauer weiterhin an das Programm bindet. Das spräche vor allem die neue Generation von Nutzern an und biete die Möglichkeit der Interaktion.

Positive Resonanz

Die diesjährige Sportel Monaco war nach Angaben des Veranstalters ein voller Erfolg. Amparo DiFede, Gerneral Manager der Sportel Organisation, konnte am Ende der Messe mit 2.330 Teilnehmern, die 970 Unternehmen aus 67 Ländern vertraten, erfreuliche Zahlen vermelden. Damit verzeichnete die Sportel dieses Jahr zehn Prozent mehr Gäste. Das Grimaldi Forum in Monaco war dieses Jahr mit 183 Ständen gut gefüllt – die Ausstellungsfläche war im Gegensatz zum Vorjahr um 30 Prozent erweitert worden. DiFede war zudem sehr mit Qualität und Vielfalt der Besucher und Aussteller zufrieden und konnte von vielen abgeschlossenen Deals berichten.
Zur Sportel Monaco 2011 fanden auch die jährliche Georges Bertellotti „Golden Podium Awards“ Zeremonie, die internationale Konferenz „Olympic Games – The Lean Forward Revolution in Sports“, das Symposium „Smart TV – Added Value for Coverage“ und das Presse Event „World Judo Championships, Paris 2011 and it’s Media Coverage“ statt.

Das Feedback auf die Sportel Monaco 2011 war laut DiFede insgesamt sehr positiv: „Vor allem die Diskussionen über die Entwicklung der neuen Medien und die damit verbundenen Technologien sind sehr geschätzt worden. Die SPORTEL ist weiterhin einer der Veranstaltungen im Sportmedien-Geschäft, die man nicht verpassen sollte.“
Niklas Eckstein
(MB 11/2011)

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