Die IPTV-Nutzung gewinnt an Dynamik. Eine Marktanalyse des Consulting-Unternehmens Detecon International GmbH sagt allein dem IPTV-Markt in Deutschland für 2013 mehr als fünf Millionen Kunden voraus. Dabei ist der Markt hierzulande im Vergleich zu anderen Ländern noch sehr schwach entwickelt. Wenige Anbieter und niedrige Nutzerzahlen sind laut Detecon jedoch auch Beleg dafür, dass sich der Markt noch formen lässt, wenn zukünftige Anbieter das Potenzial der neuen Technologie im Sinne der Kunden ausschöpfen wollen.
Insbesondere Telekommunikationsunternehmen wittern hier deshalb gute Geschäftsmöglichkeiten. Im Wettbewerb um Kunden und Umsätze setzen sie verstärkt auf integrierte Quadruple-Play-Angebote mit Telefonie, Internet, IPTV und Mobilfunk.
„Es ist absehbar, dass das Marktvolumen für IPTV in Deutschland der Entwicklung in Ländern wie Frankreich und Italien folgen wird“, erklärt Thomas Grota, Managing Consultant bei Detecon. Denn der deutsche Markt unterscheide sich nicht grundsätzlich von internationalen Märkten, wenn auch das hierzulande vergleichsweise breite Free-TV-Angebot sowie relativ hohe obligatorische Rundfunkgebühren einige potenzielle IPTV-Kunden zögern lasse.
Ein Grund für das prognostizierte Wachstum läge darin, dass die deutschen IPTV-Anbieter mit integrierten und flexiblen Produkten ihre Geschäftsmodelle neu justiert und die differenzierenden Merkmale von IPTV im Vergleich zum klassischen Broadcast und den ebenfalls internetbasierten Web- oder Peer-to-Peer-TV-Angeboten stärker herausgestellt haben. „So lassen sich viele Nutzer vor allem mit Exklusiv-Inhalten, Services wie Video on Demand sowie technischen Features wie zeitversetztem und hochauflösendem Fernsehen überzeugen. Gerade die HD-Fähigkeit lässt sich nur mit IPTV, jedoch nicht mit Web-TV erzielen“, meinte Grota.
In den nächsten Jahren sei laut Detecon damit zu rechnen, dass IPTV-Anbieter, die bisher vor allem Inhalte eingekauft und zu Programmen gebündelt haben, verstärkt aktiv in die Programmproduktion einsteigen. „Ein Wegweiser für die zukünftige Entwicklung bietet das Web 2.0: Hier entwickelt sich der passive Zuschauer zum aktiven Nutzer, der sein Programm individuell zusammenstellt, selbst produzierte Inhalte im Netz veröffentlicht und regen Austausch mit Gleichgesinnten betreibt. Dies treibt die Menge an Internet-Angeboten, aber vor allem durch Video Streaming auch den Datenverkehr in die Höhe”, erläuterte Grota. IPTV-Anbieter sollten daher sowohl Infrastruktur als auch die interaktiven Aspekte auf eigenen Plattformen stringent weiterentwickeln und ihren größten Vorteil, den direkten Zugang zu einer großen Kundenbasis, effizient nutzen. „Konsequent fort entwickelt und nutzerfreundlich gestaltet bietet personalisiertes Fernsehen damit die Chance für ein neues Medium, das mit Services wie E-Mail, Content Sharing, Video on Demand, Polling oder Gaming die Lean-Back-Einstellung vieler Nutzer in ein „Lean-Forward“-Verhalten ummünzt.“
Bislang wenig Erfahrungen
Da bisher aber wenige Erfahrungen seitens der Anwender/Kunden vorliegen, empfiehlt die Detecon „IPTV-Tests“, in dem Anbieter in zwei Stufen (Labor- und Feldversuch) vorab testen, was bei den Kunden ankommt und welche technologische Lösung dabei das beste Kosten-Nutzen-Verhältnis bietet.
Solche Tests hat die Detecon bereits bei Etisalat erfolgreich durchgeführt. Betreut wurde das Telekommunikationsunternehmen aus Abu Dhabi dabei von den IPTV-Experten Marcus Becker und Stefan Dieter der Detecon-Geschäftseinheit Business Innovation.
Bei dem Etisalat-Projekt ging es vor allem darum, IPTV-Umgebungen aus Nutzersicht zu untersuchen. Insgesamt wurden dabei zehn verschiedene IPTV-Szenarien im Live-Betrieb getestet.
Etisalat ist der größte Netzbetreiber in den Vereinigten Arabischen Emiraten (UAE) sowie einer der wichtigsten im Mittleren Osten und in Nordafrika. Das Unternehmen offeriert seinen Kunden Festnetz-, Mobilfunk- sowie Datendienste. Zusätzliche Dienste wie Kabelfernsehen und Internetzugang werden über Tochterunternehmen bereitgestellt.
2008 hatte Etisalat eine „Digital Media Services“-Einheit gegründet, um Medien- und Telekommunikationsangebote zu bündeln und ein Plattform aufzubauen, über die Etisalat-Tochtergesellschaften ihre Dienste anbieten können. „Wir haben die strategische Ausrichtung dieser Einheit mit konzipiert“, berichtete Becker. Dabei sei schnell deutlich geworden, dass IPTV zu den Services zählt, die im Footprint von Etisalat am ehesten Erfolg versprechen.
Der Labortest mit Fokus-Gruppen dauerte zwei Wochen. Zehn Anbieter von End-to-End IPTV-Lösungen hatten dazu ihr Equipment bei Etisalat aufgebaut, um es von 30 Personen testen zu lassen. „Wir haben in diesem kleinen Rahmen darauf geachtet, aus jeder Bevölkerungsschicht und Altersgruppe entsprechende Probanten zu finden, um möglichst den gesamten Markt abzubilden“, erklärte Becker. Parallel dazu gab es auch einen internen Test mit Etisalat-Mitarbeitern. Für den anschließenden Feldversuch wurden 200 Haushalte ausgesucht.
„Auf Basis der Tests sollten geeignete IPTV-Systemanbieter identifiziert werden“, sagte Becker. „Wir wollten in erster Linie von potentiellen Usern erfahren, wie sie die unterschiedlichen Lösungen und Applikationen bewerten. Zudem hat man im Rahmen eines solchen Versuchs auch die Möglichkeit, Erfahrungen in der Zusammenarbeit mit einzelnen Systemanbietern zu sammeln. Auch das war für Etisalat sehr wichtig“, erklärte der Detecon-Consultant.
Die Tests ergaben, dass den Probanten vor allem gute Menueführung und Bedienbarkeit wichtig war. Moderne Features wie Catch-up-TV und VoD-Funktionen wurden von den Teilnehmern als zu überfrachtet angesehen.
„Es hat sich abgezeichnet, dass eher die einfachen, klar strukturierten Lösungen akzeptiert wurden“, berichtete Becker.
Ein weiterer Punkt, der von den Teilnehmern hoch bewertet wurde, war die Performance der Systeme und die damit verbundene Frage, wie schnell die Kanalumschaltung funktioniert.
Den grundsätzlichen Vorteil solcher Tests sieht der Detecon-Berater darin, dass sich ein Kunde wie Etisalat davon überzeugen kann, dass die Produkte von IPTV-Lösungsanbietern auch tatsächlich in der eigenen Netzwerkumgebung funktionieren. Das sei in der Vergangenheit nach oft „wunderbaren System-Präsentationen“ nicht immer der Fall gewesen. „Da hat man dann erst nach der Implementierung feststellen müssen, dass Anforderungen nicht erfüllt wurden und nur die Hälfte der Funktionalitäten da war“, sagte er. Das hätte dann meist einen ordentlichen Zeitverzug zur Folge gehabt. Becker: „Vor diesem Hintergrund haben wir uns zusammen mit Etisalat entschlossen, zehn Anbieter einzuladen, ihre Systeme ausgiebig testen zu lassen.“ Alle Systeme waren dazu in der Kabel-Kopfstation von Etisalat physikalisch aufgebaut. Becker: „Wir konnten am Ende sehr gut die Funktionalität der Systeme auf dem verfügbaren Netzwerk bewerten, ebenso wie die Kooperation mit den Technologie-Anbietern beziehungsweise mit deren Systemintegratoren vor Ort.“
Das Etisalat-Projekt dauerte insgesamt vier Monate. Becker: „Das Feedback war recht positiv. Im Rahmen des Trials gab es einige Anfragen von Telekom-Unternehmen aus dem asiatischen Raum, die sich das Test-Szenario live vor Ort anschauen wollten. Ein Setting mit zehn Middleware-Plattformen, die gleichzeitig über ein Live-Netzwerk laufen, ist schließlich nicht so häufig anzutreffen.“
Die Detecon verfüge nun über einen guten Ansatz, um IPTV Live-Versuche in mehreren Phasen und mit den nötigen Tools mit Blick auf Technologie-Anforderungen und Bewertungsmechanismen zu realisieren. Die bei Etisalat gewonnenen Erfahrungen ließen sich leicht replizieren, um auch anderen Telekommmunikations- und Medienunternehmen, die IPTV-Lösungen einführen wollen, strukturierte Beratung anzubieten.
Eckhard Eckstein
(MB 03/10)
Strukturierte Beratung
Im IPTV-Markt sehen viele Unternehmen ein lohnendes Geschäft. Um wettbewerbsfähig zu sein, gilt es jedoch die richtigen Inhalte, Services und Technologien zu finden. Das Beratungsunternehmen Detecon International GmbH mit seiner Geschäftseinheit Business Innovation hilft dabei. Die Unterstützung der Detecon nahm unlängst auch das Telekom-Unternehmen Etisalat in Abu Dhabi, Vereinigte Arabische Emirate (VAE) in Anspruch.