Alles funktioniert schneller

Auf der diesjährigen IBC in Amsterdam wurde wieder einmal mehr die wachsende Bedeutung der IT für den Bereich der Rundfunk- und Medientechnik deutlich. Zahlreiche Hersteller präsentierte neue oder erweiterte Software-Lösungen, um die Workflows in den Medienunternehmen reibungsloser und effizienter zu gestalten. Dabei spielte das intelligente Metadatenmanagement eine zentrale Rolle ebenso wie neue Cloud Computing-Verfahren. Hier einige Beispiele.

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Alles funktioniert schneller

Avid-Highlight zur IBC 2011 war die neue dynamische On air Grafik-Plattform Avid Motion Graphics. Sie ist mit einer Echtzeit-2D/3D-Rendering-Engine, mit neuer, sehr leistungsstarker Grafikbeschleuniger-Hardware, redundanter Stromversorgung, neuem User-Interface und Schnittstelle zur Deko-Produktfamilie ausgestattet. „In der heutigen, von starkem Wettbewerb gekennzeichneten und bilderdominierten Medienindustrie kommen Produzenten nicht umhin, in höchstem Maße ansprechendes Bild- und Grafikmaterial zu kreieren, das die Themen wirkungsvoll darstellt. Sie müssen Inhalte schnell ausstrahlen können und eine starke Markenidentität aufbauen“, sagt Chris Gahagan, Senior Vice President of Products bei Avid. „Außerdem wollen unsere Kunden ihre Workflows durch einfach zu bedienende und kosteneffiziente Lösung optimieren. Mit Avid Motion Graphics erfüllt Avid diese Anforderungen und bietet das anspruchsvollste Grafik-Toolset an, das die Branche derzeit zu bieten hat.“ Die Integration von Avid Motion Graphics verbessere und straffe das Zusammenspiel mit Avids End-to-End-Workflow-Lösungen sowie mit den wichtigsten Software-Tools anderer Hersteller.

Abwendungsbereiche für Avid Motion Graphics sieht Avid insbesondere in der News- und Live-Sport-Produktion. „Unsere neue Plattform für On air Bewegtbild-Grafiken kann gleichermaßen von On air-Grafikdesigner, Journalisten und Produktionsleuten in den Sendern genutzt werden“, erklärt Dana Ruzicka, Vice President Media Enterprise von Avid. Durch eine Schnittstelle zur Deko-Produktfamilie können Avid-Anwender vorhandenes Material auf einfache Weise auf die neue Plattform transferieren. Die Avid Motion Graphics-Plattform soll im zweiten Quartal 2012 auf dem Markt kommen. Für bestehende Anwender von Deko wird es die neue Hardware-Plattform und Rendering-Engine im vierten Quartal 2011 geben; sie kann mit der vorhandenen Deko-Software eingesetzt werden.

Mit QTube in der Cloud

Auch Quantel machte auf der IBC 2011 das Bemühen deutlich, die Workflows der Kunden durch innovative Lösungen weiter zu optimieren. Vorgestellt wurde dazu die zweite Generation der QTube-Technologie. Sie kann nun auch Dateien in den Workflow integrieren, die nicht auf einem Quantel-Server vorliegen, sondern in einem beliebigen Datenspeicher abgelegt sind. QTube arbeitet ebenso mit Web vernetzten Cloud Computing Systemen für Speicherung und Rechenleistungen zusammen. Auf der IBC präsentierte Quantel, wie MFX-Dateien über Web basierte Software-Anwendungen (Commercial Off The Shelf – COTS) und in ASO2 Bundles transcodiert über das Internet vom QTube-Browser abgerufen und auf der Timeline des QTube Edit-Systems ausgelesen werden können. Die Endfassung wird zum Playout auf den entsprechenden Server des Enterprise sQ-Systems gespielt. Die QTube Media-Management-Software überträgt nur die ausgewählten Bilder aus dem vernetzten Datenspeicher. Das eröffnet zahlreiche neue Möglichkeiten in der aktuellen Broadcast Produktion. QTube fungiert als eine zentrale Schnittstelle, die weltweit Zugriff auf vorhandene Ressourcen gibt, die von jedem Standort auf der Welt genutzt werden können.

Quantel zeigte in Amsterdam ebenso, wie sich Files, die von den Datennetzwerken von Cloud Computing-Dienstleistern stammen, in den QTube-Workflow einfließen. Bei der Demonstration wurden MXF-Dateien von der Elastic Compute Cloud-Plattform von Amazon abgerufen und über QTube auf die Timeline des eigenen Edit-Systems gespielt. Die Endfassung ist dann in HD-Qualität on Air gegangen.

Offene Systeme

„QTube ist ein offenes System“, betont Quantel-CEO Ray Cross in Amsterdam: „Diese Demonstrationen von QTube, das mit IT-basierten Speichersystemen zusammenarbeitet, zeigt, was wir unter Offenheit von Systemen verstehen. QTube ermöglicht den Zugriff auf Inhalte, die in Quantel-Systemen und vernetzten Datenspeichern abgelegt sind; und zwar in ein- und demselben Workflow. Dank QTube spielt es nun keine Rolle mehr, an welchem Ort die Files gespeichert sind und wo der Playout erfolgt. Alles funktioniert schnell und einfach!“ Thomas Birner, Geschäftsführer der Quantel GmbH in Deutschland, erklärte:
„Auf der IBC hat sich abgezeichnet, dass sich die gesamte Medienbranche zunehmend im Umbruch befindet. Dabei zählen vor allem die Inhalte, Dienstleistungen sowie das richtige Geschäftsmodell. Das Internet und die web-basierten Dienste werden zunehmend ein Schlüsselthema im Broadcast-Markt. Quantel bietet dafür die geeigneten Tools und Module an.“

Mit QTube habe Quantel eine neue Technologie entwickelt, die nicht nur den klassischen Broadcast-Bereich bediene, sondern weit darüber hinausgehe. „QTube ist eine Technologie, die es erlaubt, unabhängig vom Standort und der Bandbreite auf Inhalte zuzugreifen und diese zu bearbeiten. Da jedes einzelne Frame eine eigene Web-Adresse besitzt, können die Inhalte in einem globalen System über diese Webadresse identifiziert, herausgelesen und bearbeitet werden“, sagte Birner. QTube sei nicht nur für Sender interessant, sondern biete sich auch für B-to-B-Plattformen zum Einsatz für die Content-Vermarktung oder für Telekommunikationsunternehmen an.
Birner: „Es gibt dafür viele Applikationen, die sich mittels einer API bauen lassen. Eine Applikation kann beispielsweise eine Website sein, auf der bestimmte Inhalte aus einem Content-Pool angezeigt werden. Durch QTube wird es möglich, sich Einzelbilder aus einem Video in dem gewünschten Format wie Bitmap oder JPEG in der erforderlichen Auflösung unmittelbar herauszuziehen.“

Medienkonvergenz-Plattform Selenio

Harris präsentierte auf der IBC 2011 neue Funktionalitäten für seine Medienkonvergenz-Plattform Selenio. Dabei handelt es sich um eine Hybridlösung für Baseband- und Broadband-Anwendungen, die Video- und Audio-Processing mit Technologien zur Signalkomprimierung und IP-Vernetzung in einer einzigen Plattform kombiniert.
Hard- und Software-Erweiterungen sorgen nun für mehr Nutzwert sowie für einfachere Bedienbarkeit und Integrationsfähigkeit. Neue Kompressions- und Netzwerk-Features erweitern die Video-Kontributionsmöglichkeiten. Harris stellte seinen neuen 10 Bit, H.264 4:2:2-fähigen Kontributionsencoder, integriert in Selenio, vor. Unterstützt wird jetzt auch die DVB-T2-Übertragung. Zur Broadcast-Messe in Amsterdam zeigte Harris, wie lokale und nationale Broadcaster ein kostengünstiges, kompaktes und voll funktionales DVB-T/T2-Video-Headend in einer einzigen Box realisieren können. Dazu kombinierte Harris die Selenio-Plattform mit einer DVB-T2 Gateway Lösung mit integriertem Einzelfrequenz Netzwerk (SFN). Dafür wurde Harris auf der IBC mit einem STAR Award von TV Technology ausgezeichnet.

Die Selenio-Architektur wurde laut Harris so gebaut um dem Kunden einfaches und effizientes Arbeiten zu ermöglichen. Dazu tragen auch das Web basierte Interface, dessen einfache Konfiguration und die umfangreichen Monitoring-Möglichkeiten bei. Die neue Bedienoberfläche zeigt grafisch jede Verbindung an, die der Nutzer eingerichtet hat. Harris nennt das die „Block“-Methode. Trotz all der Neuerung bleiben die bewährten Funktionen erhalten. Dazu gehört die Unterstützung der MPEG-2 und H.264 Kompression für SD, HD, 3Gb/s und Mobile. Auch auf der Audioseite sieht sich Harris mit dem Selenio bestens gerüstet und gibt an, mit die beste Lautheitskontrolle zu bieten. Auf der betrieblichen Seite glänzt die Plattform, so Harris, nicht nur durch intelligentes und effizientes IP-Management sondern vor allem durch die Möglichkeit, den Herausforderungen der Medienkonvergenzentwicklungen mit kostengünstigen Lösungen zu begegnen.

„Seit Jahren diskutieren Industriebeobachter bereits die Medienkonvergenz-Fragen. Zur IBC 2011 zeigen wir, dass wir dafür mit neuen, radikal anderen Denkansätzen die richtigen Antworten parat haben“, meinte Richard Scott, Senior Vice President Global Sales and Services von Harris Broadcast Communications. „Wir beweisen hier, warum Harris im gegenwärtigen Wandlungsprozess der Medien- und Rundfunkorganisationen als Lösungsanbieter eine führende Rolle einnimmt und begrüßen jeden, der seine Geschäftsmodelle für die Multimedia-Welt mit unserer Hilfe vorantreiben möchte.“

Sony Professional

Am Stand von Sony Professional war wie schon auf den letzten großen Messen das Thema Media Backbone stark präsent. Das Unternehmen präsentierte in Amsterdam den Media Backbone Conductor in der Version 1.2 und erweitert damit die Plattform um leistungsstarke Content-Management-Funktionen und eine verbesserte Benutzeroberfläche. Die professionelle Workflow Engine zur Umsetzung von Arbeitsabläufen im Media-Management verringert die Systemkomplexität und steigert die Produktivität von Sendeanstalten und Produktionsunternehmen.
Einige der Verbesserungen des Media Backbone Conductor (MBC) in der Version 1.2 sind ein intuitives Dashboard für Key Performance Indikatoren (KPI), dynamische Ressourcenzuweisung für die Priorisierung von Aufgaben in „Notfällen“ und eine intelligente Datenübertragung für interne und externe Anschlüsse. Sony Professional hat neben dem MBC ein leistungsstarkes Content-Management-Tool erstellt. Über die Benutzeroberfläche dieser Option können Anwender jetzt unter anderem Aufgaben im MBC priorisieren, Daten importieren und suchen, Storyboards erstellen, Content zwischen Produktionsinseln verschieben, die Einhaltung redaktioneller Richtlinien prüfen und Sicherheitseinstellungen für Metadaten festlegen.

Nutzer können zudem mit dem MBC V1.2 und seinen integrierten Analysefunktionen und dynamischer Ressourcenzuweisung individuelle Arbeitsvorgänge und Ressourcen überwachen. Das System zeigt in Echtzeit an, wo die Systemkapazität ausgeschöpft ist oder noch Ressourcen vorhanden sind.
Anhand von Daten aus der Systemhistorie können Anwender zudem die genaue Nutzung von Ressourcen in der Vergangenheit nachvollziehen und Investitionen in neues Equipment gezielter planen. Das Update auf V1.2, das auch auf Basis von Kundenfeedback entwickelt wurde, enthält viele neue, nützliche Funktionen und erhöht die Benutzerfreundlichkeit des Systems.
David Hedley, Head of Content Management bei Sony Professional Solutions, erklärt: „Das Update des Media Backbone Conductors auf Version 1.2 ist für uns ein riesiger Schritt in der Weiterentwicklung innovativer Medienplattformen.
Die Kombination aus einem professionellen Integrationssystem, standardisierter Prozessmodellierung und einem an die Bedürfnisse der Broadcast-Industrie angepassten Content-Management-Systems macht aus dem MBC eine stabile, benutzerfreundliche und flexible Plattform, die unsere Kunden in einer Zeit des drastischen und rasanten Umbruchs optimal unterstützt.“

XMPilot für mehr Effizienz und Geschwindigkeit

Zur IBC brachte Sony Professional außerdem mit XMPilot die neueste Ergänzung der XDCAM-Produktreihe auf den Markt. Bei XMPilot handelt es sich um eine Lösung für das Metadaten-Management, die den XDCAM-Produktionsablauf deutlich verbessert und beschleunigt. XMPilot besteht aus Software und Hardware für Anwendungen im Studiobereich als auch im Außeneinsatz und kann mobile Endgeräte in den Workflow integrieren. Auf der IBC 2011 stellt Sony Professional die XMPilot-Softwarepakete XMPilot Planner, XMPilot Tool und XMPilot Import Utility vor.

Diese neuen Softwarepakete bilden die Grundlage von XMPilot und vernetzen Produktionsumgebungen enger miteinander. Laut Sony verwalten Nutzer damit aufgezeichnete Medieninhalte wesentlich einfacher und effizienter. Mit dem XMPilot Planner können Anwender schon vor einem Dreh Planungsmetadaten erstellen und diese per E-Mail, WLAN oder direkt über USB auf einen Camcorder oder ein anderes Aufzeichnungsgerät übertragen.

Anreichern von Metadaten

Durch Live-Logging und Postproduction-Logging entlang des Timecodes mit XMPilot Tool auf mobilen Geräten wie Smartphones und Tablet PCs können Benutzer Metadaten zusätzlich mit EssenceMarks und Kommentaren anreichern. Protokollierung auf Papier sowie Fehler, die sich bei der manuellen Eingabe eingeschlichen haben, gehören damit der Vergangenheit an. Die Effizienz in den Arbeitsabläufen steigt und die Produktionskosten sinken. Ein weiteres nützliches Feature ist die Live-Anzeigeoption des XMPilot, mit der Benutzer über die XMPilot Tool Oberfläche die Live-Aufnahme eines Camcorders von jedem Ort aus verfolgen können.

Die Auto-Ingest-Funktion von XMPilot Import Utility ermöglicht es Anwendern, Clips automatisch zu benennen und an den richtigen Speicherort in einer nonlinearen Editing-Umgebung zu übertragen. Das ergänzt das Metadatenmanagement von XMPilot zusätzlich und beschleunigt die Ingest- und Bearbeitungsphasen des gesamten XDCAM-Workflows.
Die neue Version des XDCAM Browsers V2.0 bietet verbesserte Unterstützung für den Live-Betrieb und Funktionen für die Erstellung, Bearbeitung und Übertragung der Metadaten-Planung. Dieser Browser sowie das neue optionale Advanced Pack mit den Funktionen Acquisition Metadata Display und Print Clip Information für den XDCAM Browser werden im November 2011 auf den Markt kommen.

Seit diesem Jahr arbeitet Sony Europe gemeinsam mit Sony Ericsson an verschiedenen mobilen Lösungen für XMPilot. Ab Oktober 2011 sollen Benutzer von XMPilot für die Planung und Verarbeitung von Metadaten, die Live-Anzeige und das Live-Logging die neuen Sony Ericsson Xperia-Smartphones verwenden können. Die XMPilot Xperia-Anwendung wird allen Xperia-Kunden als kostenloser Download bereitgestellt. Sony Ericsson plant zudem eine für Sony Tablets kompatible XMPilot-Anwendung. Am 27. Oktober hat Sony übrigens die 50 Prozent Anteile von Ericsson an Sony Ericsson übernommen. Damit ist Sony nun alleiniger Eigner des Handy-Unternehmens.
Eckhard Eckstein
(MB 11/2011)