Größtmöglicher Nutzungskomfort

Anfang des Jahres war der Start im kleinen Heimatmarkt Schweden. Im Juni bereits streckte man die Fühler nach Deutschland und Spanien aus: Magine macht ernst und verspricht dabei ein völlig neues Fernseh- und Video on Demand-Gefühl!

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Größtmöglicher Nutzungskomfort

„Wie würde das Fernsehen aussehen, wenn es heute erfunden würde“, fragt Mattias Hjelmstedt, Gründer und Geschäftsführer von Magine, im LinkedIn-Profil des schwedischen Internet-Unternehmens. Die Antwort hat er gleich parat: Jedermann wäre dann in der Lage, das komplette Fernsehangebot zu nutzen, egal wann, wo und auf welchem Endgerät. Mit seinem neuen Video-on-Demannd-Service will das bislang hierzulande kaum bekannte Unternehmen Magine genau diesen Anspruch erfüllen und trifft damit voll ins Schwarze. Nach der ersten internationalen Präsentation der Firma auf der Programmfachmesse miptv, Anfang April 2013, kommentierte im Anschluss Kate Bulkley, eine der international renommiertesten Medienfachjournalistinnen, Magine sei das mit Abstand interessanteste Projekt in Cannes gewesen.

Dass die Firma zuvor kaum bekannt war, mag nicht verwundern: Magine wurde zwar schon im Jahr 2009 gegründet, ist aber erst Anfang dieses Jahres mit seinem Angebot auf seinem sehr begrenzten Heimatmarkt gestartet und gerade einmal seit etwa drei Monaten dort im Regelbetrieb! Vor wenigen Wochen startete die Betaphase in Spanien und mit nur wenig Versatz auch in Deutschland. Im Herbst soll in beiden Märkten der Regelbetrieb starten. Auf den genauen Starttermin für die beiden Märkte will Hjelmstedt sich noch nicht festlegen: „Wir haben das bei dem Start in Schweden genauso gemacht. Uns kommt es darauf an, dass der Kunde vom Start weg ein optimales Ergebnis hat und möglichst alle Bugs beseitigt sind. Wenn also die Testphase sich dadurch verlängert, dann müssen wir das hinnehmen.“

Der Ehrgeiz der jungen Firma ist aber mit den kurz hintereinander erfolgten Starts in drei Ländern noch lange nicht erschöpft, bestätigt der Firmengründer: „Wir haben bereits einige Märkte fest im Auge. Sie können für die nächsten Jahre noch mit einigen Neuigkeiten rechnen.“ Genauer will er sich allerdings hier noch nicht in die Karten schauen lassen. Wirft man einen Blick auf die Gründe für die Auswahl der bisherigen Märkte bekommt man aber vielleicht einen Eindruck in welche Richtung die Entwicklung gehen könnte. In Cannes wurde als Grund für die Wahl Deutschlands, für einen der ersten Expansionsschritte, die Bedeutung des Medienmarktes genannt. „Wir wollen beweisen, dass wir uns auch auf einem solchen großen Markt behaupten können“, hieß es damals auf der Pressekonferenz. Für die Wahl Spaniens dürften ähnliche Gründe gelten. Hjelmstedt weist auch hier auf die Marktrelevanz hin: „Spanien ist für uns ein sehr wichtiger Markt mit einem hohen Anteil an sehr jungen Mediennutzern.“ In der lang anhaltenden schlechten wirtschaftlichen Lage des Landes sieht er kein Problem. Eher im Gegenteil: „Dort hat man viel Zeit für Entertainment und andere Inhalte“, meint er.

Magine setzt voll auf die Cloud

In der Betaphase sind diese Inhalte freilich noch etwas eingeschränkt, das Produktversprechen aber lässt kaum Wünsche offen, da das Leistungsangebot aber skalierbar ist, kann ein auf der Plattform vertretener Sender, das Angebot für seine Zuschauer beschränken. So ist es beispielsweise möglich, sich Sendungen noch bis zu einem Monat (30 Tage) nach Ausstrahlung anzusehen. Bei gängigen CatchUp-Angeboten der Sender hat sich für zeitversetztes Sehen bislang eine Frist von sieben Tagen durchgesetzt und natürlich kann ein Sender hier bestimmen, welchen Zeitraum er seinen Kunden ermöglichen will. „Es gibt aber durchaus Sender, die an dieser Stelle keine Beschränkung machen“, beschreibt Hjelmstedt die Situation im schwedischen Regelbetrieb. An dieser Stelle zeigt sich auch der entscheidende Unterschied zu anderen Streaming-Plattformen, wie etwa Zattoo. Die Macher von Magine setzen voll auf die „Cloud“ und erreichen damit eine bislang nicht gekannte Flexibilität ihres Angebots.

Neben den inzwischen „üblichen“ Features, wie zurückspulen oder anhalten des laufenden Programms, gibt es zahlreiche weitere Komponenten, eben auch die bereits genannte lange Nachlaufzeit. Auch die Anzahl der möglichen Sender ist nahezu unbegrenzt und alles leicht auffindbar über den integrierten EPG, mit Zusatzinformationen, wenn vorhanden Trailern, und von dem die Programme direkt gestartet werden können. Durch die Cloud ist es aber auch möglich ein Programm auf dem Smartphone zu starten und wenn ich dann an einem großen Connected Screen vorbeikomme, etwa im Wohnzimmer, dort genau an der gleichen Stelle weiterzuschauen, es auf mein Tablet zurückzuholen, um in der Küche weiterzuschauen, um den Fernsehabend dann im Schlafzimmer auf dem großen Screen abzuschließen. Sofern die Internetverbindung mitspielte kann ein Programm natürlich auch komplett auf dem Mobile Device gesehen werden, etwa im Bus oder sonst wo unterwegs.

Ob das alles so tatsächlich funktioniert, davon können sich die Magine-Kunden in der Beta-Phase noch keinen richtigen Eindruck verschaffen, da, wie gesagt, jetzt erst einmal einzelne Features getestet und optimiert werden.

Auch RTL ist von Beginn an dabei

Doch schon jetzt stehen dem Nutzer in der Betaphase eine ganze Reihe von Sendern zur Verfügung, das ZDF etwa, die deutschen Viacom-Sender Nickelodeon, Comedy Central und Viva, oder DMAX sowie Eurosport 1 und 2. Durch den unlängst mit der deutschen RTL-Gruppe bekanntgegebenen Vertrag sind auch deren Free-TV-Angebote RTL, VOX, RTL2, Super RTL, RTL nitro und n-tv mit dabei. Von Beginn an setzt sich die deutsche RTL-Familie damit an die Spitze einer Entwicklung, die von ihr lange mit einem gewissen Misstrauen beobachtet wurde.

RTL-Programm-Geschäftsführer Frank Hoffmann erklärt die Gründe: „Es ist ja nicht so, dass der Fernsehkonsum sinkt. Auch bei den jungen Zielgruppen liegt die Sehdauer auf konstant hohem Niveau. Generell möchten wir mit unseren Angeboten aber überall dort sein, wo die Zuschauer sind. Das ist der Grund dafür, dass wir unser Programm online auch über Plattformen wie Zattoo oder die sich gerade neu etablierende Plattform Magine verbreiten.“ Mit Zattoo hatte RTL erst einige Wochen früher einen Vertrag unterzeichnet. Grund für die Zurückhaltung war lange, dass man befürchtete das eigene Produkt in Hände zu geben, wo man leicht die Kontrolle darüber verliert. Diese Befürchtungen wurden aber offenbar von beiden Plattformen erfolgreich ausgeräumt: „Wir haben genaue Vorstellungen davon, was mit unserem Programm gemacht werden kann und was nicht. Wir behalten stets die volle Kontrolle über unsere Inhalte“, so Hoffmann.

Finanzierung des Projekts

Hjelmstedt kündigt an bis zum Regelbetrieb noch weitere Sender an Bord holen zu wollen: „Da wird sich in den nächsten Wochen und Monaten noch einiges tun.“ Wer als nächstes zu erwarten sein könnte, da hüllt er sich aktuell aber noch in Schweigen. Bleibt noch eine andere Frage zu klären: Wie finanziert sich so ein ambitioniertes Projekt, das alleine durch nutzungsabhängig stark steigende Serverkosten geprägt ist? Auch hier hält sich der Entrepreneur wieder dezent zurück. „Wir können die Anlaufkosten für die ersten beiden Jahre aus eigener Kraft aufbringen“, betont er. Mehr will er dazu nicht sagen. „Wir arbeiten sehr eng und vertrauensvoll mit privaten Investoren und Family Offices zusammen. Die verstehen uns, wir haben daher auch keinen Druck innerhalb einer bestimmtem Frist ein bestimmtes Ziel erreichen zu müssen.“ Mit dem Umgang mit Investoren hat Hjelmstedt Erfahrung. Auf seinem LinkedIn-Profil beschreibt er sich als „Serial Entrepreneur“, also als einen Serien-Gründer. „Meine erste Firma, Electronic Sports Network, habe ich 2001 gegründet, die wurde dann an Electronic Arts, EA, verkauft“, blickt er zurück. Weitere Firmen in der Folge waren Scandinavian Cyber Events und Professional Entertainment AB. 2008 beteiligte er sich an der Gründung der Video-on-Demand-Plattform Voddler Sweden AB, für die er zwei Jahre auch als Vice President Operation und Production tätig war. Die Anteile an dieser Firma hält er auch heute noch!

Es geht ihm also nicht vor allem darum mit seiner Gründung möglichst schnell über einen Verkauf der Anteile viel Geld zu verdienen. „Nein, ganz und gar nicht“, betont er! Er stellt stattdessen einen anderen Aspekt für Magine in den Mittelpunkt: „Unser größtes Ziel ist, dass unsere Kunden sich wohl fühlen. Wir müssen deshalb versuchen den größtmöglichen Nutzungskomfort zu erreichen.“ Dazu gehöre aber auch, dass auch die Geschäftspartner zufrieden sind: „Nur dann kann die Angebotsqualität auch wirklich stimmen!“ Große Worte von jemandem dessen aktuelles Projekt in der Tat Aufmerksamkeit verdient. An diesen Worten wird man das neue erfundene Fernsehen von Magine in Zukunft messen müssen!
Dieter Brockmeyer
(MB 09/13)